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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 28.07.1999
Aktenzeichen: 1 BvR 124/99
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 124/99 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

des Herrn W...

- Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Winfried Matthäus und Partnerin, Torstraße 11, Berlin -

gegen

a) den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 16. Dezember 1998 - OVG 8 B 12.98 -,

b) den Beschluß des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. September 1998 - VG 25 A 109.91 -

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Richter Kühling, die Richterin Jaeger und den Richter Steiner gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 28. Juli 1999 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft verwaltungsgerichtliche Entscheidungen zum Gesetz über den Nachweis der Rechtmäßigkeit des Erwerbs von Umstellungsguthaben vom 29. Juni 1990 (GBl der DDR Teil I S. 503 - UGG -). Nach § 5 Abs. 5 UGG wird unrechtmäßig erworbenes Vermögen eingezogen. Darunter fällt nach § 5 Abs. 2 UGG unter anderem auch Vermögen, das durch grob sittenwidriges Handeln erworben wurde.

I.

1. Der Beschwerdeführer war Leiter der Abteilung Finanzverwaltung/Parteibetriebe des ehemaligen Zentralkomitees der SED. Aus Ersparnissen hatte er ein Guthaben von rund 53.000 M/DDR, das er zur Umstellung in DM anmeldete. Das Verwaltungsgericht Berlin stellte am 28. September 1998 fest, daß dieses Guthaben durch einen gröblichen Verstoß gegen die guten Sitten und durch Mißbrauch einer staatlichen und gesellschaftlichen Stellung und damit nach § 5 Abs. 2 UGG unrechtmäßig erlangt sei. Das Guthaben sei zugunsten des Staates einzuziehen. Das Verwaltungsgericht sei nach Art. 3 Nr. 12 lit. a der Durchführungsvereinbarung vom 18. September 1990 zum Einigungsvertrag (BGBl II S. 1239 [1241]) zur Entscheidung berufen. Die Zuweisung der erstmaligen Sachentscheidung an ein Verwaltungsgericht begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Das Oberverwaltungsgericht verwarf die dagegen gerichtete Beschwerde unter Berufung auf einen Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Juni 1998 (3 B 258.97; ZOV 1998, S. 296 f.) als unzulässig. Aus der Beschwerdenorm des § 6 UGG könne nicht auf die Einführung des in der Verwaltungsgerichtsordnung vorgesehenen Instanzenzuges geschlossen werden. Der Gesetzgeber sei sich der Besonderheit und Abgeschlossenheit des gesetzlich zu regelnden Sachverhalts in der Umbruchsituation der bevorstehenden Wiedervereinigung bewußt gewesen und habe eine schnelle, endgültige und fristgebundene Abwicklung gewünscht. Das gelte auch für den Fall, daß ein Verwaltungsgericht die Sachentscheidung erstmalig zu treffen habe. Der Ausschluß des Rechtsmittels sei mit dem Grundgesetz, insbesondere mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, vereinbar. Das Verwaltungsgericht nehme auch dann, wenn es erstmalig eine Sachentscheidung treffe, materiell richterliche Tätigkeit und nicht bloße Justiz- oder andere Verwaltung wahr. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewähre keinen Schutz gegen richterliche Entscheidungen. Einen Instanzenzug brauche es nicht zu geben. Auch Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt. Die Spezialnormen des UGG würden durch das Motiv des Gesetzgebers in der besonderen historischen Situation legitimiert.

2. Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung seines Rechts aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Bürger des Beitrittsgebiets könnten die Entscheidungen des Sonderausschusses nur einmal durch Anrufung des Verwaltungsgerichts anfechten, während den Bürgern der Altbundesrepublik allgemein ein weiterer Rechtszug eröffnet sei.

II.

Die Voraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG (vgl. BVerfGE 90, 22 [24 f.]) für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde liegen nicht vor. Ihr kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zu. Die Annahme ist nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt.

1. Die Verfassungsbeschwerde bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Sie entspricht nicht den Begründungserfordernissen der §§ 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, 92 BVerfGG und ist deshalb unzulässig. Entscheidend für die Möglichkeit einer Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG ist, ob hinreichende sachliche Gründe für die unterschiedliche Behandlung vorliegen. Dazu sagt die Beschwerdebegründung nichts. Sie erschöpft sich in der Feststellung und Mißbilligung der Ungleichbehandlung. Zur Begründung der Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts verhält sie sich nicht. Das ist nicht ausreichend (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, Beschluß vom 27. September 1989; 1 BvR 535/89).

Eine Verletzung seines Rechts aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG hat der Beschwerdeführer ebenfalls nicht hinreichend dargelegt. Dazu läßt sich der Beschwerdebegründung außer dem Wunsch nach einer weiteren Instanz nichts entnehmen. Das allein reicht nicht aus, da dieses Grundrecht keinen Instanzenzug garantiert (vgl. BVerfGE 96, 27 [39]).

2. Im übrigen wird nach § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG von einer Begründung abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.



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