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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 11.02.2009
Aktenzeichen: XII ZR 114/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, EGBGB


Vorschriften:

ZPO § 72
BGB § 204
BGB § 535
BGB § 536
BGB § 546a
EGBGB Art. 229 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

auf die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 2009

durch

die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und

die Richter Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs, Dose und Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 23. Februar 2006 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Kammergericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist hinsichtlich des Beklagten zu 1 vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger verfolgen Ansprüche auf Mietzins und Nutzungsentschädigung aus einem beendeten (Unter-)Mietverhältnis.

Die Kläger waren Mieter von zwei Gewerbeobjekten (jeweils Dachgeschossflächen) in B. , G. Straße ... und ..., deren Vermieter ursprünglich das Land B. , später der Liegenschaftsfonds B. (im Folgenden: Vermieter) war. Die Räume waren als Lagerraum vermietet. Durch zwei Untermietverträge vom 27. April 1994 vermieteten die Kläger die Räume an

eine Gesellschaft für Architektur und Neue Medien (GbR), deren Gesellschafter die Beklagten sind, zum Zwecke der Büronutzung.

Die Beklagten hielten in den Jahren 1998 und 1999 Mietzinsen ein und beriefen sich auf eine Mietminderung. Die Kläger verfuhren im Verhältnis zum Vermieter ebenso. Mit Schreiben vom 3. Februar 1999 kündigten die Kläger das Untermietverhältnis mit den Beklagten fristlos.

Die Kläger wurden im Jahr 2002 vom Vermieter vor dem Landgericht B. auf Zahlung rückständiger Mietzinsen für 1998 und 1999 verklagt. Die damaligen Prozessparteien stritten um die von den Klägern geltend gemachte Mietminderung. Im Prozess verkündeten die Kläger den Beklagten den Streit. Der Beklagte zu 1 trat den Klägern als Streithelfer bei. Die Kläger wurden vom Landgericht B. zur Zahlung der vollen Mietzinsen verurteilt. Im vorliegenden Verfahren begehren sie die Zahlung der entsprechenden Mietzinsen bzw. Nutzungsentschädigung von den Beklagten.

Die Kläger haben zunächst im Dezember 2002 Mahnbescheide beantragt, die den Beklagten jeweils am 24. Januar 2003 zugestellt worden sind. Im anschließenden Streitverfahren haben die Kläger ihre Klage erweitert. Ein am 14. Januar 2004 eingereichtes Prozesskostenhilfegesuch der Kläger ist vom Landgericht zurückgewiesen worden; die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Erst nach Einzahlung des (restlichen) Vorschusses am 20. Dezember 2004 auf die Gerichtskosten ist ein Termin bestimmt worden. Die zunächst noch versehentlich unterbliebene Zustellung der Klagebegründung ist später nachgeholt worden.

Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben. Die Parteien streiten darüber, ob die Verjährung durch die Streitverkündung im Vorprozess

und die Zustellung der Mahnbescheide bzw. Klageerhebung im vorliegenden Verfahren rechtzeitig gehemmt worden ist.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Klageforderung verjährt sei. Die dagegen - beschränkt auf das Jahr 1999 - eingelegte Berufung der Kläger ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgen sie ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Gegen den im Verhandlungstermin nicht erschienenen Beklagten zu 1 ist insoweit durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Dieses beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern berücksichtigt den gesamten Sach- und Streitstand (BGHZ 37, 79, 81 ff.) .

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht ist in seinem in ZMR 2006, 687 veröffentlichten Urteil wie das Landgericht davon ausgegangen, dass die Klageforderung verjährt sei.

