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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 09.09.2008
Aktenzeichen: 2 BvR 1044/08
Rechtsgebiete: StGB, StPO, BVerfGG, GG


Vorschriften:

StGB § 21
StGB § 20
StGB § 66
StGB § 66 Abs. 1 Nr. 3
StGB § 67c
StGB § 67d Abs. 2
StGB § 67d Abs. 3
StGB § 244
StPO § 153 Abs. 1
BVerfGG § 34a Abs. 2
BVerfGG § 95 Abs. 1 Satz 1
GG Art. 1 Abs. 1
GG Art. 2 Abs. 2 Satz 1
GG Art. 2 Abs. 2 Satz 2
GG Art. 104 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES

- 2 BvR 1044/08 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen

den Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 23. April 2008 - 2 Ws 7/08 -

und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Voßkuhle, die Richterin Osterloh und den Richter Mellinghoff am 9. September 2008 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 23. April 2008 - 2 Ws 7/08 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht Nürnberg zurückverwiesen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Der Freistaat Bayern hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer begehrt die Aussetzung der Sicherungsverwahrung zur Bewährung nach Ablauf von zehn Jahren.

1. Der 1945 geborene Beschwerdeführer ist seit dem 4. Dezember 1987 nicht mehr in Freiheit. Er befand sich zunächst in Untersuchungs- und Strafhaft und im Anschluss seit dem 1. Dezember 1996 in Sicherungsverwahrung. Dem liegt eine Verurteilung vom 2. Februar 1989 wegen (einfachen) Diebstahls in neun Fällen und anderer Delikte zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren zugrunde.

Zuvor war der Beschwerdeführer bereits vielfach vorbestraft. Ganz überwiegend hatte er Einbrüche und Straßenverkehrsdelikte begangen. 1963 war er darüber hinaus wegen versuchten schweren Raubes und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt worden, 1971 zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren wegen versuchten Mordes. Er war nach einem Einbruch mit einem Fluchtwagen auf einen Polizeibeamten zugefahren, der ihn aufhalten wollte.

Die Freiheitsstrafe aus dem Strafurteil vom 2. Februar 1989 wurde bis zum 30. November 1996 vollständig vollstreckt, seither wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen. Zwischen dem 15. April 1997 und dem 22. April 1999 war der Beschwerdeführer in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht, wo eine - auch haftbedingte - Psychose behandelt wurde. Lockerungen wurden dem Beschwerdeführer während der Unterbringungszeit nicht in nennenswertem Umfang gewährt.

2. a) Zur Vorbereitung der Entscheidung über die Erledigung der Sicherungsverwahrung nach zehn Jahren der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 67d Abs. 3 StGB holte die Strafvollstreckungskammer zwei psychiatrische Sachverständigengutachten ein.

Das erste Gutachten konnte nur nach Aktenlage erstellt werden, weil der Beschwerdeführer ein Explorationsgespräch mit dem Sachverständigen verweigert hatte. Der daraufhin beauftragte weitere Sachverständige kam in seinem Gutachten nach Exploration des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis, dass die in den Anlasstaten zutage getretene Gefährlichkeit fortbestehe, so dass außerhalb des Maßregelvollzugs weiterhin mit der Begehung erneuter Straftaten im Sinne von Einbruchsdiebstählen und Hehlerei zu rechnen sei. Die Gefahr sei aber geringer als zum Zeitpunkt der Verurteilung. Demgegenüber sei das Risiko der Begehung von Gewalt- oder Sexualdelikten sehr gering und "nicht wirklich zu beziffern". Eine längerfristige, engmaschige Betreuung und Kontrolle, auch im Rahmen einer Führungsaufsicht, sei sinnvoll, da so auf eine Vermeidung von Alkohol- und Drogenkonsum hingewirkt werden könne.

Die Analyse der bisherigen Delinquenz zeige, dass es in der Vergangenheit mindestens zweimal zu Übergriffen auf andere Menschen gekommen sei; diese Übergriffe hätten aber jeweils keine gravierenden Verletzungen zur Folge gehabt. Auch mehrere gewalttätige Zwischenfälle im Rahmen des Strafvollzugs bei Auseinandersetzungen zwischen Häftlingen seien strafrechtlich nicht weiter verfolgt worden und ließen nicht den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage sei, Gewalttätigkeiten zu begrenzen. Vor diesem Hintergrund und mit dem Wissen, dass im Gegensatz zur Eigentumsdelinquenz Gewaltdelinquenz mit zunehmendem Alter deutlich seltener werde, sei die Wahrscheinlichkeit eines gewalttätigen Rückfalls als äußerst gering einzuschätzen.

