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Gericht: Bundessozialgericht
Urteil verkündet am 22.04.2008
Aktenzeichen: B 5a/4 R 79/06 R
Rechtsgebiete: SGB VI


Vorschriften:

SGB VI § 118 Abs 1 S 1
SGB VI F: 25.07.1991 § 118 Abs 3 S 1
SGB VI F: 25.07.1991 § 118 Abs 3 S 2
SGB VI F: 25.07.1991 § 118 Abs 3 S 3 Halbs 1
SGB VI F: 29.06.2002 § 118 Abs 3 S 3
SGB VI F: 25.07.1991 § 118 Abs 3 S 4
SGB VI F: 29.06.2002 § 118 Abs 4 S 1
SGB VI F: 19.02.2002 § 118 Abs 4 S 2
SGB VI F: 15.12.1995 § 118 Abs 4 S 2
SGB VI F: 19.12.2007 § 118 Abs 4 S 3
SGB VI F: 21.06.2002 § 118 Abs 4 S 4

Entscheidung wurde am 14.08.2009 korrigiert: die Vorschriften wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt.
Ein Geldinstitut ist nicht verpflichtet, die für einen Zeitraum nach dem Tod des Rentenempfängers überwiesene Rente zurück zu überweisen, soweit über den Rentenzahlbetrag am Geldautomaten mittels Bankkarte und Geheimzahl verfügt wurde, bevor der RV-Träger die Rücküberweisung verlangt. Das gilt auch dann, wenn das Geldinstitut Name und Anschrift des Verfügenden nicht benennen kann (Abgrenzung zu BSG vom 4.8.1998 - B 4 RA 72/97 R = BSGE 82, 239 = SozR 3-2600 § 118 Nr 3; BSG vom 9.4.2002 - B 4 RA 64/01 R = SozR 3-2600 § 118 Nr 10 und BSG vom 14.11.2002 - B 13 RJ 7/02 R).
BUNDESSOZIALGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

in dem Rechtsstreit

Verkündet am 22. April 2008

Az: B 5a/4 R 79/06 R

Der 5a. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dreher, den Richter Dr. Neuhaus und die Richterin Dr. Günniker sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Roth und Weniger

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 9. Mai 2006 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert beträgt 663,49 Euro.

Gründe:

I

Der klagende Rentenversicherungsträger begehrt die Rücküberweisung einer überzahlten Rentenleistung, die nach dem Tode der Rentenempfängerin auf deren Konto beim beklagten Geldinstitut überwiesen worden war.

Die Klägerin zahlte ihrer Versicherten, H. R. , zuletzt eine Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 679,60 Euro netto monatlich, die auf das Konto der Rentenberechtigten bei der Beklagten überwiesen wurde. Die Versicherte verstarb am 22.3.2002. Die Rentenzahlung für April 2002 ging am 28.3.2002 bei einem Kontostand von 0,85 Euro auf dem Konto der Rentenberechtigten ein; die Tabelle zeigt die Kontobewegungen bis zum Eingang des Rücküberweisungsverlangens der Klägerin:

 DatumBetragStand
Saldo27.3.2002 0,85
Rente28.3.2002679,60680,45
Barabhebung Bankautomat28.3.2002-500,00180,45
Barabhebung Bankautomat30.3.2002-180,000,45
Primacom (Lastschrift)4.4.2002-12,22-11,77
Telekom (Lastschrift)9.4.2002-27,21-38,98

Bei den Abhebungen am Geldautomaten wurde die auf die Verstorbene ausgestellte Bankkarte verwendet und die entsprechende Geheimzahl (persönliche Identifikationsnummer - PIN) eingegeben.

Am 12.4.2002 ging die Aufforderung des Rentendienstes der Deutschen Post (überweisende Stelle) zur Rücküberweisung von 663,49 Euro (Rentenbetrag nach Abzug von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen) bei der Beklagten ein. Die Beklagte wandte ein, dass das Konto auf Grund anderweitiger Verfügungen kein Guthaben aufweise. Eine Pflicht zur Rücküberweisung werde auch nicht dadurch begründet, dass nicht mehr festzustellen sei, wer die beiden Beträge am Geldautomaten abgehoben habe; die Rentenberechtigte habe eine Vollmacht für ihr Konto nicht erteilt.

Das Sozialgericht (SG) Leipzig hat die Leistungsklage mit Urteil vom 9.5.2006 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte könne sich mit Erfolg auf den Einwand des § 118 Abs 3 Satz 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) berufen. Sie habe die ihr möglichen bzw erforderlichen Angaben gemacht. Bei Eingang der Rückforderung sei über einen der Rentenleistung entsprechenden Betrag bereits anderweitig verfügt worden, da die beiden Barabhebungen am Geldautomaten von unbekannten Personen im Verhältnis zu ihr wirksam gewesen seien. Nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für die Verwendung von SparkassenCards hafte der Kontoinhaber für solche Schäden durch missbräuchliche Verwendung der SparkassenCard am Geldautomaten, die auf einer schuldhaften Verletzung seiner Sorgfalts- und Mitwirkungspflicht beruhten und vor einer etwaigen Verlustanzeige entstanden seien. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung spreche bei Verwendung einer zuvor abhanden gekommenen EC-Karte unter Eingabe der Geheimzahl (PIN) am Geldautomaten grundsätzlich der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Karteninhaber die PIN auf der EC-Karte notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt habe, wenn andere Ursachen für den Missbrauch nach der Lebenserfahrung außer Betracht bleiben müssten (Hinweis auf BGH vom 5.10.2004 - XI ZR 210/03 - BGHZ 160, 308). Die Möglichkeit eines Ausspähens der Geheimzahl durch einen unbekannten Dritten komme als andere Ursache grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn die EC-Karte in einem näheren zeitlichen Zusammenhang mit der Eingabe der PIN durch den Karteninhaber an einem Geldautomaten entwendet worden sei. Unter Anwendung dieser Grundsätze sowie unter Berücksichtigung der hiermit übereinstimmenden Bedingungen für die Verwendung von SprakassenCards spreche vorliegend der Beweis des ersten Anscheins für einen der Versicherten (und nachfolgend ihren Erben) zuzurechnenden Missbrauch der Bankkarte, sodass die Barabhebungen gegenüber der Beklagten wirksam seien. Wenn nach dem Tod der Versicherten mittels PIN und Bankkarte Abhebungen vorgenommen worden seien, drängten sich andere Ursachen für den Missbrauch als ein grob fahrlässiger Umgang der Versicherten mit der PIN nicht auf. Der Einwand der anderweitigen Verfügung werde nicht dadurch berührt, dass die Beklagte Namen und Anschrift der verfügenden Personen nicht benennen könne. Die Auskunftspflicht des Geldinstituts solle nur die Feststellung des Erstattungsverpflichteten ermöglichen, damit der Erstattungsanspruch des Rentenversicherungsträgers nicht am Bankgeheimnis scheitere. Es lägen keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, der Gesetzgeber habe die objektive Unmöglichkeit, Namen und Anschrift des Empfängers zu benennen, mit dem Wegfall des Einwandes nach § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI sanktionieren wollen. Eine Einstandspflicht des Geldinstituts für die missbräuchliche Verwendung von Bankkarten oder EC-Karten überdehne den typisierten Interessenausgleich einseitig zu Gunsten der Rentenversicherungsträger. Der Einwand, die Beklagte habe mit der Ausgabe der Bankkarte ein besonderes Gefährdungspotenzial geschaffen, für das sie auch einzustehen habe, sei nicht überzeugend, da die Verwendung von Bankkarten bzw EC-Karten mittlerweile unabdingbare Voraussetzung für eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sei. Die Beklagte habe im Übrigen ihrer Auskunftspflicht auch insoweit genügt, als sie sich auf die Angaben "Primacom" und "Telekom" als Empfänger der Lastschriften vom 4.4. und 9.4.2002 beschränkt habe. Die Ermittlung der Anschriften zur Geltendmachung von Erstattungsansprüchen sei der Klägerin selbst möglich und zumutbar.

