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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.07.2007
Aktenzeichen: XII ZR 87/05 (1)
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 295
ZPO § 295 Abs. 2
ZPO § 311 Abs. 2
ZPO § 313 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 313 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 313 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 313 Abs. 1 Nr. 4
ZPO § 313 a Abs. 1
ZPO § 313 a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 313 a Abs. 1 Satz 2
ZPO § 313 a Abs. 2
ZPO § 315 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 540 Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 540 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 540 Abs. 2
ZPO § 544 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 544 Abs. 7
ZPO § 547 Nr. 6
ZPO § 551 Abs. 3 Nr. 2 lit. b
ZPO § 559 Abs. 1 Satz 2
EGZPO § 26 Nr. 8
BGB § 321
BGB § 321 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XII ZR 87/05

vom 18. Juli 2007

in dem Rechtsstreit

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Juli 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick und Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:

Tenor:

1. Der Wert der Beschwer des Klägers durch das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. April 2005 wird auf über 20.000 € festgesetzt.

2. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird die Revision gegen das vorgenannte Urteil zugelassen.

3. Auf die Revision des Klägers wird das vorgenannte Urteil aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Wert: 100.000 €

Gründe:

I.

Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 8. Dezember 2004 zurückgewiesen und den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 19.430 € festgesetzt. Nach Verkündung dieses Urteils in der mündlichen Verhandlung verzichteten beide Parteien auf förmliche Urteilsbegründung.

Die Urschrift dieses vom Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochtenen Berufungsurteils enthält außer den Bestandteilen nach § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ZPO (Bezeichnung der Parteien, ihrer Prozessbevollmächtigten sowie des Gerichts, Namen der mitwirkenden Richter, Datum der mündlichen Verhandlung und Urteilsformel) sowie der Unterschriften der drei mitwirkenden Richter lediglich den Hinweis, des Tatbestands und der Entscheidungsgründe bedürfe es nicht, weil die Parteien hierauf verzichtet hätten und ein Rechtsmittel unzweifelhaft nicht eingelegt werden könne (vgl. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1, 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO).

Eine kurze Erläuterung der Entscheidungsgründe wurde (lediglich) in die Sitzungsniederschrift aufgenommen, die vom Senatsvorsitzenden und der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unterschrieben und der ein von allen drei Richtern unterschriebenes Blatt beigeheftet wurde, das lediglich die Bezeichnung und das Aktenzeichen des Gerichts sowie den Tenor der Entscheidung enthält.

II.

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft, § 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Ihrer Zulässigkeit steht § 26 Nr. 8 EGZPO entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entgegen. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteigt 20.000 €.

Den Wert der Beschwer (und damit die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung der NZB) hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen und ist dabei weder an die Streitwertangaben der Parteien noch an die Festsetzung des Berufungsgerichts gebunden (Senatsbeschluss vom 20. April 2005 ­ XII ZR 92/92 ­ NJW-RR 2005, 1011 f.).

Dem Berufungsurteil lässt sich zwar - prozessordungswidrig, vgl. BGHZ 156, 216, 218 - nicht entnehmen, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat. Aus der Sitzungsniederschrift in Verbindung mit der Bezugnahme auf die gestellten Anträge ergibt sich indes, dass der Kläger mit seiner Berufung seinen ursprünglichen Antrag weiterverfolgte, die Beklagte Zug um Zug gegen Zahlung von 19.430 € zur Übertragung ihres Miteigentumsanteils an einer näher bezeichneten Eigentumswohnung und zur entsprechenden Eintragungsbewilligung zu verurteilen sowie festzustellen, dass sich die Beklagte hinsichtlich der Zug-um-Zug-Leistung in Annahmeverzug befinde. Aus dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils ergibt sich ferner, dass es sich dabei um einen hälftigen Miteigentumsanteil handelt.

Der Wert einer Klage auf Auflassung eines Grundstücks entspricht dessen Verkehrswert ohne Abzug der darauf ruhenden Belastungen; auf die Zug-um-Zug-Leistung kommt es hier nicht an (vgl. Zöller/Herget ZPO 26. Aufl. § 3 Rdn. 16 "Auflassung" und "Zug-um-Zug-Leistungen"). Die umstrittene Frage, ob der Feststellung des Annahmeverzuges ein selbständiger Wert zukommt (vgl. Zöller/Herget aaO § 3 Rdn. 16 "Annahmeverzug"), bedarf hier angesichts des im Vergleich zum Grundstückswert allenfalls geringen Wertes keiner Entscheidung.

