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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 07.01.2004
Aktenzeichen: VIII ZR 156/03
Rechtsgebiete: MHG


Vorschriften:

MHG § 3 Abs. 3 Satz 2
Zur Erläuterung einer Mieterhöhungserklärung wegen baulicher Maßnahmen zur Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse (Schallschutz) und der Einsparung von Heizenergie (Einbau von Isolierglasfenstern).
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNIS-URTEIL

VIII ZR 156/03

Verkündet am: 7. Januar 2004

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Januar 2004 durch den Richter Dr. Hübsch als Vorsitzenden und die Richter Dr. Beyer, Dr. Leimert, Wiechers und Dr. Wolst

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 61 des Landgerichts Berlin vom 14. April 2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung in B. , E. straße 29, die sie mit ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann durch Vertrag vom 23. Dezember 1959 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten gemietet hatte.

Mit Schreiben der damaligen Hausverwaltung der Beklagten vom 9. Juli 1998 kündigte diese an, die vorhandenen Holzfenster gegen Kunststoffenster mit Isolierverglasung auszutauschen, welche einen höheren Wärmedämmwert von 1,6 W/m2K sowie zusätzlich einen Schallschutz der Klasse III (37dB) hätten; die monatliche Mehrbelastung wurde auf der Grundlage von Gesamtkosten in Höhe von ca. 7.980 DM abzüglich fälligen Instandhaltungsaufwandes von 1.995 DM mit monatlich 54,90 DM errechnet. Die Klägerin stimmte der angekündigten Modernisierungsmaßnahme zu. Nach Beendigung der Maßnahme erstellte die Hausverwaltung der Beklagten mit Schreiben vom 16. März 1999 eine Mieterhöhungserklärung, die aufgrund angegebener Modernisierungskosten von nunmehr 8.792,80 DM abzüglich eines Instandhaltungsaufwands von 1.995 DM einen Erhöhungsbetrag von 62,31 DM monatlich, fällig ab 1. Mai 1999, auswies. Die Klägerin zahlte den verlangten Erhöhungsbetrag bis 30. September 2001 (29 Monate) in Höhe von insgesamt 1.806,99 DM = 923,90 €.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Rückzahlung dieses Betrages mit der Begründung, der Austausch der maroden Doppelkasten-Holzfenster durch Kunststoffenster mit Isolierglas stelle hinsichtlich der Wärmedämmung und des Schallschutzes keine zur Mieterhöhung berechtigende Modernisierungsmaßnahme dar; sie habe den erhöhten Mietzins in der irrigen Annahme einer objektiven Wertverbesserung gezahlt. Die Beklagte hat geltend gemacht, durch den Austausch der Fenster sei eine Wohnwertverbesserung eingetreten, welche den Modernisierungszuschlag begründe; im übrigen habe die Klägerin der Modernisierungsmaßnahme zugestimmt.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer - vom Landgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. In der Revisionsverhandlung war die ordnungsgemäß geladene Klägerin nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten. Die Beklagte hat den Erlaß eines Versäumnisurteils beantragt.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Landgericht hat ausgeführt, der Klägerin stehe ein Rückzahlungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB in der geforderten Höhe zu, da die Modernisierungserklärung der Beklagten vom 16. März 1999 unwirksam sei. Sie enthalte entgegen den Vorschriften des § 3 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 MHG keine ausreichende Erläuterung über die infolge der Modernisierung eingetretene Wertverbesserung der Wohnung. Die Mieterhöhungserklärung bedürfe neben der Schriftlichkeit und einer Berechnung der Erhöhung aufgrund der entstandenen Kosten einer Erläuterung der Wertverbesserung infolge der Modernisierung. In dem Schreiben vom 16. März 1999 habe die Klägerin (gemeint: Beklagte) lediglich die Kosten der Modernisierungsmaßnahme zusammengestellt und die Höhe der Modernisierungsumlage berechnet. Eine Erläuterung über die Wertverbesserung der Wohnung, welche den Modernisierungszuschlag rechtfertige, sei hingegen nicht erfolgt. Daß eine solche Wertverbesserung überhaupt vorliege, sei aus dem Vortrag der Klägerin (gemeint: Beklagten) nicht erkennbar; denn die Beklagte (gemeint: Klägerin) wende zu Recht ein, daß die Dämmwerte von Doppelkastenfenstern nicht hinter denen von ISO-Fenstern zurückbleiben müßten.

Auch durch die vorbehaltlose Zahlung der Modernisierungsumlage durch die Klägerin über einen Zeitraum von 29 Monaten sei die Mieterhöhung nicht wirksam geworden. Ein Vertrag über eine Mieterhöhung in Höhe von 62,31 DM seit dem 1. Mai 1999 sei nicht wirksam zustande gekommen. Die Abgabe einer unwirksamen Erhöhungserklärung könne nicht als Vertragsangebot gedeutet werden, welches die Klägerin als solches verstanden und durch Zahlung konkludent angenommen habe.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Dabei war über die Revision der Beklagten durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die Klägerin in der Revisionsverhandlung durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwalt nicht vertreten war; das Urteil beruht jedoch nicht auf der Säumnis der Klägerin (BGHZ 37, 79).