Mit der vom SG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 118 Abs 3 Satz 2 und 3, Abs 4 Satz 2 SGB VI (in der bis 28.6.2002 geltenden Fassung). Der zwischen dem Einwand der Entreicherung und dem Auskunftsanspruch bestehende kausale Zusammenhang führe dazu, dass der Erstattungsanspruch gegen das Geldinstitut immer dann greife, wenn dieses nicht bereit oder in der Lage sei, dem Auskunftsanspruch in vollem Umfang zu entsprechen. Die klarstellende Neufassung des § 118 Abs 4 Satz 4 SGB VI über den Umfang der Auskunftspflichten der Geldinstitute sei durch das Hüttenknappschaftliche Zusatzversicherungs-Neuregelungsgesetz (HZvNG) vom 21.6.2002 (BGBl I 2167) mit Wirkung vom 29.6.2002 eingeführt worden, um die zuvor zwischen den Rentenversicherungsträgern und einzelnen Geldinstituten bestehenden Unklarheiten über die Auskunftspflicht zu beseitigen. Die Beklagte habe den Einwand der anderweitigen Verfügung nicht schlüssig dargelegt, da sie in Bezug auf die Abhebungen am Geldautomaten Namen und Anschrift des oder der Verfügenden nicht mitgeteilt habe. Das SG habe darüber hinaus übersehen, dass die verstorbene Rentenberechtigte nach ihrem Ableben keinerlei Möglichkeit der Einflussnahme dahingehend gehabt habe, wer sich aus ihrem Nachlass die Bankkarte und die dazugehörige PIN aneignete und für eigene Zwecke nutzte. Aus diesem Grund sei der Beweis des ersten Anscheins für eine Sorgfaltspflichtverletzung der Karteninhaberin nicht geführt. In Übereinstimmung mit der Auffassung des Bundesverbandes deutscher Banken seien anderweitige Verfügungen iS des § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI nur dann beachtlich, wenn sie von verfügungsberechtigten Personen getätigt worden seien, wofür das Geldinstitut die Beweislast trage. Vorliegend sei dieser Beweis nicht erbracht worden. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Geldinstitute die Möglichkeit hätten, im Einzelfall die Identität des Verfügenden festzustellen, indem sie am Geldautomaten Kameras aufstellten. Hierbei könne es keine Rolle spielen, dass solche Möglichkeiten unterblieben und deshalb keine lückenlose Dokumentation erfolge. Das Risiko der Nutzung einer Bankkarte oder EC-Karte durch unberechtigte Dritte sei mithin ausschließlich dem Risikobereich des Geldinstituts zuzurechnen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 9. Mai 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 663,49 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend und trägt ergänzend vor, der Einwand der anderweitigen Verfügung sei schlüssig dargelegt worden. Der Umstand, dass die Verfügenden am Geldautomaten nicht namentlich benannt werden könnten, führe nicht zur Unbeachtlichkeit des Einwandes. Nur in den Fällen, in denen das Geldinstitut Namen und Anschrift tatsächlich kenne, obliege ihm die Darlegungs- und objektive Beweislast in vollem Umfang. Sofern das Geldinstitut jedoch diese Kenntnis nicht habe, sei die Darlegungs- und Beweislast eingeschränkt. Die Verfügungen am Geldautomaten, bei denen die SparkassenCard und die dazugehörige Geheimzahl verwendet worden seien, hätten schuldbefreiende Wirkung zu Lasten des Kontos der Rentenberechtigten. Die Barabhebungen seien daher im Verhältnis zur Beklagten als wirksam anzusehen. Vor diesen Verfügungen sei der Beklagten der Erbfall noch nicht bekannt gewesen, sodass sie auch keine Maßnahmen habe einleiten können, um Verfügungen zu verhindern. Eine objektive Haftung der Geldinstitute für Verfügungen am Geldautomaten widerspreche dem Charakter des § 118 Abs 3 SGB VI. Die Nutzung von Geldautomatenkarten erleichtere das tägliche Leben und diene gerade auch der Sicherheit der Bankkunden, da diese größere Mengen Bargeld nicht vorhalten müssten. Es komme letztlich nur darauf an, ob die Beklagte das Konto der Rentenberechtigten zu Recht belastet habe. Dies sei der Fall, wenn mit der Karte unter Eingabe der Geheimzahl verfügt worden sei und der Kunde gemäß den mit ihm vereinbarten Geschäftsbedingungen hafte. Der Name und die Anschrift des jeweils tatsächlich am Geldautomaten Verfügenden müsse und könne nicht festgestellt werden. Auch aus datenschutzrechtlichen Gründen sei die optisch-elektronische Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume eingeschränkt. Film- und Fotomaterial von Standorten für Geldautomaten dürften nur auf Grund von strafprozessualen Maßnahmen den Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellt werden.

