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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 23.06.2004
Aktenzeichen: VIII ZR 285/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, MHG


Vorschriften:

ZPO § 128 Abs. 2
BGB § 558
BGB § 558 Abs. 5
BGB § 559 a
MHG § 2
MHG § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VIII ZR 285/03

Verkündet am: 23. Juni 2004

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis 19. Mai 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Beyer, Wiechers und Dr. Wolst sowie die Richterin Hermanns

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 61 des Landgerichts Berlin vom 21. August 2003 abgeändert.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 14. November 2002 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Beklagte mietete von der Klägerin mit Vertrag vom 11. Juli 1988 im Haus K. Platz 4 in Berlin eine 3 1/2-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von ca. 119,25 qm. Die Wohnung war im Rahmen eines sogenannten Konjunktursonderprogramms mit öffentlichen Mitteln gefördert worden. Aufgrund des Fördervertrages zwischen der Klägerin und dem Land Berlin aus dem November 1975 hatte die Klägerin einmalige Baukostenzuschüsse für Modernisierung und Instandsetzung für die Grundstücke K. Platz 2, 3 und 4 erhalten. Auf die Liegenschaft K. Platz 4 entfielen dabei 894.000 DM. Im Fördervertrag war ein Abschluß des Modernisierungsvorhabens bis zum 30. November 1976 vereinbart worden. Die mittlere Bezugsfertigkeit war am 1. Dezember 1976 gegeben. Eine Mieterhöhung wegen der Modernisierungsmaßnahmen wurde nicht ausgesprochen.

Mit Erklärung vom 14. Februar 2002 begehrte die Klägerin von dem Beklagten die Zustimmung zu einer Erhöhung der Bruttokaltmiete von 375,90 € um 73,89 € auf 449,79 € monatlich. Sie berief sich dabei auf den Berliner Mietspiegel für die westlichen Bezirke. Das Mieterhöhungsverlangen enthält keine Abzugsbeträge für die erhaltene öffentliche Förderung. Der Beklagte stimmte dem Mieterhöhungsverlangen der Klägerin nicht zu.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin die Zustimmung des Beklagten zu ihrer Mieterhöhungserklärung vom 14. Februar 2002. Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Landgericht hat auf die von dem Beklagten eingelegte Berufung die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel einer Verurteilung des Beklagten zur Zustimmung zu der von ihr verlangten Mieterhöhung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Es könne dahinstehen, ob das Mieterhöhungsverlangen wegen fehlender Angabe von Abzugsbeträgen bereits formell unwirksam gewesen sei. Jedenfalls könne auch inhaltlich nicht festgestellt werden, daß die begehrte Mieterhöhung sich in dem nach § 558 BGB zulässigen Rahmen halte. Die Klägerin habe im Rahmen des Sonderprogramms Stadtsanierung 1975 Zuschüsse aus öffentlichen Haushalten erhalten, mit denen sie jedenfalls auch Modernisierungsmaßnahmen in dem Hause K. Platz 4 finanziert habe. Solche Zuschüsse seien gemäß § 558 Abs. 5 BGB grundsätzlich als Drittmittel im Sinne von § 559 a BGB bei einer Mieterhöhung nach § 558 BGB von dem Jahresbetrag des ortsüblichen Mietzinses abzuziehen.

Ein solcher Abzug entfalle nicht bereits deshalb, weil die Wohnung bei Abschluß des Mietvertrages vom 11. Juli 1988 bereits modernisiert gewesen sei. Der Gesetzeszweck spreche dafür, daß die erhöhungsbeschränkende Wirkung des § 558 Abs. 5 BGB nicht nur dann eingreifen solle, wenn die Modernisierung im laufenden Mietverhältnis erfolge. Dieser Zweck bestehe darin, bei der Erhöhung der Vergleichsmiete Leistungen aus öffentlichen Haushalten, die zur Modernisierung erbracht würden, in jedem Falle durch entsprechende Kürzungsbeträge dem Mieter zugute kommen zu lassen. Dabei sei nicht die Person des Einzelmieters gemeint, sondern allgemein die die Wohnung nutzende Partei des Mietvertrages. Der Einsatz öffentlicher Mittel solle bei der Unterstützung von Wohnungsmodernisierungen weder dem einzelnen Vermieter noch dem einzelnen Mieter, sondern der Allgemeinheit durch die Sicherung angemessenen und bezahlbaren Wohnraums zugute kommen.

