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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 18.05.2005
Aktenzeichen: B 12 P 3/04 R
Rechtsgebiete: SGB XI


Vorschriften:

SGB XI § 26a Abs 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 18. Mai 2005

Az: B 12 P 3/04 R

Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter Balzer, den Richter Dr. Bernsdorff und die Richterin Hüttmann-Stoll sowie die ehrenamtlichen Richter Kovar und Dr. Klasen

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 4. März 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig ist, ob die Klägerin ab 1. April 2001 durch Beitritt freiwilliges Mitglied der beklagten Pflegekasse geworden ist.

Die 1925 geborene Klägerin bezieht eine Altersrente in Höhe von ca 200,00 €. Sie ist weder in der gesetzlichen Krankenversicherung noch in der sozialen Pflegeversicherung versichert. Auch eine private Kranken- oder Pflegeversicherung besteht für sie nicht. Sie ist pflegebedürftig entsprechend der Pflegestufe I des § 15 Abs 1 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI). Für sie ist ein Betreuer bestellt. Seit dem 31. Mai 2002 wird sie in einem Pflegeheim stationär betreut. Die dadurch entstehenden Kosten trägt der Träger der überörtlichen Sozialhilfe.

Der Betreuer der Klägerin erklärte für diese am 12. Juni 2002 gegenüber der Beklagten den Beitritt zur freiwilligen Pflegeversicherung rückwirkend zum 1. April 2001. Mit Bescheid vom 13. Juni 2002 stellte die Beklagte fest, dass ein Beitritt zur sozialen Pflegeversicherung nicht möglich sei, weil § 26a Abs 1 SGB XI Personen, die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bezögen, und solche, die nicht selbst in der Lage seien, einen Beitrag zu zahlen, vom Beitrittsrecht ausschließe. Dies gelte auch für Personen, die wie die Klägerin in einem Heim untergebracht seien und auf Grund dessen Hilfe in besonderen Lebenslagen erhielten. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2002 zurück.

Das Sozialgericht (SG) hat die auf Aufhebung dieser Bescheide und Aufnahme in die soziale Pflegeversicherung bei der Beklagten ab 1. April 2001 gerichtete Klage mit Urteil vom 4. März 2004 abgewiesen. Die Klägerin sei nicht berechtigt, als freiwilliges Mitglied der Beklagten beizutreten. § 26a Abs 1 Satz 2 SGB XI nehme sie vom Beitrittsrecht aus, denn sie erhalte laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG. Diese erbringe der Sozialhilfeträger, wenn er die Heimunterbringung als Hilfe gewähre, wie sich aus § 22 Abs 1 Satz 1 BSHG ergebe und durch § 27 BSHG bestätigt werde.

Die Klägerin verfolgt ihr Begehren mit der Revision weiter und rügt die Verletzung des § 26a Abs 1 Satz 2 SGB XI. Sie erhalte keine Leistungen zum Lebensunterhalt, sondern Hilfe zur Pflege gemäß § 68 BSHG als Hilfe in besonderen Lebenslagen. Bei vollstationärer Unterbringung im Falle der Krankheit oder Behinderung trete die Hilfe zum Lebensunterhalt gegenüber der Hilfe zur Pflege als Hilfe in besonderen Lebenslagen regelmäßig in den Hintergrund. Dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 3. April 2001 (1 BvR 81/98, BVerfGE 103, 225 = SozR 3-3300 § 20 Nr 6) lasse sich nicht entnehmen, dass eine Entlastung der Sozialhilfeträger nicht erfolgen sollte. Das BVerfG habe die Schutzbedürftigkeit als Voraussetzung für die Beitrittsberechtigung nicht vom Vorhandensein einer finanziellen Absicherung im Einzelfall abhängig gemacht, sondern darauf abgestellt, dass die Pflegeversicherung auf Grund des hohen Risikos als Pflichtversicherung konzipiert gewesen sei und die Ausnahmen von der Pflichtmitgliedschaft lediglich aus Gründen der Praktikabilität bei der Erfassung der Pflichtversicherten erfolgt seien. Unerheblich für die zu gewährende Möglichkeit zum Beitritt sei damit der finanzielle Status und die Gewährung nachrangiger Sozialleistungen wie der Hilfe zur Pflege nach dem BSHG.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 4. März 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2002 aufzuheben und festzustellen, dass sie auf Grund ihres Beitritts nach § 26a Abs 1 SGB XI seit dem 1. April 2001 freiwilliges Mitglied der beklagten Pflegekasse ist.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.