Von der Möglichkeit der §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO darf ein Berufungsgericht erst Gebrauch machen, wenn es sich zuvor von Amts wegen vergewissert hat, dass ein Rechtsmittel gegen sein Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. Das wäre hier der Fall, wenn der vom Kläger in seiner Klageschrift vorläufig angegebene Wert von 19.430 € zuträfe. Von diesem Wert hätte das Berufungsgericht aber allenfalls ausgehen dürfen, wenn keine Anhaltspunkte dagegen ersichtlich gewesen wären, dass die Zug-um-Zug-Leistung von 19.430 € die adäquate Gegenleistung für den zu übertragenden Miteigentumsanteil sei, die Miteigentumsanteile mithin wirtschaftlich wertneutral in der Hand des Klägers vereinigt werden sollten. Diese Voraussetzung liegt aber nicht vor.

Mangels tatbestandlicher Feststellungen im Berufungsurteil, das entgegen § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch keine Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil enthält, ist insoweit gemäß §§ 559 Abs. 1 Satz 2, 551 Abs. 3 Nr. 2 lit. b ZPO allein von den Angaben in der Beschwerdebegründung auszugehen (vgl. BGH Beschluss vom 26. Juni 2003 ­ V ZR 441/02 ­ NJW 2003, 1160).

Wie der Beschwerdeführer darin zutreffend vorträgt, hatte er den Verkehrswert der gesamten Eigentumswohnung in erster und zweiter Instanz (beiläufig, aber unbestritten) mit 125.000 € angegeben. Unstreitig sei auch gewesen, dass aufgrund der Finanzierung der Wohnung noch eine Bankgrundschuld über 127.000 DM eingetragen sei, was einen Wert des hälftigen Miteigentumsanteils von nur 19.430 € fraglich erscheinen lässt. Auch habe er in erster Instanz behauptet, die vergleichsweise geringe Gegenleistung von 19.430 € beruhe darauf, dass sie in eine Gesamtregelung eingebettet gewesen sei, mit der zugleich Unterhalts- und Zugewinnausgleichsansprüche des Klägers hätten abgegolten werden sollen.

Hinzu kommt, dass der Kläger in seinem Prozesskostenhilfegesuch für das vorliegende Beschwerdeverfahren den geschätzten Wert seiner Miteigentumshälfte mit 109.227 € angegeben, die Richtigkeit dieser Angabe versichert und einen Auszug aus einem (wohl den Ankauf betreffenden) Notarvertrag aus 1995 beigefügt hat, in dem ein Kaufpreis von 215.000 DM verzeichnet ist. Diese Anlage hatte er auch schon seinem Prozesskostenhilfegesuch in erster Instanz beigefügt, in dem er den Wert seines hälftigen Miteigentumsanteils - ebenso wie in seinem zweitinstanzlichen Prozesskostenhilfegesuch - mit ca. 100.000 € angegeben hatte. Diesem Gesuch hatte er ferner ein Maklerexposé beigefügt, in dem ein Kaufpreis von 115.000 € für die (gesamte) Eigentumswohnung angegeben ist.

Einen Betrag von 100.000 € hatte auch die Beklagte in ihrem zweitinstanzlichen Prozesskostenhilfegesuch als Wert ihres hier streitgegenständlichen Miteigentumsanteils angegeben; diese Angabe hat sie in ihrem Prozesskostenhilfegesuch für das vorliegende Beschwerdeverfahren wiederholt.

Aufgrund dieser wechselseitigen Angaben übersteigt die Beschwer des Klägers zur Überzeugung des Senats jedenfalls die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO.

