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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 22.08.2000
Aktenzeichen: 2 BvR 1363/00
Rechtsgebiete: BVerfGG, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 93b
BVerfGG § 93a
BVerfGG § 93a Abs. 2
GG Art. 6
GG Art. 6 Abs. 1
GG Art. 6 Abs. 2
GG Art. 2 Abs. 1
GG Art. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 1363/00 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

des iranischen Staatsangehörigen V...

- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Udo F. Jacob, Grindelallee 1, Hamburg -

gegen den Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2000 - 2 Bs 34/00 -

und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Sommer, Jentsch, Broß gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 22. August 2000 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe:

Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor, denn die Verfassungsbeschwerde hat jedenfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Es ist nicht erkennbar, dass die angegriffene Entscheidung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts den verfassungsgerichtlichen Gehalt des Art. 6 GG nicht hinreichend beachtet hätte. Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, die Einheit und Selbstverantwortlichkeit von Ehe und Familie zu respektieren und zu fördern. Art. 6 Abs. 2 GG garantiert das Elternrecht im Interesse des Kindeswohls und schützt die freie Entscheidung der Eltern, wie sie ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen, vor staatlichen Eingriffen. Bei der Entscheidung über die Ausweisung eines ausländischen Ehegatten und Elternteils muss daher das verfassungsrechtlich geschützte Interesse des deutschen Ehegatten und Elternteils an der Familiengemeinschaft und an der gemeinsamen Erziehung des Kindes im Bundesgebiet berücksichtigt werden (vgl. BVerfGE 51, 386 <398>). Ebenso wenig wie Art. 6 Abs. 1 GG aber den ausländischen Ehepartner eines deutschen Staatsangehörigen schlechthin vor Ausweisung und Abschiebung schützt (vgl. BVerfGE 35, 382 <408>; 51, 386 <397>), kann die Existenz eines ehelichen Kindes deutscher Staatsangehörigkeit den ausländischen Elternteil in jedem Fall vor einer Ausweisung bewahren, verstärkt jedoch den ohnehin mit Rücksicht auf die Ehe mit einem deutschen Partner bestehenden Schutz gegen Ausweisung (vgl. BVerfGE 51, 386 <398>; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Oktober 1988 - 2 BvR 1147/88 -, VBlBW 1989, S. 130 f.).

Mit der Verfassungsbeschwerde hat der Beschwerdeführer indes nicht dargetan, dass das Oberverwaltungsgericht sein Interesse an der Fortführung der familiären Lebensgemeinschaft mit seiner deutschen Ehefrau und seinen Kindern nicht in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise berücksichtigt hätte. Insbesondere ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Fachgericht - gestützt auf generalpräventive Erwägungen - dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hier ein stärkeres Gewicht als dem Schutz von Ehe, Familie und Elternrecht beigemessen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. April 1984 - 2 BvR 389/84 -, EuGRZ 1984, S. 445). Schließlich ist nicht ersichtlich, warum den gemäß Art. 6 GG geschützten Belangen des Beschwerdeführers nicht mittels einer Befristung der Wirkungen der Ausweisung (§ 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG) ausreichend Rechnung getragen werden kann (vgl. BVerfGE 51, 386 <398 f.>).

Der Rüge, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 GG sei verletzt, weil dem Beschwerdeführer wegen des in der Bundesrepublik Deutschland begangenen Drogendelikts im Iran die Todesstrafe drohe, fehlt es an jeglicher substantiierten Auseinandersetzung mit dem angegriffenen Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts, welches unter Bezugnahme auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 16. Mai 2000 ausführlich dargestellt hat, weshalb nicht davon auszugehen sei, dass dem Beschwerdeführer selbst bei einem erneuten Strafverfahren im Iran die Todesstrafe drohe.

Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).

Ende der Entscheidung

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