Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 30.04.2007
Aktenzeichen: 1 BvR 1323/05 (1)
Rechtsgebiete: GG, StuGuG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
GG Art. 19 Abs. 4
StuGuG § 5
StuGuG § 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

- 1 BvR 1323/05 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen

a) den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Mai 2005 - 5 TG 681/05 u. 5 TP 682/05 -,

b) den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 14. Februar 2005 - 1 G 2188/04 (V) -

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Bryde, Eichberger, Schluckebier am 30. April 2007 einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Mai 2005 - 5 TG 681/05 und 5 TP 682/05 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben.

2. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 14. Februar 2005 - 1 G 2188/04(V) - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes, soweit darin der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt wurde. Insoweit wird er aufgehoben.

3. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Wiesbaden zurückverwiesen.

4. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

5. Das Land Hessen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu zwei Dritteln zu erstatten.

6. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versagung von Prozesskostenhilfe und von einstweiligem verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz in einem Verfahren gegen die Erhebung einer Langzeitstudiengebühr.

I.

1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Erhebung von Studiengebühren für Langzeitstudierende nach dem Hessischen Studienguthabengesetz (StuGuG) vom 18. Dezember 2003 (GVBl I S. 513 <516 ff.>). Nach § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes erhalten Studierende ein einmaliges Studienguthaben in Höhe der Semesterzahl der Regelstudienzeit des gewählten Studiengangs zuzüglich von drei beziehungsweise vier Semestern. Dieses Studienguthaben verringert sich gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 StuGuG um die Studienzeiten im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes, einschließlich der Studienzeiten vor In-Kraft-Treten dieses Gesetzes. Von Studierenden, die kein Studienguthaben mehr besitzen, erheben die Hochschulen gemäß § 3 Abs. 2 StuGuG für jedes Semester Gebühren von 500 € bis 900 €.

Nach der Übergangsvorschrift in § 5 StuGuG werden Studierende, die für das Sommersemester 2004 über ein Studienguthaben verfügen, frühestens im Sommersemester 2005 gebührenpflichtig. Studierende ohne Studienguthaben sind bereits ab dem Sommersemester 2004 gebührenpflichtig, es sei denn, sie hätten im Wintersemester 2003/2004 noch über ein Studienguthaben verfügt. In diesem Fall werden sie ab dem Wintersemester 2004/2005 gebührenpflichtig. Darüber hinaus werden nach § 5 Abs. 2 StuGuG entrichtete Gebühren auf Antrag zurückerstattet, wenn bis zum Ablauf des Wintersemesters 2005/2006 das Studium, für das die Gebühr erhoben wird, erfolgreich abgeschlossen wurde.

Die auf der Grundlage des § 6 StuGuG ergangene Verordnung über das Verfahren der Immatrikulation, das Teilzeitstudium, die Ausführung des Hessischen Studienguthabengesetzes und die Verarbeitung personenbezogener Daten an den Hochschulen des Landes Hessen (Hessische Immatrikulationsverordnung - HImmaVO) vom 29. Dezember 2003 (GVBl I 2004, S. 12) sieht in § 6 Abs. 4 eine Erhöhung des Studienguthabens um bis zu vier Semester bei einem Nachweis der Voraussetzungen eines Teilzeitstudiums oder einer Beurlaubung auch für Semester vor In-Kraft-Treten der Verordnung und in § 6 Abs. 3 eine Härtefallregelung vor. Nach § 68 Abs. 2 Nr. 4 des Hessischen Hochschulgesetzes (HHG) in der Fassung vom 31. Juli 2000 (GVBl I S. 374) sind Studierende zu exmatrikulieren, wenn bei der Rückmeldung die Zahlung fälliger Gebühren nicht nachgewiesen wird.

2. Der am 29. November 1958 geborene Beschwerdeführer studierte im Sommersemester 2004 an der Fachhochschule Wiesbaden, der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens, im 34. Semester Informations- und Elektrotechnik. Diese erhob mit Bescheid vom 21. Juni 2004 für das laufende Semester eine Studiengebühr von 500 € wegen verbrauchten Studienguthabens. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg. Der gleichzeitig beantragte Erlass der Gebühr wegen unbilliger Härte wurde abgelehnt.