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung ist es dem Kläger nicht verwehrt, das Fehlen von Urteilsgründen im angefochtenen Urteil zu rügen. Dem steht weder die ursprüngliche Streitwertangabe des Klägers in der Klageschrift ("vorläufig 19.430 €") noch der zur Sitzungsniederschrift erklärte Verzicht beider Parteien auf eine Begründung des Urteils entgegen. Dieser Verzicht war nach §§ 540 Abs. 1, 313 a Abs. 1 Satz 2 ZPO gegenstandslos, weil die Voraussetzungen des § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, unter denen das Berufungsgericht bei einem solchen Verzicht von einer Begründung seines Urteils hätte absehen oder sich mit der Aufnahme ihres wesentlichen Inhalts in das Sitzungsprotokoll hätte begnügen dürfen, mangels Unanfechtbarkeit der Entscheidung nicht vorlagen.

Soweit das Berufungsgericht eine kurze Begründung in das Sitzungsprotokoll aufgenommen hat, ist diese auch nicht Bestandteil des angefochtenen Urteils geworden. Denn die Sitzungsniederschrift ist nicht von allen mitwirkenden Richtern unterschrieben worden, was wegen Ablaufs der Fünfmonatsfrist (vgl. §§ 517, 548 ZPO) auch nicht mehr nachgeholt werden könnte (vgl. BGH Urteil vom 16. Oktober 2006 ­ II ZR 101/05 ­ NJW-RR 2007, 141 ff.). Die Sitzungsniederschrift selbst stellt somit - ungeachtet der Beifügung der von allen drei Richtern unterschriebenen Urteilsformel - kein prozessordnungsgemäßes Protokollurteil dar (vgl. Senatsurteil vom 4. Juli 2007 ­ XII ZR 164/03 ­, zur Veröffentlichung vorgesehen; BGH Urteil vom 16. Oktober 2006 ­ II ZR 101/05 ­ NJW-RR 2007, 141 ff.) und war ersichtlich auch nicht als solches gedacht. Als Urschrift des Urteils ist vielmehr allein das von den drei mitwirkenden Richtern unterschriebene Schriftstück anzusehen, das statt einer Begründung nur den Hinweis enthält, Tatbestand und Entscheidungsgründe seien nicht erforderlich.

a) Wird das Urteil eines Berufungsgerichts in der mündlichen Verhandlung verkündet, kann es zur Arbeitsentlastung in Gestalt eines Protokollurteils abgesetzt werden. Im Unterschied zum herkömmlichen "Stuhlurteil", welches später vollständig abgefasst der Geschäftsstelle zu übergeben ist (§ 515 Satz 1 i.V.m. § 315 Abs. 2 Satz 1 ZPO), ist eine schriftliche Begründung des Protokollurteils entbehrlich, wenn die nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO an die Stelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen tretenden Darlegungen bereits in das Sitzungsprotokoll aufgenommen worden sind (§ 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Dies ändert aber nichts daran, dass das Urteil selbst gemäß § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO von allen an der Entscheidung mitwirkenden Richtern zu unterschreiben ist (Senatsurteil vom 4. Juli 2007 ­ XII ZR 164/03 ­ zur Veröffentlichung vorgesehen).

Ein Protokollurteil kann nach diesen Maßstäben prozessordnungsgemäß in der Weise ergehen, dass ein Urteil, welches alle nach § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ZPO erforderlichen Bestandteile enthält, von den mitwirkenden Richtern unterschrieben und mit dem Sitzungsprotokoll verbunden wird, um so den inhaltlichen Bezug zu den in das Sitzungsprotokoll "ausgelagerten" Darlegungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO herzustellen (BGHZ 158, 37, 41; BGH Urteil vom 28. September 2004 ­ VI ZR 362/03 ­ NJW 2005, 830, 831). Da die Frist zur Einlegung der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils beginnt (§§ 548, 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO), sind in diesem Fall sowohl das Urteil als auch das Protokoll zuzustellen (vgl. MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher Ergänzungsband 2. Aufl. § 540 Rdn. 13).

Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass das Sitzungsprotokoll - sofern es neben den erforderlichen Darlegungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO zugleich sämtliche nach § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ZPO erforderlichen Angaben enthält - von allen mitwirkenden Richtern unterschrieben wird. Dann stellt diese Urkunde zugleich die Sitzungsniederschrift und das vollständige Urteil dar.