1. Wie die Revision zu Recht geltend macht, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die Mieterhöhungserklärung der Beklagten vom 16. März 1999 nicht gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 MHG, der auf den vorliegenden Fall noch anwendbar ist (Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB), unwirksam.

a) Nach § 3 Abs. 3 Satz 2 MHG setzt die Wirksamkeit einer Mieterhöhungserklärung des Vermieters wegen Modernisierungsmaßnahmen gemäß § 3 Abs. 1 MHG neben einer Berechnung der Mieterhöhung aus den entstandenen Kosten voraus, daß die Erhöhung entsprechend den gesetzlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 MHG erläutert wird. Der Vermieter muß daher in der Erklärung darlegen, inwiefern die von ihm durchgeführten baulichen Maßnahmen solche sind, die den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder die nachhaltige Einsparung von Heizenergie oder Wasser bewirken. Dabei genügt es, wenn der Mieter den Grund der Mieterhöhung anhand der Erläuterung als plausibel nachvollziehen kann. Für bauliche Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie ergibt sich daraus, daß der Vermieter in der Mieterhöhungserklärung neben einer schlagwortartigen Bezeichnung der Maßnahme und einer Zuordnung zu den Positionen der Berechnung diejenigen Tatsachen darlegen muß, anhand derer überschlägig beurteilt werden kann, ob die bauliche Anlage eine nachhaltige Einsparung von Heizenergie bewirkt; die Vorlage einer Wärmebedarfsberechnung ist nicht erforderlich (Senat, BGHZ 150, 277, 281 f.; Senatsurteil vom 12. März 2003 - VIII ZR 175/02, BGH-Report 2003, 784).

b) Diesen Anforderungen genügte die Mieterhöhungserklärung der Hausverwaltung der Beklagten vom 16. März 1999, die, was das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen hat, auf das vorangegangene Schreiben vom 9. Juli 1998 Bezug nimmt. Danach haben die in der Wohnung der Klägerin angebrachten neuen Kunststoffenster mit Isolierverglasung einen höheren Wärmedämmwert von 1,6 W/m2K sowie zusätzlich einen Schallschutz der Klasse III (37dB). Darüber hinaus war nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten dem Modernisierungsankündigungsschreiben vom 9. Juli 1998 eine Mitteilung der Stiftung Warentest beigefügt, in welcher der Wärmedurchgangskoeffizient erläutert wurde.

Die Klägerin konnte danach sowohl den Umfang der durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen wie auch die dadurch angekündigte Erhöhung des Gebrauchswertes durch verbesserten Schallschutz sowie nachhaltige Einsparung von Heizenergie ersehen. In welchem Maße sich durch den Einbau der Isolierungsglasfenster eine Verbesserung des Verbrauchs an Heizenergie ergibt, brauchte hingegen in der Mieterhöhungserklärung nicht angegeben zu werden; soweit die Klägerin die Überprüfung der Berechnung der Mieterhöhung nicht selbst vornehmen konnte, mußte sie sich der Hilfe sachkundiger Personen bedienen (Senat, BGHZ aaO). Der weitergehenden Darlegung einer "Wertverbesserung" der Wohnung, wie das Landgericht meint, bedurfte es hingegen nicht. Die Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie und Wasser, die in erster Linie einer ökologischen Zielsetzung dienen (Börstinghaus in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl., § 3 MHGB Rdnr. 75), brauchen keine Verbesserung des Wohnwertes für den Mieter zu bewirken; es reicht aus, wenn die erzielte Einsparung an Heizenergie wesentlich sowie von Dauer ist und damit der Allgemeinheit zugute kommt (MünchKomm-Voelskow, BGB, 3. Aufl., § 3 MHG Rdnr. 10; Erman/Jendrek, BGB, 10. Aufl., Anh. § 580, § 3 MHG Rdnr. 7).

2. Da die Klägerin eine Wertverbesserung durch bessere Wärmedämmung und Schallschutz und damit eine Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse sowie eine nachhaltige Einsparung von Heizenergie durch die erfolgten Maßnahmen, mithin die materielle Berechtigung der Mieterhöhungserklärung bestritten hat, bedarf es insoweit weiterer Aufklärung durch das Landgericht.

3. Auf die Frage, ob in einer unwirksamen Mieterhöhungserklärung nach § 3 MHG ein Vertragsangebot liegt, welches durch die Zahlung des Mieters konkludent angenommen wird, und derentwegen das Landgericht die Revision zugelassen hat, kommt es demnach nicht an.

III.

Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache zur weiteren Feststellung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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