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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 06.03.2003
Aktenzeichen: B 11 AL 39/02 R
Rechtsgebiete: SGB X, AFG


Vorschriften:

SGB X § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3
SGB X § 45 Abs 2
AFG § 139a Abs 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 6. März 2003

Az: B 11 AL 39/02 R

in dem Rechtsstreit

Der 11. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Balzer, die Richter Lüdtke und Dr. Leitherer, den ehrenamtlichen Richter Gehrken und die ehrenamtliche Richterin Haase

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. März 2002 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung bzw die Ablehnung der Weitergewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi).

Die Beklagte bewilligte dem Kläger nach Erschöpfung seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld im Juni 1995 Alhi für die Zeit ab 20. April 1995 bis einschließlich 28. Februar 1996 in Höhe von zunächst 273,60 DM wöchentlich; ab Januar 1996 erhöhte sich der wöchentliche Leistungssatz auf 274,80 DM. Im Zusammenhang mit seinem Antrag auf Fortzahlung der Alhi teilte der Kläger der Beklagten im Februar 1996 mit, dass er am 15. September 1995 geheiratet hatte. Die Beklagte ermittelte daraufhin, dass die Ehefrau des Klägers bei Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit Einkommen erzielt hatte. Mit Hinweis auf das im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigende Einkommen der Ehefrau, das den Leistungssatz übersteige, lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Weiterbewilligung von Alhi ab, nahm die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 15. September 1995 bis 28. Februar 1996 zurück und forderte Erstattung überzahlter Alhi von 6.531 DM sowie von Beiträgen in Höhe von 2.259,68 DM (Bescheide vom 6. August 1996). Auf Widerspruch des Klägers, der seit Mai 1996 selbstständig erwerbstätig ist, änderte die Beklagte den Rücknahmebescheid und hob nunmehr die Bewilligung von Alhi mit Wirkung ab 15. September 1995 nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 und 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm § 152 Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) auf; im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 30. Dezember 1996).

