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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 05.06.2002
Aktenzeichen: XII ZR 220/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 535 a.F.
BGB § 536 a.F.
BGB § 157 D
Zur ergänzenden Auslegung eines Mietvertrages dahin, daß der Mieter anstelle der Verpflichtung, Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten durchführen zu lassen, dem Vermieter bei Beendigung des Mietverhältnisses einen Ausgleich in Geld zu zahlen hat, wenn dieser das Mietobjekt umbaut und dadurch die Instandsetzungsmaßnahmen zerstört würden (im Anschluß an BGHZ 77, 301; 92, 363).
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XII ZR 220/99

Verkündet am: 5. Juni 2002

in dem Rechtsstreit

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juni 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Ahlt und Dr. Vézina

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 7. Juli 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage wegen der fiktiven Reparatur- und Instandsetzungskosten für das Gebäude V. Straße/E. in K. abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Mit ihrer Klage hat die Klägerin Ersatz fiktiver und tatsächlich entstandener Kosten für Reparatur- und Instandsetzungsmaßnahmen an einem Gebäude nach Beendigung eines gewerblichen Mietverhältnisses verlangt.

Am 29. April 1966 hatte die Klägerin mit einer Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Mietvertrag über die R. in K. geschlossen. Im Jahre 1996 trat die Beklagte auf Mieterseite mit allen Rechten und Pflichten in den Mietvertrag ein. Das Mietverhältnis endete am 31. Oktober 1997, da die Beklagte eine ihr eingeräumte Option auf Verlängerung des Mietverhältnisses nicht ausübte.

In der Folgezeit ließ die Klägerin einen Teil der Räumlichkeiten umbauen, um sie danach wieder zu vermieten. Im vorliegenden Rechtsstreit hat sie die Beklagte auf Ersatz von wegen des Umbaus tatsächlich nicht angefallenen Instandsetzungskosten in Höhe von 1.030.053,10 DM zuzüglich Zinsen in Anspruch genommen. Daneben hat sie Ersatz tatsächlich entstandener Instandsetzungskosten von 18.302,08 DM - ebenfalls zuzüglich Zinsen - verlangt. Beide Ansprüche hat sie darauf gestützt, daß die Beklagte nach § 2 des Mietvertrages zur Vornahme von Instandsetzungsmaßnahmen verpflichtet gewesen sei. Die betreffende Bestimmung lautet insoweit:

"Alle Instandsetzungen und anfallenden Reparaturen in den Mieträumen und am Dach des Mietobjektes sowie am Anschlußgleis, soweit es von der Mieterin genutzt wird, gehen ausschließlich zu Lasten der Mieterin. Die Reparaturen sind sach- und fachgerecht auszuführen. Auch die Kosten für die Beseitigung der Verstopfungen in den Abflußleitungen, besonders der Toiletten, hat die Mieterin zu tragen. Die Mieterin kann keinerlei Anspruch wegen Erstattung der Reparaturkosten geltend machen..."

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Instandsetzungsverpflichtung habe sich hinsichtlich der umgebauten Räumlichkeiten in einen Geldanspruch umgewandelt, da eine Nachholung der Arbeiten wegen des Umbaus nicht mehr möglich sei. § 2 des Mietvertrages sei wirksam; die Bestimmung enthalte insbesondere keine unangemessene Regelung, weil die Übertragung der Instandsetzungsverpflichtung bei der Kalkulation des Mietzinses berücksichtigt worden sei. Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, § 2 des Mietvertrages sei unwirksam, weil die Instandsetzungs- und Reparaturpflicht mangels inhaltlicher oder betragsmäßiger Begrenzung der auszuführenden Arbeiten für die Mieterin vollkommen unüberschaubar gewesen sei und deren Gegenleistung in einem unangemessenen Verhältnis zu der Leistung der Klägerin stehe.

Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das angefochtene Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der hiergegen gerichteten Revision hat die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt. Der Senat hat die Revision angenommen, soweit die Klage wegen der fiktiven Reparatur- und Instandsetzungskosten abgewiesen worden ist; im übrigen hat er die Annahme der Revision abgelehnt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt im Umfang der Annahme zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

1. Das Berufungsgericht hat Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der unter § 2 des Mietvertrages getroffenen Regelung geäußert, weil die ohne Einschränkung übertragene Instandsetzungsverpflichtung von dem gesetzlichen Leitbild eines Mietvertrages in so schwerwiegender Weise abweiche, daß dem Mieter die ihn benachteiligende Regelung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht zugemutet werden könne. Deshalb sei die Abrede jedenfalls nach ihrem weitgehenden Wortlaut im Zweifel als unwirksam anzusehen. Etwas anderes könne allenfalls dann gelten, wenn es im Wege der Vertragsauslegung möglich sei, die übernommene Instandsetzungsverpflichtung zu konkretisieren und auf das zumutbare Maß zu beschränken, etwa auf solche Instandsetzungen, die durch konkreten Gebrauch der Mietsache notwendig würden und durch Personen und Ereignisse hervorgerufen würden, die dem Verantwortungsbereich des Mieters zuzurechnen seien. Letztlich hat das Berufungsgericht die Frage der Wirksamkeit der getroffenen Regelung aber dahinstehen lassen, weil ein Anspruch der Klägerin bereits aus anderen Gründen nicht bestehe.

Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt: Hinsichtlich der fiktiven Kosten der Instandsetzungen berufe sich die Klägerin allein auf die Rechtsprechung zu unterlassenen Schönheitsreparaturen, für die wegen wirtschaftlicher Sinnlosigkeit im Falle des Umbaus der Mietsache bei Vertragsende fiktiver Kostenersatz verlangt werden könne. Ein solcher Geldersatzanspruch bestehe im vorliegenden Fall aber nicht, weil eine vergleichbare Sach-, Rechts- und Interessenlage bei der hier in Rede stehenden Instandsetzungsverpflichtung nicht gegeben sei. Tragender Grund der von der Klägerin herangezogenen Rechtsprechung sei die Erwägung, daß die Übernahme der in periodischen Abständen auszuführenden Schönheitsreparaturen regelmäßig einen Teil der vom Mieter für die Gebrauchsüberlassung zu erbringenden Gegenleistung darstelle. Diese Annahme sei aufgrund der Kalkulierbarkeit der wegen der Regelmäßigkeit von Schönheitsreparaturen jedenfalls im wesentlichen einzuschätzenden Kosten gerechtfertigt. Anders verhalte es sich dagegen hinsichtlich der Instandsetzungsverpflichtung. Diese mache keine regelmäßig wiederkehrenden Aufwendungen erforderlich, sondern verlange bei dem Auftreten vom Mängeln bestimmte Reparaturmaßnahmen, was zur Folge habe, daß weder die einzelnen Maßnahmen noch die dafür anfallenden Kosten im voraus zu bestimmen seien. Weiterhin fehle es vorliegend an einer mit der Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen vergleichbaren Interessenlage. Während letztere regelmäßig erst bei Vertragsende Bedeutung erlangten, andererseits aber auch nach einem Umbau notwendig seien, führten unterlassene Instandsetzungsarbeiten in aller Regel zu Mängeln der Mietsache und wirkten sich deshalb schon während der Vertragslaufzeit aus, während im Fall eines Umbaus vor einer Neuvermietung eine Nachholung der Mängelbeseitigung durch Instandsetzung nicht mehr in Betracht komme. Bei dieser Sach- und Interessenlage könne aber ein mutmaßlicher Wille der Vertragsparteien, dem Vermieter dennoch die fiktiven Kosten der Instandsetzungsmaßnahmen zukommen zu lassen, nicht angenommen werden. Andernfalls erhielte dieser einen Geldausgleich für Maßnahmen, dem anders als bei den an umgestalteten Räumen nachzuholenden Schönheitsreparaturen kein tatsächlicher Aufwand gegenüberstehe. Abgesehen davon sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, daß der Mieter bei Rückgabe der Mietsache nicht verpflichtet sei, durch Rückbau den vertragsgemäßen Zustand wieder herzustellen, wenn dieser wegen anschließender Umbauarbeiten des Vermieters alsbald wieder beseitigt werde; insoweit stehe dem Vermieter auch kein Ausgleichsanspruch in Geld zu. Die Interessenlage der Mietvertragsparteien bei unterlassenen Instandsetzungsmaßnahmen sei aber derjenigen bei einem unterlassenen Rückbau sehr viel näher und ähnlicher als der bei unterlassenen Schönheitsreparaturen, was ebenfalls einem Geldausgleich entgegenstehe.

2. Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, daß ein Anspruch der Klägerin aus § 326 BGB a.F. nicht in Betracht kommt, weil die Klägerin die Beklagte nach Beendigung des Mietverhältnisses unstreitig nicht unter Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung zur Leistung aufgefordert, sondern nach dem erfolgten Umbau sogleich Zahlung verlangt hat.

b) Ebenfalls zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß sich ein Anspruch der Klägerin auf Geldersatz für die von der Beklagten geschuldeten Reparatur- und Instandsetzungsmaßnahmen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ergeben kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt ein Anspruch auf Geldersatz in Fällen in Betracht, in denen ein Mieter bei Auszug die ihm obliegenden Schönheitsreparaturen nicht ausführt, weil der Vermieter die Mieträume anschließend umbauen will und deshalb auch an einer Sachleistung des Mieters nicht mehr interessiert ist, und wenn der Mietvertrag für diesen Fall keine ausdrückliche Regelung enthält. Bei dieser Sachlage wäre es zum einen widersinnig, den zum Umbau entschlossenen Vermieter an dem Anspruch auf Erfüllung der von dem Mieter vertraglich übernommenen Verpflichtung zur Ausführung von Schönheitsreparaturen festzuhalten, obwohl bei Erfüllung dieser Pflicht das Geschaffene alsbald wieder zerstört würde. Zum anderen würde es regelmäßig in Widerspruch zu dem Inhalt des Mietvertrages stehen, den Mieter von seiner Verpflichtung zu befreien, ohne daß er hierfür einen Ausgleich entrichten müßte. Denn die im Vertrag übernommene Verpflichtung des Mieters zur Vornahme der Schönheitsreparaturen stellt sich im Regelfall als Teil des Entgelts dar, das er als Gegenleistung für die Leistung des Vermieters zu entrichten hat. Insofern ist deshalb von einer Hauptpflicht des Mieters und nicht nur von einer Nebenpflicht auszugehen. Daher entspricht es nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte dem mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien, dem Vermieter anstelle des wirtschaftlich sinnlos gewordenen Anspruchs auf Durchführung von Schönheitsreparaturen einen entsprechenden Geldanspruch zu geben (BGHZ 77, 301, 304 f.; 92, 363, 369 ff.).

c) Auch im vorliegenden Fall enthält der Mietvertrag, in den die Beklagte eingetreten ist, keine ausdrückliche Abrede darüber, ob die Klägerin, falls bei Beendigung des Mietverhältnisses fällige Instandsetzungs- und Reparaturmaßnahmen nicht ausgeführt sind, einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung hat, wenn sie die Mietsache umbaut und durch den Umbau etwaige Instandsetzungs- und Reparaturmaßnahmen wieder zerstört würden. Das Berufungsgericht hat allerdings die Auffassung vertreten, die hier gegebene Fallgestaltung sei mit derjenigen, die der vorgenannten Rechtsprechung zugrunde liegt, nicht vergleichbar, und hat deshalb eine ergänzende Vertragsauslegung abgelehnt. Dabei hat sich das Berufungsgericht in erster Linie darauf gestützt, daß die aus der Instandsetzungs- und Reparaturverpflichtung folgende Belastung im voraus nicht zu kalkulieren sei und deshalb nicht als Teil des Mietzinses angesehen werden könne.

d) Hiergegen erhebt die Revision folgenden Einwand: Die Klägerin habe vorgetragen, daß zu Beginn der 80er Jahre bei Verhandlungen über die Höhe des Mietzinses ein Gutachten zugrunde gelegt worden sei, das einen Abschlag von 35 % gegenüber der ermittelten Vergleichsmiete vorgesehen habe, unter anderem gerade weil der Mieterin sämtliche Instandsetzungen und Reparaturen in den Mieträumen oblegen hätten. Das Berufungsgericht habe diesen Vortrag zwar im Tatbestand erwähnt, bei der Auslegung des Vertrages aber nur allgemein auf die - seines Erachtens fehlende - Kalkulierbarkeit von Instandsetzungsmaßnahmen abgestellt, ohne auf die konkrete Situation der Vertragsparteien einzugehen.

Diese Rüge erweist sich als berechtigt. Sie hat zur Folge, daß die vorgenommene Auslegung keinen Bestand haben kann.

e) Die tatrichterliche Auslegung bindet das Revisionsgericht unter anderem dann nicht, wenn sie unter Verletzung der gesetzlichen Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) vorgenommen worden ist, (ständ.Rspr., z.B. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1989 - V ZR 53/89 - NJW-RR 1990, 455 unter 2). Die genannten Auslegungsvorschriften verlangen, daß der Tatrichter alle für die Auslegung erheblichen Umstände umfassend würdigt (BGH, Urteil vom 16. Oktober 1991 - VIII ZR 140/90 - BGHR ZPO § 550 Vertragsauslegung 3). Das ist im vorliegenden Fall nicht geschehen, weil der von der Revision angeführte Umstand unberücksichtigt geblieben ist.

Hierbei handelt es sich um einen für die Entscheidung erheblichen Gesichtspunkt. Wenn nämlich die sich aus § 2 des Mietvertrages ergebende Verpflichtung der Mieterin bei der Bemessung des Mietzinses berücksichtigt worden ist, so stellt sie sich auch als ein Teil des Entgelts dar, das als Gegenleistung für die Leistung der Vermieterin zu entrichten war. Ob und inwieweit dieser Teil der Mieterleistung zuverlässig kalkulierbar war, ist für diese Beurteilung nicht maßgebend. Vielmehr handelt es sich insofern um ein Risiko der die Verpflichtung übernehmenden Partei, die - bei entsprechend höherem Mietzins - etwa auch das Risiko zu tragen hätte, daß der vereinbarte Mietzins im Laufe der Zeit erheblich von der Entwicklung des marktüblichen Mietzinses abweicht. Dieses typische Vertragsrisiko trägt grundsätzlich die jeweils benachteiligte Vertragspartei (Senatsurteil vom 8. Mai 2002 - XII ZR 8/00 - unter 3 a, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Daß die Instandsetzungs- und Reparaturverpflichtung der Mieterin bei der damaligen Bemessung des Mietzinses berücksichtigt worden ist, ergibt sich aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils. Danach hat die Beklagte lediglich bestritten, daß die betreffende Verpflichtung in angemessener Weise in die Mietzinskalkulation eingeflossen ist. Deshalb ist davon auszugehen, daß die in § 2 des Mietvertrages geregelte Verpflichtung der Mieterin ebenso wie diejenige zur Durchführung von Schönheitsreparaturen ein Teil des von dieser zu erbringenden Entgelts sein sollte.

3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO a.F.).

a) Die Annahme des Berufungsgerichts, die vorliegende Fallgestaltung sei derjenigen einer aufgrund Umbaus sinnlos gewordenen Rückbauverpflichtung ähnlicher als derjenigen bei unterlassenen Schönheitsreparaturen, ist vor dem Hintergrund einer vereinbarten Gegenleistung der Mieterin nicht gerechtfertigt. Für den Fall eines nicht mehr durchführbaren Rückbaus ist eine zur Annahme eines Anspruchs auf Geldersatz führende ergänzende Vertragsauslegung gerade deshalb abgelehnt worden, weil die Rückbauverpflichtung keine Gegenleistung für den aus der Vertragsbeendigung folgenden Rückgabeanspruch des Vermieters darstellt (BGHZ 96, 141, 145 f.).

b) Soweit das Berufungsgericht die Auffassung vertritt, die im vorliegenden Fall bestehende Interessenlage der Parteien könne mit derjenigen bei umbaubedingt unterbliebenen Schönheitsreparaturen nicht verglichen werden, hat es ebenfalls erhebliche Gesichtspunkte nicht berücksichtigt. Es trifft bereits nicht allgemein zu, daß Schönheitsreparaturen während der Vertragslaufzeit im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander regelmäßig nahezu ohne Bedeutung sind. Das gilt nur dann, wenn aus deren Unterlassen nicht bereits Schäden an der Substanz der Mietsache entstanden sind (BGHZ 111, 301, 306).

Ebensowenig kann der Auffassung gefolgt werden, daß sich die Interessenlage der Vertragsparteien bei Beendigung des Mietverhältnisses ausschlaggebend unterscheidet, je nach dem, ob wegen eines Umbaus Schönheitsreparaturen oder Instandsetzungsarbeiten nicht durchgeführt werden. Bei unterbliebenen Schönheitsreparaturen zielt die zu einem Anspruch auf Geldersatz führende ergänzende Vertragsauslegung darauf ab, den Vermieter bei der Begründung eines neuen Mietverhältnisses mit einem nachfolgenden Mieter der Notwendigkeit zu entheben, solche Reparaturen auf seine eigenen Kosten vornehmen lassen zu müssen, geht also letztlich dahin, den Mieter an der Wiederherstellung eines vermietbaren Zustandes finanziell in einer Weise zu beteiligen, wie sie ohne den Umbau seiner Verpflichtung entsprochen hätte. Auch insofern werden nämlich nicht die ohne den Umbau geschuldeten Schönheitsreparaturen ausgeführt, sondern solche von verändertem Gegenstand und Umfang (BGHZ 92, aaO, 372 f.). Mit den ursprünglich geschuldeten Instandsetzungs- und Reparaturmaßnahmen vergleichbare Arbeiten werden aber auch durchgeführt, wenn etwa nach einem Umbau Neuinstallationen vorgenommen werden. Denn je nach ihrem Umfang können die an sich geschuldeten Instandsetzungsmaßnahmen (etwa der Austausch sanitärer Anlagen) einer Neuinstallation nahezu gleichkommen; zumindest aber ist dies teilweise der Fall, nämlich soweit der betreffende Arbeitsabschnitt der Neuinstallation der Instandsetzungsmaßnahme entspricht. Dies rechtfertigt es, auch bei unterbliebenen Instandsetzungsmaßnahmen davon auszugehen, daß der Vertragszweck auch nach der Durchführung von Umbauarbeiten noch erreicht werden kann. Von der Interessenlage her besteht insoweit deshalb gleichermaßen Anlaß zu der Prüfung, ob im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung anzunehmen ist, daß der Anspruch des Vermieters auf Naturalherstellung in eine Geldforderung umgewandelt wird.

c) Diese ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen, ist in erster Linie Aufgabe des Tatrichters. Nur wenn der Rechtsstreit zur Entscheidung reif ist, räumt die nach § 565 Abs. 3 ZPO a.F. bestehende Pflicht zur Sachentscheidung dem Revisionsgericht zugleich die zur ergänzenden Vertragsauslegung erforderliche tatrichterliche Kompetenz ein (BGH, Urteil vom 12. Dezember 1997 - V ZR 250/96 - NJW 1998, 1219, 1220). Entscheidungsreife ist indessen nicht gegeben.

d) Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die Frage der Wirksamkeit von § 2 des Mietvertrages offen gelassen. Hierauf wird es entscheidend ankommen. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

4. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, daß es im Rahmen der vorgenannten Prüfung, verfehlt ist, auf das "Leitbild" des Mietvertrages abzustellen. Dieser Begriff ist im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen entwickelt worden und hat nur dort eine sinnvolle Funktion. Dadurch, daß Abweichungen vom Leitbild eines bestimmten Vertragstyps weitgehend für unwirksam erklärt werden, soll verhindert werden, daß der Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen an die Stelle der abgewogenen, die Interessen beider Parteien berücksichtigenden gesetzlichen Regelung eine Bestimmung setzt, die einseitig der Wahrung seiner eigenen Interessen dient. Auf einen ausgehandelten Individualvertrag, wie er hier unstreitig vorliegt, trifft diese Überlegung grundsätzlich nicht zu. Hier kann in der Regel davon ausgegangen werden, daß beide Vertragsparteien bei den Vertragsverhandlungen in der Lage waren, ihre Interessen ausreichend zu wahren (BGH, Urteil vom 11. Mai 1988 - IVa ZR 305/86 - BGHR BGB § 133 Auslegungsgrundsätze 1). Eine Individualvereinbarung kann allenfalls unter den Voraussetzungen des § 138 BGB als unwirksam angesehen werden.

Grundsätzlich kann ein Mieter durch Individualvereinbarung weitgehend zu Reparaturen und Instandsetzungsarbeiten verpflichtet werden, auch wenn dies im Ergebnis zu einer verschuldensunabhängigen Haftung führt. Gegen eine solche Abrede bestehen insbesondere keine Bedenken, wenn die Übernahme der Erhaltungspflicht in die Mietzinskalkulation eingeht (Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 8. Aufl. Rdn. 406; Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 7. Aufl. § 548 BGB Rdn. 14; Sternel Mietrecht 3. Aufl. II Rdn. 55). Im übrigen wird, wie auch bereits vom Berufungsgericht erwogen, die Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung der Regelung zu prüfen und ferner zu berücksichtigen sein, daß sich verschiedene Risiken durch Abschluß von Versicherungen, wie sie nach dem Vorbringen der Klägerin bestanden, kalkulierbarer gestaltet haben.

Ende der Entscheidung

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