Die Verjährung sei weder durch die Zustellung der Mahnbescheide noch durch die Streitverkündung im Vorprozess gehemmt worden. Den Mahnbescheiden habe es an der erforderlichen Individualisierung der Forderungen gefehlt. Die spätere Individualisierung im Prozess könne nicht auf den Zeitpunkt des Mahnantrags zurückwirken, sondern wirke nur für die Zukunft. Eine Hemmung sei auch nicht durch die Einreichung des Klagebegründungsschriftsatzes eingetreten, weil dessen Zustellung nicht "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgt sei. Die bei der Zustellung eingetretene Verzögerung beruhe auf dem fehlenden weiteren Kostenvorschuss und sei den Klägern auch unter Berücksichtigung des zwischenzeitlichen Prozesskostenhilfeverfahrens zuzurechnen.

Auch die Streitverkündung im Vorprozess habe die Verjährung nicht gehemmt. Erforderlich sei die Zulässigkeit der Streitverkündung, welche im Folgeprozess zu überprüfen sei. Dass der Beklagte zu 1 den Klägern im Vorprozess beigetreten sei, mache diese Prüfung nicht entbehrlich.

Ein Streitverkündungsgrund habe nicht vorgelegen. Zweifelhaft sei hier lediglich die Zulässigkeit nach § 72 Abs. 1 2. Alt. ZPO, wofür der Bundesgerichtshof in bestimmten Fällen, insbesondere bei gleichartigen Gewährleistungsrechten in einer Leistungskette, eine erweiternde Auslegung vorgenommen habe. Die Entscheidungen ließen sich aber nicht dahin verallgemeinern, dass die Streitverkündung in einer Leistungskette stets zulässig sei, wenn gleichartige Gewährleistungsrechte und etwa Tatsachen im Raum stünden, die auch im anderen Verhältnis verwertbar sein könnten. Es komme darauf an, ob bei einer gewissen typisierenden Betrachtung der Rechtsverhältnisse eine ü-bereinstimmende Betrachtung greifen "müsste", so dass nur durch das Auseinanderfallen der Beurteilung in zwei Prozesse das den Zweck des § 72 ZPO bildende Risiko auftrete, dass der Streitverkünder zu Unrecht in beiden unterliege. Die Annahme einer derart engen materiellrechtlichen Verknüpfung werde in einer Liefer- oder Leistungskette, wenn also bei natürlicher Betrachtung dieselbe Leistung weitergereicht werde, näher liegen als bei einem Untermietvertrag. Der Untermietvertrag werde typischerweise losgelöst vom Hauptmietvertrag abgeschlossen. Im vorliegenden Fall sei eine enge materiellrechtliche Verknüpfung jedenfalls deshalb zu verneinen, weil die Mietverträge nicht den gleichen Zweck verfolgten (Vermietung als Lagerraum im Hauptmietverhältnis und als Büroräume im Untermietverhältnis). Die Annahme der Kläger, der Inhalt des Hauptmietverhältnisses habe sich durch das Einverständnis des Vermieters dahin geändert, dass dieser nunmehr auch zur Herstellung eines dafür geeigneten Zustands verpflichtet gewesen sei, habe ferngelegen. Ein Gleichlauf des Mängeleinwands in einzelnen Beziehungen sei nicht maßgeblich. Für die Besorgnis im Sinne von § 72 Abs. 1 ZPO genüge nicht die bloß subjektive Sicht der Kläger, die im vorliegenden Fall jedenfalls nicht berechtigt gewesen sei.