Gegen den Gebührenbescheid erhob der Beschwerdeführer Klage beim Verwaltungsgericht und beantragte weiterhin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung, hilfsweise die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten, ihm die Studiengebühren zu erlassen. Gleichzeitig beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Im laufenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren teilte die Fachhochschule mit, dass sie nicht beabsichtige, die Studiengebühren für das Sommersemester 2004 beizutreiben. Da der Beschwerdeführer die festgesetzte Gebühr nicht zahlte, wurde er unter Anordnung der sofortigen Vollziehung exmatrikuliert. Auch hiergegen legte der Beschwerdeführer Widerspruch ein.

3. Das Verwaltungsgericht wies den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sowie auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit dem angegriffenen Beschluss zurück. Soweit der Beschwerdeführer vorläufigen Rechtsschutz gegen die Festsetzung der Studiengebühr begehre, sei der Antrag - nachdem die Antragsgegnerin erklärt habe, dass sie die streitige Gebühr nicht beitreiben wolle - mangels eines fortbestehenden Rechtsschutzinteresses unzulässig. Auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bleibe ohne Erfolg, da die Voraussetzungen für die Erhebung einer Studiengebühr für Langzeitstudierende nach dem Hessischen Studienguthabengesetz vorgelegen hätten und die Regelungen mit höherrangigem Recht vereinbar seien.

Der Beschwerdeführer beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das beabsichtigte Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts und begründete den Antrag damit, dass im Hinblick auf die Rechtsfolge der Exmatrikulation das Rechtsschutzinteresse an einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die Gebührenfestsetzung fortbestehe.

Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss mangels Erfolgsaussichten ab. Das erforderliche Rechtsschutzinteresse entfalle zwar nicht deshalb, weil die Antragsgegnerin versichert habe, die Gebühren für das Sommersemester 2004 nicht beitreiben zu wollen. Denn unabhängig davon bestehe das Rechtsschutzbedürfnis für ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im Hinblick auf die zwingende Rechtsfolge der Exmatrikulation bei Nichtzahlung der fälligen Gebühr fort. Der Gebührenbescheid sei jedoch offensichtlich rechtmäßig. Die Gebühr sei ordnungsgemäß nach den Regelungen des Hessischen Studienguthabengesetzes festgesetzt worden, gegen deren Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 25. Juli 2001 - BVerwG 6 C 8.00 -, BVerwGE 115, 32) keine Bedenken bestünden. Die Übergangsvorschrift des § 5 Abs. 1 StuGuG verstoße wegen seiner differenzierten Regelung über die erstmalige Gebührenpflicht auch nicht gegen den Vertrauensgrundsatz. Hinsichtlich des Antrags, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, die Studiengebühren zu stunden, fehle es an einer ausreichenden Darlegung insbesondere hinsichtlich des zeitlichen Umfangs einer tatsächlichen Beeinträchtigung der Studierfähigkeit.

4. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie von Art. 19 Abs. 4 GG durch die angegriffenen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs.

Die angefochtenen Beschlüsse verletzten den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Ob das Rechtsschutzbedürfnis an der Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund einer Erklärung der Fachhochschule entfalle, die Gebühren nicht beitreiben zu wollen, oder ob die weitere Rechtsfolge der Exmatrikulation, die das Gesetz an die Nichtzahlung der Gebühr knüpfe, einen entsprechenden Rechtsschutz gegen den Gebührenbescheid erfordere, sei eine in der Rechtsprechung noch nicht geklärte Rechtsfrage. Die Verneinung des Rechtsschutzinteresses verletze auch das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG, denn ohne eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Gebührenbescheids könne er eine positive Entscheidung über die Rücknahme der Exmatrikulation nicht erreichen.

Soweit Verwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof die fehlende Erfolgsaussicht auf die Rechtmäßigkeit des Gebührenbescheids gestützt hätten, werfe die verfassungsrechtliche Überprüfung schwierige Rechtsfragen auf, die in der Rechtsprechung bislang noch nicht geklärt seien. Die Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 115, 32) betreffe nicht die hessische Regelung. Hinsichtlich des Antrags auf Erlass der Studiengebühren hätten die Gerichte mit ihrer Begründung, es fehle an einer substantiierten Darlegung, eine Beweiswürdigung einfach vorweggenommen.

