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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.02.2008
Aktenzeichen: X ZA 2/07
Rechtsgebiete: PatG


Vorschriften:

PatG § 100 Abs. 3 Nr. 3
PatG § 100 Abs. 3 Nr. 4
PatG § 100 Abs. 3 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

X ZA 2/07

vom 11. Februar 2008

in der Rechtsbeschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 199 52 587.0-53

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Gröning

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des 17. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 21. November 2006 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Das Gesuch um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe war zurückzuweisen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichenden Aussichten auf Erfolg bietet (§ 138 Abs. 1 PatG, § 114 ZPO).

1. Da das Bundespatentgericht die Rechtsbeschwerde in seinem Beschluss nicht zugelassen hat, könnten dem Gesuch die erforderlichen Erfolgsaussichten abgesehen von der zusätzlich gerügten Verletzung von § 100 Abs. 3 Nr. 4 PatG, nur beigemessen werden, wenn die in § 100 Abs. 3 Nr. 3 und 6 PatG aufgeführten Mängel vorlägen, wenn also der Beschluss entweder nicht mit Gründen versehen ist oder dem Antragsteller das rechtliche Gehör versagt war.

a) Die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nach § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG dient nicht der Richtigkeitskontrolle der Beschwerdeentscheidungen des Bundespatentgerichts, sondern vielmehr ausschließlich der Sicherung der Verpflichtung des Beschwerdegerichts, seine Entscheidung zu begründen. Für die unterlegene Partei muss aus den schriftlichen Gründen der Entscheidung erkennbar sein, welche rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkte nach dem Willen des Bundespatentgerichts die getroffene Entscheidung tragen sollen. An diesem Gesetzeszweck müssen sich die Anforderungen an die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "nicht mit Gründen versehen" ausrichten (st. Rspr., vgl. etwa Sen.Beschl. v. 30.3.2005 - X ZB 8/04, GRUR 2005, 572, 573 - Vertikallibelle; Sen.Beschl. v. 12.7.2006 - X ZB 33/05, GRUR 2006, 929 - Rohrleitungsprüfverfahren).

Daraus ergibt sich einerseits, dass eine sachlich fehlerhafte, unvollständige oder unschlüssige Begründung die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nicht rechtfertigt. Andererseits genügt es dem Begründungszwang noch nicht, dass die Entscheidung formal überhaupt Gründe enthält. Eine Entscheidung ist "nicht mit Gründen versehen", wenn aus ihr nicht zu erkennen ist, welche tatsächlichen Feststellungen und welche rechtlichen Erwägungen für die getroffene Entscheidung maßgebend waren. Der fehlenden Begründung ist es dabei gleichzusetzen, wenn die vorhandenen Gründe ganz unverständlich und verworren sind, so dass sie in Wirklichkeit nicht erkennen lassen, welche Überlegungen für die Entscheidung maßgebend waren. Dem Erfordernis der Erkennbarkeit der maßgeblichen Erwägungen ist auch dann nicht genügt, wenn die Gründe sachlich inhaltslos sind und sich auf leere Redensarten oder auf die Wiedergabe des Gesetzestextes beschränken (BGHZ 39, 333 - Warmpressen; Sen.Beschl. v. 3.12.1991 - X ZB 5/91, GRUR 1992, 159 - Crackkatalysator II; Sen.Beschl. v. 11.6.2002 - X ZB 27/01, GRUR 2002, 957 - Zahnstruktur).

b) Das in § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG verankerte Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das mit der Sache befasste Gericht, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 11, 218; 62, 347; 79, 51; 83, 24; 86, 133). Verletzt ist der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, wenn das entscheidende Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. BVerfGE 47, 182, 188; Sen.Beschl. v. 25.1.2000 - X ZB 7/99, GRUR 2000, 792 - Spiralbohrer; Sen.Beschl. v. 19.5.1999 - X ZB 13/98, GRUR 1999, 919 - Zugriffsinformation), oder wenn es tatsächliche Erkenntnisse verwertet hat, zu denen die Verfahrensbeteiligten nicht Stellung nehmen konnten (BGH, Beschl. v. 30.1.1997 - I ZB 3/95, GRUR 1997, 637 - TOP-Selection; Sen.Beschl. GRUR 2002, 957 - Zahnstruktur).

Entsprechende Mängel weist die Beschwerdeentscheidung nicht auf.

2. Der Beschluss genügt den sich aus § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG ergebenden Anforderungen.

a) Das Bundespatentgericht hat die Anmeldung auf ihre Patentfähigkeit hin überprüft und diese verneint. Es hat sich in den Gründen seines Beschlusses auf die einschlägige ergangene Rechtsprechung des Senats gestützt, wonach es für die Patentfähigkeit wegen des Ausschlusses von Programmen für Datenverarbeitungsanlagen als solchen nicht entscheidend auf die Technizität, sondern vielmehr darauf ankommt, ob die beanspruchte Lehre Anweisungen enthält, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen, und ausgeführt, die Lehre nach Patentanspruch 1 des Hauptantrags sowie aller hilfsweise zur Entscheidung gestellten Fassungen sei nicht patentfähig, weil es sich dabei um ein dem Patentschutz nicht zugängliches Programm für Datenverarbeitungsanlagen als solches handele (§ 1 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 PatG). Die Rüge, der Beschluss setze sich lediglich damit auseinander, ob im Hauptanspruch des Hauptantrags Technizität zu sehen sei, er sei aber nicht mit Entscheidungsgründen dazu versehen, ob in der patentbeschreibungsgemäßen Generierung einer einfachen Vorform computerbasierten künstlichen Bewusstseins Technizität gesehen werden könnte, geht unabhängig von der Frage ihrer verfahrensrechtlichen Stichhaltigkeit bereits an den von § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG gestellten Anforderungen vorbei.