Bestätigt werde dies durch eine hypothesengeleitete Betrachtung und die daraus abgeleitete Risikoeinschätzung. Die bisherige Delinquenz - gewerbsmäßige Einbruchsdiebstähle - beruhe auf einer bewussten Normüberschreitung mit nahezu professionellem Charakter. Aggressions- und Gewalttaten gehörten nicht zu den vom Beschwerdeführer kalkulierten Risikofaktoren; gewalttätige Übergriffe um ihrer selbst willen gehörten auch nicht zu seiner Identität. Frühere enthemmende Faktoren in Bezug auf Gewalttätigkeit, wie etwa Alkoholkonsum, hätten deutlich an Bedeutung verloren.

Diagnostisch sei eine fortbestehende Persönlichkeitsstörung festzustellen, bei der neben dissozialen Merkmalen auch paranoide und schizoide Züge vorhanden seien. Die 1997 festgestellte psychotische Symptomatik, bei der es sich möglicherweise um eine Haftpsychose gehandelt habe, verstärkt durch massiven Alkoholmissbrauch, sei abgeklungen; sie habe keinen Einfluss auf die früheren Delikte gehabt und sei für die zu stellende Rückfallprognose bedeutungslos. Schließlich sei der Beschwerdeführer alkoholabhängig, wenn auch gegenwärtig abstinent in beschützender Umgebung.

Zusammenfassend geht der Sachverständige bei Einbruchsdelikten von einer Rückfallwahrscheinlichkeit zwischen 20 und 30 % aus. Gewaltdelikte und andere Straftaten, die Menschen in ihrer körperlichen Unversehrtheit schädigen, seien dagegen nicht zu erwarten.

b) Mit Beschluss vom 6. Dezember 2007 erklärte die Strafvollstreckungskammer die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung für erledigt. Zugleich ordnete sie Führungsaufsicht für die Dauer von fünf Jahren an und wies den Beschwerdeführer an, regelmäßigen Kontakt zu seinem Bewährungshelfer zu halten, sich des Konsums von Alkohol und illegalen Drogen zu enthalten und nach Anweisung des Bewährungshelfers Blut- und Urinproben zur Überprüfung der Abstinenz abzugeben. Ihm wurde aufgegeben, sich in eine Einrichtung für betreutes Einzelwohnen zu begeben.

Das Gericht schloss sich der Auffassung des Sachverständigen an. Der Beschwerdeführer habe mit Ausnahme der als Mordversuch gewerteten, außer Kontrolle geratenen Polizeiflucht 1971 und einer weiteren Verurteilung im Jahre 1963 keine Strafen wegen Gewalt- und Sexualdelikten begangen, was die Einschätzung des Sachverständigen bestätige, wonach es sich bei ihm um einen Einbrecher, nicht aber um einen Gewalttäter handele. Die nach den Berichten der Haftanstalt mit Gewaltanwendung verbundenen Vorfälle während der Haft seien "offensichtlich nicht besonders erheblich" gewesen, da sie ansonsten zu einer strafrechtlichen Ahndung geführt hätten. Im Übrigen sei es seit der Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Straubing im Jahre 1999 zu keinen weiteren Disziplinarmaßnahmen wegen Gewalttätigkeiten gekommen.

Da nach dem Willen des Gesetzgebers die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus nur in solchen Ausnahmefällen in Betracht komme, in denen schwerwiegende Straftaten gegen die körperliche oder seelische Unversehrtheit zu befürchten seien, sei hier die Sicherungsverwahrung für erledigt zu erklären.

3. Mit dem angegriffenen Beschluss vom 23. April 2008 hob das Oberlandesgericht den Beschluss der Strafvollstreckungskammer auf und ordnete die Fortdauer der Sicherungsverwahrung an.

Das Gericht habe eine eigenständige Prognose darüber zu treffen, ob vom Untergebrachten die Gefahr der Begehung schwerer Straftaten ausgehe. Der Senat komme aufgrund der Berücksichtigung weiterer relevanter Tatsachen zu einer vom Gutachten des Sachverständigen und dem Beschluss der Strafvollstreckungskammer abweichenden Beurteilung.