II

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.

Die Klägerin hat ihr Begehren im Revisionsverfahren zutreffend auf die Feststellung einer freiwilligen Mitgliedschaft bei der Beklagten durch Beitritt gemäß § 26a Abs 1 SGB XI ab 1. April 2001 und die Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide beschränkt, da die Mitgliedschaft bei einem bestehenden Beitrittsrecht bereits durch die Beitrittserklärung begründet wird (vgl zur Feststellungsklage als richtiger Klageart in Streitigkeiten über das Beitrittsrecht zB Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 19. Dezember 1991 - 12 RK 24/90 - BSGE 70, 72, 77 = SozR 3-5910 § 91a Nr 1 S 6).

Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Zutreffend hat die beklagte Pflegekasse mit Bescheid vom 13. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2002 festgestellt, dass die Klägerin nicht als freiwilliges Mitglied in der sozialen Pflegeversicherung bei ihr versichert ist. Der Klägerin steht das von ihr geltend gemachte Beitrittsrecht zur sozialen Pflegeversicherung nach § 26a Abs 1 SGB XI (eingefügt mit Wirkung vom 1. Januar 2002 durch Art 1 Nr 1c des Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetzes <PflEG> vom 14. Dezember 2001, BGBl I 3728) nicht zu.

1. Gemäß § 26a Abs 1 Satz 1 SGB XI sind Personen mit Wohnsitz im Inland, die nicht pflegeversichert sind, weil sie zum Zeitpunkt der Einführung der Pflegeversicherung zum 1. Januar 1995 trotz Wohnsitz im Inland keinen Tatbestand der Versicherungspflicht oder der Mitversicherung in der sozialen oder privaten Pflegeversicherung erfüllten, berechtigt, die freiwillige Mitgliedschaft bei einer sozialen Pflegekasse zu beantragen. Ausgenommen hiervon sind Personen, die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG (seit 1. Januar 2005: Zwölftes Buch) beziehen sowie Personen, die nicht selbst in der Lage sind, einen Beitrag zu zahlen (Satz 2). Der Beitritt ist bis zum 30. Juni 2002 schriftlich zu erklären und bewirkt den Versicherungsbeginn rückwirkend zum 1. April 2001 (Satz 3). Diese Voraussetzungen für einen Beitritt erfüllt die Klägerin nicht. Selbst wenn sie am 1. Januar 1995 keinen Tatbestand der Versicherungspflicht oder Mitversicherung in der sozialen oder privaten Pflegeversicherung erfüllte, bestand zum Zeitpunkt der Beitrittserklärung am 12. Juni 2002 kein Beitrittsrecht, weil sie zu diesem Zeitpunkt laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG auf Grund der Gewährung vollstationärer Pflege gemäß § 68 BSHG erhielt.

2. Die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Beitrittsrechts nach § 26a Abs 1 Satz 2 SGB XI beim Bezug von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt liegen auch dann vor, wenn die Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 27 Abs 3 BSHG von der Hilfe zur Pflege in Form der vollstationären Pflege gemäß § 68 BSHG umfasst wird. Auch dann bezieht der Hilfebedürftige iS von § 26a Abs 1 Satz 2 SGB XI laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG.

Dieser Auslegung steht die Qualifizierung der für die Deckung des Lebensunterhalts in einem Pflegeheim zu gewährenden Leistungen als Leistung der Hilfe in besonderen Lebenslagen durch § 27 Abs 3 BSHG nicht entgegen. Das BSHG differenziert zwischen Hilfe zum Lebensunterhalt und Hilfe in besonderen Lebenslagen (§ 1 Abs 1 BSHG; vgl auch Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 5 C 83/02, BVerwGE 119, 322, zur Auslegung des § 10 Abs 2 Nr 16 Wohngeldgesetz). Die im Abschnitt 2 (§§ 11 ff) des BSHG geregelte Hilfe zum Lebensunterhalt unterscheidet sich von der Hilfe in besonderen Lebenslagen, geregelt im Abschnitt 3 (§§ 27 ff) des BSHG, dadurch, dass erstere ein bei allen Menschen nahezu gleichartiges Existenzminimum abdecken soll, während die Hilfen nach §§ 27 ff BSHG besonderen Bedarfssituationen begegnen will. Zu Letzterer gehört die Hilfe zur Pflege (§ 27 Abs 1 Nr 5 BSHG). Die Zuordnung einer Hilfe zum 2. oder 3. Abschnitt ist rechtlich relevant ua deshalb, weil für die Hilfen in besonderen Lebenslagen die besonderen Einkommensgrenzen der §§ 79 ff BSHG gelten (vgl W. Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 11 RdNr 1, § 27 RdNr 1).

Hilfe zum Lebensunterhalt kann durch laufende und einmalige Leistungen gewährt werden (§ 21 Abs 1 BSHG). Zwar werden nach § 22 Abs 1 Satz 1 BSHG laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach Regelsätzen nur außerhalb von Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen gewährt. Bei Aufenthalt in einem Heim entfällt jedoch nicht grundsätzlich ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt. Diese umfasst vielmehr gemäß § 21 Abs 3 BSHG in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung auch einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung. Wird vom Sozialhilfeträger Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem 3. Abschnitt geleistet, umfasst gemäß § 27 Abs 3 BSHG diese Hilfe bei Unterbringung in einer solchen Einrichtung allerdings den in der Einrichtung gewährten Lebensunterhalt einschließlich der einmaligen Leistungen nach Abschnitt 2. Damit wird der so bei stationärer Unterbringung gewährte Lebensunterhalt aber nicht zu einer anderen Leistung als die Hilfe zum Lebensunterhalt iS des Abschnitts 2 BSHG. Wird die Hilfe in besonderen Lebenslagen in Einrichtungen erbracht, soll § 27 Abs 3 Satz 1 BSHG sicherstellen, dass diese Hilfe die Kosten des laufenden Lebensunterhalts umfasst und die besonderen Einkommensgrenzen der §§ 79 ff BSHG auch insoweit gelten (vgl W. Schellhorn/H. Schellhorn aaO § 27 RdNr 24). Dies gilt auch, wenn stationäre Pflegeleistungen nach § 68 BSHG zur Deckung des Pflegebedarfs gewährt werden und daneben Leistungen für den Bedarf, der durch die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt abzudecken ist, zu erbringen sind.

Bestätigt wird dies durch die Neuregelung des Sozialhilferechtes ab 1. Januar 2005 im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII), die in § 8 SGB XII die Differenzierung zwischen Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 27 bis 40 SGB XII, geregelt im Dritten Kapitel, und Hilfe zur Pflege nach §§ 61 bis 66 SGB XII, geregelt im Siebten Kapitel, aufrecht erhält, für die Hilfe zur Pflege in §§ 85 ff SGB XII besondere Einkommensgrenzen festlegt und spezielle Regelungen über das einzusetzende Einkommen enthält. Die Sicherstellung des notwendigen Lebensunterhalts bei Unterbringung in einem Pflegeheim wird nunmehr im Dritten Kapitel geregelt. § 35 Abs 1 SGB XII bestimmt, dass der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen den darin erbrachten sowie in stationären Einrichtungen zusätzlich den weiteren notwendigen Lebensunterhalt umfasst. Diese Regelung im Dritten Kapitel hat zur Folge, dass nunmehr die Sicherstellung des notwendigen Lebensunterhalts in einer stationären Einrichtung auch formal der Hilfe zum Lebensunterhalt zugeordnet ist. Die Begründung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch geht ebenfalls davon aus, dass § 35 SGB XII im Wesentlichen dem geltenden Recht entspricht, dieser Grundsatz sich jedoch bisher nur indirekt aus den Bestimmungen der §§ 21 und 27 BSHG ergeben hat (vgl BR-Drucks 559/03 S 194).

Dass der Gesetzgeber in § 26a Abs 1 Satz 2 SGB XI die aus Gründen der anzuwendenden Einkommensgrenzen erfolgte Differenzierung des BSHG zwischen der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt und der Gewährung des Lebensunterhalts bei der Erbringung von Hilfe in besonderen Lebenslagen übernehmen wollte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr spricht der Regelungszweck des § 26a Abs 1 Satz 2 SGB XI dafür, dass unter die das Beitrittsrecht ausschließende laufende Hilfe zum Lebensunterhalt auch der in einem Heim im Rahmen der Hilfe zur Pflege gewährte Lebensunterhalt fällt. § 26a SGB XI wurde auf Grund der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit als Art 1c des PflEG in den Gesetzentwurf eingefügt (vgl BT-Drucks 14/7473 S 4 f), um das Urteil des BVerfG vom 3. April 2001 - 1 BvR 81/98 - umzusetzen (vgl BT-Drucks 14/7473 S 12, 20 f). Danach sollte Personen kein Beitrittsrecht eingeräumt werden, die nicht selbst in der Lage sind, einen Pflegeversicherungsbeitrag zu zahlen. Insbesondere sollten Empfänger von laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem BSHG von einem Beitrittsrecht ausgeschlossen sein, um nicht Dritten, insbesondere Sozialhilfeträgern, die Möglichkeit einzuräumen, nach dem Günstigkeitsprinzip den Beitrittsberechtigten zum Beitritt aufzufordern, um sich selbst für die Zukunft von Leistungen der Hilfe zur Pflege zu entlasten (vgl BT-Drucks 14/7473 S 20). Wird Hilfe zur Pflege als stationäre Pflege geleistet, kann dieser Gesetzeszweck nur erreicht werden, wenn unter den Begriff der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt iS von § 26a Abs 1 Satz 2 SGB XI auch die laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt bei Gewährung dieser Hilfe fallen. Andernfalls würde zwar bei Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb eines Heimes mit ggf sonstigen Leistungen der Hilfe zur Pflege kein Beitrittsrecht zur Pflegeversicherung bestehen, eine Entlastung des Sozialhilfeträgers durch Beitrittserklärung wäre jedoch bei Gewährung von Leistungen der vollstationären Pflege und des notwendigen Lebensunterhalts möglich. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Differenzierung gewollt und auch mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Grundgesetz (GG) vereinbar wäre.

3. Es kann dahinstehen, ob der Klägerin ein Beitrittsrecht bis zum 30. Mai 2002 zustand, denn bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie nicht ihren Beitritt erklärt. Zum Zeitpunkt der Beitrittserklärung am 12. Juni 2002 war dagegen ihr Beitrittsrecht auf Grund der gewährten Leistungen des Sozialleistungsträgers nach Aufnahme in ein Pflegeheim entfallen. § 26a Abs 2 SGB XI regelt mit Wirkung ab 1. Januar 2002 ein bis zum 30. Juni 2002 befristetes Beitrittsrecht, das bei Ausübung durch schriftliche Erklärung zu einer rückwirkenden Mitgliedschaft ab 1. April 2001 bei der gewählten Pflegekasse führt. Voraussetzung für das Entstehen der Mitgliedschaft ist neben dem Vorliegen der Voraussetzungen dieses Rechts seine Ausübung. Bestand ein solches Recht nach § 26a Abs 1 Satz 2 SGB XI nicht mehr, kann die spätere Beitrittserklärung - wenn auch in der Frist des § 26a Abs 1 Satz 2 SGB XI - eine Mitgliedschaft nicht mehr begründen.

Es ist auch kein Grund ersichtlich, § 26a Abs 1 SGB XI so auszulegen, dass Personen, die vor der Erklärung des Beitritts einmal ein Beitrittsrecht hatten, dieses Beitrittsrecht noch behalten, auch wenn sie im Zeitpunkt der Beitrittserklärung wie die Klägerin schon laufende Leistungen zum Lebensunterhalt beziehen. Für diese Personen wäre der Beitritt nur mit finanziellen Nachteilen verbunden, denn sie müssten rückwirkend Beiträge zahlen. Die von der Pflegekasse zu erbringenden Leistungen wären dagegen nicht höher als die, die der Sozialhilfeträger erbringt (vgl § 68 Abs 2 BSHG).