Die dagegen erhobene Klage ist in erster und zweiter Instanz erfolglos geblieben (Urteile des Sozialgerichts <SG> vom 17. Dezember 1998 und des Landessozialgerichts <LSG> vom 25. März 2002). Das LSG hat ua ausgeführt: Die Beklagte sei berechtigt gewesen, die Bewilligung von Alhi für die Zeit ab 15. September 1995 aufzuheben, die bis 28. Februar 1996 gezahlten Leistungen zurückzufordern und die Zahlung von Alhi ab 29. Februar 1996 zu versagen. Infolge des Hinzutretens zu berücksichtigenden Einkommens der Ehefrau ab 15. September 1995 sei es zu einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse gekommen. Deren Einkommen habe den jeweils maßgeblichen Freibetrag und das nach Abzug des jeweiligen Freibetrages zu berücksichtigende wöchentliche Einkommen jeweils den Leistungssatz der Alhi des Klägers überstiegen. Soweit die Ehefrau des Klägers einen gegen diesen gerichteten Anspruch auf Rückzahlung darlehensweise gewährter Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erfüllt habe, stelle dies keine Unterhaltsleistung an Dritte iS des § 138 Abs 1 Satz 3 AFG dar. Entgegen der Auffassung des Klägers seien die Alhi-Vorschriften nicht so auszulegen, dass eine Anrechnung des Einkommens der Ehefrau erst nach einer angemessenen Frist in Betracht komme; denn die Unterhaltspflicht der Ehegatten setze sofort mit der Eheschließung ein. Auch sei die Beklagte nicht durch § 139a Abs 2 AFG gehindert gewesen, während des Laufs eines Bewilligungsabschnitts die Bewilligung wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse ab 15. September 1995 aufzuheben. Schließlich seien die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X iVm § 152 Abs 3 AFG und des § 50 Abs 1 SGB X sowie des § 157 Abs 3a Satz 1 AFG erfüllt, sodass der Kläger verpflichtet sei, die erhaltenen Leistungen zuzüglich Beiträge zu erstatten.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Es sei nach Art 6 Grundgesetz (GG) geboten, eine Eheschließung während des Alhi-Bezuges unabhängig von der Höhe des Einkommens des Ehegatten nicht als wesentliche Änderung der Verhältnisse anzusehen oder zumindest frühestens nach einer Karenzzeit von einem Jahr seit der Heirat zu berücksichtigen. Auch liege eine Änderung der Verhältnisse iS des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X schon deshalb nicht vor, weil seine Ehefrau bereits vor Antragstellung und vor Erlass des Bewilligungsbescheides Einkommen erzielt habe. Jedenfalls dann, wenn - wie vorliegend - der Zeitpunkt der Eheschließung mitten in den Bewilligungszeitraum falle, müsse § 139a Abs 2 AFG, der die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen immer nur "vor der erneuten Bewilligung" vorschreibe, als "lex specialis" gegenüber § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X angesehen werden. Außerdem sei der Freibetrag falsch berechnet worden. Dieser betrage 53 % vom Bruttoeinkommen in Höhe von wöchentlich 1.657,47 DM ab 15. September 1995 bzw 2.013,51 DM ab Januar 1996. Zudem sei der Freibetrag zu erhöhen, weil seine Ehefrau ihm auf Grund einer rechtlichen Pflicht Unterhalt für die Vergangenheit im Sinne eines Sonderbedarfs geleistet habe; denn sie habe durch eine Überweisung vom 10. Juni 1996 die Hälfte der ihm während seines Universitätsstudiums von 1987 bis 1992 gewährten Ausbildungsförderungsdarlehen zurückgezahlt und habe zu diesem Zweck aus dem laufenden Einkommen Ansparungen gebildet. Schließlich sei die rückwirkende Aufhebung der Alhi-Bewilligung nicht mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes vereinbar; die in § 45 Abs 2 SGB X geregelten Voraussetzungen für die Rücknahme einer Bewilligung, die auch bei einer Aufhebung nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X vorliegen müssten, seien nicht erfüllt gewesen.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung der Urteile des SG vom 17. Dezember 1998 und des LSG vom 25. März 2002 den Rücknahme- und Rückforderungsbescheid des Arbeitsamtes Frankfurt am Main vom 6. August 1996 sowie den Ablehnungsbescheid des Arbeitsamtes Frankfurt vom 6. August 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 1996 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 29. Februar 1996 bis 7. Mai 1996 Alhi in Höhe von wöchentlich 140,50 Euro zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

II

Die Revision ist unbegründet.

1. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte mit Bescheid vom 6. August 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 1996 zu Recht die ursprüngliche Alhi-Bewilligung rückwirkend für die Zeit vom 15. September 1995 bis 28. Februar 1996 aufgehoben und Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen bzw Erstattung von Beiträgen verlangt hat. a) Nach § 48 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt (vgl BSGE 78, 109, 111 = SozR 3-1300 § 48 Nr 48 mwN). Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, richtet sich nach dem für die jeweilige Leistung maßgebenden materiellen Recht. Vorliegend sind, da der Zeitraum 1995/1996 betroffen ist, die Vorschriften des AFG heranzuziehen. Anspruch auf Alhi hat nur, wer ua bedürftig ist (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG). Nach § 137 Abs 1 AFG ist der Arbeitslose nur bedürftig, soweit das nach § 138 AFG zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nach § 136 AFG nicht erreicht. Zu dem zu berücksichtigenden Einkommen gehört das Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, soweit es den Freibetrag übersteigt (§ 138 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AFG). Einkommen sind alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert (§ 138 Abs 2 Satz 1 AFG). Freibetrag ist nach § 138 Abs 1 Satz 2 AFG ein Betrag in Höhe der Alhi nach § 136 Abs 1 AFG, die dem Einkommen des Ehegatten entspricht, mindestens aber in Höhe des Betrages, bis zu dem auf Erwerbsbezüge eines Alleinstehenden keine Einkommensteuer festzusetzen wäre.

Danach ist im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung das Einkommen der Ehefrau aus selbstständiger Tätigkeit zu berücksichtigen. Nach den gemäß § 163 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG hat das Bruttoeinkommen in der Zeit vom 15. September 1995 bis 31. Dezember 1995 25.527,45 DM und in der Zeit vom 1. Januar 1996 bis 7. Mai 1996 36.818,39 DM sowie nach Abzug der in § 138 Abs 2 AFG bezeichneten Abgaben und Aufwendungen das zu berücksichtigende Einkommen im erstgenannten Zeitraum 11.532,53 DM und im letztgenannten Zeitraum 15.705,90 DM betragen. Das für den jeweiligen wöchentlichen Alhi-Bezug zu berücksichtigende Einkommen (vgl BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 17 S 91 mwN) hat die Beklagte zutreffend durch gleichmäßige Verteilung des Einkommens auf den Zeitraum, in dem es jeweils erzielt wurde, ermittelt. Die Ehefrau hat danach bis Dezember 1995 in der Woche ein zu berücksichtigendes Einkommen von 747,48 DM und ab Januar 1996 ein solches von 858,92 DM gehabt. Der Freibetrag in Höhe der hypothetischen Alhi, um den dieses Einkommen zu vermindern ist (§ 138 Abs 2 Satz 1 AFG iVm § 136 Abs 1 AFG), hat ausgehend vom Bruttoeinkommen als Arbeitsentgelt iS von § 136 Abs 1 AFG 459,60 DM (bis Dezember 1995) und 498,60 DM (ab Januar 1996 bis zum Ende des Bezugszeitraums am 28. Februar 1996) betragen. Das nach Abzug des Freibetrags verbleibende wöchentliche Einkommen der Ehefrau ist mit 287,88 DM (bis Dezember 1995) bzw 360,32 DM (ab Januar 1996) höher gewesen als der dem Kläger nach § 136 AFG zustehende Leistungssatz von 273,60 DM bzw 274,80 DM wöchentlich.

Die sich hieraus ergebende wesentliche Änderung der Verhältnisse ist mit der Eheschließung, also am 15. September 1995, eingetreten. Dies folgt insbesondere daraus, dass die Anspruchsvoraussetzung der Bedürftigkeit für jeden Zeitraum, für den Alhi beansprucht wird, erfüllt sein muss, wobei entscheidend darauf abzustellen ist, ob der Lebensunterhalt während dieses Zeitraums gesichert ist (BSGE 84, 48, 50 = SozR 3-4220 § 6 Nr 7; BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 17 S 91). Der Lebensunterhalt des Klägers war aber im Rahmen der Alhi-Vorschriften bereits ab Eheschließung infolge der zu diesem Zeitpunkt einsetzenden Unterhaltspflicht der Ehefrau gesichert.

b) Die Beklagte war auch berechtigt und verpflichtet, die ursprüngliche Alhi-Bewilligung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, also für die Vergangenheit, aufzuheben. Dies ergibt sich aus § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X iVm § 152 Abs 3 AFG.

Nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X soll ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Es genügt, dass nicht der Antragsteller selbst, sondern eine andere Person, deren wirtschaftliche Verhältnisse für den Leistungsanspruch rechtserheblich sind, Einkommen oder Vermögen erzielt hat (BSG SozR 1300 § 48 Nr 53). Ergänzend bestimmt § 152 Abs 3 AFG für den Bereich des Arbeitsförderungsrechts, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben ist. Die Beklagte hat deshalb bei Erlass des Aufhebungsbescheides die zum 15. September 1995 eingetretene Änderung der Verhältnisse zu Recht rückwirkend berücksichtigt.

c) Da die Aufhebung der Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 15. September 1995 bis 28. Februar 1996 rechtmäßig ist, steht auch fest, dass der Kläger gemäß § 50 Abs 1 SGB X zur Erstattung der zu Unrecht bezogenen Alhi und gemäß § 157 Abs 3a Satz 1 AFG zur Erstattung der auf den genannten Zeitraum entfallenden Beiträge verpflichtet ist. Einwendungen gegen die vom LSG festgestellte Höhe der zu erstattenden Beträge sind nicht erhoben worden und auch nicht ersichtlich.