II

Die vom SG zugelassene Sprungrevision ist zulässig. Die formalen Voraussetzungen des § 161 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind erfüllt, nachdem die Zustimmung der Beklagten dem Antrag der Klägerin auf Zulassung der Sprungrevision beigefügt war und die Beklagte in diesem Schreiben ausdrücklich ihr Einverständnis zur Einlegung der Sprungrevision erteilt hat (vgl zum Erfordernis der Zustimmung zur "Einlegung" - und nicht lediglich zur "Zulassung" BSG SozR 3-1500 § 161 Nr 7 S 15).

Die Sprungrevision der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die zulässige Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) zu Recht abgewiesen. Einer Verpflichtung der Beklagten zur Rücküberweisung der zu Unrecht gezahlten 663,49 Euro steht der Umstand entgegen, dass zwischen der Gutschrift der Rentenleistung und dem Eingang des Rückforderungsverlangens in darüber hinausgehender Höhe anderweitig über das Konto der Rentenberechtigten verfügt wurde.

Nach § 118 Abs 3 SGB VI in der hier anwendbaren Fassung des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25.7.1991 (BGBl I 1606) gelten Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto bei einem Postgiroamt oder einem anderen Geldinstitut im Inland überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht (Satz 1). Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung zurückzuüberweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordern (Satz 2). Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann (Satz 3). Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden (Satz 4). Dieser Text gilt im Wesentlichen unverändert bis heute; lediglich der im vorliegenden Fall unerhebliche Passus "... Postgiroamt oder einem anderen ..." wurde durch Gesetz vom 27.12.2003 (BGBl I 3019) mit Wirkung zum 1.3.2004 gestrichen.

Die in § 118 Abs 3 Satz 1 und 2 SGB VI genannten Voraussetzungen liegen vor. Mit der Erwerbsunfähigkeitsrente für den Monat April 2002 ist für die Zeit nach dem Tode der Rentenberechtigten am 22.3.2002 eine Geldleistung auf deren Konto bei der Beklagten als einem inländischen Geldinstitut überwiesen worden. Die Zahlung für den Monat April 2002 ist zu Unrecht erbracht worden, weil nach § 102 Abs 5 SGB VI ein Anspruch auf Zahlung der Rente nur bis zum Ende des Kalendermonats besteht, in dem der Berechtigte gestorben ist, vorliegend also bis zum 31.3.2002. Die für den Monat April 2002 noch überwiesene Rente ist damit zu Unrecht geleistet worden. Dem steht die Bindungswirkung der Rentenbewilligung nicht entgegen, weil sich der diesbezügliche Verwaltungsakt mit dem Tode der Rentenberechtigten auch ohne Aufhebungsbescheid erledigt hat (vgl BSGE 84, 16, 20 = SozR 3-1300 § 50 Nr 21 S 71 f). Den Anforderungen des § 118 Abs 3 SGB VI ist schließlich insoweit genügt, als der Rentenservice der Deutschen Post die Beklagte am 12.4.2002 aufgefordert hat, einen Betrag von 663,49 Euro als zu Unrecht erbracht zurückzuüberweisen.

Die Beklagte kann sich jedoch erfolgreich auf den Einwand des § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI berufen, da bei Eingang des Rückforderungsverlangens am 12.4.2002 bereits über einen der Rentenleistung "entsprechenden Betrag" anderweitig verfügt worden war und das Konto der Rentenberechtigten zum Zeitpunkt des Rücküberweisungsverlangens kein Guthaben aufwies. Das SG ist hierbei zu Recht davon ausgegangen, dass die Barabhebungen am Geldautomaten als "anderweitige Verfügungen" zu berücksichtigen sind; da sie insgesamt 680 Euro betragen und damit den unter dem Vorbehalt des § 118 Abs 3 Satz 1 SGB VI stehenden Rentenbetrag überschreiten, vermag dieser Vorbehalt den Rücküberweisungsanspruch nicht (mehr) zu begründen.

Der Wortlaut des § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI schließt die Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen durch Unbekannte nicht aus. Danach hängt die Minderung des Rücküberweisungsan-spruchs nur davon ab, dass "anderweitig verfügt wurde"; von anderen Voraussetzungen wie der Feststellbarkeit der Person des Verfügenden ist nicht die Rede. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die allerdings über Abhebungen am Geldautomaten bisher nicht zu entscheiden hatte, ist unter "anderweitiger Verfügung" jedes abgeschlossene bankübliche Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos anzusehen, durch das sich eine kontoverfügungsberechtigte Person des Kontos zur Bewirkung einer Zahlung oder Auszahlung bedient; dabei wird der verstorbene Rentenberechtigte selbst ausdrücklich zu den Verfügungsberechtigten gezählt (BSGE 83, 176, 181 = SozR 3-2600 § 118 Nr 4 S 35; BSG SozR 3-2600 § 118 Nr 9 S 61; BSG SozR 4-2600 § 118 Nr 2 RdNr 19 mwN; VerbandsKomm, § 118 SGB VI S 17, Stand 6/2007; zu § 118 Abs 4 SGB VI: Faßold, Mitteilungen der LVA Oberfranken und Mittelfranken 2001, 454; Brähler, Nachrichten der LVA Hessen 1996, 77; BT-Drucks 14/9007 S 36 zu Nr 4).

Der Sinn des Begriffs der Verfügungsberechtigung in diesem Zusammenhang ist durch Auslegung des § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI zu ermitteln.