Die allein mit dem Ziel, befürchtete Gegenansprüche oder -rechte auszuschließen, erklärte Streitverkündung führe schließlich nicht zur Hemmung hinsichtlich des Zahlungsanspruchs des Streitverkünders. Die Hemmungswirkung der Streitverkündung erfasse nur die Ansprüche, auf die sich die Interventionswirkung (§§ 74 Abs. 3, 68 ZPO) konkret beziehe. Erfolge die Streitverkündung durch den Gläubiger des Zahlungsanspruchs, um befürchtete Gegenansprüche oder -rechte des Streitverkündeten auszuschließen (§ 72 Abs. 1 Alt. 2 ZPO), werde daher nicht die Verjährung des Zahlungsanspruchs gehemmt. Dass vorliegend die Minderung der Beklagten ausgeschlossen werden solle, die keinen "Anspruch" darstelle, sondern eine Einwendung gegen den Mietzinsanspruch, könne in Bezug auf die Verjährung der Mietzinsforderung keinen Unterschied machen. Wäre mit einem aufzurechnenden Schadensersatzanspruch zu rechnen, würde eine Hemmung ebenfalls nicht eintreten. Beide Fälle lägen insoweit maßgeblich gleich, als der Zahlungsanspruch rechtlich die Klärung des Gegenrechts nicht voraussetze, sondern der Gläubiger nur einem Prozessrisiko unterliege. Sein Interesse, dieses durch Abwarten einer Vorklärung im Erstprozess zu minimieren, rechtfertige die Verjährungshemmung nicht.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die geltend gemachten Mietzinsansprüche und Nutzungsentschädigungsansprüche für das Jahr 1999 sind nicht verjährt. Auf die vom Berufungsgericht verneinte Hemmungswirkung der Mahnbescheide und die ursprüngliche Hemmungswirkung der Klagebegründung kommt es nicht an. Denn die Verjährung ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schon durch die Streitverkündung im Vorprozess rechtzeitig gehemmt worden.

1.

Die Verjährungsfrist richtet sich gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB grundsätzlich nach dem aufgrund des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001 seit dem 1. Januar 2002 geltenden Recht. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt nach § 195 BGB drei Jahre. Sie würde aber, weil sie kürzer ist als die nach § 197 BGB a.F. bis zum 31. Dezember 2001 geltende Frist von vier Jahren, mit dem Inkrafttreten der Neuregelung am 1. Januar 2002 zu laufen beginnen und demzufolge erst mit Ablauf des 31. Dezember 2004 enden. Weil die nach altem Recht geltende Verjährungsfrist von vier Jahren dann aber früher abläuft (Beginn nach § 201 BGB a.F. mit dem Schluss des Jahres 1999, Ende also mit Ablauf des 31. Dezember 2003), gilt diese für die hier noch streitbefangenen Ansprüche auf Mietzins- und Nutzungsentschädigung betreffend das Jahr 1999 fort (Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 2 EGBGB).

Die Hemmung der Verjährung bestimmt sich gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, 2 EGBGB nach dem seit dem 1. Januar 2002 geltenden Recht, weil hierfür nur Gründe in Frage kommen, die in die Zeit nach Inkrafttreten des neuen Verjährungsrechts fallen (vgl. Palandt/Heinrichs BGB 68. Aufl. Art. 229 § 6 EGBGB Rdn. 7).

2.

a)

Nach § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB wird die Verjährung durch die Zustellung der Streitverkündung gehemmt. Über den Wortlaut der Vorschrift hinaus muss die Streitverkündung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - von der auch das Berufungsgericht ausgeht - gemäß § 72 Abs. 1 1. und 2. Alt. ZPO zulässig sein (BGHZ 175, 1, 6 f. m.w.N. m.Anm. Peters JR 2008, 465), was im Folgeprozess zu prüfen ist. Insbesondere muss ein Streitverkündungsgrund vorliegen.

aa)

An dem Erfordernis der Zulässigkeit ist entgegen der an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geäußerten Kritik (Althammer/Würdinger NJW 2008, 2620 m.w.N.) festzuhalten. Insbesondere überzeugt nicht das gegen die Rechtsprechung angeführte Argument, indem der Gesetzgeber die einschränkende Formulierung in § 209 BGB a.F. ("in dem Prozess, von dessen Ausgang der Anspruch abhängt") nicht in § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB übernommen habe, sei entsprechend dem Wortlaut eine Zulässigkeit der Streitverkündung zur Hemmung der Verjährung nicht mehr erforderlich. Dass statt der in § 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB a.F. aufgeführten Abhängigkeit der beiden Prozesse auf die Zulässigkeit der Streitverkündung abzustellen ist, entsprach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor der Schuldrechtsreform (vgl. BGHZ 175, 1, 7 m.w.N.). Wenn der Gesetzgeber unter diesen Umständen die Abhängigkeit aus dem Wortlaut der Vorschrift gestrichen hat, belegt dies zunächst nur, dass er damit für eine Klarstellung des bestehenden Rechtszustands sorgen wollte, wie es in den Materialien auch hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt (BT-Drucks. 14/6040 S. 114; BGHZ 175, 1, 7). Daraus ergibt sich aber nicht, dass er mit dieser Formulierung abweichend von der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Zulässigkeit der Streitverkündung als entbehrlich angesehen hätte. Das gilt erst recht, weil die Gesetzesbegründung gerade auf die grundlegende Entscheidung BGHZ 36, 212, 214 verweist, in der der Bundesgerichtshof - im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichsgerichts - ausgesprochen hat, dass die Voraussetzungen für die - zulässige - Streitverkündung und die Unterbrechung der Verjährung übereinstimmen.

