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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 11.05.1999
Aktenzeichen: XI ZR 192/98
Rechtsgebiete: BörsG, ZPO


Vorschriften:

BörsG § 53 Abs. 2
BörsG § 53 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 565 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XI ZR 192/98

Verkündet am: 11. Mai 1999

Bartholomäus Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Mai 1999 durch den Vorsitzenden Richter Schimansky und die Richter Dr. Schramm, Nobbe, Dr. van Gelder und Dr. Müller

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Teilurteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Juni 1998 aufgehoben, soweit die Klage in Höhe eines Teilbetrages von 22.782,96 DM abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die klagende Bank nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines Lombardkredits in Anspruch.

Seit 1985 erwarb der Beklagte, ein Vertriebsleiter, in erheblichem Umfang Aktien sowie selbständige und unselbständige Optionsscheine auf Kredit. Unterrichtungsschriften der Klägerin über Börsentermingeschäfte unterzeichnete er am 3. August 1989, am 10. September 1990 und am 10. September 1993.

Als der Beklagte nach Überziehung der Kreditlinie seiner Verpflichtung zur Bestellung von Sicherheiten nicht nachkam, stellte die Klägerin den Kredit fällig, verwertete sein Depot, nahm ihn auf Zahlung von 133.347,61 DM zuzüglich Zinsen in Anspruch und erwirkte über diesen Betrag zunächst ein Versäumnisurteil und später ein streitiges Urteil des Landgerichts. Auf die Berufung des Beklagten, der unter anderem den Termineinwand erhebt, wies das Oberlandesgericht die Klage durch Teilurteil in Höhe von 82.296,47 DM ab. Mit der Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung dieses Urteils, soweit die Klage in Höhe von mehr als 39.886,24 DM abgewiesen worden ist. Der Senat hat die Revision nur in Höhe eines Teilbetrages von 22.782,96 DM angenommen.

Entscheidungsgründe:

Im Umfang der Annahme ist die Revision begründet; sie führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Abweisung der Klage in Höhe von 82.296,47 DM im wesentlichen ausgeführt:

Insoweit resultiere die Klageforderung aus Verlusten des Beklagten aus unverbindlichen Börsentermingeschäften. Aufgrund der am 3. August 1989 und 10. September 1990 unterzeichneten Unterrichtungsschriften der Klägerin sei der Beklagte gemäß § 53 Abs. 2 BörsG nur in der Zeit vom 3. August 1989 bis 3. September 1990 sowie vom 10. September 1990 bis 10. September 1991 termingeschäftsfähig gewesen. Die zwischen dem 11. September 1991 und April 1993 geschlossenen Geschäfte mit selbständigen Optionsscheinen des Schweizer Bankvereins seien deshalb unverbindlich. Durch sie sei das Kreditkonto des Beklagten mit 46.016,82 DM belastet worden. Dem stünden unverbindliche Gutschriften in Höhe von insgesamt 19.792,58 DM gegenüber, so daß sich ein saldierter Verlust von 26.224,24 DM ergebe. Von den Geschäften mit selbständigen Optionsscheinen des Bankhauses Warburg seien die Kaufgeschäfte in der Zeit vom 11. September bis 4. November 1991 mit einem Volumen von insgesamt 21.505,51 DM ebenso unverbindlich wie die Verkäufe vom 28. Januar und 11. März 1992 über insgesamt 1.610,12 DM; das Kreditkonto des Beklagten sei deshalb per Saldo mit 19.995,39 DM zu Unrecht belastet worden. Auch die Käufe von selbständigen Optionsscheinen der Westdeutschen Landesbank in der Zeit vom 23. September bis 22. Oktober 1991 über 13.443,98 DM sowie die Verkäufe über 588,50 DM unterlägen dem Termineinwand. Daraus resultiere eine ungerechtfertigte Kontobelastung von 12.855,48 DM. Außer den vorgenannten Verlusten von 26.224,24 DM, 19.995,39 DM und 12.855,48 DM habe der Beklagte bei anderen unverbindlichen Termingeschäften einen weiteren Verlust von 11.927,08 DM erlitten sowie zwei Gewinne über 268,13 DM sowie 437,59 DM erzielt. Daraus ergebe sich ein Saldo von 82.296,47 DM, den die Klägerin zu Unrecht fordere.