Aus der genannten Vorschrift ergibt sich, dass dem Kontoführungsvertrag entsprechende Verfügungen zu berücksichtigen sind, solange das Geldinstitut vom Ableben des Kontoinhabers nichts weiß. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es nicht darauf an, ob der Verfügende auch materiell berechtigt ist. Allerdings mag in der Regel davon auszugehen sein, dass das Gesetz eine Berechtigung unterstellt, wenn es ohne weitere Einschränkungen von "Verfügungen" spricht. Die hier anzuwendende Vorschrift regelt die Beziehungen zwischen Rentenversicherung und Geldinstitut jedoch in einer Ausnahmesituation, in der etwas anderes gilt. Der gegenüber dem jeweiligen Hauptbeteiligten materiell Berechtigte - einerseits als Rentenempfänger, andererseits als Kontoinhaber - ist verstorben. Um kein "rechtsfreies" Intervall entstehen zu lassen, weist die Rechtsordnung unabhängig von der Kenntnis der hier Hauptbeteiligten Rechte und Pflichten neuen Personen zu: Die Rentenversicherung hat - wie oben ausgeführt - einen (Rückzahlungs-)Anspruch auf die überzahlte Rente, der durch den gesetzlichen Vorbehalt des § 118 Abs 1 Satz 1 SGB VI zusätzlich geschützt wird, und der Erbe des Verstorbenen tritt gemäß § 1922 Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den Girovertrag mit dem Geldinstitut ein (Palandt/Edenhofer, BGB 67. Auflage 2008, § 1922 RdNr 30). Wenn das Gesetz in dieser Situation den Einwand des § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI an die Bedingung knüpft, dass über den der Rentenzahlung entsprechenden Betrag "anderweitig verfügt" worden sei, kann gerade nicht unterstellt werden, es verlange eine materielle Berechtigung. Denn die fraglichen Verfügungen stehen schon deshalb im Widerspruch zum materiellen Recht, weil der überzahlte Rentenbetrag unter Verstoß gegen das Recht des Rentenversicherungsträgers und entgegen dem gesetzlichen Vorbehalt an einen hierzu nicht berechtigten Dritten gelangt. Deshalb versteht der Senat den Hinweis der bisherigen Rechtsprechung auf die "Verfügungsberechtigung" (vgl BSGE 83, 176, 181 = SozR 3-2600 § 118 Nr 4 S 35; vgl auch BSG SozR 4-2600 § 118 Nr 2 RdNr 19 mwN) in dem Sinne, dass nicht auf die materielle Rechtmäßigkeit der Verfügung abgestellt werden soll; vielmehr genügt es, wenn die dem Geldinstitut bekannten Umstände auf eine Kontoführungsbefugnis schließen lassen.

Bis zum Eingang des Rücküberweisungsverlangens weiß das Geldinstitut typischerweise weder vom Ableben des Kontoinhabers noch vom Vorbehalt zugunsten des Rentenversicherungsträgers. Die vom Gesetz ausdrücklich vorgeschriebene Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen bis zu diesem Zeitpunkt kann nur so zu verstehen sein, dass sie auf der (unterstellten) Unkenntnis des Geldinstituts beruht. Demgegenüber spielt die materielle Verfügungsberechtigung keine Rolle, denn diese ist in der beschriebenen Situation typischerweise weder erkennbar noch besteht ein Anlass, sie zu prüfen. Andernfalls hinge der Einwand des Geldinstituts gegen eine Rücküberweisung von einem Umstand ab, der seinem Einfluss völlig entzogen ist und der es somit zufällig trifft. Nach diesen Erwägungen entfällt der Grund für die Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen nur dann, wenn die dem Geldinstitut als fehlend unterstellte Kenntnis des gesetzlichen Vorbehalts ausnahmsweise doch vorliegt, sodass es ihn zu beachten in der Lage ist - wenn es also vom Ableben des Rentenempfängers bereits vor dem Rücküberweisungsverlangen des Rentenversicherungsträgers gewusst hat oder zu einer entsprechenden Prüfung Anlass gehabt hätte (mangels diesbezüglicher Feststellungen nicht eindeutig: LSG Baden-Württemberg vom 29.11.1994 - L 13 J 560/94 = SozVers 1996, 131). Eine weitere Ausnahme gilt nach § 118 Abs 3 Satz 4 SGB VI, wenn das Geldinstitut eigene Forderungen befriedigt hat.

Dass die Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen im Regelfall keine materielle Verfügungsbefugnis voraussetzt, belegt seit der Änderung des § 118 Abs 4 SGB VI zum 29.6.2002 (Hüttenknappschaftliches Zusatzversicherungs-Neuregelungs-Gesetz - HZvNG - vom 21.6.2002, BGBl I 2167) auch dessen Wortlaut. Der neu gefasste Satz 1 nennt diejenigen, die dem Rentenversicherungsträger erstattungspflichtig sind, weil sie - bewusst oder unbewusst -gegen den gesetzlichen Vorbehalt des Abs 3 Satz 1 verstoßen und in irgendeiner Form von der Rentenzahlung profitiert haben; bei diesbezüglichen Verfügungen muss es sich um "anderweitige Verfügungen" iS von Abs 3 Satz 3 handeln, die den Rücküberweisungsanspruch gegen das Geldinstitut gemindert haben - andernfalls hätte der Rentenversicherungsträger keinen Grund zur Rückforderung des Betrags von Dritten. Statt in diesem Zusammenhang von "Verfügungsberechtigten ..." zu sprechen, was ebenfalls möglich gewesen wäre, spricht das Gesetz von "Personen, die als Verfügungsberechtigte ... ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen haben ...". Das legt die Annahme nahe, das Gesetz berücksichtige die weiter oben geschilderte Situation, in der das Geldinstitut vom Ableben des Versicherten nichts weiß und deshalb zumindest bei banküblichen Geschäften keinerlei Anlass hat, die Rechtmäßigkeit der bei ihm eingehenden Verfügungen zu überprüfen.