bb)

Auch eine entsprechende Anwendung der für die Klage geltenden Regeln (so Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht 16. Aufl. § 51 Rdn. 24), wonach auch eine unzulässige Klage die Verjährung hemmt, ist nicht angezeigt. Anders als der Beklagte bei der unzulässigen Klage ist der Streitverkündungsempfänger nicht unmittelbar betroffen und ist seine Beteiligung am Prozess zunächst von seiner Entscheidung über den Beitritt abhängig (vgl. BGHZ 175, 1, 8). Bei einer unzulässigen Streitverkündung müsste er sich hingegen an einem Prozess beteiligen, der ihn nichts angeht. Auch bei der unzulässigen Klage ist jedenfalls die Warnfunktion gewährleistet, die die Hemmung der Verjährung rechtfertigt. Wenn hingegen das Thema des Vorprozesses den Streitverkündungsempfänger gar nicht betrifft oder ihm die Verbindung zu einem möglichen Anspruch in der Streitverkündungsschrift nicht aufgezeigt wird, erfüllt die Streitverkündung keine der Klage entsprechende Warnfunktion und ist eine Hemmung der Verjährung daher nicht gerechtfertigt.

cc)

Das Berufungsgericht hat ferner zu Recht herausgestellt, dass das Erfordernis der Zulässigkeit im Hinblick auf die Hemmung der Verjährung auch nicht dadurch entbehrlich wird, dass der Beklagte zu 1 im Vorprozess den Klägern beigetreten ist (BGHZ 175, 1, 3 f. m.w.N.; a.A. Althammer/Würdinger NJW 2008, 2620, 2621).

b)

Demnach ist insbesondere ein Streitverkündungsgrund nach § 72 Abs. 1 ZPO erforderlich. Ein solcher liegt vor, wenn eine Partei für den Fall des ihr ungünstigen Prozessausgangs einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt (1. Alt.) oder den Anspruch eines Dritten besorgt (2. Alt.).

aa)

Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es im Verhältnis der Kläger zu den Beklagten nicht um einen Anspruch der Kläger auf Gewährleistung oder Schadloshaltung im Sinne von § 72 Abs. 1 1. Alt. ZPO geht. Die Kläger machen gegen die Beklagten Ansprüche auf Mietzinszahlung nach § 535 Abs. 2 BGB und Nutzungsentschädigung nach § 546 a Abs. 1 BGB geltend. Beide Ansprüche sind nicht als Ansprüche auf Schadloshaltung im Sinne von § 72 Abs. 1 1. Alt. ZPO zu betrachten. Grund der Streitverkündung war auch kein Gewährleistungsrecht der Kläger gegen die Beklagten, sondern ein von den Klägern zu befürchtendes Gewährleistungsrecht der Beklagten, das § 72 Abs. 1 2. Alt. ZPO unterfällt (vgl. BGHZ 116, 95, 101 f.) . Den Klägern war dem entsprechend daran gelegen, durch die Streitverkündung im Unterliegensfalle einem zu befürchtenden Gegenrecht der Beklagten die tatsächliche Grundlage zu entziehen. Die beiden in § 72 Abs. 1 ZPO aufgeführten Alternativen unterscheiden sich demnach nur im Hinblick auf die Anspruchsrichtung. Für die Möglichkeit der Streitverkündung soll es aber nicht darauf ankommen, in welchem der beiden (hier: Vertrags-)Verhältnisse zuerst ein Prozess geführt wird und ob der Streitverkünder darin die Kläger- oder Beklagtenrolle einnimmt (Zöller/Vollkommer ZPO 27. Aufl. § 72 Rdn. 6).