4. Die Beschränkung des Beitrittsrechts in § 26a Abs 1 Satz 2 SGB XI ist mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 3. April 2001 (1 BvR 81/98, BVerfGE 103, 225 = SozR 3-3300 § 20 Nr 6) mit der im Bundesgesetzblatt veröffentlichten Entscheidungsformel (BGBl I 774) gemäß § 31 Abs 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz mit Gesetzeskraft entschieden, dass die Regelungen des SGB XI über den Zugang zur gesetzlichen Pflegeversicherung mit Art 3 Abs 1 GG insoweit unvereinbar sind, als durch sie Personen generell vom Zugang ausgeschlossen sind, die bei Inkrafttreten des SGB XI keinen die Versicherungspflicht nach diesem Gesetz begründenden Tatbestand erfüllten, und den Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2001 nach Maßgabe der Gründe eine verfassungsmäßige Regelung zu treffen. Dem ist der Gesetzgeber mit der Regelung des Beitrittsrechts in § 26a Abs 1 SGB XI nachgekommen, sodass ein genereller Ausschluss dieses Personenkreises nicht mehr vorliegt. Aus den Gründen der Entscheidung ergibt sich nicht, dass der weiter bestehende Ausschluss von Personen, die wie die Klägerin stationäre Pflegeleistungen einschließlich des in der Einrichtung notwendigen Lebensunterhalts von einem Sozialhilfeträger erhalten, gegen Art 3 Abs 1 GG verstößt. Das BVerfG hat ausgeführt, mit Art 3 Abs 1 GG sei es unvereinbar, dass für die Gruppe von Personen, zu denen der damalige Beschwerdeführer gehörte, kein Zugang zur gesetzlichen Pflegeversicherung eröffnet sei. Bei dieser Gruppe handelt es sich um nicht krankenversicherte Personen, die grundsätzlich eigenes Einkommen und Vermögen einzusetzen haben, daher keine Leistungen nach dem BSHG beziehen können und Pflegeleistungen von einem Sozialhilfeträger erst beanspruchen können, nachdem sie eigenes Einkommen und Vermögen eingesetzt haben, und auch nur dann beanspruchen können, wenn die erforderliche Hilfe von Anderen, insbesondere von Angehörigen, nicht geleistet wird. Zu diesem Personenkreis gehörte die Klägerin zum Zeitpunkt der Erklärung ihres Beitritts nicht. Nicht entschieden hat das BVerfG über ein Beitrittsrecht der Personen, für die ein Sozialleistungsträger die Kosten im Falle der Krankheit übernimmt, und die im Pflegefall Anspruch auf Hilfe zur Pflege gegen diesen Träger haben. Für diesen Personenkreis ist es davon ausgegangen, dass sie in Zukunft als versicherungspflichtig in die gesetzliche Krankenversicherung und damit in die soziale Pflegeversicherung einbezogen werden, bislang jedoch das nach Art 28 Abs 2 Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) erforderliche Ausführungsgesetz fehlt. Das BVerfG hat auch keine Prüfung des Gesetzgebers für erforderlich gehalten, ob ihnen ein Beitrittsrecht einzuräumen ist, wenn sie bei oder nach Inkrafttreten des SGB XI keinen Zugang zur gesetzlichen Pflegeversicherung (mehr) haben. Der Gesetzgeber hat den Regelungsauftrag des Art 28 GSG zwar immer noch nicht ausgeführt und verfolgt ihn zurzeit ersichtlich auch nicht weiter. Die Ungleichbehandlung des Personenkreises, zu dem die Klägerin gehört, im Vergleich zu dem Personenkreis, der keine Hilfe zum Lebensunterhalt bezieht, rechtfertigt sich jedoch bereits daraus, dass anders als letztgenannter Personenkreis ersterer im Pflegefall Ansprüche gegen einen Sozialleistungsträger hat, die denen der sozialen Pflegeversicherung entsprechen (vgl § 68 Abs 2 BSHG, für die Zeit ab 1. Januar 2005 § 61 Abs 2 SGB XII). Ein Beitrittsrecht bringt diesem Personenkreis auch keine wirtschaftlichen Vorteile, selbst wenn der Sozialleistungsträger Einkommen in Höhe der Pflegeversicherungsbeiträge von der Anrechnung ausnimmt oder die Beiträge übernimmt. Da die Pflegeversicherung keine weiter gehenden Leistungen gewährt, als sie der Sozialhilfeträger zu erbringen hat (vgl § 68 Abs 2 BSHG), führt der Beitritt zur (sozialen) Pflegeversicherung lediglich zur Entlastung des Sozialhilfeträgers. Bei Ausscheiden aus dem dem Beitrittsrecht entgegenstehenden Leistungsbezug gibt § 26a Abs 3 SGB XI unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen ein Beitrittsrecht. Für die Zeit ab 1. Januar 2005 besteht nunmehr für Empfänger von Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung, soweit die Voraussetzungen des § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 2a SGB XI erfüllt sind. Ehemalige Bezieher von laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem BSHG haben ab 1. Januar 2005 innerhalb von sechs Monaten gemäß § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 8 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - ein Beitrittsrecht zur gesetzlichen Krankenversicherung. Üben sie dieses aus, besteht auch für sie eine Pflichtmitgliedschaft in der sozialen Pflegeversicherung gemäß § 20 Abs 3 SGB XI.

Für den Senat bestand auf Grund des vom SG festgestellten Sachverhalts kein Anlass zu prüfen, ob bei der Klägerin ein Beitrittsrecht nach § 26a Abs 3 SGB XI nach dem 1. Juli 2002 entstanden sein könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.

Ende der Entscheidung

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