Gesetzeszweck und Gesetzessystematik bestätigen die hier vertretene Auffassung. § 118 Abs 3 und Abs 4 SGB VI dienen der Rückführung der überzahlten Rentenleistung an den Rentenversicherungsträger. Auf einer ersten Stufe, um die es hier alleine geht, macht sich der Gesetzgeber den Umstand zunutze, dass die Rentenzahlung auf dem Weg zum Empfänger beim Geldinstitut noch angehalten und dem Rentenversicherungsträger schnellstmöglich zurücküberwiesen werden kann (Abs 3), bevor sie dem Vermögen des Erben oder eines anderen Nichtberechtigten zufließt, von dem sie (auf der zweiten Stufe) eventuell nur mit zusätzlichem Aufwand zurückzufordern ist (Abs 4). In beiden Stufen ist die Rückführung an den Rentenversicherungsträger der zivilrechtlichen Auseinandersetzung zwischen Geldinstitut, (neuem) Kontoinhaber und Geldempfänger vorgelagert; deren mögliche zivilrechtlichen Ansprüche sind daher für das Verständnis von § 118 Abs 3 und 4 SGB VI grundsätzlich unergiebig (aM Erkelenz/Leopold, ZFSH/SGB 2007, 585).

Die erste Stufe ist durch eine Art Schwebezustand gekennzeichnet, in dem der Rentenversicherungsträger die eigene Verfügungsbefugnis über den Rentenbetrag zwar bereits aufgegeben hat, dieser aber noch keinem Empfänger tatsächlich zugeflossen ist. Da die Rücküberweisung nach § 118 Abs 3 Satz 2 SGB VI den Vorgang der Rentenauszahlung unterbrechen soll, bevor Vermögenszuflüsse stattgefunden haben, soll auch das Vermögen des Geldinstituts unbeteiligt bleiben, was durch das in § 118 Abs 3 Satz 4 SGB VI ausgesprochene Verbot der Befriedigung eigener Forderungen unterstrichen wird. Soweit es nicht in diesem Sinne auf eigene Rechnung handelt, wird das Geldinstitut demnach ausschließlich als Dienstleistungsunternehmen eingeschaltet, das die Aufgabe hat, Geldein- und -ausgänge für den Kontoinhaber zu buchen und ihn über die zur Verfügung stehenden Beträge auf dem Laufenden zu halten; allein in dieser Funktion als Zahlungsmittler und nicht als Empfänger einer ungerechtfertigten Leistung ist es nach der gesetzlichen Konzeption zur Rücküberweisung verpflichtet. Folgerichtig enthebt § 118 Abs 3 Satz 3 Halbs 1 SGB VI das Geldinstitut von dieser Pflicht, wenn es in Unkenntnis des gesetzlichen Vorbehalts seine banküblichen Aufgaben als Zahlungsmittler wahrnimmt und die faktische Zugriffsmöglichkeit auf den Rentenbetrag endgültig verliert, indem es ihn im Rahmen anderweitiger Verfügungen an den (unberechtigten) Empfänger auszahlt bzw an andere weiterleitet. Mangels Berührung mit dem Vermögen des Geldinstituts liegt darin keine "Entreicherung", sondern die Vollendung der Rentenauszahlung im dargelegten Sinne, die deshalb nicht mehr durch "Rücküberweisung" (so § 118 Abs 3 Satz 2 und 3 SGB VI) sondern nur noch durch "Erstattung" (so § 118 Abs 4 Satz 1 SGB VI) aus dem Vermögen des Empfängers, Verfügenden oder Erben rückgängig zu machen ist (zum Rangverhältnis zwischen Rücküberweisung und Erstattung BSG SozR 3-2600 § 118 Nr 9 S 61 ff; BSG SozR 3-2600 § 118 Nr 10 S 71; BSG vom 14.11.2002 - B 13 RJ 7/02 R - Juris RdNr 19). Die sich nach § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI aus der Auszahlung des Rentenbetrags ergebende Minderung des Rücküberweisungsanspruchs würde daher treffender "Auszahlungseinwand" statt "Entreicherungseinwand" heißen.

Mit dem beschriebenen Gesamtkonzept wäre es unvereinbar, wenn gerade die zwangsläufig anonyme Abhebung am Geldautomaten den Rücküberweisungsanspruch unberührt ließe. Denn bei der heute praktizierten Form der bargeldlosen Überweisung der monatlichen Rentenleistung hat die Abhebung die Funktion der tatsächlichen Rentenzahlung übernommen, die früher am Postschalter oder durch den Postboten erfolgte; ebenso wie dort ein Rückruf des Geldes nach dessen Aushändigung ins Leere gehen müsste, kann dem Vorbehalt des § 118 Abs 3 Satz 1 SGB VI nach der Barabhebung keine Bedeutung mehr zukommen. Andernfalls bestünde entgegen der aufgezeigten gesetzgeberischen Zielsetzung und dem Gesetzeswortlaut ("zurückzuüberweisen") die Gefahr, dass dem Geldinstitut eine Rückzahlungspflicht aus dem eigenen Vermögen und somit eine - überdies verschuldensunabhängige - Haftung für die Weiterleitung der Rente an einen Nichtberechtigten auferlegt wird.

Richtig ist zwar, dass anonyme Verfügungen die Rückführung der überzahlten Rente erschweren, weil neben dem Erben allenfalls noch der neue Kontoinhaber in Anspruch genommen werden kann, falls dieser als Verfügender anzusehen ist (so Terdenge in Hauck/Noftz, SGB VI K § 118 RdNr 14a, Stand 1/2002; VerbandsKomm, § 118 SGB VI S 23, Stand 6/2007; Brähler, Nachrichten der LVA Hessen 1996, 77) und es sich ausnahmsweise nicht um dieselbe Person handeln sollte. Eine zusätzliche Haftung des - unbekannten - Empfängers nach § 118 Abs 4 Satz 1 SGB VI scheidet in diesen Fällen aus. Es gibt jedoch keinen Grund, das Geldinstitut für den Ausfall des zusätzlichen Schuldners haften zu lassen. Dieses mag durch die Ausgabe einer Bankkarte bzw EC-Karte ein erhöhtes Risiko anonymer und dadurch unwiederbringlicher Barabhebungen geschaffen haben (in diesem Sinne LSG Nordrhein-Westfalen vom 25.10.2006 - L 8 R 139/05 = Juris RdNr 44; Pflüger in jurisPK-SGB VI, § 118 RdNr 103 ff, Stand 11/2007; Erkelenz/Leopold ZFSH/SGB 2007, 587 f). Aber diese Gefährdung lässt sich mit derselben Berechtigung der Risikosphäre des Rentenversicherungsträgers zuordnen, der zu ihr - objektiv - in ähnlicher Weise beigetragen hat, indem er die Rente ohne Rechtsgrund weiterhin überwies. Außerdem liegt die Ausgabe der Bankkarte keineswegs nur im Interesse des Geldinstituts, sondern zumindest ebenso in demjenigen des ursprünglichen Kontoinhabers, dessen Rechtsnachfolger infolgedessen auch das Risiko eines eventuellen Missbrauchs der Bankkarte zu tragen hat. Wenn in diesem Zusammenhang überhaupt eine Betrachtung nach Risikosphären geboten sein sollte, muss diese daher zur Haftung des Erben bzw des neuen Kontoinhabers und nicht des Geldinstituts führen.

