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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 17.02.1999
Aktenzeichen: X ZR 40/96
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 326 Abs. 1
BGB § 635
BGB § 634
BGB § 326
BGB § 633 Abs. 2 Satz 2
BGB § 476 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

X ZR 40/96

Verkündet am: 17. Februar 1999

Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Februar 1999 durch den Vorsitzenden Richter Rogge und die Richter Dr. Jestaedt, Dipl.-Ing. Frhr. v. Maltzahn, Scharen und Keukenschrijver

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 22. Februar 1996 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Aufwendungsersatz aus Werkvertrag.

Die Klägerin hatte von der Generalunternehmerin R. & M. für das Bauvorhaben "Hauptbahnhof U-Bahn D." den Auftrag erhalten, glanzbeschichtete Fassadenverkleidungselemente zu liefern. Mit der Beschichtung der von ihr gefertigten Bleche im Pulverlackverfahren beauftragte sie die Beklagte zu 1, ein Spezialunternehmen für die Herstellung derartiger Lackierungen. Die Beklagte zu 1 verarbeitete Pulverlackmaterial der Streithelferin und lieferte die beschichteten Platten auf die Baustelle in D. an. Dort stellte sich nach Teilmontage der Platten heraus, daß die Lackierung der Bleche mangelhaft war. Sie wiesen oberflächliche Streifen, Flecken, Fingerabdrücke und Abdrücke der Transportverpackung auf. Auf die Mängelrüge der R. & M. beschichtete die Beklagte zu 1 die Platten erneut mit Pulverlack der Streithelferin, diesmal in matt, ohne daß hierdurch die Beanstandungen behoben werden konnten. Bei einer Besprechung am 23. Januar 1989 kamen die beteiligten Unternehmen überein, die Mängelbeseitigung durch eine Naßlackierung der Bleche zu versuchen. Da die Beklagte zu 1 hierzu nicht in der Lage war, wurden die Bleche zu einem Drittunternehmen transportiert, das die Naßlackierung vornahm.

Die Generalunternehmerin errechnete die ihr aufgrund der fehlerhaften Lackierungen entstandenen Aufwendungen für Demontage und Montage der Platten sowie Transport-, Gutachter- und Rechtsanwaltskosten auf 122.629,80 DM und zog diesen Betrag von einer Forderung der Klägerin gegen sie ab. Die Klägerin beansprucht von der Beklagten zu 1 als ihrer Subunternehmerin Ersatz dieser Aufwendungen nebst 10 % Zinsen seit dem 24. März 1990.

Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Die Beklagten bitten um Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat das Begehren der Klägerin als Schadensersatzanspruch qualifiziert, einen Anspruch aus den §§ 326 Abs. 1 und 635, 634 BGB jedoch verneint. Es hat dazu im wesentlichen ausgeführt: Zweifelhaft sei, ob die Klägerin die Beklagte zu 1 in Verzug gesetzt habe. Jedenfalls fehle eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung. Die Fristsetzung sei auch nicht entbehrlich gewesen. Nicht schlüssig dargetan sei, daß sich die Beklagte zu 1 geweigert habe, die Mängel zu beseitigen. Bei der Besprechung am 23. Januar 1989, bei der an den nunmehr mattlackierten Blechen die gleichen Fehler festgestellt worden seien wie zuvor bei den glanzlackierten Platten, habe der Beklagte zu 2 lediglich zum Ausdruck gebracht, daß die Beklagte zu 1 nicht über die technischen Voraussetzungen für eine Naßlackierung verfüge. Die Streithelferin habe sich bereiterklärt, die von allen Beteiligten als erfolgversprechende Nachbesserung angesehene Naßlackierung zu übernehmen. Über die dabei entstehenden Kosten sei nicht gesprochen worden. Die Fristsetzung sei auch nicht entbehrlich, weil die Mängelbeseitigung unmöglich gewesen wäre. Eine Nachbesserung sei möglich gewesen. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, daß ihr eine weitere Nachbesserung durch die Beklagte zu 1 nicht zumutbar gewesen sei. Zwar sei der erste Nachbesserungsversuch der Beklagten zu 1 mißlungen. Gerade das von der Auftraggeberin der Klägerin eingeholte Gutachten habe aber dafür gesprochen, daß nicht die handwerkliche Leistung der Beklagten zu 1 für den Mangel verantwortlich gewesen sei, sondern das von ihr verarbeitete Produkt der Streithelferin. Einen nachhaltigen Vertrauensverlust in die Zuverlässigkeit der Arbeit der Beklagten zu 1 habe die Klägerin nicht hinreichend dargelegt. Eine vertragliche Einigung über eine Übernahme der Nachbesserungskosten durch die Beklagte zu 1 komme nicht in Betracht.