2. Ohne Rechtsfehler hat das LSG einen Anspruch des Klägers auf Alhi für die Zeit vom 29. Februar 1996 bis 7. Mai 1996 verneint. In diesem Zeitraum fehlte es weiterhin an der Anspruchsvoraussetzung der Bedürftigkeit auch unter Berücksichtigung des Betrages von wöchentlich 58,15 DM, der gemäß § 138 Abs 2 Satz 2 Nr 4 AFG iVm § 11a Alhi-Verordnung (beide Vorschriften eingefügt durch Alhi-Reformgesetz vom 24. Juni 1996, BGBl I S 878) nicht als Einkommen gilt. Das den jeweils maßgeblichen Freibetrag übersteigende Einkommen der Ehefrau war mit 360,32 DM ab 29. Februar 1996 (vgl oben 1. a) bzw 302,17 DM ab 1. April 1996 weiterhin höher als der dem Kläger in dieser Zeit nach § 136 AFG zustehende Leistungssatz von 274,80 DM bzw 279,60 DM.

3. Die Einwendungen der Revision greifen nicht durch.

a) Der Auffassung, nach Art 6 GG sei es geboten, eine Eheschließung während des Alhi-Bezuges unabhängig von der Höhe des Einkommens des Ehegatten nicht als wesentliche Änderung der Verhältnisse anzusehen oder zumindest Einkommen erst nach einer Karenzzeit von einem Jahr seit der Heirat zu berücksichtigen, ist nicht zu folgen. Da Alhi nur bei Bedürftigkeit gewährt wird, ist es zulässig, Ehegatteneinkommen zu berücksichtigen; dies entspricht der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl nur BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 14 und Nr 17; BVerfGE 87, 234, 257 ff = SozR 3-4100 § 137 Nr 3). Eine "Karenzzeit" ist im Gesetz nicht vorgesehen. Eine Differenzierung danach, ob ein Arbeitsloser bei der Bewilligung schon verheiratet ist oder erst während des Bezugs heiratet, würde bereits verheiratete Arbeitslose ohne sachlichen Grund schlechter stellen als Arbeitslose, die erst später heiraten.

b) Ohne Erfolg muss auch der Einwand bleiben, das Einkommen der Ehefrau sei deshalb nicht im Rahmen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X beachtlich, weil sie bereits vor dem Alhi-Antrag und vor Erlass des Bewilligungsbescheids Einkommen erzielt habe. Im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung ist grundsätzlich das Einkommen zu berücksichtigen, das in dem jeweilig konkreten Zahlungszeitraum angefallen ist (vgl BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 17 S 91). Die Beklagte hat - wie ausgeführt - das auf die Woche entfallende Einkommen der Ehefrau des Klägers zutreffend dem jeweiligen Zahlungszeitraum ab 15. September 1995 zugeordnet, sodass es unerheblich ist, ob sie auch in der Zeit davor Einkommen erzielt hat. Die Voraussetzung des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X, dass das erzielte Einkommen zum Wegfall des Anspruchs geführt haben würde, ist also im vorliegenden Fall erfüllt.

c) Unzutreffend ist die Auffassung des Klägers, bei Eheschließung während des Leistungsbezugs sei das Ehegatteneinkommen jedenfalls nicht vor Prüfung der erneuten Bewilligung zu berücksichtigen, was sich aus § 139a Abs 2 AFG ergebe. Hierbei verkennt der Kläger, dass mit der Einführung des § 139a AFG nur solchen Missständen begegnet werden sollte, die mit der in der Praxis üblichen Bewilligung von Alhi auf unbegrenzte Dauer verbunden waren; die Vorschrift soll also verdeutlichen, dass die Leistung nur vorübergehenden Charakter besitzt und dass die Leistungsvoraussetzungen immer wieder neu darzulegen sind (vgl Kärcher in Niesel, AFG, 2. Auflage, § 139a RdNr 2). Es kann deshalb keine Rede davon sein, § 139a Abs 2 AFG würde als "lex specialis" die Regelungen des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X ausschließen oder modifizieren.