Dem Sachverständigen hätten zur Beurteilung des früheren Verfahrens wegen versuchten Mordes nur die entsprechenden Angaben im Strafurteil und zu den Vorfällen in der Justizvollzugsanstalt lediglich die in den Akten befindlichen Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt nebst Anlagen und die Angaben des Beschwerdeführers zur Verfügung gestanden. Eine umfassende Beurteilung der jeweiligen Tathergänge sei so nicht möglich gewesen. Das Oberlandesgericht habe zusätzlich die Gerichtsakten verschiedener Disziplinarverfahren der Jahre 1992 bis 1995 beigezogen.

Hinsichtlich des Mordversuchs sei im Strafurteil festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt habe. Ein Vorfall in der Justizvollzugsanstalt im Jahre 1993 habe gravierende Verletzungsfolgen gehabt; der Beschwerdeführer habe einen Mithäftling mit kochendem Wasser übergossen. Die seinerzeitige Darstellung des Beschwerdeführers zum Hergang sei lebensfremd und nicht glaubhaft und lasse - entgegen der Auffassung des Sachverständigen - ein hohes Aggressionspotenzial erkennen. Aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer bei einem weiteren Vorfall im Jahre 1992 einen Bediensteten der Justizvollzugsanstalt nicht mit einem Messer bedroht habe, obwohl er ein solches bei sich gehabt habe, könne nicht auf die fehlende Bereitschaft zur Gewaltanwendung geschlossen werden. Er habe tatsächlich gar keine Möglichkeit gehabt, dass Messer zur Drohung einzusetzen. Tatsache sei, dass er mit der Anwendung von Gewalt verbal gedroht habe. Weiterhin seien zwei Vorfälle aus den Jahren 1994 und 1995 bekannt, bei denen der Beschwerdeführer einen Mitgefangenen mit einer Plastikkanne beziehungsweise mit einem Marmeladenglas auf den Hinterkopf geschlagen habe. Auch die Verurteilung aus dem Jahre 1963 zeige, dass er nicht davor zurückschrecke, zur Erreichung seiner Ziele körperliche Gewalt anzuwenden.

Zwar seien Strafverfahren wegen der genannten Vorfälle 1993 und 1994 vom Amtsgericht nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt worden. Grund dafür sei aber nicht geringe Bedeutung oder ein mangelhafter Schuldnachweis gewesen, sondern ein psychiatrisches Gutachten, das auf Schuldunfähigkeit des Beschwerdeführers hingedeutet habe. Die Einstellung sei offensichtlich nur erfolgt, weil zu diesem Zeitpunkt bereits die Sicherungsverwahrung angeordnet gewesen sei. Die Vorfälle seien aber so gravierend gewesen, dass Disziplinarmaßnahmen verhängt worden seien. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer im Zeitraum 1990 bis 1996 in mehr als 20 weiteren Fällen mit Arreststrafen belegt worden, vor allem wegen des unerlaubten Besitzes von Alkohol. Auch nach 1996 habe gegen ihn mehrfach disziplinarisch vorgegangen werden müssen.

Für die Beurteilung der Gewaltbereitschaft des Beschwerdeführers seien auch die früheren Taten, selbst wenn sie inzwischen schon Jahrzehnte zurücklägen, noch relevant. Alle bisherigen Gutachten seien sich einig, dass eine dissoziale Persönlichkeitsstörung und eine kriminelle Identität vorlägen. Es möge sein, dass beim Beschwerdeführer gewalttätige Übergriffe nicht um ihrer selbst willen zu seiner Identität gehörten. Die geschilderten Vorfälle zeigten aber, dass er in bestimmten Situationen - etwa beim Antreffen auf frischer Tat - bereit sei, Gewalt in jeder Form auszuüben. Seit seinem siebzehnten Lebensjahr sei er in entsprechenden Situationen immer wieder gewalttätig gegen andere Personen geworden. Die Tatsache, dass es seit 1996 zu keinen gravierenden Verstößen gegen andere Personen oder zu weiterem Missbrauch von Alkohol gekommen sei, dürfe nicht auf einer positiven postdeliktischen Persönlichkeitsentwicklung, sondern in erster Linie auf den Strafvollzug in einer Justizvollzugsanstalt der höchsten Sicherheitsstufe zurückzuführen sein.

Zwar sei der Beschwerdeführer derzeit ein abstinenter Alkohol- beziehungsweise Drogenkonsument. Da er aber entsprechende Therapien nicht durchlaufen habe, könne es in Freiheit jederzeit wieder zu einem Missbrauch kommen, wodurch das Risiko von Gewalttaten erhöht werde. Es sei zu befürchten, dass es bei künftig zu erwartenden Einbruchsdiebstählen erneut zu Situationen kommen werde, in denen der Beschwerdeführer auch Gewalt gegen Personen anwenden werde. Die vom Sachverständigen vorgenommene Unterscheidung zwischen Gewalt- und Diebstahlstaten gehe vorliegend fehl, da es beim Beschwerdeführer gerade auch bei Einbruchsdiebstählen zu entsprechender Gewalt gegen Personen kommen könne.