II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen für Demontage und Montage der Fassadenplatten in dem U-Bahnhof in D., für Transport-, Gutachter- und Rechtsanwaltskosten ausschließlich unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruchs aus § 326 BGB oder § 635 BGB untersucht. Einen solchen Anspruch hat es wegen unterlassener Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung verneint. Es hat jedoch übersehen, daß die Klägerin nach ihrem Vorbringen nicht Ersatz eines Schadens begehrt, der wegen versäumter Mangelbeseitigung zu ersetzen ist. Die zunächst vorhandenen Mängel an der Beschichtung der Fassadenplatten wurden unstreitig - im Ergebnis - mit Erfolg von einem Drittunternehmen beseitigt; die Kosten der eigentlichen Mangelbeseitigung sind jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Die Klägerin verlangt vielmehr Ersatz von zusätzlichen Aufwendungen, die ihrer Generalunternehmerin im Zusammenhang mit dem Mangel und seiner Beseitigung entstanden sind und mit denen sie rückbelastet worden ist. Diese Aufwendungen waren zwar durch den Mangel aber nicht dadurch bedingt, daß die Mangelbeseitigung letztlich nicht von der Beklagten zu 1 oder einem Erfüllungsgehilfen besorgt wurde.

Nach den §§ 633 Abs. 2 Satz 2, 476 a BGB hat der Unternehmer, der zur Nachbesserung verpflichtet ist, die zum Zwecke der Nachbesserung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen. Darunter fallen auch Kosten für die Erstellung von Gutachten und Rechtsanwaltskosten, soweit diese zur Auffindung des zu beseitigenden Mangels notwendig sind; denn das Verlangen einer Nachbesserung setzt voraus, daß die Schadensursache festgestellt worden ist (BGHZ 113, 251, 261 m.w.N.). Bei dem Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen nach § 633 Abs. 2 Satz 2 BGB handelt es sich um einen Erfüllungsanspruch, nicht um einen Schadensersatzanspruch des Bestellers. Deshalb müssen zu seiner Geltendmachung die Voraussetzungen der §§ 635, 634 BGB nicht vorliegen. Der Aufwendungsersatzanspruch ist insbesondere auch dann gegeben, wenn der Auftragnehmer den Mangel nicht verschuldet hat (BGHZ 96, 221, 225).

III. Da das Berufungsgericht diese Anspruchsgrundlage übersehen und insoweit keine Feststellungen getroffen hat, ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Klägerin aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das auch über die Kosten der Revision zu befinden hat.

Das Berufungsgericht wird - gegebenenfalls nach weiterem Vortrag der Parteien - zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen eines Aufwendungsersatzanspruchs nach den §§ 633 Abs. 2 Satz 2, 476 a BGB gegeben sind und ob die einzelnen von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen zum Zweck der Nachbesserung der Fassadenplatten erforderlich waren. Dabei wird es auch zu berücksichtigen haben, ob und in welchem Umfang die Klägerin durch ihr Verhalten an der Entstehung der Aufwendungen mitgewirkt hat.

Sollte sich erweisen, daß ein Aufwendungsersatzanspruch nicht oder nicht für alle geltend gemachten Positionen gegeben ist, so wird das Berufungsgericht weiter zu prüfen haben, ob ein Schadensersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung in Betracht kommen könnte, etwa weil die Beklagte zu 1 als Spezialunternehmen für Lackierungen es versäumt haben könnte, die Klägerin rechtzeitig auf die Ungeeignetheit des Beschichtungsmaterials der Streithelferin im Trockenbeschichtungsverfahren hinzuweisen.

Ende der Entscheidung

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