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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 15.12.1998
Aktenzeichen: XI ZB 19/98
Rechtsgebiete: GVG, ZPO, VermG


Vorschriften:

GVG § 17 a Abs. 4
ZPO § 567 Abs. 4
ZPO § 577
VermG § 16 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XI ZB 19/98

vom

15. Dezember 1998

in dem Rechtsstreit

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Schimansky und die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Nobbe und Dr. van Gelder

am 15. Dezember 1998

beschlossen:

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des 24. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 8. Juli 1998 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert beträgt 15.000 DM.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über die Zahlung von staatlichen Fördergeldern.

Das beklagte Land schloß im Jahre 1993 mit der Klägerin, einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft, einen Vertrag über die Durchführung von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen nach den "Grundsätzen für den Einsatz von Förderungsmitteln im Programm Leerstandsbeseitigung 1992 für den Ostteil B.". Darin verpflichtete sich die Klägerin als Verfügungsberechtigte über das Wohngrundstück G.straße 5 in B., bestimmte Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen vorzunehmen. Das beklagte Land sagte hierfür Subventionen in Form eines Baukostenzuschusses, von Eigenkapitalersatzmitteln und modernisierungsbezogenen Aufwendungszuschüssen zu. Die Klägerin hatte danach nur die mietumlagefähigen Modernisierungskosten zu tragen. Weil das Grundstück später an einen Berechtigten nach dem Vermögensgesetz zurückübertragen wurde, beendete die Klägerin die begonnenen Arbeiten im Einvernehmen mit dem beklagten Land, das ihr den größten Teil der bis dahin angefallenen Baukosten erstattete. Lediglich die auf die Mieter umlagefähigen Modernisierungskosten übernahm das Land entsprechend der vertraglichen Regelung nicht. Diese Kosten in Höhe von 72.559,58 DM nebst Zinsen macht die Klägerin mit der vorliegenden Klage geltend, wobei sie sich auf eine angebliche mündliche Zusatzvereinbarung vom Februar 1995 stützt.

Landgericht und Berufungsgericht haben die Zuständigkeit der Zivilgerichte verneint. Sie haben angenommen, daß der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei, weil es sich um einen Streit über die Frage des "Ob" einer staatlichen Subvention handele. Mit der - zugelassenen - weiteren Beschwerde macht die Klägerin geltend, der Zivilrechtsweg sei eröffnet, weil über das "Wie" einer im Grundsatz bereits bewilligten Subvention gestritten werde.

II.

Die weitere sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 17 a Abs. 4 GVG in Verbindung mit § 567 Abs. 4, § 577 ZPO), jedoch nicht begründet. Das Berufungsgericht hat zu Recht die Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Verwaltungsgericht bestätigt, weil es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt.

1. Die Frage, ob eine Streitigkeit öffentlich- oder zivilrechtlich ist, richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Dabei kommt es nicht auf die Bewertung durch die klagende Partei, sondern darauf an, nach welchem Recht ihr Begehren bei objektiver Würdigung zu beurteilen ist (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, BGHZ 97, 312, 313 f. m.w. Nachw. und BGHZ 102, 280, 283; BGH, Beschluß vom 7. November 1996 - IX ZB 15/96, WM 1996, 2299). Maßgebend ist danach die rechtliche Einordnung der begehrten Zahlung. Es ist allgemein anerkannt, daß der Streit um die Gewährung einer Subvention entsprechend dem mit ihr verfolgten Zweck immer öffentlich-rechtlicher Natur ist.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die sogenannte Zweistufen-Theorie hier nicht einschlägig. Diese ist für die Fälle entwickelt worden, in denen ein Hoheitsträger nach der Bewilligung einer Subvention die näheren Bedingungen der Förderung privatrechtlich ausgestaltet. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn die Auszahlung der Fördermittel in Form eines Darlehensvertrages erfolgt (vgl. BGHZ 40, 206, 210 m.w.Nachw.; BVerwGE 41, 127, 130). Vorliegend haben die Parteien über die Gewährung und die Modalitäten der Fördermittel aber einen einheitlichen Vertrag geschlossen. Der streitige Fördervertrag enthält nicht nur die Entscheidung darüber, daß die beabsichtigte Baumaßnahme gefördert wird, sondern legt auch Art und Umfang der Förderung fest. Es handelt sich insgesamt um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, der nicht in einen öffentlich-rechtlichen und einen privatrechtlichen Teil zerlegt werden kann. In der Regel ist anzunehmen, daß sich eine Behörde bei Erfüllung einer ihr aufgetragenen öffentlichen Aufgabe öffentlich-rechtlicher Maßnahmen bedient und sich nicht auf das Gebiet des Privatrechts begeben will. Zuteilung und Vollzug einer Subvention können daher einheitlich öffentlich-rechtlich gestaltet werden. Von einer solchen Gestaltung ist insbesondere bei der Gewährung eines verlorenen Zuschusses auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 1985 - III ZR 196/83, WM 1985, 530, 531; MünchKomm/Wolf, ZPO § 13 GVG Rdn. 154; Kopp, VwVfG 6. Auf. § 54 Rdn. 9; Eyermann/Fröhler/Rennert, VwGO 10. Aufl. § 40 Rdn. 50). Auch bei der mündlichen Zusatzvereinbarung, auf die sich die Klägerin stützt, handelt es sich um die behauptete Zusicherung eines verlorenen Zuschusses und nicht um einen privatrechtlichen Darlehensvertrag.

2. Die Tatsache, daß das Grundstück nach dem Vermögensgesetz zurückgegeben wurde, beeinflußt die Rechtswegfrage nicht. Es geht vorliegend allein um das durch den Fördervertrag begründete Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und dem beklagten Land. Für dessen rechtliche Einordnung ist es ohne Belang, ob der Berechtigte verpflichtet ist, dem Verwalter Aufwendungen zu erstatten, oder in vom Verwalter eingegangene Verpflichtungen nach § 16 Abs. 2 VermG eintritt.



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