II.

Diese Beurteilung hält der Nachprüfung in mehreren Punkten nicht stand.

1. Die Revision rügt zu Recht, daß dem Berufungsgericht bei der Saldierung der Verluste und Gewinne aus unverbindlichen Termingeschäften ein Rechenfehler unterlaufen ist. Aus angenommenen Verlusten von 26.224,24 DM, 19.995,39 DM, 12.855,48 DM und 11.927,08 DM sowie Gewinnen von 268,13 DM und 437,59 DM ergibt sich nicht ein Saldo von 82.296,47 DM, sondern nur ein solcher von 70.296,47 DM.

2. Von den Geschäften mit selbständigen Optionsscheinen des Schweizer Bankvereins hat das Berufungsgericht das Kaufgeschäft über 500 Scheine vom 12. September 1991 für 6.822,55 DM zu Unrecht als unverbindlich angesehen; der Beklagte war erst seit dem 11. Oktober 1991 nicht mehr termingeschäftsfähig. Trotz dieses zu Unrecht berücksichtigten Betrages ergibt sich aus unverbindlichen Geschäften mit Optionsscheinen des Schweizer Bankvereins entgegen der Berechnung des Berufungsgerichts nicht lediglich ein Verlust des Beklagten von 26.224,24 DM, sondern ein solcher von 37.518,49 DM. Sowohl das Berufungsgericht als auch die Revision lassen unbeachtet, daß die Gutschriften über 8.854,13 DM und 9.150,95 DM vom 21. August 1991 aus dem verbindlichen Verkauf von wirksam erworbenen Scheinen resultieren.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluß vom 2. Dezember 1997 - XI ZR 121/97, WM 1998, 25 und Urteil vom 13. Oktober 1998 - XI ZR 282/97, WM 1998, 2330 f.), von der die Revision ausgeht, war die erste Wiederholungsunterrichtung nach § 53 Abs. 2 Satz 3 BörsG a.F. in einem Zeitraum von einem Monat vor und nach Ablauf eines Jahres nach der am 3. August 1989 erfolgten Erstinformation vorzunehmen, hier also in der Zeit vom 3. Juli bis zum 3. September 1990. Die Wiederholungsunterrichtung vom 10. September 1990 war daher verspätet. Sie ist als erneute Erstinformation zu werten und hat die Jahresfrist für die erste Wiederholung mit einem Zeitkorridor von je einem Monat vor und nach Ablauf eines Jahres ausgelöst (Senatsurteil vom 13. Oktober 1998 - XI ZR 282/97, WM 1998, 2330, 2331). Die Information vom 10. September 1990 hat ihre Wirkung daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts erst mit Ablauf des 10. Oktober, nicht des 10. September 1991 verloren. Der Beklagte war somit nur in der Zeit vom 4. bis 9. September 1990 und vom 11. Oktober 1991 bis 9. September 1993 nicht termingeschäftsfähig.

b) Das Kaufgeschäft vom 12. September 1991 über 500 Optionsscheine für 6.822,55 DM war deshalb ebenso verbindlich wie die Verkäufe über 8.854,13 DM und 9.150,95 DM vom 21. August 1991. Unverbindlich sind nur die Kaufverträge über insgesamt 7.500 Optionsscheine aus der Zeit von November 1991 bis April 1993 mit einem Volumen von 39.194,27 DM, denen ein Verkaufserlös von 1.675,78 DM (1.787,50 DM für 8000 Scheine - 111,72 DM für 500 am 12. September 1991 wirksam erworbene) gegenübersteht.

In Höhe von 37.518,49 DM (39.194,27 DM - 1.675,78 DM), nicht nur 26.224,24 DM, wie das Berufungsgericht gemeint hat, ist das Konto des Beklagten daher zu Unrecht belastet worden. Die Differenz zu seinen Lasten beträgt danach 11.294,25 DM.

c) Deren Berücksichtigung verstößt nicht gegen das Verbot der reformatio in peius. Streitgegenstand ist die Darlehensforderung der Klägerin. Alle Gutschriften und Belastungsbuchungen aus Optionsgeschäften sind bloße Rechnungsposten.