Auch eine Aussetzung der Sicherungsverwahrung zur Bewährung komme nicht in Betracht, da es dafür einer vorherigen Erprobung bedurft hätte. Eine solche habe aber noch nicht stattgefunden. Lockerungen seien in der Vergangenheit auch nicht rechtswidrig verweigert worden, denn die weitere Erprobung sei nach einem entsprechenden Gutachten 2005 zurückgestellt worden. Nach zehn Jahren der Unterbringung müsse aber nun "schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit" eine Erprobung ermöglicht werden.

II.

Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Freiheitsgrundrechts.

Ihm seien keine Vollzugslockerungen gewährt worden, obwohl dies die Sachverständigen und Gerichte im Rahmen von Überprüfungsentscheidungen in der Vergangenheit immer wieder für erforderlich erklärt hätten.

Der Sachverständige ziehe aus den Umständen des versuchten Mordes, der heute mehr als 37 Jahre zurück liege, zutreffende Schlussfolgerungen. Es habe sich um eine einmalige Kurzschlusshandlung im Affekt gehandelt. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung im Jahre 1989 sei ausdrücklich nur aufgrund der wiederholten Einbruchsdiebstähle erfolgt, Gewalttaten seien in die Begründung der Gefährlichkeit vom Gericht nicht einbezogen worden. Das Landgericht habe seinerseits ausdrücklich auch nur einen Hang des Beschwerdeführers zur Begehung erheblicher rechtswidriger Taten "der hier vorliegenden Art" festgestellt, also von Einbruchs- und Verkehrsdelikten. Taten, die schon bei der Anordnung der Sicherungsverwahrung keine Rolle gespielt hätten, obwohl sie bekannt gewesen seien, dürften jetzt erst recht keine Berücksichtigung finden.

Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts ziehe aus den Vorgängen in der Justizvollzugsanstalt in den Jahren 1992 bis 1995 erhebliche negative Schlüsse. Er sei aber wegen keiner dieser Vorfälle gerichtlich verurteilt worden. Dem Oberlandesgericht hätten lediglich die Akten der jeweiligen Disziplinarverfahren vorgelegen. Die seinerzeit erhobenen Vorwürfe wegen Körperverletzung seien daher in keiner öffentlichen Gerichtsverhandlung abschließend geprüft worden. Das Oberlandesgericht stütze sich ausschließlich auf Anklageschriften und damalige, schriftliche Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt, die es für glaubwürdig halte. Für eine tragfähige Prognoseentscheidung nach 15 Jahren seien diese Unterlagen ungeeignet. Es sei unmöglich, die Glaubwürdigkeit von Häftlingsaussagen und Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt auf dieser Basis zu beurteilen.

Das Oberlandesgericht würdige auch nicht, dass er zum Zeitpunkt dieser Taten nach einem damals eingeholten Sachverständigengutachten aufgrund einer akuten Psychose nicht schuldfähig gewesen sei. Diese Psychose sei unmittelbar darauf während der Behandlung im psychiatrischen Krankenhaus wieder abgeklungen. Die aktuellen psychiatrischen Begutachtungen gäben keinen Hinweis darauf, dass das seinerzeit attestierte Krankheitsbild noch fortbestehe.

Durchgängig werte das Oberlandesgericht unaufgeklärte Zweifelsfragen zu seinen Lasten. Dies sei mit § 67d Abs. 3 StGB nicht zu vereinbaren, der eine positive Widerlegung der Vermutung der Ungefährlichkeit verlange. Das Oberlandesgericht verkehre das vom Gesetzgeber vorgesehene Regel-Ausnahmeverhältnis, wonach eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus nur in Fällen schwerster Gewalt- oder Sexualkriminalität in Betracht komme, in sein Gegenteil. Ihm verbleibe keine realistische Perspektive, jemals wieder in Freiheit zu kommen.

Auch die Erwägung des Oberlandesgerichts, er werde bei künftig zu erwartenden Einbruchsdelikten mit hoher Wahrscheinlichkeit Gewalt anwenden, sei eine zweifelhafte Annahme zu seinen Lasten. Er habe in der Vergangenheit bei keinem seiner Diebstähle Gewalt gegen Personen angewandt und es stets abgelehnt, sich bei seinen Taten zu bewaffnen. Er sei deshalb auch nie wegen Diebstahls mit Waffen gemäß § 244 StGB verurteilt worden.