5. Der Präsident der Fachhochschule Wiesbaden hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Hessische Landesregierung hat von einer Stellungnahme abgesehen.

II.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG und aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt ist (§ 93 b Satz 1, § 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung gemäß § 93 c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor.

1. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (§ 93 c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Insbesondere die Voraussetzungen für einen Verstoß gegen den Justizgewährungsanspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG durch die Nichtgewährung von einstweiligem verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz (BVerfGE 35, 263 <272 ff., 275>; 40, 272 <275>; 79, 69 <74 ff.>) und gegen die in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgte Rechtsschutzgleichheit (vgl. BVerfGE 81, 347 <356 ff.>) sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt.

2. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist zulässig, soweit der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt wurde. Der Beschwerdeführer hat zwar insoweit die gemäß § 146 Abs. 1 und 4 VwGO statthafte Beschwerde nicht eingelegt. Die Erschöpfung des Rechtswegs gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG war ihm jedoch nicht zumutbar, weil ihm die Prozesskostenhilfe für die Beschreitung des Rechtswegs nicht gewährt worden ist und er somit aus finanziellen Gründen daran gehindert war, den für die Einlegung der Beschwerde erforderlichen Rechtsanwalt (§ 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zu beauftragen (vgl. BVerfGE 22, 349 <355>; Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl., § 90 Rn. 126).

Soweit mit dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt wurde, ist die Verfassungsbeschwerde mangels Rechtswegerschöpfung hingegen unzulässig und deshalb nicht zur Entscheidung anzunehmen. Insoweit wäre dem Beschwerdeführer die Einlegung der gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthaften Beschwerde möglich und zumutbar gewesen, da ein Anwaltzwang hierfür nicht besteht (§ 67 Abs. 1 Satz 2 VwGO a.E.; vgl. BVerfGE 22, 349 <355 f.>; Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl., § 90 Rn. 126).

Die Verfassungsbeschwerde gegen den ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss des Verwaltungsgerichtshofs ist ebenfalls zulässig.

3. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde zulässigerweise gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts richtet, ist sie auch offensichtlich begründet. Die Ablehnung des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz als unzulässig, weil das Rechtsschutzinteresses nicht fortbestehe nachdem die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens erklärt habe, die Gebühr für das Sommersemester 2004 nicht beitreiben zu wollen, verstößt in Anbetracht der zwingenden Rechtsfolge der Exmatrikulation bei Nichtentrichtung der Gebühr gemäß § 68 Abs. 2 Nr. 4 HHG gegen Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 14. August 2006 - 1 BvR 2089/05 -, NJW 2006, S. 3551).

4. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs richtet, ist sie ebenfalls offensichtlich begründet. Die Entscheidung verstößt gegen die in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgte Rechtsschutzgleichheit. Sie wird dem Zweck der Prozesskostenhilfe, auch Unbemittelten den Zugang zum Rechtsschutz zu ermöglichen, nicht gerecht.

Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) gebietet eine weit gehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 81, 347 <356>). Es ist zwar verfassungsrechtlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357>).

Die Auslegung und Anwendung des § 114 Satz 1 ZPO obliegt in erster Linie den zuständigen Fachgerichten. Verfassungsrecht wird jedoch verletzt, wenn die angegriffene Entscheidung Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit beruhen. Die Fachgerichte überschreiten den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der hinreichenden Erfolgsaussicht verfassungsrechtlich zukommt, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einer unbemittelten Partei im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert wird. Das ist namentlich dann der Fall, wenn das Fachgericht die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung überspannt und dadurch den Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, deutlich verfehlt (vgl. BVerfGE 81, 347 <358>; stRspr). So verkennt ein Fachgericht die Bedeutung der in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit, wenn es § 114 Satz 1 ZPO dahin auslegt, dass auch schwierige, noch nicht geklärte Rechtsfragen im Prozesskostenhilfeverfahren "durchentschieden" werden können (vgl. BVerfGE 81, 347 <359>). Sieht es eine solche Rechtsfrage hingegen fehlerhaft als geklärt oder als nicht schwierig an, hängt es vornehmlich von der Eigenart der jeweiligen Rechtsmaterie und der Ausgestaltung des zugehörigen Verfahrens ab, wann hierbei der Zweck der Prozesskostenhilfe deutlich verfehlt wird (vgl. BVerfGE 81, 347 <360>).

Diesen Grundsätzen wird der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs nicht gerecht. Das Gericht hat durch die abschließende Prüfung der Vereinbarkeit der Übergangsvorschrift des § 5 Abs. 1 StuGuG mit rechtsstaatlichen Grundsätzen die vom Beschwerdeführer beabsichtigte Rechtsverfolgung, nämlich die Einlegung der Beschwerde gegen die abgelehnte Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch das Verwaltungsgericht, in das Prozesskostenhilfeverfahren verlagert und damit den Zweck der Prozesskostenhilfe verfehlt.

Nach der Übergangsvorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 3 StuGuG sind Studierende ohne Studienguthaben, die auch im Wintersemester 2003/2004 nicht mehr über ein Studienguthaben verfügt hätten, bereits ab dem Sommersemester 2004 gebührenpflichtig. Damit verblieben diesen Studierenden seit dem Gesetzesbeschluss des Landtags über das Zukunftssicherungsgesetz am 18. Dezember 2003 (vgl. zum Zeitpunkt des Wegfalls des schutzwürdigen Vertrauens in den Bestand der bisherigen Rechtslage BVerfGE 72, 200 <260 f.>) bis zur Rückmeldung zum Sommersemester 2004 etwa drei Monate, sich auf die Gebührenpflicht einzustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Übergangsvorschrift des § 5 Abs. 1 StuGuG in Anbetracht der differenzierten Regelungen über die erstmalige Gebührenpflicht, der Berücksichtigung von Gründen, die für zurückliegende Semester zur Inanspruchnahme eines Teilzeitstudiums oder einer Beurlaubung berechtigt hätten sowie der Härtefallregelung des § 6 Abs. 3 HImmaVO (noch) als verhältnismäßig erachtet. Die Frage, ob es mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen, insbesondere mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist, wenn die Gebührenpflicht bereits anlässlich der Rückmeldung zum folgenden Semester entsteht, hätte jedoch nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden dürfen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte in der vom Verwaltungsgerichtshof in Bezug genommenen Entscheidung (BVerwGE 115, 32) über Regelungen des baden-württembergischen Landeshochschulgebührengesetzes in der Fassung vom 5. Mai 1997 (GBl S. 173) zu befinden, die eine Übergangsfrist von annähernd anderthalb Jahren vorsahen. Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 StuGuG erfordert in Anbetracht der erheblich kürzer bemessenen Übergangsfrist von etwa drei Monaten daher eine eigene Abwägung zwischen dem Interesse des Gesetzgebers an einer zügigen Umsetzung der Regelungen über die Erhebung von Langzeitstudiengebühren und dem Vertrauen der Studierenden auf ein zeitlich unbegrenztes gebührenfreies Erststudium.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die differenzierte Übergangsregelung des § 5 Abs. 1 StuGuG für manche Studierenden keine praktischen Auswirkungen hat. Diejenigen, die über kein Bildungsguthaben mehr verfügen, für die eine Erhöhung des Studienguthabens um vier Semester wegen Vorliegens der Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme eines Teilzeitstudiums oder einer Beurlaubung in der Vergangenheit nicht ausreichend ist und bei denen auch die Härtefallregelung nicht eingreift, werden mit der Rückmeldung zum Sommersemester 2004 gebührenpflichtig. Es handelt sich hierbei zwar regelmäßig um Studierende, die bereits über das grundsätzlich angemessene Studienguthaben hinaus Hochschulleistungen in Anspruch genommen haben. Aber auch sie dürfen darauf vertrauen, dass die Gebührenpflicht sie nicht abrupt trifft und ihnen ausreichend Zeit zur Verfügung gestellt wird, um sich gegebenenfalls anderweitig zu orientieren und die notwendigen Dispositionen zu treffen (vgl. BVerfGE 67, 1 <15>).