3. Das Berufungsgericht hat die zwischen dem 11. September 1991 und 11. März 1992 geschlossenen Geschäfte mit selbständigen Optionsscheinen des Bankhauses Warburg als unverbindlich angesehen. Auch das ist teilweise unrichtig; der Beklagte war, wie dargelegt, erst seit dem 11. Oktober 1991 nicht mehr termingeschäftsfähig.

In der Zeit fehlender Termingeschäftsfähigkeit hat der Beklagte nach seinen Angaben lediglich 1000 Optionsscheine am 4. November 1991 für 3.689,69 DM gekauft und am 28. Januar 1992 4.000 Stück für 1.621,62 DM und am 11. März 1993 0 Stück für 11,50 DM verkauft. Der vom Beklagten angesetzte Verlust von 11,50 DM aus dem Verkauf von 0 Optionsscheinen ist, wie die Revision zu Recht rügt, nicht nachvollziehbar, zumal ein Verkauf zu einer Gutschrift hätte führen müssen. Der Betrag von 11,50 DM bleibt deshalb außer Ansatz. Von der Gutschrift über 1.621,62 DM entfällt nur ein Teilbetrag von 405,40 DM auf die 1.000 am 4. November 1991 unwirksam erworbenen Optionsscheine, der Rest auf 3.000 vorher wirksam gekaufte. Daß der Verkauf unverbindlich ist, ist für die Abrechnung ohne Belang. In Höhe von 3.284,29 DM (3.689,69 DM - 405,40 DM), nicht von 19.995,39 DM, wie das Berufungsgericht angenommen hat, ist das Konto des Beklagten daher zu Unrecht belastet worden. Die Differenz zu Lasten der Klägerin beträgt somit 16.711,10 DM.

4. Von den Geschäften mit selbständigen Optionsscheinen der Westdeutschen Landesbank hat das Berufungsgericht die zwischen dem 23. September 1991 und dem 28. Januar 1992 geschlossenen als unverbindlich angesehen. Auch diese Beurteilung ist teilweise rechtsfehlerhaft. Da der Beklagte erst seit dem 11. Oktober 1991 nicht mehr termingeschäftsfähig war, war das Kaufgeschäft über 5.660,36 DM am 23. September 1991 wirksam. Unverbindlich waren lediglich die beiden Kaufverträge über insgesamt 2000 Scheine vom 21. und 22. Oktober 1991 für 7.783,62 DM und der Verkauf von 4.000 Stück für 588,50 DM am 28. Januar 1992. Von dieser Gutschrift entfällt nur die Hälfte von 294,25 DM auf die 2.000 am 21. und 22. Oktober 1991 unwirksam erworbenen Scheine, der Rest auf 2.000 Stück zuvor verbindlich gekaufte. In Höhe von 7.489,37 DM (7.783,62 DM - 294,25 DM), nicht von 12.855,48 DM, wie das Berufungsgericht gemeint hat, ist das Kreditkonto des Beklagten daher zu Unrecht belastet worden. Danach beträgt die Differenz gegenüber dem Berufungsurteil 5.366,11 DM zu Lasten der Klägerin.

5. Die Saldierung der vorstehend unter 1., 3. und 4. ausgewiesenen Differenzbeträge von 12.000 DM, 16.711,10 DM und 5.366,11 DM zu Lasten der Klägerin und von 11.294,25 DM (vorstehend unter 2.) zu Lasten des Beklagten ergibt einen Betrag von 22.782,96 DM. Um diese Summe hat das Berufungsgericht die Klage vorbehaltlich der vom Beklagten geltend gemachten Aufklärungspflichtverletzung, zu der das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus konsequent - noch keine Feststellungen getroffen hat, zu Unrecht abgewiesen.

III.

Insoweit war das Berufungsurteil daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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