Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 12.11.2002
Aktenzeichen: 2 BvR 1054/02
Rechtsgebiete: BVerfGG, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 93b
BVerfGG § 93a
BVerfGG § 93a Abs. 2
BVerfGG § 93d Abs. 1 Satz 3
GG Art. 13 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 1054/02 -

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

gegen

a) den Beschluss des Landgerichts Bonn vom 27. Mai 2002 - 37 Qs 35/02 -,

b) den Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 21. November 2001 - 51 Gs 1113/01 -

hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Hassemer, die Richterin Osterloh und den Richter Mellinghoff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 12. November 2002 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>).

1. Der verfassungsrechtliche Maßstab für Art. 13 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ist geklärt. Art. 13 Abs. 1 GG verpflichtet den eine Durchsuchung anordnenden Richter als Kontrollorgan der Strafverfolgungsbehörden, durch eine geeignete Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen, dass der Eingriff in die Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt. Es ist Aufgabe des Richters, von vornherein für eine angemessene Begründung der Zwangsmaßnahme Sorge zu tragen.

Ein Durchsuchungsbeschluss, der keinerlei tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs enthält und der zudem weder die Art noch den denkbaren Inhalt der Beweismittel, denen die Durchsuchung gilt, erkennen lässt, wird diesen Anforderungen jedenfalls dann nicht gerecht, wenn solche Kennzeichnungen nach dem Ergebnis der Ermittlungen ohne weiteres möglich und den Zwecken der Strafverfolgung nicht abträglich sind. Die nur schlagwortartige Bezeichnung der mutmaßlichen Straftat und die Anführung des Wortlauts des § 102 StPO genügen in einem solchen Fall nicht (vgl. BVerfGE 42, 212 <220>; 71, 64 <65>).

Der richterliche Durchsuchungsbeschluss hat die rechtliche Grundlage der konkreten Maßnahmen zu schaffen und muss Rahmen, Grenzen und Ziel der Durchsuchung definieren (vgl. BVerfGE 96, 44 <51 f.>). Er muss den Tatvorwurf so beschreiben, dass der äußere Rahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist. Dies versetzt den Betroffenen zugleich in den Stand, die Durchsuchung seinerseits zu kontrollieren und etwaigen Ausuferungen im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten von vornherein entgegenzutreten (BVerfGE 103, 142 <151 f.>). Der Eingriff in Art. 13 Abs. 1 GG muss in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des bestehenden Tatverdachts stehen; ferner muss gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat erforderlich sein; dies ist nicht der Fall, wenn andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen. Schließlich muss die Durchsuchung den Erfolg versprechen, geeignete Beweismittel zu erbringen (vgl. BVerfGE 20, 162 <186 f.>; 71, 64 <65>). Von der Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit hat sich der Richter aufgrund eigenverantwortlicher Prüfung der Ermittlungen zu überzeugen (vgl. BVerfGE 96, 44 <51 f.>).

2. Dieser verfassungsrechtliche Maßstab ist gewahrt. Bereits das Amtsgericht hat den konkreten Tatvorwurf beschrieben, indem es dem Beschwerdeführer vorgeworfen hat, als einer der Verantwortlichen in einem Unternehmen der Transportbetonbranche an Quoten- und Preisabsprachen beteiligt gewesen zu sein. Die vorgeworfene Ordnungswidrigkeit wird bezeichnet. Der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts wird auch insoweit seiner Begrenzungsfunktion gerecht, als er detailliert die Gegenstände nennt, nach denen gesucht werden darf.

Selbst wenn hinsichtlich der Begründung des Tatvorwurfs durch das Amtsgericht verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Durchsuchungsbeschluss bestehen, so werden diese durch die Begründung des Landgerichts ausgeräumt. Das Landgericht begründet den konkreten Tatverdacht mit einer detaillierten Zeugenaussage, die es auf ihre Glaubhaftigkeit hin überprüft. Der Umstand, dass der Tatverdacht und die Person des Zeugen nicht näher konkretisiert worden sind, wird mit ermittlungstaktischen Gründen belegt.

Die landgerichtliche Entscheidung lässt auch erkennen, dass eine Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgt ist. Die Schwere des Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung wurde zu dem konkreten Tatverdacht und der Schwere der Tat in ein Verhältnis gesetzt. Der Tatverdacht wird vom Landgericht mit einer detaillierten Zeugenaussage belegt. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass es sich bei umfangreichen kartellrechtlichen Absprachen von verschiedenen Herstellern der Betontransport-Industrie nicht um eine bloß geringfügige Ordnungswidrigkeit handelt (vgl. § 81 Abs. 2 GWB). Die Durchsuchung war zur Aufklärung geeignet, ein milderes Mittel nicht erkennbar. Unter diesen Umständen war der Eingriff in Art. 13 Abs. 1 GG verhältnismäßig und noch hinreichend begründet.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück