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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 15.10.2003
Aktenzeichen: XII ZR 23/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1371 Abs. 2
BGB § 1376 Abs. 2
BGB § 1378
BGB § 1384
BGB § 1967
a) Das Endvermögen eines Ehegatten, der während eines rechtshängigen Scheidungsverfahrens, in dem die Ehe voraussichtlich geschieden worden wäre, verstorben ist, ist auch dann nach dem Berechnungsstichtag des § 1384 BGB zu ermitteln, wenn der überlebende Ehegatte durch Testament als Erbe ausgeschlossen wurde und den güterrechtlichen Zugewinnausgleich verlangt (im Anschluß an Senatsurteil BGHZ 99, 304).

b) Der einem Ehegatten zustehende Nießbrauch an einem Grundstück ist mit seinem zum Bewertungsstichtag gemäß § 1384 BGB gegebenen objektiven Wert im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen (im Anschluß an Senatsurteil vom 1. Oktober 1986 - IVb ZR 69/85 - FamRZ 1986, 1196).

c) Zur Bewertung von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück, das mit Wohn- und Wohnnutzungsrechten belastet ist, im Endvermögen.

d) Zur Ermittlung des Zeitwerts künftiger Leistungen (hier: aus Nießbrauch und Wohnrecht) ist auf einen Zinssatz abzustellen, der aus einer langfristigen Beobachtung der maßgebenden wirtschaftlichen Orientierungsgrößen gewonnen ist (im Anschluß an Senatsbeschluß vom 23. Juli 2003, FamRZ 2003, 1639).


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XII ZR 23/01

Verkündet am: 15. Oktober 2003

in dem Rechtsstreit

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Oktober 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 29. Dezember 2000 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt vom Beklagten Zugewinnausgleich.

Der Beklagte ist ein Sohn des Klägers aus dessen Ehe mit Waltraud M. , die am 15. Oktober 1995 verstorben und vom Beklagten als testamentarischem Alleinerben beerbt worden ist.

Durch notariellen Vertrag vom 15. August 1990 übertrug der Kläger seinen hälftigen Anteil an einem im Miteigentum der Eheleute stehenden Hausgrundstück auf seine Ehefrau. In dem Übertragungsvertrag wurden dem Kläger ein lebenslanges Wohnrecht an mehreren Räumen nebst dem Recht zur Mitbenutzung von Küche und Bad sowie - für den Fall des Vorversterbens der Ehefrau - ein lebenslanges Wohnnutzungsrecht an allen Räumen des Hauses eingeräumt. Wohnrecht und Wohnnutzungsrecht wurden im Grundbuch eingetragen. Spätestens seit Juli 1992 lebten die Eheleute getrennt. Mit notariellem Vertrag vom 29. Oktober 1992 übertrug die Ehefrau einen 3/4 Anteil des Hausgrundstücks auf den Beklagten, der gegenüber seiner Mutter eine Pflegeverpflichtung für den Fall der Krankheit und Gebrechlichkeit übernahm; außerdem wurde der Ehefrau ein lebenslanges Nießbrauchsrecht zu Lasten des Grundbesitzes bestellt. Das für den Kläger eingetragene Wohn- und Wohnnutzungsrecht blieb bestehen.

1993 beantragte der Kläger die Scheidung. Der Antrag wurde am 9. September 1993 rechtshängig; er erledigte sich durch den Tod der Ehefrau. Zuvor - am 28. November 1993 - hatte der Kläger privatschriftlich erklärt, auf das Wohn- und Wohnnutzungsrecht zu verzichten.

Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die auf Zahlung von 95.000 DM nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Klägers der Klage in Höhe eines Betrags von 52.216 DM nebst Zinsen entsprochen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

1. Das Oberlandesgerichts hat das Vermögen der Ehefrau des Klägers zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (9. September 1993) mit 226.749,63 DM ermittelt. Es hat festgestellt, daß dieses Endvermögen mangels eines nachgewiesenen Anfangsvermögens auch den von der Ehefrau in der Ehe erzielten Zugewinn darstelle. Das Vermögen des Klägers habe am 9. September 1993 122.317,48 DM betragen und mache - mangels eines Anfangsvermögens - auch hier zugleich dessen Zugewinn aus. Damit ergebe sich ein von der Ehefrau erzielter Zugewinnüberschuß von 104.432,15 DM, der dem Kläger hälftig - also in Höhe von 52.216,08 DM - zustehe.

Bei der Ermittlung des Endvermögens der Ehefrau hat das Oberlandesgericht den der Klägerin zustehenden Nießbrauch an dem von ihr dem Beklagten übertragenen 3/4 Miteigentumsanteil an dem Grundstück berücksichtigt und mit 197.213 DM bemessen. Zwar sei die Ehefrau des Klägers während des Scheidungsverfahrens verstorben. Im Zeitpunkt ihres Todes habe jedoch bereits die Zerrüttungsvermutung des § 1566 Abs. 2 BGB bestanden, so daß die Ehe ohne den Tod der Ehefrau geschieden worden wäre. Deshalb komme es für die Berechnung des Zugewinns nicht auf die Beendigung des Güterstandes im Zeitpunkt des Todes der Ehefrau, sondern ausnahmsweise nach § 1384 BGB auf die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags am 9. September 1993 als Stichtag an. Das Argument des Beklagten, der Nießbrauch habe als nicht übertragbares und unvererbliches Nutzungsrecht im Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes durch den Tod der Ehefrau keinen Vermögenswert mehr verkörpert, überzeuge nicht. Vielmehr sei für den Nießbrauch dessen Schätzwert am Bewertungsstichtag maßgebend. Für die Bestimmung des objektiven wirtschaftlichen Wertes komme es bei auf Lebenszeit bezogenen Nutzungsrechten nicht auf die tatsächliche Lebensdauer des Nutzungsberechtigten an; der Nutzungswert sei vielmehr aufgrund einer ex-post- (gemeint: ex-ante-) Schätzung nach der mutmaßlichen Lebensdauer des Nutzungsberechtigten am Stichtag zu bemessen. Diese formale Sichtweise führe im vorliegenden Fall dazu, den vollen Schätzwert des Nießbrauchs im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags als Aktivposten in die Berechnung des Endvermögens der Ehefrau einzustellen, wenngleich dies bei Beendigung des Güterstandes durch Tod ohne das rechtshängige Scheidungsverfahren nicht der Fall gewesen wäre.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

a) Das Oberlandesgericht geht mit Recht davon aus, daß dem Kläger gemäß § 1371 Abs. 2, § 1378 BGB dem Grunde nach ein Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns zusteht, der sich gemäß § 1967 BGB gegen den Beklagten als Alleinerben der verstorbenen Ehefrau des Kläger richtet.

aa) Bei der Berechnung des Endvermögens der Ehefrau des Klägers hat das Oberlandesgericht den ihr zustehenden Nießbrauch am 3/4-Miteigentumsanteil des Beklagten nicht schon deshalb unberücksichtigt gelassen, weil es sich dabei um ein unveräußerliches und unvererbliches Recht handelt. Das läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Wie der Senat entschieden hat, ist es nicht gerechtfertigt, Nutzungsrechte, die dem Berechtigten auf Lebenszeit zustehen und daher nicht vererbbar sind, aber einen erheblichen wirtschaftlichen Wert darstellen, in der Ausgleichsbilanz unberücksichtigt zu lassen (Senatsurteil vom 1. Oktober 1986 - IVb ZR 69/85 - FamRZ 1986, 1196, 1197 betr. GmbH-Anteil mit Abfindungsmöglichkeit im Erbfall; vgl. auch BGHZ 117, 70, 72 f. betr. Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung). Der einem Ehegatten zustehende Nießbrauch ist deshalb mit seinem zum Bewertungsstichtag vorhandenen objektiven Wert im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen.

bb) Ebenfalls mit Recht hat das Oberlandesgericht für die Bestimmung des Wertes des der Ehefrau des Klägers zustehenden Nießbrauchs auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags abgestellt.

Für die Ermittlung des Endvermögens wird zwar grundsätzlich das Endvermögen "bei Beendigung des Güterstandes" - hier also im Zeitpunkt des Todes des Ehegatten - zugrunde gelegt (§ 1375 Abs. 1, § 1376 Abs. 2, § 1371 Abs. 2 BGB). Abweichend von der allgemeinen Regel des § 1376 Abs. 2 BGB tritt aber nach § 1384 BGB für die Berechnung des Zugewinns in den Fällen, in denen der Güterstand durch Scheidung beendet wird, an die Stelle der Güterstandsbeendigung (mit Rechtskraft des Scheidungsurteils) der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags. Der Grund hierfür liegt darin, daß die Eheleute gehindert werden sollen, ihren bisherigen Zugewinn im Hinblick auf den bevorstehenden Ausgleich planmäßig zu verschleiern oder zu vermindern, jedenfalls aber, daß der Ausgleichsberechtigte vor Nachteilen durch solche Maßnahmen geschützt werden soll (BGHZ 46, 215, 217 ff. unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien). Für die Berechnung des Zugewinns kommen demnach grundsätzlich zwei Zeitpunkte in Betracht: Wird die (intakte) Ehe durch den Tod eines Ehegatten aufgelöst, ermittelt sich das Endvermögen der Ehegatten - falls die erbrechtliche Lösung (§ 1371 Abs. 1 BGB) ausscheidet und die güterrechtliche Lösung (nach § 1371 Abs. 2 BGB) zum Zuge kommt - nach dem Zeitpunkt des Todes; wird die Ehe dagegen durch Scheidung aufgelöst, ist für die Ermittlung des Endvermögens die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags maßgebend.

Überschneidungen ergeben sich, wenn ein Ehegatte verstirbt, während die Ehe nicht mehr intakt, sondern ein Scheidungsverfahren (mit Aussicht auf Erfolg) anhängig ist. In diesem Fall wird der Güterstand zwar durch den Tod des Ehegatten beendet. Gleichwohl ist, falls es zum güterrechtlichen Ausgleich kommt (§ 1371 Abs. 2 BGB), für die Berechnung des Zugewinns nicht der Zeitpunkt des Todes des Erblassers, sondern die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags maßgebend - vorausgesetzt, das Scheidungsverfahren hätte zum Erfolg geführt, wenn die Ehe nicht schon zuvor durch den Tod aufgelöst worden wäre. Diese Vorverlagerung des für die Ermittlung des Zugewinns maßgebenden Stichtags hat der Senat bereits - unter analoger Heranziehung des § 1384 BGB - für den Fall bejaht, daß der überlebende Ehegatte gemäß § 1933 BGB nicht Erbe des vorverstorbenen Ehegatten geworden und der Zugewinn güterrechtlich auszugleichen ist, weil der vorverstorbene Ehegatte selbst die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte (BGHZ 99, 304, 307 ff.). Das Oberlandesgericht hat zwar für den vorliegenden Fall nicht festgestellt, daß die Ehefrau des Klägers der von diesem beantragten Scheidung zugestimmt hat. Darauf kommt es hier jedoch auch nicht an. Auch wenn der Kläger nicht schon nach § 1933 BGB von der Erbfolge ausgeschlossen, sondern erst durch die - vom Oberlandesgericht festgestellte - testamentarischen Berufung des Beklagten zum Alleinerben enterbt worden sein sollte, würde nichts anderes gelten. Der Gesetzgeber hat den pauschalen Ausschluß der §§ 1384 bis 1389 BGB in § 1371 Abs. 2 BGB damit begründet, daß diese Bestimmung gegenstandslos sei, wenn die Ehe bereits durch den Tod eines Ehegatten beendet worden sei und eine Beendigung des Güterstandes durch Scheidung deshalb nicht mehr in Betracht komme. Diese Begründung trägt die Regelung des § 1371 Abs. 2 BGB im Hinblick auf den Ausschluß des § 1384 BGB nicht, und zwar auch nicht für den hier behandelten Fall, in dem der überlebende Ehegatte zwar nicht kraft Gesetzes, wohl aber durch Testament als Erbe ausgeschlossen worden ist und nunmehr den güterrechtlichen Ausgleich des Zugewinns verlangt: Mit dem Tod des Ehegatten ist zwar das Scheidungsverfahren erledigt. Das bedeutet, wie der Senat dargelegt hat (BGHZ aaO 308), aber nicht, daß damit auch der Normzweck des § 1384 BGB entfällt. Die aufgrund der Erhebung des Scheidungsantrags begründete Befürchtung planmäßiger Verminderung der Endvermögen wird durch den Tod eines Ehegatten nicht - rückwirkend - gegenstandslos. Sie bleibt vielmehr in gleicher Weise erhalten wie in Fällen, in denen der Scheidungsantrag zur Scheidung der Ehe führt und der Güterstand durch das Scheidungsurteil beendet wird. Dies rechtfertigt es, für die Berechnung des Zugewinns analog § 1384 BGB auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags abzustellen, wenn dieser - wie hier vom Oberlandesgericht festgestellt - ohne den Tod der Ehefrau zur Scheidung geführt hätte.

Der Maßgeblichkeit dieses Stichtags steht nicht - wie die Revision meint - entgegen, daß die Parteien im vorliegenden Fall über die Berücksichtigung eines Nießbrauchs, mithin eines weder übertragbaren noch verpfändbaren Rechts, im Endvermögen streiten, während in dem vom Senat (BGHZ aaO 304) unter analoger Heranziehung des § 1384 BGB entschiedenen Fall der höhere Zugewinn des verstorbenen Ehegatten maßgeblich vom Vorhandensein von Mobiliarvermögen abhängig gewesen sei, das für die zur Begründung der Analogie herangezogenen Verschleierungs- und Beeinträchtigungsstrategien in besonderem Maße anfällig sei. Mit der Vorverlegung des Stichtags soll, wie der Senat ausgeführt hat (BGHZ aaO 309), eine Regelungslücke im geltenden Zugewinnausgleichsrecht geschlossen werden. Diese Regelungslücke besteht unabhängig von der Frage, welche Vermögensgüter im Einzelfall zu bewerten sind und ob in Ansehung dieser Vermögensgüter auf Verminderung des Zugewinns zielende Manipulationen zu besorgen waren; sie kann deshalb für die hier vorliegende Fallgestaltung auch nur generell geschlossen werden. Zudem verlangt das System des Zugewinnausgleichs zwingend eine auf einen einheitlichen Stichtag bezogene Bewertung aller im Zugewinnausgleich zu bilanzierenden Vermögensgüter. Auch dies schließt eine - je nach der Art der im Einzelfall in den Ausgleich fallenden Vermögensgüter - zeitlich differenzierende Bewertung von vornherein aus.

b) Nicht frei von Rechtsirrtum ist allerdings der Rechenweg, auf dem das Oberlandesgericht die Endvermögen beider Ehegatten ermittelt hat.

aa) So ist das Oberlandesgericht bei der Feststellung des Endvermögens der Ehefrau vom Wert des von Wohn- und Wohnnutzungsrecht unbelasteten Grundstücks ausgegangen. Von diesem Wert hat es ein Viertel als Wert des der Ehefrau verbliebenen Miteigentumsanteils auf der Aktivseite in Ansatz gebracht und - entsprechend dem übereinstimmenden Parteivortrag - mit 162.500 DM beziffert. Auch für die Bewertung des der Ehefrau zustehenden Nießbrauchs hat das Oberlandesgericht das auf dem Grundstück lastende Wohn- und Wohnnutzungsrecht unberücksichtigt gelassen. Auf der Grundlage eines im Scheidungsverfahren eingeholten Wohnwertgutachtens ist es von einem jährlichen Netto-Nutzungswert des (unbelasteten) Hausgrundstücks von 20.227 DM ausgegangen, den es - in Anlehnung an die Vervielfältiger in Anlage 9 zum Bewertungsgesetz (Alter der Ehefrau zum Stichtag 57 Jahre; Faktor 12,801), jedoch unter Berücksichtigung einer gestiegenen Lebenserwartung und eines mit 6,25 % angenommenen "Basiszinssatzes in 1993" - mit 13,0 multipliziert hat. Von dem so ermittelten lebenslangen Nutzungswert hat es dem Aktivvermögen der Ehefrau drei Viertel zugeschlagen, da sich deren Nießbrauch nur auf den 3/4 -Miteigentumsanteil des Beklagten bezogen habe. Auf der Passivseite des Endvermögens der Ehefrau hat das Oberlandesgericht sodann u.a. das lebzeitige Wohnrecht des Klägers in Abzug gebracht. Dabei hat es für die dem Wohnrecht und dem Mitbenutzungsrecht unterliegenden Räume einen jährlichen Nutzungswert von 9.913,32 DM ermittelt, den es - in Anlehnung an die Vervielfältiger in Anlage 9 zum Bewertungsgesetz (Alter des Ehemanns zum Stichtag 53 Jahre; Faktor 12,253), diese auch hier fortgeschrieben - mit 12,45 multipliziert und mit rund 123.421 DM festgestellt hat. Außerdem hat das Oberlandesgericht den Wert des auf dem Grundstück lastenden aufschiebend bedingten Wohnnutzungsrechts des Klägers in Ansehung des 1/4-Miteigentumsanteils der Ehefrau mit 10.000 DM geschätzt und von deren Aktivvermögen abgesetzt.

Diese Berechnungsweise ist mit den Denkgesetzen nicht in Einklang.

Das dem Kläger am Stichtag zustehende Wohnrecht ist ebenso wie dessen Wohnnutzungsrecht keine Verbindlichkeit der Ehefrau, die bei der Ermittlung ihres Endvermögens auf der Passivseite anzusetzen wäre, mag die Ehefrau auch in der Ausübung ihres Miteigentums- und Nießbrauchsrechts durch das Wohnrecht beeinträchtigt worden sein. Nicht die Ehefrau, sondern das Grundstück war mit dem Wohnrecht und dem Wohnnutzungsrecht belastet. Deshalb muß bei der Ermittlung des Aktivvermögens der Ehefrau zunächst der Wert des mit dem Wohnrecht und dem Wohnnutzungsrecht belasteten Grundstücks ermittelt werden; erst aus dem sich dabei ergebenden Betrag kann sodann der Wert des 1/4 -Miteigentumsanteils der Ehefrau errechnet werden. Entsprechendes gilt für die Ermittlung des Wertes des der Ehefrau zustehenden Nießbrauchs. Auch für den Nießbrauch ist nicht der Nutzungswert des Hauses schlechthin, sondern der Nutzungswert des mit dem Wohnrecht belasteten Hauses wertbestimmend. Deshalb muß zunächst dieser Nutzungswert festgestellt und sodann auf dieser Grundlage der Wert des lebenslangen, aber durch das Wohnrecht beschränkten Nießbrauchs ermittelt werden. Der vom Oberlandesgericht beschrittene abweichende Rechenweg unterstellt offenbar, daß sich der Wert eines durch ein lebzeitiges Wohnrecht beeinträchtigten Nießbrauchs aus der Differenz zwischen dem Wert des Nießbrauchs am ganzen Haus und dem Wert des nur auf einzelne Räume bezogenen lebzeitigen Wohnrechts ergibt. Dies ist, wie schon der Blick auf die den Wert der jeweiligen Nutzungsrechte beeinflussende unterschiedliche Lebenserwartung von Nießbraucher (hier: Ehefrau) und Wohnrechtsinhaber (hier: Kläger) zeigt, jedoch nicht richtig.

