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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 12.07.2007
Aktenzeichen: 1 BvR 2092/02
Rechtsgebiete: BVerfSchG, BNDG, KWG, BVerfGG, TerrorismusbekämpfungsG


Vorschriften:

BVerfSchG § 3 Abs. 1 Nr. 2
BVerfSchG § 3 Abs. 1 Nr. 3
BVerfSchG § 3 Abs. 1 Nr. 4
BVerfSchG § 8 Abs. 5
BVerfSchG § 8 Abs. 9 Satz 10
BVerfSchG § 8 Abs. 10 Satz 1 Halbsatz 1
BVerfSchG § 9 Abs. 2 Satz 8
BVerfSchG § 9 Abs. 2 Satz 13
BVerfSchG § 19 Abs. 4 Satz 7
BNDG § 1 Abs. 2 Satz 1
BNDG § 2 Abs. 1a
KWG § 6 Abs. 2
KWG § 23 Abs. 1 Satz 2
KWG § 24c
KWG § 24c Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
KWG § 24c Abs. 3 Satz 1 Nr. 3
BVerfGG § 23 Abs. 1 Satz 2
BVerfGG § 92
BVerfGG § 93a
BVerfGG § 93a Abs. 2
BVerfGG § 93b
TerrorismusbekämpfungsG Art. 1
TerrorismusbekämpfungsG Art. 3
TerrorismusbekämpfungsG Art. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 2092/02 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen a) § 8 Abs. 5, Abs. 9 Satz 10, Abs. 10 Satz 1 Halbsatz 1, § 9 Abs. 2 Satz 8 und 13, § 19 Abs. 4 Satz 7 des Bundesverfassungsschutzgesetzes in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Terrorismusbekämpfungsgesetz) vom 9. Januar 2002 (BGBl I S. 361),

b) § 2 Abs. 1a des Bundesnachrichtendienstgesetzes in der Fassung des Art. 3 des Gesetzes zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Terrorismusbekämpfungsgesetz) vom 9. Januar 2002 (BGBl I S. 361, 364),

c) § 24c des Kreditwesengesetzes in der Fassung des Art. 6 des Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz) vom 21. Juni 2002 (BGBl I S. 2010, 2045)

hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Präsidenten Papier, die Richterin Hohmann-Dennhardt und den Richter Hoffmann-Riem gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 12. Juli 2007 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, da ihre Begründung den Anforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG nicht genügt.

1. Soweit die Beschwerdeführer sich gegen § 24c Kreditwesengesetz (KWG) wenden, haben sie nicht hinreichend substantiiert dargelegt, inwieweit sie die angegriffene Norm für verfassungswidrig halten.

Die Beschwerdeführer machen Ausführungen lediglich zu der Frage, ob eine Beschränkung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zum Zweck der Bekämpfung des Terrorismus hinnehmbar ist. Die in § 24c KWG vorgesehenen Abrufe von Kontostammdaten stehen jedoch nicht allein oder auch nur vorrangig im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung. Sie dienen vielmehr nach der Gesetzesbegründung zunächst aufsichtlichen Zwecken mit dem Ziel, "die Geldwäsche, das illegale Schattenbankenwesen und das unerlaubte Betreiben von Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäften... durch zentral durchgeführte Recherchearbeiten zu bekämpfen" (BTDrucks. 14/8017, S. 122). Diese weite Zielsetzung entspricht den weit gefassten aufsichtlichen Aufgaben der Finanzdienstleistungsaufsicht, vgl. § 6 Abs. 2 KWG. Darüber hinaus werden in § 24c Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 KWG Abrufersuchen der Strafverfolgungsbehörden und der zur Durchführung des Außenwirtschaftsgesetzes zuständigen Behörden ermöglicht. Solche Abrufersuchen dienen den gesetzlich geregelten Aufgaben der ersuchenden Behörden, die sich gleichfalls nicht in der Terrorismusbekämpfung erschöpfen.

Angesichts der vielgestaltigen Zwecksetzung des § 24c KWG wäre den Beschwerdeführern möglich und zumutbar gewesen, die von ihnen beanstandeten verfassungsrechtlichen Mängel der Norm mit Blick auf die verschiedenen Normziele zu benennen. Die allgemeine Ablehnung eines automatisierten Abrufverfahrens und die pauschale Forderung nach einem Richtervorbehalt genügen dem Darlegungserfordernis insoweit nicht.

Im Übrigen wird hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit von § 24c Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KWG auf den Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Juni 2007 (1 BvR 1550/03 u.a.) verwiesen.

2. Mit den teilweise angegriffenen Befugnissen des Bundesamts für Verfassungsschutz zur Überwachung von Wohnungen mit technischen Mitteln (§ 9 Abs. 2 Bundesverfassungsschutzgesetz <BVerfSchG>) setzen sich die Beschwerdeführer inhaltlich in keiner Weise auseinander. Diese werden am Ende der Beschwerdeschrift lediglich genannt. Dies erfüllt gleichfalls nicht die Anforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG.

3. Auch hinsichtlich der in § 19 Abs. 4 Satz 7 BVerfSchG geregelten Einschränkung der Benachrichtigungspflicht nach einer Übermittlung personenbezogener Daten genügt die Verfassungsbeschwerde nicht dem Substantiierungserfordernis.

Die verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an die Kenntnischance des von einer informationsbezogenen staatlichen Maßnahme Betroffenen zu stellen sind, richten sich auch nach dem Gewicht der Maßnahme (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 - 1 BvR 1550/03 u.a. -, unter C IV 2 a bb). Die Beschwerdeführer wenden sich jedoch lediglich generell gegen den Ausschluss der Benachrichtigungspflicht, ohne darauf einzugehen, auf welche Datenübermittlungen sie sich beziehen und welches Gewicht diesen Übermittlungen ihrer Ansicht nach zukommt. Auf dieser Grundlage bleibt die Rüge der Beschwerdeführer zu unbestimmt, um sich verfassungsrechtlich nachvollziehen zu lassen.

4. Soweit die Beschwerdeführer sich schließlich gegen die damaligen Befugnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes zur Erhebung von Informationen über Kontoinhalte und Kontenbewegungen wenden, haben sie die Möglichkeit einer eigenen Betroffenheit durch die angegriffenen Normen nicht hinreichend dargelegt.

Diese Normen sahen derartige Informationserhebungen zur Erfüllung bestimmter Aufgaben vor. § 8 Abs. 5 BVerfSchG a.F. verwies insoweit auf die Aufgabenbestimmungen von § 3 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 BVerfSchG, die durchweg einen Bezug zu den auswärtigen Belangen der Bundesrepublik aufweisen. § 2 Abs. 1a Bundesnachrichtendienstgesetz (BNDG) diente der Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik sind, wie sich aus dem Verweis auf § 1 Abs. 2 Satz 1 BNDG ergab.

Angesichts dieser begrenzten Aufgabenbeschreibungen wäre den Beschwerdeführern möglich und zumutbar gewesen, darzulegen, inwieweit Informationen über ihre Konten für die von den Normen erfassten auswärtigen Belange der Bundesrepublik zumindest mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit von Interesse sein könnten (vgl. BVerfGE 100, 313 <354>). An einer derartigen Darlegung fehlt es jedoch.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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