Der Beschwerdeführer beantragt den Erlass einer einstweiligen Anordnung, weil ihm das Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht zuzumuten sei. Diese hätte eigentlich bereits zum 30. November 2006 ergehen müssen, seither sitze er ohne gesetzliche Grundlage in Sicherungsverwahrung. Die Folgen der weiteren Unterbringung seien aufgrund seines Gesundheitszustandes mit jedem weiteren Tag gravierender; er sei wegen Blasenkrebs operiert worden und leide seit letztem Jahr an Herzbeschwerden, aufgrund derer im Februar 2007 ein Stent eingesetzt worden sei.

Er sei mittlerweile gesundheitlich nicht mehr in der Lage, die frühere Einbruchskriminalität fortzusetzen. In den letzten Jahren sei für ihn außerhalb der Justizvollzugsanstalt ein soziales Netzwerk errichtet worden; ihm sei eine Anstellung in einer Firma in seinem erlernten Beruf als Maler und Lackierer verbindlich zugesagt worden. Ihm stehe eine Wohnung zur Verfügung, die ihm von einem ihm jahrelang in der Justizvollzugsanstalt besuchenden Bekannten vermittelt worden sei. Eine Betreuungseinrichtung habe einen Platz im betreuten Einzelwohnen zugesagt. Schließlich habe die Strafvollstreckungskammer durch strafbewehrte Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht eine Kontrolle der Lebensführung des Beschwerdeführers sichergestellt.

III.

Das Bayerische Ministerium der Justiz hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Es hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet.

Dem Bundesverfassungsgericht haben die Strafverfahrensakten und das Vollstreckungsheft vorgelegen.

IV.

Die Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Zu dieser Entscheidung ist die Kammer berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde zulässig und offensichtlich begründet ist (§ 93c Abs. 1 BVerfGG).

1. Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG. Sie trägt der Wirkkraft des Freiheitsgrundrechts für die Sachverhaltsaufklärung nicht hinreichend Rechnung.

a) Auf eine Verfassungsbeschwerde kann eine gerichtliche Entscheidung nur in engen Grenzen nachgeprüft werden. Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, Entscheidungen der Gerichte in jeder Hinsicht auf die Richtigkeit der getroffenen tatsächlichen Feststellungen, der Interpretation der Gesetze und der Anwendung des Rechts auf den konkreten Fall zu kontrollieren. Vielmehr ist im Verfassungsbeschwerdeverfahren nur zu prüfen, ob das Gericht Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte des Beschwerdeführers verletzt hat (vgl. BVerfGE 11, 343 <349>; 79, 372 <376>). Ein Verfassungsverstoß, der zur Beanstandung von Entscheidungen führt, liegt vor, wenn übersehen worden ist, dass bei Auslegung und Anwendung der jeweils in Rede stehenden Vorschriften überhaupt Grundrechte zu beachten waren, wenn der Schutzbereich der zu beachtenden Grundrechte unrichtig oder unvollkommen bestimmt oder wenn ihr Gewicht unrichtig eingeschätzt worden ist (vgl. BVerfGE 106, 28 <45>). Dabei ist es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, die Würdigung der Beweisaufnahme und die tatsächlichen Feststellungen zu überprüfen, soweit hierbei keine Willkür erkennbar ist (vgl. BVerfGE 4, 294 <297>; 34, 384 <397>).

b) Die Freiheit einer Person darf nur aus besonders gewichtigen Gründen und unter strengen formellen Gewährleistungen eingeschränkt werden (Art. 2 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 GG). Zu diesen wichtigen Gründen gehören in erster Linie solche des Straf- und Strafverfahrensrechts. Eingriffe in die persönliche Freiheit auf diesem Gebiet dienen vor allem dem Schutz der Allgemeinheit; zugleich haben diese gesetzlichen Eingriffstatbestände freiheitsgewährleistende Funktion, da sie die Grenzen zulässiger Einschränkung bestimmen (vgl. BVerfGE 70, 297 <307>).