bb) Bei der von den Beklagten geltend gemachten Minderung handelt es sich zwar nicht um einen Anspruch im Sinne von § 194 BGB, sondern um eine kraft Gesetzes eintretende Folge der Mangelhaftigkeit. Nach § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Mieter bei Mangelhaftigkeit der Mietsache von der Entrichtung der Miete befreit. § 72 Abs. 1 2. Alt. ZPO ist indessen weit auszulegen und auch auf die Mietzinsminderung anzuwenden. Die konkrete Ausgestaltung eines Gewährleistungsrechts, etwa als Anspruch (z.B. Wandlung und Minderung nach § 462 BGB a.F. oder Schadensersatzanspruch nach § 536 a BGB), Gestaltungsrecht (Minderung nach § 441 BGB) oder gesetzliche Folge der Mangelhaftigkeit kann nicht ausschlaggebend sein, schon weil das Gewährleistungsrecht, wenn etwa ein Wahlrecht besteht, zum Zeitpunkt der Streitverkündung noch nicht festzustehen braucht.

cc)

Auch für die Zeit nach der Kündigung besteht ein sachlicher Zusammenhang zwischen Vorprozess und Folgeprozess. Je nach dem Erfolg der Minderung könnte mangels Verzuges mit der Mietzinszahlung ein Grund für die von den Klägern ausgesprochene Kündigung gefehlt haben. Aber auch wenn die Kündigung wirksam war, hat die Minderung Auswirkungen auf den Nutzungsentschädigungsanspruch nach § 546 a BGB. Denn der Anspruch wäre bei Erfolg oder Teilerfolg der Minderung von vornherein nur beschränkt auf die - vor der Kündigung - geminderte Miete entstanden (Senatsurteil vom 21. März 2001 - XII ZR 241/98 - Tz. 35 ([...]) BGH-Report 2001, 447; BGH Urteil vom 21. Februar 1990 - VIII ZR 116/89 - NJW-RR 1990, 884 m.w.N.).

c)

Der Auffassung des Berufungsgerichts, dass die auf ein Gewährleistungsrecht bezogene Streitverkündung nach § 72 Abs. 1 2. Alt. ZPO keine die Verjährung hemmende Wirkung entfalten könne, mangelt es an einer tragfähigen Begründung.

Ob und in welcher Richtung die Hemmungswirkung nach § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB auch bei der 2. Alt. des § 72 Abs. 1 ZPO eingreift, ist allerdings bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden. In Anbetracht der Funktion der Streitverkündung und der berechtigten Interessen der beteiligten (Vertrags-) Parteien muss die Hemmungswirkung auch dann eingreifen, wenn nicht das Gewährleistungsrecht selbst, sondern ein der vertraglichen (Haupt-)Pflicht (hier: Gebrauchsgewährung nach § 535 Abs. 1 BGB), auf die sich das Gewährleistungsrecht bezieht, gegenüberstehender Gegenleistungsanspruch des Streitverkünders (hier: Mietzinsanspruch) in Rede steht.

Der Wortlaut des § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB erfasst die Streitverkündung im allgemeinen und somit sämtliche Streitverkündungsgründe. Eine einschränkende Auslegung ist nicht angezeigt, denn sie würde den Wirkungsbereich der Streitverkündung ohne sachliche Rechtfertigung verkürzen. Dass durch die Streitverkündung - wie das Berufungsgericht meint - die Verjährung der Gewährleistungsansprüche des Streitverkündungsempfängers gehemmt werden sollte, liegt dagegen fern und widerspräche insbesondere dem Grundsatz, dass die die Verjährung (einseitig) hemmende Maßnahme vom Gläubiger des Anspruchs ausgehen muss (Staudinger/Peters [2004] § 204 Rdn. 82; Palandt/ Heinrichs BGB 68. Aufl. § 204 Rdn. 21 m.N.).

Sinn und Zweck der Streitverkündung legen es nahe, auch der Streitverkündung nach § 72 Abs. 1 2. Alt. ZPO eine verjährungshemmende Wirkung beizumessen. Die Streitverkündung ist ein in erster Linie den Interessen des Streitverkünders dienender prozessualer Behelf, der dazu bestimmt ist, verschiedene Beurteilungen desselben Tatbestandes zu vermeiden, das heißt den Streitverkünder durch die Bindungswirkung gemäß §§ 74, 68 ZPO vor dem Risiko zu bewahren, dass er wegen der materiellrechtlichen Verknüpfung der im Vor- und Folgeprozess geltend gemachten bzw. geltend zu machenden Ansprüche mehrere Prozesse führen muss, dabei aber Gefahr läuft, alle zu verlieren, obwohl er zumindest einen gewinnen müsste (vgl. BGHZ 116, 95, 100 ; Zöller/Vollkommer ZPO 27. Aufl. § 72 Rdn. 1).

Dass die Streitverkündung auch auf Erfüllungsansprüche des Streitverkünders einwirken kann, zeigt sich daran, dass die Streitverkündungswirkung neben den rechtlichen Grundlagen auch und gerade die im Vorprozess getroffenen tatsächlichen Feststellungen erfasst (BGHZ 36, 212, 215) . Das wird dadurch unterstrichen, dass beispielsweise der Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens nach § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB verjährungshemmende Wirkung hat, obwohl noch gar nicht feststehen muss, welcher konkrete Anspruch zum Gegenstand einer späteren Auseinandersetzung werden wird. Darüber hinaus ist es anerkannt, dass auch die im Beweisverfahren erklärte Streitverkündung verjährungshemmende Wirkung hat (BGHZ 134, 190, 194) .

Den berechtigten Interessen des Streitverkündungsempfängers ist ausreichend Rechnung getragen. Die Hemmungswirkung wird gegenständlich durch die Streitverkündungsschrift (BGHZ 175, 1, 9; BGH Urteil vom 21. Februar 2002 - IX ZR 127/00 - NJW 2002, 1414, 1416 ; OLG Düsseldorf BauR 1996, 869, 870) und das Erfordernis der Zulässigkeit der Streitverkündung begrenzt. Die Zulässigkeit der Streitverkündung schließt es aus, dass der Streitverkündungsempfänger willkürlich in einen ihn in keiner Weise betreffenden Prozess hineingezogen wird und daran materiellrechtliche Folgen geknüpft werden.

Dass Sinn und Zweck der Streitverkündung eine Hemmungswirkung auch in der vorliegenden Fallkonstellation erfordern, wird daran deutlich, dass die Kläger anderenfalls, um den Eintritt der Verjährung abzuwenden, noch während des laufenden Erstprozesses Klage gegen die Beklagten hätten erheben müssen. Dafür hätte aber keine Veranlassung bestanden, wenn die Kläger den Vorprozess gewonnen hätten, was ihrem Interesse genügt hätte. Es ist aber der Zweck der Streitverkündung, überflüssige Parallelprozesse zu vermeiden. Die vom Berufungsgericht aufgezeigte Möglichkeit, im Mietzinsprozess der Kläger gegen die Beklagten eine Aussetzung wegen (vermeintlicher) Vorgreiflichkeit des Vorprozesses zu erwirken, hätte die Kläger zum einen nicht vom Kostenrisiko befreit und widerspricht zum anderen der eigenen Argumentation des Berufungsgerichts, das gerade im Hinblick auf die Streitverkündung eine entsprechende Interessenlage nicht anerkennen will.

Im Ergebnis kann es demnach keinen Unterschied machen, ob die Kläger sich als Vermieter entschließen, die Minderung an ihren Vermieter "weiterzugeben" und dessen Klage abzuwarten oder aber statt dessen die Beklagten auf Mietzinszahlung zu verklagen und ihrem Vermieter nach § 72 Abs. 1 1. Alt. ZPO den Streit zu verkünden, was unzweifelhaft zulässig wäre. Beide Alternativen sind rechtlich gleichwertig, so dass es nicht ausschlaggebend sein kann, ob die Kläger die eher Erfolg versprechende Möglichkeit wählten und in welchem Umfang schließlich im Folgeprozess die Interventionswirkung nach §§ 74 Abs. 3, 68 ZPO eingreift.

d)

Die Streitverkündung war im vorliegenden Fall zulässig. Insbesondere bestand für die Kläger entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ein hinreichender Streitverkündungsgrund. Dieser ergab sich daraus, dass die Kläger befürchten mussten, dass ihre Minderung im Verhältnis zum Vermieter im Vorprozess nicht anerkannt würde, die Beklagten hingegen im Folgeprozess mit ihrem Minderungseinwand Erfolg haben könnten.

Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings herausgestellt, dass die Vertragsurkunden des Haupt- und Untermietverhältnisses unterschiedliche Nutzungszwecke ausweisen. Während die Mieträume im Hauptmietverhältnis als Lagerräume vermietet wurden, bezog sich das Untermietverhältnis auf eine Büronutzung. Eine Übereinstimmung des Vertragsgegenstandes in beiden Verhältnissen ist indessen nicht erforderlich. Die Ansprüche in dem einen Verhältnis brauchen nicht mit denen des anderen Verhältnisses gleichzulaufen (BGHZ 134, 190, 195 ; 116, 95, 101) .

Die Streitverkündung ist vielmehr schon dann zulässig, wenn die Annahme des Streitverkünders berechtigt war, dass wesentliche Fragen in beiden Vertragsverhältnissen gleichlaufend zu beantworten sind. Zwar hat der Bundesgerichtshof eine enge materiellrechtliche Verknüpfung der im Vorprozess und Folgeprozess geltend gemachten Ansprüche als Grund für die Zulässigkeit der Streitverkündung angeführt (BGHZ 116, 95, 101) . Er hat aber gleichzeitig klargestellt, dass die jeweiligen Ansprüche weder auf derselben Rechtsgrundlage beruhen noch inhaltlich identisch sein müssen. Es genüge vielmehr, dass mit ihnen das gleiche wirtschaftliche Ziel verfolgt werde (BGHZ 116, 95, 101 m.w.N.).

Würde man dagegen mit dem Berufungsgericht eine vollständige Identität der Vertragsleistung in beiden Verhältnissen verlangen, so wäre den Parteien eine verlässliche Einschätzung der Frage, ob eine Streitverkündung zulässig ist, über die Maßen erschwert. Die Schwierigkeiten einer genauen Abgrenzung offenbaren sich trotz der nach den Vertragsurkunden der beiden Mietverhältnisse abweichenden Nutzungszwecke auch im vorliegenden Fall. Zum einen besteht auch bei unterschiedlichen Nutzungszwecken eine Schnittmenge möglicher Mängel, die in beiden Mietverhältnissen bedeutsam sein können. So würden z.B. durch ein undichtes Dach oder einen Rohrbruch der Wasserleitung beiderlei Vertragszwecke in ähnlicher Weise gefährdet. Zum anderen ist zwischen den Parteien aber auch streitig, ob das Hauptmietverhältnis nicht nachträglich dadurch geändert worden ist, dass der Vermieter sich mit einer Überlassung der Räume als Büroräume einverstanden erklärte, wofür die Kläger einige vom Vermieter durchgeführte oder zugesagte Umbaumaßnahmen anführen. Die exakte Einschätzung, ob dieses auch mit einer eigenen Einstandspflicht für den hierfür erforderlichen Zustand der Räume einhergeht, was das Berufungsgericht als ausgeschlossen ansieht, würde jedenfalls an die Prognose des Streitverkünders überzogene Anforderungen stellen. Dass auch aus der Sicht der Beklagten ein Gleichlauf der Mietzinsminderung in beiden Verhältnissen nahe lag, wird dadurch unterstützt, dass der Beklagte zu 1 dem Vorprozess auf Seiten der Kläger beitrat.

Die Interventionswirkung ist sodann ohnedies auf den Umfang beschränkt, in dem die im Vorprozess festgestellten Tatsachen auch im nachfolgenden Prozess erheblich sind. Wenn die Hemmungswirkung der Streitverkündung darüber hinausgeht und den gesamten Anspruch des Streitverkünders erfasst, so rechtfertigt sich dies daraus, dass der Streitverkündungsempfänger durch die Streitverkündungsschrift und den mit ihr angekündigten Anspruch im Hinblick auf eine notwendige Rechtsverteidigung hinreichend gewarnt ist. Die Streitverkündung hat somit nur dann keine Hemmungswirkung, wenn der im Folgeprozess verfolgte Anspruch sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht in keiner Weise von dem Ausgang des Vorprozesses abhängig ist.

Im vorliegenden Fall bestand demnach ein hinreichender Streitverkündungsgrund. Da den Beklagten in der Streitverkündungsschrift im Unterliegensfall die Geltendmachung von Mietzinsansprüchen angekündigt wurde und damit auch die gleichgerichteten Ansprüche auf Nutzungsentschädigung erfasst sind, hat die Streitverkündung die Verjährung gehemmt.

3.

Nach § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB endet die Hemmung sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Verfahrens. Gemäß § 209 BGB wird der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt war, in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

Im vorliegenden Fall war die Verjährung seit der Einreichung der Streitverkündung (§ 167 ZPO) am 10. Mai 2002 bis sechs Monate nach Rechtskraft des Urteils gehemmt, wobei der Tag des Beginns der Hemmung und der Tag ihrer Beendigung zur Hemmungszeit gehören (RGZ 120, 355, 362 f.; Staudinger/Peters [2004] § 209 Rdn. 7 m.w.N.). Die Rechtskraft des Urteils, gegen das die Kläger zunächst noch Berufung eingelegt hatten, trat nach Rücknahme der Berufung gemäß § 705 ZPO am 29. Januar 2003 ein. Dem sind sechs Monate hinzuzurechnen, so dass die Hemmung gemäß § 188 Abs. 2 BGB bis zum 29. Juli 2003 und insgesamt also 446 Tage andauerte, um die sich die mit dem 31. Dezember 2003 ablaufende Verjährungsfrist verlängert hat.

Den noch ausstehenden Kostenvorschuss zahlten die Kläger am 20. Dezember 2004 ein. Dass die Zustellung der Klagebegründung vom Landgericht zunächst unterlassen und erst Ende März 2005 nachgeholt wurde, darf den Klägern nach § 167 ZPO nicht zum Nachteil gereichen. Im Übrigen hat aber der zwischenzeitliche Prozesskostenhilfeantrag vom 14. Januar 2004 nach § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB zu einer weiteren Hemmung geführt, die auch noch wirksam werden konnte, weil die Hemmung wegen Streitverkündung den Ablauf der ursprünglichen Verjährungsfrist bereits hinausgeschoben hatte. Die gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB eingetretene Hemmung durch die schließlich wirksame Klageerhebung im vorliegenden Verfahren dauert noch an. Auf die vom Berufungsgericht verneinte Hemmungswirkung der Mahnbescheide kommt es mithin nicht an.

III.

Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil zur Beurteilung der Mietzins- bzw. Nutzungsentschädigungsansprüche und einer Mietminderung - ggf. nach ergänzendem Vortrag der Parteien - weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind.

Ende der Entscheidung

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