Die Abzugspflicht sei auch nicht durch den erheblichen seit Abschluß der Modernisierung und seit Auszahlung der Förderbeträge verstrichenen Zeitraum entfallen. Das Gesetz sehe eine zeitliche Beschränkung nicht vor. Für eine Analogie zu anderen gesetzlich formulierten Fristenregelungen bestehe in Ermangelung einer Gesetzeslücke kein Raum.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Wie der Senat in seiner noch zu den §§ 2, 3 MHG ergangenen Entscheidung (Urteil vom 25. Februar 2004 - VIII ZR 116/03, WuM 2004, 283) dargelegt hat, sind bei der Mieterhöhung wegen einer öffentlichen Förderung abzuziehende Kürzungsbeträge nicht auf unbegrenzte Zeit zu berücksichtigen; entsprechendes hat für die Nachfolgebestimmungen der §§ 558, 559 a BGB zu gelten. Vielmehr bedürfen die vorgenannten Vorschriften einer den Anforderungen des Art. 14 GG gerecht werdenden verfassungskonformen Auslegung dahingehend, daß die Anrechnung nur für einen bestimmten Zeitraum zu erfolgen hat. Würde dem Eigentümer eines öffentlich geförderten Wohnraums auf unbegrenzte Zeit verboten, für diesen Wohnraum die ortsübliche Vergleichsmiete zu verlangen, und zwar auch dann, wenn die geförderte Maßnahme längst nicht mehr mieterhöhend wirkt und der Zuschuß somit "aufgebraucht" ist, wäre er ungerechtfertigt schlechter gestellt als derjenige Vermieter, der für eine Modernisierung privates Vermögen aufgewendet hat. Damit würde der Zweck der Regelungen der §§ 558 und 559 a BGB verfehlt, die Modernisierung von Wohnungen durch Einsatz öffentlicher Gelder zu fördern, weil der Vermieter soweit wie möglich auf die Inanspruchnahme einer Förderung verzichten würde (Senatsurteil vom 25. Februar 2004 aaO). Diese von Verfassungs wegen vorzunehmende Auslegung ist auch bei der jetzigen gesetzlichen Regelung der §§ 558, 559 a BGB geboten (vgl. Börstinghaus in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., § 558 Rdnr. 246).

Dabei kann für den vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob der Zeitraum, in dem Kürzungsbeträge von der Mieterhöhung abzusetzen sind, auf 10 oder auf 12 Jahre festzulegen ist. Jedenfalls mehr als 25 Jahre nach mittlerer Bezugsfertigkeit und etwa 26 Jahre nach Gewährung des Zuschusses ist die gewährte Förderung durch die verminderte Mieterhöhung aufgezehrt.

Da somit Kürzungsbeträge nach den §§ 558 Abs. 5, 559 a BGB von der begehrten Mieterhöhung nicht abzuziehen waren, bedurfte es in dem Mieterhöhungsverlangen der Klägerin auch keiner Angaben über die gewährten Fördermittel (Senatsurteil vom 25. Februar 2004 aaO). Aus diesem Grund stellt sich die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob ein Mieterhöhungsverlangen auch dann noch Kürzungsbeträge ausweisen muß, wenn zwischenzeitlich ein Mieterwechsel unter Abschluß eines neuen Mietvertrages stattgefunden hat, im vorliegenden Fall nicht. Das Mieterhöhungsverlangen vom 14. Februar 2002 war formell wirksam.

III.

Das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin ist im übrigen hinsichtlich der Höhe nicht im Streit. Auf die Revision der Klägerin ist daher das Berufungsurteil aufzuheben, und die Berufung des Beklagten ist zurückzuweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Ende der Entscheidung

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