c) Das Spannungsverhältnis zwischen dem Freiheitsanspruch des betroffenen Einzelnen und dem Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit vor zu erwartenden erheblichen Rechtsgutverletzungen verlangt nach gerechtem und vertretbarem Ausgleich. Je länger die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung andauert, umso strenger sind die Voraussetzungen für die Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzugs. Die Grenzen der Zumutbarkeit müssen gewahrt bleiben. Dabei gilt es, das Freiheitsgrundrecht der Betroffenen sowohl materiell als auch auf der Ebene des Verfahrensrechts abzusichern (vgl. BVerfGE 109, 133 <159>; 70, 297 <310>).

d) Materiell fordert das Übermaßverbot, die Sicherungsbelange und den Freiheitsanspruch des Untergebrachten im Einzelfall abzuwägen (vgl. BVerfGE 70, 297 <311>). Der Richter hat im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung die von dem Täter ausgehenden Gefahren zur Schwere des mit der Maßregel verbundenen Eingriffs ins Verhältnis zu setzen. Dabei kommt es insbesondere darauf an, ob und welche Art rechtswidriger Taten von dem Untergebrachten drohen, wie ausgeprägt das Maß der Gefährdung ist und welches Gewicht den bedrohten Rechtsgütern zukommt. Je länger die Unterbringung andauert, umso strenger sind die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzugs. Der Einfluss des gewichtiger werdenden Freiheitsanspruchs stößt dort an Grenzen, wo es nach Art und Maß der von dem Untergebrachten drohenden Gefahren vor dem staatlichen Schutzauftrag für die Rechtsgüter des Einzelnen und der Allgemeinheit unvertretbar erscheint, den Untergebrachten in Freiheit zu entlassen (vgl. BVerfGE 109, 133 <159 f.>; 70, 297 <315>).

Diesen Maßgaben trägt der Gesetzgeber in § 67d Abs. 3 StGB Rechnung, indem er die Fortdauer der Sicherungsverwahrung nach Ablauf von zehn Jahren an deutlich engere Voraussetzungen knüpft als die vorangegangenen Entscheidungen gemäß §§ 66, 67c und 67d Abs. 2 StGB (vgl. BVerfGE 109, 133 <159>).

aa) Zum einen stellt § 67d Abs. 3 StGB gegenüber § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB erhöhte Anforderungen an das bedrohte Rechtsgut und die drohenden Straftaten. Nach § 67d Abs. 3 StGB hängt die Fortdauer der Unterbringung nach zehn Jahren davon ab, ob eine hangbedingte Gefahr künftiger Straftaten festgestellt wird, "durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden". Im Ergebnis bleibt die Regelung so auf Sexual- und Gewalttäter beschränkt, die durch Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1, 2 GG geschützte Rechtsgüter Dritter zu verletzen drohen. Bei gewaltfreien Vermögens- und Eigentumsdelikten ist die Sicherungsverwahrung dagegen auf zehn Jahre begrenzt. Damit steht die Möglichkeit einer mehr als zehnjährigen Sicherungsverwahrung schon von Gesetzes wegen nur in Fällen zur Verfügung, in denen elementare Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit sie zwingend rechtfertigen. Um diesem Ausnahmecharakter Rechnung zu tragen, müssen die Gerichte die Tatbestandsmerkmale des § 67d Abs. 3 StGB mit Blick auf das Freiheitsgrundrecht des Untergebrachten zudem restriktiv handhaben (BVerfGE 109, 133 <160>).

bb) Darüber hinaus berücksichtigt das Gesetz die mit der Verwahrdauer wachsende Bedeutung des Freiheitsrechts, indem § 67d Abs. 3 StGB die Fortsetzung der Unterbringung als Ausnahme vom Regelfall der Erledigung normiert. Während eine Maßregelaussetzung nach § 67d Abs. 2 StGB bei positiver Erwartung künftiger Ungefährlichkeit zulässig ist, setzt die Fortdauerentscheidung gemäß § 67d Abs. 3 StGB die Überzeugung des Gerichts voraus, dass der Verurteilte weiterhin gefährlich ist. Damit kehrt § 67d Abs. 3 StGB das Regel-Ausnahme-Verhältnis aus § 67d Abs. 2 StGB um. Die Erledigung der Maßregel wird nicht von einer positiven, sondern ihr Fortbestand von einer negativen Prognose abhängig gemacht (vgl. BVerfGE 109, 133 <160 f.>). Das Gesetz geht davon aus, dass sich die Gefährlichkeit nach Ablauf von zehn Jahren regelmäßig erledigt. Damit verbietet sich die schlichte Fortschreibung unwiderlegter Gefährlichkeitshypothesen. Vielmehr müssen konkrete und gegenwärtige Anhaltspunkte dafür festgestellt werden, dass die Gefährlichkeit entgegen der gesetzlichen Vermutung fortbesteht. Zweifelt das Gericht an der Wahrscheinlichkeit künftiger Straftaten, so ist zugunsten des Untergebrachten die Sicherungsverwahrung für erledigt zu erklären. Eine Fortsetzung der Maßregel jenseits der Zehnjahresgrenze kommt nur bei demjenigen in Betracht, dessen nunmehr vermutete Ungefährlichkeit widerlegt ist. Es würde dem Gesetzeswortlaut und dem hohen Wert des Freiheitsgrundrechts widersprechen, eine Erledigung nur bei festgestellter Ungefährlichkeit auszusprechen. Die Erledigung steht nach zehn Jahren stets an erster Stelle. Dahinter rangiert die Aussetzung, die gegenüber der weiteren Vollstreckung das mildere Mittel darstellt. Erst an letzter Stelle ist als ultima ratio die weitere Vollstreckung zulässig (vgl. BVerfGE 109, 133 <161>).