In jedem Falle muss das Urteil aber im Zeitpunkt der Unterzeichnung durch die mitwirkenden Richter bereits in vollständiger Form abgefasst sein (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 26. Aufl. § 315 Rdn. 1). Deshalb reicht es auch nicht aus, wenn die für die Verkündung des Urteils nach § 311 Abs. 2 ZPO regelmäßig erforderliche schriftlich abgefasste Urteilsformel bereits von den mitwirkenden Richtern unterschrieben wurde und sodann mit dem Sitzungsprotokoll verbunden wird (Senatsurteil vom 4. Juli 2007 ­ XII ZR 164/03 ­ zur Veröffentlichung vorgesehen).

b) Auf keinem dieser beiden möglichen Wege ist hier ein ordnungsgemäßes Protokollurteil erstellt worden. Zwar weist die der Sitzungsniederschrift beigeheftete Urteilsformel die Unterschrift der drei mitwirkenden Richter auf. Ihr fehlen jedoch die für ein Urteil erforderlichen Angaben nach § 313 Abs. 1 Nr. 1 und 3 ZPO, so dass die Unterschriften der mitwirkenden Richter nicht den gesamten notwendigen Inhalt eines Urteils decken (vgl. Zöller/Vollkommer aaO § 313 Rdn. 25). Das einzige Schriftstück, das in Urschrift den Mindestinhalt eines Urteils nach § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ZPO und zudem die anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen tretenden Darlegungen nach § 540 Abs. 1 ZPO enthält, ist somit das Sitzungsprotokoll selbst, welches jedoch als einziger Richter der Vorsitzende des Berufungssenats unterschrieben hat.

3. Auch § 295 ZPO steht der Rüge des Klägers nicht entgegen, weil eine Partei nur unter den hier nicht gegebenen Voraussetzungen des § 540 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO (unzweifelhafte Unanfechtbarkeit) oder des § 313 a Abs. 2 ZPO (Rechtsmittelverzicht) wirksam auf die Begründung eines Berufungsurteils verzichten kann. Bleibt das Berufungsurteil hingegen - wie hier - anfechtbar, ist die Begründung unverzichtbar im Sinne des § 295 Abs. 2 ZPO, weil sie im öffentlichen Interesse an einer geordneten Rechtspflege unerlässlich ist. Denn andernfalls würde dem Revisionsgericht die Prüfung der Voraussetzungen einer erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde ebenso wie beim Fehlen eines Tatbestandes erschwert oder gar unmöglich gemacht (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 156, 97, 103 ff.). Aus den gleichen Gründen zählt das Fehlen vom Gesetz vorgeschriebener Entscheidungsgründe oder der nach § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO an ihre Stelle tretenden Darlegungen zu den absoluten Revisionsgründen, § 547 Nr. 6 ZPO.

Der Rüge des fehlenden Tatbestandes und der Wiedergabe der Berufungsanträge (vgl. BGHZ 156, 216, 218) steht ohnehin kein Verzicht des Klägers entgegen; darauf hätte er nur mittelbar durch Rechtsmittelverzicht (§ 313 a Abs. 2 Satz 2 ZPO) verzichten können. Ein solcher ist hier nicht erklärt worden.

4. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 544 Abs. 7 ZPO Gebrauch, weil das Berufungsgericht gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen hat.

Insoweit macht die Beschwerde u.a. geltend, das Berufungsurteil beruhe auf der Annahme, dass der Beklagten gegenüber dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch die Unsicherheitseinrede des § 321 BGB zustehe, weil der Kläger nicht in der Lage sei, die Erfüllung seiner im Vergleich unter anderem übernommenen Verpflichtung zu gewährleisten, die Beklagte vom Zeitpunkt der Übertragung ihres hälftigen Miteigentumsanteils an im Innenverhältnis von den Kosten und Lasten der Eigentumswohnung freizustellen. Seine Leistungsunfähigkeit ergebe sich aus dem Umstand, dass er mit der Rückzahlung des Bankdarlehens mit einem Betrag von 2.682,93 € und möglicherweise auch schon zuvor einmal mit einem Betrag von 1.461,02 € in Rückstand geraten sei.

Dass das angefochtene Urteil darauf beruht, ist mangels tatsächlicher Feststellungen im Urteil und mangels einer Begründung allein aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers zu unterstellen (vgl. BGH Beschluss vom 26. Juni 2003 ­ V ZR 441/02 ­ NJW 2003, 160) und entspricht im Übrigen auch der im Sitzungsprotokoll des Berufungsgerichts enthaltenen Begründung des Vorsitzenden.