b) Ein Verstoß gegen diese Bestimmung liegt insbesondere auch nicht darin, dass das Bundespatentgericht sich in den Gründen nicht ausdrücklich mit dem vom Antragsteller vorgebrachten Argument auseinandergesetzt hat, seine Erfindung weise mit Compilern und Debuggern vergleichbare Technizitätsmerkmale auf und hätte patentiert werden müssen, wenn das Deutsche Patent- und Markenamt für Compiler und Debugger Patente erteile. Selbst wenn es sich so verhielte - was fraglich erscheint, weil die vom Antragsteller auf Seite 3 seines Protokollergänzungsantrags vom 29. November 2006 mitgeteilten Veröffentlichungsnummern des Deutschen Patent- und Markenamtes lediglich auf Offenlegungsschriften (vgl. § 32 Abs. 2 PatG) hindeuten, nicht aber auf erteilte Patente - wäre das Bundespatentgericht jedenfalls nicht an die rechtliche Beurteilung seitens des Deutschen Patent- und Markenamtes in anderen Fällen gebunden gewesen. Es hätte außerdem, selbst wenn es zuvor eine abweichende Auffassung vertreten hätte, wofür nichts spricht, diese anders lautende Rechtsprechung aufgeben können, wenn es zu dem Ergebnis gelangt, die Patentfähigkeit sei in Fällen der vorliegenden Art nicht zu bejahen.

c) Der in diesem Zusammenhang geltend gemachte Zulassungsgrund des § 100 Abs. 3 Nr. 4 PatG ist ebenfalls nicht gegeben. Der Antragsteller leitet ihn daraus her, dass nach Lage der Dinge seinem Zweitantrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe hätte stattgegeben und ihm ein Patentanwalt beigeordnet werden müssen, dem bestimmt aufgefallen wäre, dass die Antragsmatrix entsprechend hätte verlängert werden müssen. Diesem Argument liegt ein unzutreffendes Verständnis der Bestimmung des § 100 Abs. 3 Nr. 4 PatG zugrunde. Die von diesem Zulassungsgrund erfassten Vertretungsmängel betreffen fehlende Partei- oder Prozessfähigkeit eines Beteiligten, das Fehlen der Vertretungsmacht eines als Vertreter Auftretenden oder eine Entscheidung trotz unterbliebener Terminsladung (vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 100 Rdn. 52 ff.). Um solche Fälle geht es vorliegend nicht.

d) Das Bundespatentgericht hat sich auch in einer den Anforderungen des § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG entsprechenden Weise mit den zum Sub-Hilfsantrag gehörenden Ansprüchen befasst und darin die vorrichtungsmäßige Einkleidung einer Lehre gesehen, die selbst nicht patentfähig ist, weil sie keine Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln lehrt.

3. Soweit der Antragsteller die nicht rechtzeitige Gewährung rechtlichen Gehörs durch übermäßig lange Dauer des Verfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt geltend macht, berührt dies den Anwendungsbereich von § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG nicht. Diese Bestimmung erfasst nur Mängel des Beschwerdeverfahrens, nicht aber solche aus dem diesem vorangegangenen Verfahren (vgl. Sen.Beschl. v. 24.10.2000 - X ZB 6/00, GRUR 2001, 139 - Parkkarte; v. 6.2.2007 - X ZB 4/06, Tz. 15). Im Übrigen gelten die Ausführungen oben zu 2. b) entsprechend.

4. Darin, dass das Bundespatentgericht dem Antragsteller keine Gelegenheit gegeben hat, sich nachträglich zur vermeintlich vom Gericht in der mündlichen Verhandlung vertretenen Rechtsauffassung zum Verhältnis der Beschlüsse des Senats X ZB 33/03 und X ZB 34/03 vom 19. Oktober 2004 zu den Leitsätzen 1 und 2 der Entscheidung BGHZ 144, 282 - Sprachanalyseeinrichtung - zu äußern, liegt keine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Entscheidung des Bundespatentgerichts anderenfalls abweichend hätte ausfallen können.

5. Keine Aussicht auf Erfolg bieten schließlich die vom Antragsteller im Zusammenhang mit der Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde erhobenen Beanstandungen. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, mit einer Begründung versehen, die mit der von ihm in der Sache getroffenen Entscheidung, die ihrerseits den Anforderungen aus § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG genügt, übereinstimmt. Weitergehende Anforderungen können in einer die Rechtsbeschwerde eröffnenden Weise unbeschadet der nach der Rechtsprechung zu verneinenden Frage, ob dem Antragsteller in seiner Rechtsauffassung zu folgen ist, die Entscheidung über die Nichtzulassung eines Rechtsmittels bedurfte der Begründung, nicht gestellt werden.

Ende der Entscheidung

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