e) Die Bedeutung der Freiheitsgarantie gebietet darüber hinaus in verfahrensrechtlicher Hinsicht, bei der Sachaufklärung und Handhabung der richterlichen Aufklärungspflicht stets das Gewicht des Freiheitsanspruchs des Untergebrachten im Auge zu behalten. Dieser wirkt in die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens bei der Bestimmung des Aufklärungs- und Prüfungsumfangs hinein, um sicherzustellen, dass der Richter seine Entscheidung auf einer der Sachbedeutung entsprechenden Tatsachengrundlage aufbaut (vgl. BVerfGE 70, 297 <310>). Je länger die Unterbringung dauert, desto strengere Anforderungen sind aufgrund der Wirkkraft des Freiheitsgrundrechts des Untergebrachten an die Sachverhaltsaufklärung zu stellen, um der Gefahr von Routinebeurteilungen möglichst vorzubeugen (vgl. BVerfGE 70, 297 <311>). Denn es ist unverzichtbare Voraussetzung rechtsstaatlichen Verfahrens, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht (vgl. BVerfGE 70, 297 <308>).

An die Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 StGB über Erledigung oder Fortdauer des Maßregelvollzugs nach Ablauf von zehn Jahren stellt das Gesetz erhöhte verfahrensrechtliche Anforderungen: Das Gericht hat in jedem Fall ein Gutachten zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten infolge seines Hanges weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind (§ 463 Abs. 3 Satz 4 StPO). Der Sachverständige ist obligatorisch mündlich zu hören, wobei der Staatsanwaltschaft, dem Verurteilten, seinem Verteidiger und der Justizvollzugsanstalt Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben ist; das Gericht kann von der mündlichen Anhörung absehen, wenn der Verurteilte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft hierauf verzichten (§ 463 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 454 Abs. 2 StPO).

Die Entscheidung über die Fortdauer der Sicherungsverwahrung hat sich auf ein Sachverständigengutachten zu stützen, das der besonderen Tragweite und dem Ausnahmecharakter dieser Entscheidung gerecht wird; dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, dass das ärztliche Gutachten hinreichend substantiiert ist (vgl. BVerfGE 109, 133 <164>). Es gilt sicherzustellen, dass der Gutachter ausreichend Zeit und Gelegenheit erhält, den Untergebrachten zu untersuchen und das Tatsachenmaterial aufzubereiten, auf dessen Grundlage die Prognose erstellt wird (vgl. BVerfGE 109, 133 <164>). Dabei muss der Gutachter die für die Begutachtung maßgeblichen Einzelkriterien regelmäßig in einem sorgfältigen Verfahren erheben, das die Auswertung des Aktenmaterials, die eingehende Untersuchung des Probanden und die schriftliche Aufzeichnung des Gesprächsinhalts und des psychischen Befundes umfasst und dessen Ergebnisse von einem Facharzt mit psychiatrischer Ausbildung und Erfahrung gewichtet und in einen Gesamtzusammenhang gestellt werden (vgl. BVerfGE 109, 133 <164 f.>). Bevor der Richter das Prognosegutachten aufgrund eigener Wertungen kritisch hinterfragen kann, hat er zu prüfen, ob das Gutachten nachvollziehbar und transparent ist und der Gutachter die Anknüpfungs- und Befundtatsachen klar und vollständig darstellt (vgl. BVerfGE 109, 133 <165>).

2. Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts wird diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht. Das Gericht geht zwar zutreffend von einer Umkehr des Regel-Ausnahme-Verhältnisses nach einer mehr als zehnjährigen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung in dem Sinne aus, dass die Fortdauer der Sicherungsverwahrung nur angeordnet werden darf, wenn konkrete und gegenwärtige Anhaltspunkte für eine andauernde Gefährlichkeit sprechen. Es trägt aber der Bedeutung des Freiheitsgrundrechts bei der Feststellung der für eine solche negative Prognose erforderlichen Umstände nicht hinreichend Rechnung.

Die zentrale Annahme des angegriffenen Beschlusses, der Beschwerdeführer könne Gewaltanwendung nicht kontrollieren, so dass es bei den vom Sachverständigen erwarteten Einbrüchen jederzeit zu Gewaltdelikten kommen könne, widerspricht den Erkenntnissen des Gutachters, der ausdrücklich vom Gegenteil ausgeht und dies für unwahrscheinlich hält.

Das Bundesverfassungsgericht geht davon aus, dass gutachterliche Gefahrenprognosen eine hohe Aussagekraft haben. In der Praxis der forensischen Psychiatrie hat sich das Wissen um die Risikofaktoren in den letzten Jahren erheblich verbessert, so dass über einen Teil der Delinquenten relativ gute und zuverlässige prognostische Aussagen gemacht werden können. Auch wenn der Anteil relativ sicherer Prognosen unterschiedlich hoch angesehen wird, bildet die Prognose gerade für die seltenen Fälle hochgradiger Gefährlichkeit, die § 67d Abs. 3 StGB im Auge hat, eine taugliche Entscheidungsgrundlage (vgl. BVerfGE 109, 133 <158>).

Das Oberlandesgericht ist von den Feststellungen des Sachverständigen ganz erheblich abgewichen. Es geht in der angegriffenen Entscheidung davon aus, dass anhand der dem Sachverständigen vorliegenden Unterlagen "eine umfassende Beurteilung der Tathergänge, die den entscheidenden früheren Verurteilungen zugrunde lagen beziehungsweise eine solche der entsprechenden Vorfälle im Strafvollzug, deren Kenntnis für eine Beurteilung, wie Prof. Dr. ... in seinem Gutachten, bezogen auf die Verurteilung wegen versuchten Mordes, zutreffend ausführte, erforderlich ist, ... weder dem Sachverständigen noch der Strafvollstreckungskammer möglich [war]." Es hat dem Sachverständigen nicht vorliegende Unterlagen (Akten von Disziplinarverfahren der Jahre 1992 bis 1995) ergänzend herangezogen und daraus prognostische Rückschlüsse gezogen. In Anbetracht des Gebots bestmöglicher Sachaufklärung hätte es zunächst den Sachverständigen zu den zusätzlich herangezogenen und für wesentlich erachteten Erkenntnisquellen ergänzend anhören oder ein weiteres Gutachten einholen müssen, bevor es gegenteilige prognostische Schlussfolgerungen zog.

Darüber hinaus hat das Oberlandesgericht seine negative Prognose auf während der Haft verübte Gewalttaten der Jahre 1993 bis 1995 gestützt, ohne aufzuklären, ob das seinerzeit beim Beschwerdeführer diagnostizierte Krankheitsbild, durch welches die Taten bedingt waren, noch fortbesteht. Zwei Sachverständige waren in einem Gutachten aus dem Jahre 1995 zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Taten mit hoher Wahrscheinlichkeit an einer Störung litt, die über das Maß von § 21 StGB hinausging, so dass Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB angenommen wurde. Daher wurden die Strafverfahren eingestellt. In den Jahren 1997 bis 1999 wurde der Beschwerdeführer in einem psychiatrischen Krankenhaus behandelt. Vor diesem Hintergrund hätte es der Aufklärung bedurft, ob und inwieweit die seinerzeitige Störung beim Beschwerdeführer noch vorhanden ist, bevor auf diese Taten eine negative Prognose zur Begehung künftiger Gewalttaten gestützt werden konnte.

V.

Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG ist die Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG durch die angegriffene Entscheidung festzustellen. Der angegriffene Beschluss ist aufzuheben und zur erneuten Entscheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Bundesverfassungsgerichts an das Oberlandesgericht zurück zu verweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, denn mit der Stattgabe der Verfassungsbeschwerde hat der Beschwerdeführer sein Rechtsschutzziel, soweit es mit diesem Rechtsmittel möglich ist, in vollem Umfang erreicht. Es besteht kein Bedarf mehr für eine vorläufige Regelung.

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Ende der Entscheidung

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