Auch der Gesetzesbegründung kann entnommen werden, dass der Auszahlungseinwand keine rechtmäßigen Verfügungen voraussetzt (BT-Drucks 14/9007 S 36 zu Nr 4). Sie spricht ausdrücklich davon, dass die in § 118 Abs 4 Satz 1 SGB VI genannten Personen die Geldleistungen "zu Unrecht erhalten haben". Wenn sie im zweiten Satz die Verfügungsberechtigten "im Sinne dieser Vorschrift" aufzählt, kann mithin nicht eine materielle Berechtigung, sondern nur deren äußerer Anschein gemeint sein, der im Regelungszusammenhang "dieser Vorschrift" das Geldinstitut zur Ausführung banküblicher Vorgänge ohne weitere Überprüfung berechtigt. Eine Verfügungsbefugnis in diesem Sinne wäre wohl nicht anzunehmen, wenn Verwandte des Verstorbenen ohne Vollmacht am Bankschalter erschienen, um Geldbeträge abzuheben (vgl nochmals LSG Baden-Württemberg vom 29.11.1994 - L 13 J 560/94 = SozVers 1996, 131). Die Gesetzesbegründung beschränkt sich darauf, Beispiele ("u.a.") für Verfügungen aufzuführen, die zwar zu Unrecht vorgenommen werden, deren materielle Berechtigung das Geldinstitut jedoch nicht zu untersuchen hat.

Schließlich ergeben sich aus der Entstehungsgeschichte des § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI keine Anhaltspunkte dafür, dass der Auszahlungseinwand nur bei materiell berechtigten Verfügungen greifen soll.

Vor dem 1.1.1982, dh vor Abschluss der Vereinbarung durch die Spitzenverbände der Kreditinstitute und der Spitzenverbände der Rentenversicherungs- und Unfallversicherungsträger über die Rückabwicklung von Rentenüberweisungen ("Vereinbarung 1982"), hatte der Rentenversicherungsträger gegenüber dem Geldinstitut keine vertraglichen oder gesetzlichen Ansprüche auf Rücküberweisung von Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tode des bisherigen Leistungsberechtigten auf dessen Konto überwiesen wurden (vgl hierzu ausführlich BSG vom 9.12.1998 - B 9 V 48/97 R = BSGE 83, 176, 178 ff = SozR 3-2600 § 118 Nr 4 S 32 ff; von Einem SGb 1988, 484; Rahn DRV 1990, 518, 519; Terpitz WM 1992, 2041). In der hier maßgeblichen Ziff 2 der Vereinbarung 1982 war geregelt (vgl zum Wortlaut von Einem SGb 1988, 485):

"Der freizugebende Betrag vermindert sich um sämtliche nach Eingang der Rentenüberweisung vorgenommenen Verfügungen, die das Kreditinstitut zugelassen bzw ausgeführt hat; als Verfügung gilt auch die Ausführung eines vom Rentenberechtigten selbst (zum Beispiel Dauerauftrag) sowie eines von dessen Erben bzw. Bevollmächtigten erteilten Auftrags."

Nach diesem Wortlaut führten "sämtliche" Verfügungen zu einer Minderung des Rücküberweisungsanspruchs und zwar unabhängig davon, ob das Geldinstitut die Berechtigung des Verfügenden geprüft hatte oder prüfen konnte. Das Risiko des Rentenversicherungsträgers, dass der rasche Zugriff auf den zu Unrecht überwiesenen Betrag fehlschlug, wurde dadurch gemindert, dass sich die verbandsangehörigen Banken verpflichteten, überzahlte Renten, die für Bezugszeiten nach dem Tode des Berechtigten überwiesen worden waren, "unter Verzicht auf eine Aufrechnung mit eigenen Forderungen" freizugeben (vgl Ziff 1 der Vereinbarung 1982; das entspricht dem heutigen § 118 Abs 3 Satz 4 SGB VI). Darin wird eine Risikoverteilung im Rahmen eines typisierten Interessenausgleichs zwischen Rentenversicherungsträger und Geldinstitut erkennbar (vgl BSGE 83, 176, 180 = SozR 3-2600 § 118 Nr 4 S 34; s auch Schmitt SGb 1999, 646, 647). Das Geldinstitut sollte einen eventuellen wirtschaftlichen Vorteil, den es sich auf Grund der rechtsgrundlosen Rentenüberweisung gutgläubig zu verschaffen vermochte, wieder herausgeben. Es sollte aber andererseits durch den beschleunigten Rückruf der Rentenleistung auch keinen wirtschaftlichen Nachteil befürchten müssen, sondern lediglich als wirtschaftlich unbeteiligter Zahlungsmittler fungieren. Vor diesem Hintergrund lassen sich der Vereinbarung 1982 keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Minderung des Rücküberweisungsan-spruchs ausgeschlossen sein sollte, wenn die materielle Berechtigung des Verfügenden unklar bleibt.

Mit dem Rentenreformgesetz 1992 vom 18.12.1989 (BGBl I 2261) wollte der Gesetzgeber an die zuvor geübte Praxis anknüpfen und diese "aus rechtsstaatlichen Erwägungen" auf eine gesetzliche Grundlage stellen (BT-Drucks 11/4124 S 179 zu § 119). Denn die Rücküberweisung des Rentenbetrags durch das Geldinstitut ohne Wissen und Wollen des (neuen) Kontoinhabers bedarf einer Ermächtigung, die in einem üblichen Kontoführungsvertrag nicht ohne weiteres zu finden sein dürfte. Ziel war es, die von den Geldinstituten und Rentenversicherungsträgern vor 1992 geübte Verfahrensweise und den ihr innewohnenden typisierten Interessenausgleich zwischen Rentenversicherungsträgern und Geldinstituten verbindlich zu regeln und fortzuschreiben (vgl BSGE 83, 176, 179 f = SozR 3-2600 § 118 Nr 4 S 33 f mwN). Eine wesentliche Änderung zur früheren Praxis war damit nicht gewollt.