Zu Recht weist die Beschwerde darauf hin, dass die Unsicherheitseinrede des § 321 BGB voraussetzt, dass die mangelnde Leistungsfähigkeit des Vorleistungsberechtigten zur Erfüllung seiner Gegenleistung noch im Zeitpunkt der Fälligkeit der Vorleistungspflicht (vgl. Erman/Westermann BGB 11. Aufl. § 321 Rdn. 6 m.N.) bzw. in dem Zeitpunkt, in dem ihre Erfüllung verlangt wird, fortbesteht.

Mit Erfolg rügt die Beschwerde insoweit, das Berufungsgericht habe den Vortrag des Klägers übergangen, er habe den Rückstand am 11. Januar 2005 beglichen und bediene seitdem auch die laufenden Raten weiter; die Zahlung des Rückstandes habe er (jedenfalls in Höhe von 2.682,93 €) durch Vorlage eines entsprechenden Banküberweisungsauftrages vom 11. Januar 2005 unter Beweis gestellt.

Wegen des Fehlens jeglicher tatsächlicher Darstellungen im angefochtenen Urteil ist zu unterstellen, dass das Berufungsgericht diesen Vortrag des Klägers, der der Annahme des Fortbestehens einer bis dahin etwa gegebenen Leistungsunfähigkeit entgegengestanden hätte, nicht zur Kenntnis genommen oder zumindest nicht berücksichtigt hat.

Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Einwand der Beschwerdeerwiderung, die Beklagte habe diesen Vortrag bestritten und der vom Kläger vorgelegte Beleg beweise allenfalls die Erteilung eines Überweisungsauftrages, nicht aber dessen Durchführung, mangels entsprechender tatsächlicher Darstellungen im angefochtenen Urteil überhaupt berücksichtigt werden kann. Denn die Beklagte hat diesen Vortrag nicht substantiiert bestritten. Sie hat auf Seite 3 ihrer Berufungserwiderung lediglich vorgetragen, der Kläger sei "offenbar" nicht in der Lage, das Bankdarlehen zurückzuführen, und gegenbeweislich als Anlage BB2 eine Zahlungsaufforderung der Bank hinsichtlich eines Betrages von 2.682,93 € vorgelegt, die vom 5. Januar 2005 datiert. Dieses Schriftstück steht der Behauptung des Klägers, genau diesen Betrag am 11. Januar 2005 überwiesen zu haben, nicht entgegen. Die Beklagte hätte vielmehr angesichts des dezidierten Vortrags des Klägers bestreiten müssen, dass dessen von der Bank ausweislich des Stempelaufdrucks am 11. Januar 2005 angenommener Überweisungsauftrag auch tatsächlich durchgeführt worden sei.

III.

Bei der erneuten Verhandlung wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob auch die Freistellungsverpflichtung des Beklagten eine Gegenleistung im Sinne des § 321 Abs. 1 Satz 1 BGB zur vereinbarten Übertragung des Miteigentumsanteils der Beklagten darstellt und diese sich mit ihrer Vorleistungspflicht noch nicht in Verzug befand (vgl. Palandt/Grüneberg BGB 66. Aufl. § 321 Rdn. 7 m.N.). Sodann wird es gegebenenfalls die erforderlichen Feststellungen zu einer (fortbestehenden) Leistungsunfähigkeit des Klägers zu treffen haben, die die Erfüllung des Freistellungsanspruchs der Beklagten gefährdet. Dabei wird insbesondere zu prüfen sein, ob ein etwa noch bestehender Zahlungsrückstand des Klägers gegenüber der Bank eine Größenordnung erreicht, die angesichts seiner sonstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Unsicherheitseinrede rechtfertigt.

Sollte das der Fall sein, wird das Berufungsgericht zu beachten haben, dass diese Einrede des Vorleistungspflichtigen regelmäßig nicht zur Abweisung der Klage führt, sondern zu seiner Verurteilung Zug um Zug gegen die Erbringung der (hier: weiteren) Gegenleistung (vgl. Erman/Westermann aaO § 321 Rdn. 11 m.N.).

Ende der Entscheidung

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