d) Die Behauptung, der Freibetrag sei falsch berechnet worden, denn der Freibetrag betrage 53 % des Bruttoeinkommens der Ehefrau, trifft nicht zu. Maßgebend ist nach § 138 Abs 1 Satz 2 AFG die hypothetische Alhi, die dem Ehegatten selbst zustünde, falls er leistungsberechtigt wäre (BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 12 S 66 und SozR 3-4100 § 138 Nr 14 S 81). Die Alhi beträgt aber gemäß § 136 Abs 1 Nr 2 AFG für Arbeitslose ohne Kinder 53 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts, ist also als Prozentsatz des Nettoarbeitsentgelts zu ermitteln. Dadurch, daß die Beklagte für die Ermittlung der hypothetischen Alhi das jeweilige Bruttoeinkommen der Ehefrau aus selbständiger Tätigkeit als Arbeitsentgelt iS des § 136 Abs 1 AFG zu Grunde gelegt hat, ist der Kläger nicht beschwert, denn so hat die Beklagte die höchstmögliche Alhi als Freibetrag berücksichtigt.

Ebenso wenig ist der Revision zu folgen, soweit diese geltend macht, der Freibetrag sei wegen Rückzahlung des BAföG-Darlehens im Juni 1996 zu erhöhen. Zwar bestimmt § 138 Abs 1 Satz 3 AFG eine Erhöhung des Freibetrags um Unterhaltsleistungen, die der Ehegatte Dritten auf Grund einer rechtlichen Pflicht zu erbringen hat. Jedoch ist nicht ersichtlich, inwiefern der Kläger "Dritter" iS des § 138 Abs 1 Satz 3 AFG sein könnte. Im Übrigen handelt es sich bei der Darlehensrückzahlung nicht um eine Unterhaltsleistung, die auf Grund einer rechtlichen Pflicht zu erbringen ist. Dabei kann dahinstehen, ob unter einer rechtlichen Pflicht zur Unterhaltsleistung nur eine gesetzliche Pflicht zu verstehen ist oder auch eine rechtsgeschäftlich begründete Pflicht (vgl BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 17 S 92). Denn nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt war die Ehefrau des Klägers diesem gegenüber im Hinblick auf die Darlehensablösung weder gesetzlich noch auf Grund Rechtsgeschäfts verpflichtet. Die Ehefrau hat sich nämlich auch nach dem Vorbringen der Revision freiwillig zur Ablösung des BAföG-Darlehens entschlossen. Da dieses Darlehen dem Kläger zur Bestreitung seines Unterhalts in der Zeit des Studiums (1987 bis 1992) gewährt worden ist und zu dieser Zeit die Ehefrau des Klägers diesem gegenüber noch nicht unterhaltspflichtig war, kann auch nicht angenommen werden, sie habe mit der Ablösung des Darlehens eine Unterhaltspflicht für die Vergangenheit erfüllt.

e) Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes berufen. Denn bei einer nachträglichen Änderung der Verhältnisse iS des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X wird der Vertrauensschutz durch die gesetzliche Regelung gerade eingeschränkt (vgl BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 14 S 84 mwN). Dies kann bei Vorliegen der im Gesetz bezeichneten Voraussetzungen auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht als verfassungswidrig angesehen werden.

Ein für den Kläger günstigeres Ergebnis lässt sich auch nicht aus der Verweisung in § 48 Abs 4 SGB X auf verschiedene Bestimmungen des § 45 Abs 3 und 4 SGB X herleiten. Dieser Verweisung ist nicht zu entnehmen, dass der Verwaltungsakt nur in den Fällen des § 45 Abs 2 Satz 3 und Abs 3 Satz 2 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden darf; vielmehr soll lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass die rückwirkende Aufhebung einer Bewilligungsentscheidung wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse nach Ablauf von zehn Jahren ausgeschlossen ist (vgl BSG SozR 5870 § 2 Nr 30 S 102; SozR 3-4100 § 115 Nr 1 S 4).

4. Die Revision ist somit zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ende der Entscheidung

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