Somit mindern anderweitige Verfügungen den Rücküberweisungsbetrag auch dann, wenn der Rentenbetrag durch Barabhebungen an einem Geldautomaten von Unbekannten vereinnahmt wird (ebenso Hessisches LSG vom 31.1.2006 - L 2 RJ 1257/03 - Juris RdNr 17f; SG Düsseldorf vom 22.9.2004 - S 39 RJ 192/02 - Juris RdNr 19; SG Düsseldorf vom 14.9.2006 - S 26 R 411/05 - Juris RdNr 24, derzeitig anhängig beim BSG). In Übereinstimmung mit dem dargestellten Grundkonzept kommt ein Rücküberweisungsanspruch dann nur noch bei einem Guthaben in Betracht (vgl § 118 Abs 3 Satz 3 letzter Halbsatz SGB VI), wenn er also wirtschaftlich keinesfalls das Geldinstitut, sondern ausschließlich den Kontoinhaber trifft.

Die Gegenmeinung, wonach eine Verfügung am Geldautomaten mittels einer Bankkarte oder EC-Karte unter Eingabe der Geheimzahl (PIN) die Rücküberweisungspflicht des Geldinstituts nicht berühre (Pflüger in jurisPK-SGB VI, § 118 RdNr 103 ff, Stand 11/2007; Erkelenz/Leopold ZFSH/SGB 2007, 582 ff; VerbandsKomm, § 118 SGB VI S 17, der sich auf das Urteil LSG Nordrhein-Westfalen vom 25.10.2006 - L 8 R 139/05 - Juris RdNr 40 ff beruft, das aber ein Konto im Soll betrifft), lässt sich nach Überzeugung des erkennenden Senats nicht auf die Regelung des § 118 Abs 4 Satz 2 SGB VI in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) stützen. Danach hat ein Geldinstitut, das eine Rücküberweisung mit dem Hinweis abgelehnt hat, dass über den entsprechenden Betrag bereits anderweitig verfügt wurde, der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung auf Verlangen Namen und Anschrift der Personen, die über den Betrag verfügt haben, und etwaige neue Kontoinhaber zu benennen. Hierdurch soll dem Rentenversicherungsträger die Feststellung des Erstattungsverpflichteten ermöglicht werden (vgl BT-Drucks 13/2590 S 25 zu Nr 17), nachdem manche Geldinstitute entsprechende Auskünfte unter Berufung auf das Bankgeheimnis abgelehnt hatten (vgl Brähler, Nachrichten der LVA Hessen 1996, 54; Heinz NZS 1999, 432). Eine Abhängigkeit des Auszahlungseinwands gemäß § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI von der Benennung von Namen und Anschrift des Verfügenden wurde jedoch nicht normiert. Der Auskunftsanspruch entsteht vielmehr nur dann, wenn und soweit das Geldinstitut von der Pflicht zur Rücküberweisung befreit wird, mithin die Voraussetzungen des § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI vorliegen (vgl Terdenge in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 118 RdNr 14b, Stand 1/2002; Pflüger in jurisPK-SGB VI, § 118 RdNr 132, Stand 11/2007). Systematisch ist der Auskunftsanspruch somit die Rechtsfolge, wenn die Rücküberweisung am Auszahlungseinwand scheitert, und nicht umgekehrt der Rücküberweisungsanspruch die Folge einer Verletzung der Auskunftspflicht. Diese dient ausschließlich der Absicherung eines Erstattungsanspruchs gegen Dritte auf der "zweiten Stufe" nach § 118 Abs 4 Satz 1 SGB VI (in diesem Sinne auch Erkelenz/Leopold ZFSH/SGB 2007, 585 mwN). Für den Fall, dass das Geldinstitut Namen und Anschrift des Verfügenden nicht benennen kann, trifft das Gesetz keine Regelung.

Hieran hat sich durch die Neuformulierung des § 118 Abs 4 SGB VI in der Fassung des HZvNG vom 21.6.2002 (BGBl I 2167) nichts geändert. Nach § 118 Abs 4 Satz 3 SGB VI in der ab 29.6.2002 geltenden Fassung (ursprünglich Satz 2) bezieht sich der Auskunftsanspruch der überweisenden Stelle bzw des Rentenversicherungsträgers neben dem neuen Kontoinhaber nunmehr auf alle Personen, die (entgegen dem gesetzlichen Vorbehalt) über das Konto des verstorbenen Rentenberechtigten verfügt haben oder denen auf andere Weise zumindest ein Teil des Rentenbetrags zugute gekommen ist. Dadurch sollte die Auskunftspflicht auf die Person des Empfängers einer zu Unrecht erbrachten Geldleistung ausgedehnt werden (BT-Drucks 14/9007 S 36 zu Nr 4). Eine darüber hinausgehende Wirkung, wonach der Auszahlungseinwand des § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI von der Benennung von Namen und Anschrift des Verfügenden abhängig sein soll, hat jedoch auch das HZvNG nicht normiert.