bb) Bei der Feststellung des Endvermögens des Klägers hat das Oberlandesgericht den Wert des Wohnrechts des Klägers ebenfalls mit 123.421 DM in Ansatz gebracht. Das ist - im Hinblick auf die damit übereinstimmende Wertbemessung des Wohnrechts im (Passiv-)Endvermögen der Ehefrau - konsequent und hier im Grundsatz auch rechtlich nicht zu beanstanden. Den Wert des dem Kläger zustehenden Wohnnutzungsrechts hat das Oberlandesgericht - offenbar ebenfalls in Übereinstimmung mit dem bei der Ehefrau als Abzugsposten berücksichtigten Wert - mit 10.000 DM veranschlagt. Dabei hat das Oberlandesgericht allerdings übersehen, daß es bei der Ermittlung des Endvermögens der Ehefrau das Wohnnutzungsrecht des Klägers als eine Schmälerung des Wertes ihres 1/4-Miteigentumsanteils am Grundstück betrachtet und nur in Ansehung dieses 1/4-Miteigentumsanteils mit 10.000 DM bemessen und von ihrem Endvermögen in Abzug gebracht hat. Da das Wohnnutzungsrecht aber auf dem gesamten Grundstück ruht, müßte es - legt man die beim Endvermögen der Ehefrau getroffene Schätzung zugrunde - beim Kläger mit 4 x 10.000 DM als Aktivposten in dessen Endvermögen zu Buche schlagen. Aufgrund dieses - revisionsrechtlich erheblichen - Fehlers hat das Oberlandesgericht den Kläger zu Unrecht begünstigt, da es sein Aktivvermögen zu niedrig angesetzt und seinen Anspruch auf Zugewinnausgleich folglich zu hoch bemessen hat.

3. Das angefochtene Urteil kann nach allem keinen Bestand haben. Der Senat vermag in der Sache nicht abschließend zu entscheiden, da der Wert des mit dem Wohn- und dem Wohnnutzungsrecht belasteten Grundstücks nicht festgestellt ist. Dieser Wert ergibt sich auch nicht ohne weiteres aus der Differenz zwischen dem Wert des unbelasteten Grundstücks und dem vom Oberlandesgericht für das Wohnrecht und das Wohnnutzungsrecht angenommenen und hinsichtlich des Wohnnutzungsrechts mit 4 vervielfachten Wert. Denn es ist nicht ausgeschlossen, daß der Nießbrauch sowie das Wohn- und Wohnnutzungsrecht - schon im Hinblick auf die Unsicherheit im Ansatz der Lebenserwartung der Berechtigten - den Verkehrswert des Grundstücks über den Wert der auf ihm lastenden Rechte hinaus beeinträchtigen (vgl. Simon/Cors/Troll, Handbuch der Grundstückswertermittlung 4. Aufl. B 2 Rdn. 77 a.E.). Die Sache war daher an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Wertfeststellungen nachholt. Die Zurückverweisung gibt zugleich den Parteien Gelegenheit, zu den Grundlagen für eine Schätzung des Wertes des Wohnnutzungsrechts ergänzend vorzutragen.

4. Soweit in die vom Oberlandesgericht getroffene Wertbestimmung von Nießbrauch und Wohnrecht ein von den Rechnungsgrundlagen des Bewertungsgesetzes abweichender ("Basis-")Zinssatz ("in 1993") Eingang gefunden hat, wird das Oberlandesgericht bei seiner erneuten Verhandlung und Entscheidung Folgendes zu bedenken haben: Bei der Bemessung des Rechnungszinses für die Bewertung künftiger Leistungen ist, wie der Senat in anderem Zusammenhang dargelegt hat, nicht von einer punktuellen und auf die aktuellen Verhältnisse bezogenen Betrachtung auszugehen; vielmehr erscheint es sachgerecht, den Zeitwert künftiger Leistungen mittels eines Zinssatzes zu bestimmen, der aus einer langfristigen Beobachtung der maßgebenden volkswirtschaftlichen Orientierungsgrößen gewonnen ist (Senatsbeschluß vom 23. Juli 2003 - XII ZB 152/01 - FamRZ 2003, 1639 ff.). Dies schließt es aus, für die Bewertung von Rechten, die auf die lebenslange Ziehung von Nutzungen gerichtet sind, in Abweichung von dem vom Bewertungsgesetz unverändert zugrunde gelegten Zinssatz von 5,5 % jeweils aktuell-marktübliche Zinssätze heranzuziehen (vgl. auch BFH BStBl. 1992 II 990).



Ende der Entscheidung

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