Demgegenüber ist die Übergangsfrist so knapp bemessen, dass die Umsetzung des Gesetzes für das Sommersemester 2004 von den Hochschulen auch aus organisatorischen Gründen infrage gestellt wurde, weshalb die fristgemäße Umsetzung in Dienstbesprechungen mit den Hochschulen vorbereitet werden sollte (vgl. LTDrucks 16/861, S. 11). § 6 Abs. 1 Satz 3 HImmaVO sieht vor, dass der Hinweis auf die Gebührenpflichtigkeit der folgenden Rückmeldung im Rahmen des Rückmeldeverfahrens ergeht. Hiervon abweichend bestimmt § 10 Abs. 3 HImmaVO für die Rückmeldung zum Sommersemester 2004, dass die Berechnungen zum Studienguthaben und zur Feststellung der Gebührenpflicht in einem von der Rückmeldung gesonderten Verfahren erfolgen. Auf diese Weise ist erklärlich, dass dem Beschwerdeführer der Gebührenbescheid erst während des laufenden Semesters zuging. In die Abwägung mit einzubeziehen ist jedoch die Überlegung, ob die Übergangsfrist zumindest so bemessen sein sollte, dass es organisatorisch möglich ist, die Gebührenpflicht bis zur Rückmeldung zum folgenden Semester festzustellen. Andernfalls muss der Studierende sein Studium fortsetzen, ohne zu wissen, ob ihm hierfür noch Studienguthaben zur Verfügung steht.

Der mit dem Gesetz verfolgte Lenkungszweck wäre hingegen womöglich auch mit einer etwas großzügiger bemessenen Übergangsfrist weitgehend erreichbar gewesen. Durch die Einführung der Langzeitstudiengebühr sollen Studierende zu einem zügigen und zielführenden Studium angehalten werden (vgl. LTDrucks 16/861, S. 17). Allein die Aussicht, alsbald Studiengebühren zahlen zu müssen, hätte die Studierenden, die über kein Studienguthaben mehr verfügen, aber voraussichtlich zu einem zügigen Studienabschluss angehalten und ihnen zugleich die Möglichkeit eingeräumt, ihr Studium gebührenfrei zum Abschluss zu bringen, sofern sie es in der Vergangenheit ernsthaft betrieben haben. Als Anreiz für einen zügigen Studienabschluss sieht § 5 Abs. 2 StuGuG für diese Studierenden zwar eine Rückerstattung der entrichteten Gebühr vor, wenn das Studium bis zum Ablauf des Wintersemesters 2004/2005 erfolgreich abgeschlossen wurde. Zunächst ist die Gebühr jedoch zu entrichten, was, worauf der Beschwerdeführer zutreffend hinweist, vielleicht nicht jedem Studierenden möglich ist.

In Anbetracht der aufgezeigten Vielzahl von Faktoren, die in die Abwägung einzustellen sind, hätte dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben werden müssen, seine Argumente mit Hilfe eines Rechtsanwalts im Beschwerdeverfahren umfassend vortragen zu können. Dieses gilt umso mehr, als der Verwaltungsgerichtshof die Übergangsvorschrift selbst offenbar als nicht unproblematisch betrachtet, was durch den Klammerzusatz "(noch)" zum Ausdruck kommt. Die Frage der Zumutbarkeit der Übergangsregelung hätte daher nicht im Prozesskostenhilfeverfahren "durchentschieden" werden dürfen.

5. Da der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs bereits gegen die in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgte Rechtsschutzgleichheit verstößt, soweit darin die Vereinbarkeit der Übergangsvorschrift des § 5 Abs. 1 StuGuG mit rechtsstaatlichen Grundsätzen festgestellt wird, bedarf es keiner Entscheidung, ob es mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen vereinbar ist, dass der Hilfsantrag auf Stundung der Gebühr mangels ausreichender Darlegung des Vorliegens der Voraussetzungen der Härtefallregelung als nicht Erfolg versprechend angesehen wurde.

6. Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf den dargelegten Grundrechtsverstößen. Unter Aufhebung beider Beschlüsse ist die Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 93 c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).

7. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34 a Abs. 2 BVerfGG.

Der nach § 37 Abs. 2 RVG festzusetzende Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren beträgt, wenn der Verfassungsbeschwerde durch die Entscheidung einer Kammer stattgegeben wird, in der Regel 8.000 €. Weder die objektive Bedeutung der Sache noch Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit weisen hier Besonderheiten auf, die eine Abweichung veranlassen würden.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).

Ende der Entscheidung

Zurück