Eine solche weitergehende Wirkung ergibt sich auch nicht aus Sinn und Zweck der Benennungspflicht im (heutigen) § 118 Abs 4 Satz 3 SGB VI. Selbstverständlich hat die Regelung mittelbar zum Ziel, dem Rentenversicherungsträger die Durchsetzung seiner Rückzahlungsansprüche gegen Verfügende und Empfänger nach § 118 Abs 4 Satz 1 SGB VI zu ermöglichen, was ohne Kenntnis von deren Namen und Anschrift zumindest erschwert wäre. Unmittelbar geht es aber ausschließlich darum, eine Befugnis des Geldinstituts zur Weitergabe der entsprechenden Daten an den Rentenversicherungsträger zu schaffen, ohne dass ihm die Verletzung eventuell bestehender Geheimhaltungspflichten vorgehalten werden kann (vgl nochmals BT-Drucks 13/2590 S 25 zu Nr 17; Brähler, Nachrichten der LVA Hessen 1996, 54; Heinz NZS 1999, 432). Wenn das Geldinstitut selbst über die fraglichen Daten nicht verfügt, kann der Zweck der Vorschrift nicht erreicht werden. Daraus ist aber nicht zu schließen, dass dann das Geldinstitut anstelle des Empfängers auf Erstattung haftet. Denn zum Zweck der Vorschrift gehört lediglich die Durchsetzung eines bestehenden, jedoch nicht die Begründung eines zusätzlichen Anspruchs. Bei einem Scheitern der Rücküberweisung haften sowohl der Erbe als auch der Verfügende als auch der durch eine Verfügung Begünstigte (Empfänger) dem Rentenversicherungsträger auf Rückzahlung der überzahlten Rente. Selbst wenn es sich in der Regel nur um zwei und nicht um drei verschiedene Personen handeln dürfte, fehlt im Gesetz jeder Hinweis, dass daneben das Geldinstitut zur Rückzahlung aus dem eigenen Vermögen verpflichtet sein soll. Dass im konkreten Fall Ansprüche gegen den Verfügenden, bei dem es sich gleichzeitig um den Empfänger handelt, mangels Kenntnis von dessen Person wahrscheinlich scheitern würden, ist keine Rechtfertigung für eine andere Auslegung. Allein der Umstand, dass in einem Geldinstitut ein in der Regel zahlungsfähiger Schuldner vorhanden wäre, kann ohne ausdrückliche Regelung nicht zu dessen Haftung führen.

Aus alledem folgt, dass der Auszahlungseinwand gemäß § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI nicht ausgeschlossen ist, wenn das Geldinstitut Namen und Anschrift des Verfügenden nicht mitteilen kann, weil es zu einer Abhebung an einem Geldautomaten unter Eingabe der Geheimzahl (PIN) gekommen ist.

Unter diesen Umständen tragen die Feststellungen des SG die Schlussfolgerung, dass über den der Rentenüberzahlung entsprechenden Betrag vor Eingang der Rückforderung beim Geldinstitut anderweitig verfügt worden war. Demnach wurde das Konto der Rentenberechtigten nach Gutschrift der Rente in Höhe von 679,60 Euro am 28.3.2002 und vor Eingang des Rückforderungsverlangens am 12.4.2002 durch eine Abhebung am Geldautomaten am 28.3.2002 in Höhe von 500 Euro und am 30.3.2002 um weitere 180 Euro belastet. Zwar hat das SG die genaue Uhrzeit der Abhebung am 28.3.2002 nicht festgestellt. Aus den übrigen Feststellungen und der Bezugnahme in den Entscheidungsgründen auf die in der Verwaltungsakte befindlichen Schreiben der Beklagten vom 16.4. und 14.5.2002 (Bl 71 bis 74 der Verwaltungsakte) ergibt sich aber, dass die Verfügung am 28.3.2002 "zwischen der jeweiligen Gutschrift und dem Eingang der Rückforderung" getätigt wurde. Die Abhebung eines Geldbetrags an einem Geldautomaten mittels einer Bankkarte oder einer EC-Karte unter Eingabe der Geheimzahl (PIN) ist ein bankübliches Zahlungsgeschäft. Die Eingabe der richtigen Geheimzahl legitimiert den Geldempfänger auf Grund einer automatisierten Prüfung "als Verfügungsberechtigten" iS von § 118 Abs 3 Satz 3, Abs 4 Satz 1 SGB VI, solange das Geldinstitut vom Ableben des Kontoinhabers nichts weiß oder sonst keinen Hinweis auf die Geltung des gesetzlichen Vorbehalts zugunsten des Rentenversicherungsträgers erhält. Ohne jeden Anhalt brauchte das SG hierzu keine Feststellungen zu treffen, denn zu Ermittlungen "ins Blaue hinein" sind die Gerichte nicht verpflichtet (vgl BSG vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - Juris RdNr 12 mwN; BSG vom 9.12.2004 - B 6 KA 40/03 R - Juris RdNr 47). Damit wurde bis zum Eingang des Rückforderungsverlangens über den der Überweisung der Klägerin "entsprechenden Betrag" verfügt, sodass die Klägerin keinen Anspruch auf Rücküberweisung von 663,49 Euro hat, ohne dass es auf weitere Feststellungen ankommt.

Der Senat weicht mit der hier vertretenen Auffassung nicht von der Rechtsprechung anderer Senate des BSG ab. Der 4. Senat des BSG hat zwar zum Ausdruck gebracht, dass er einen Rücküberweisungsanspruch am Einwand des § 118 Abs 3 Satz 3 SGB VI wohl nur dann scheitern lassen würde, wenn das Geldinstitut neben der zeitlichen Reihenfolge der Buchungen und dem jeweiligen Kontostand Namen und Anschrift der oder des anderweitig Verfügenden mitteile. Streitgegenstand war aber nicht - wie hier - ein Rücküberweisungsanspruch gegen das Geldinstitut, sondern einmal eine Auskunftsklage gegen das Geldinstitut bzw zum andern eine Leistungsklage gegen einen Überweisungsempfänger iS des § 118 Abs 4 Satz 1 SGB VI, für welche das Rechtsschutzbedürfnis mit der genannten Erwägung verneint wurde. Dabei brauchte über den Auszahlungseinwand nicht abschließend entschieden zu werden, weil der Vortrag des Geldinstituts und die darauf basierenden gerichtlichen Feststellungen in mehreren Punkten für unzureichend angesehen wurden (BSGE 82, 239, 249 f = SozR 3-2600 § 118 Nr 3 S 26 f; BSG SozR 3-2600 § 118 Nr 10 S 71; ebenso der 13. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 14.11.2002 - B 13 RJ 7/02 R - Juris RdNr 19 ff). Infolgedessen liegt eine tragende Entscheidung über die hier entscheidungserheblichen Voraussetzungen des Rücküberweisungsanspruchs bisher nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 47 Abs 1, § 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz.



Ende der Entscheidung

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