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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 09.12.2006
Aktenzeichen: 1 BvQ 40/06
Rechtsgebiete: BVerfGG, PassG


Vorschriften:

BVerfGG § 32 Abs. 1
PassG § 8
PassG § 7 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvQ 40/06 -

In dem Verfahren

über den Antrag

im Wege der einstweiligen Anordnung,

entgegen dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 9. Dezember 2006 - 1 S 2891/06 - und dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 8. Dezember 2006 - 5 K 2968/06 - die Vollziehung der Verfügung der Stadt Weinheim vom 7. Dezember 2006 - 32-B/ek - auszusetzen,

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Bryde, Eichberger, Schluckebier gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93 d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 9. Dezember 2006 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betrifft die sofortige Vollziehung einer passrechtlichen Verfügung (befristete Entziehung eines Reisepasses gemäß § 8 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG), die darauf zielt, dem Antragsteller die Teilnahme an einer internationalen Konferenz in Teheran zum Thema Holocaust unmöglich zu machen.

Der Antrag war abzulehnen, da die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung (§ 32 Abs. 1 BVerfGG) nicht vorliegen.

1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei wägt das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, eine Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen ab, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, einer Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 71, 158 <161>; 88, 185 <186>; 91, 252 <257 f.>; stRspr). Die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsaktes vorgetragen werden, haben grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erweist sich als unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfGE 91, 252 <257>; stRspr).

2. Bleibt die sofortige Vollziehung der Entziehung des Reisepasses bestehen, hätte die mögliche Verfassungsbeschwerde des Antragstellers aber später Erfolg, wäre der Antragsteller um die Möglichkeit gebracht worden, nach Teheran zu reisen, um dort an der Konferenz teilzunehmen. Würde demgegenüber die sofortige Vollziehung der passrechtlichen Verfügung einstweilen ausgesetzt, bliebe die mögliche Verfassungsbeschwerde des Antragstellers aber später ohne Erfolg, hätte dieser an der Konferenz teilnehmen können, obwohl dem erhebliche öffentliche Belange entgegenstehen.

Hier überwiegen die möglichen Gefahren für erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es auf Seiten des Antragstellers nach dessen eigenem Bekunden nur um eine beabsichtigte passive Teilnahme an einer Konferenz geht, die nach den verfügbaren Ankündigungen voraussichtlich der Leugnung oder der Verharmlosung des Holocaust dient, was in der Bundesrepublik Deutschland strafwürdiges Unrecht ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob das dahingehende Informationsinteresse des Antragstellers danach überhaupt rechtlich schützenswert ist. Jedenfalls könnte der Antragsteller es auch auf anderem Weg als durch eine unmittelbare Teilnahme befriedigen. Vor diesem Hintergrund hat hier auch das Interesse des Antragstellers am Schutz vor der kurzzeitigen Einschränkung seiner Ausreisefreiheit zurückzutreten.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.



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