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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 18.08.2000
Aktenzeichen: 2 BvR 1419/00
Rechtsgebiete: BVerfGG, GVG, StPO, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 93b
BVerfGG § 93a
BVerfGG § 93a Abs. 2
BVerfGG § 23 Abs. 1 Satz 2
BVerfGG § 92
BVerfGG § 34 Abs. 2
GVG § 132 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 229
GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 1419/00 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

des Herrn G...

- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. F. -

gegen den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 6. Juli 2000 - 5 StR 613/99 -

hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterin Präsidentin Limbach und die Richter Hassemer, Broß gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 18. September 2000 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gegen den Beschwerdeführer wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 1.000 DM (in Worten: eintausend Deutsche Mark) verhängt.

Gründe:

I.

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Verwerfung einer strafprozessualen Revision durch Beschluss des Bundesgerichtshofs.

Der Beschwerdeführer, der zur Tatzeit Polizeibeamter war, ist vom Landgericht wegen Misshandlung festgenommener Ausländer auf der Polizeiwache in neun Fällen verurteilt worden. Der Generalbundesanwalt beantragte die Verwerfung seiner Revision als offensichtlich unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO. Der Bundesgerichtshof entschied antragsgemäß.

Der Beschwerdeführer sieht sich in seinem Recht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, weil der erkennende Strafsenat des Bundesgerichtshofs zu einer Verfahrensfrage den Großen Senat für Strafsachen nicht angerufen hat.

II.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, weil ein Annahmegrund im Sinne des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, denn sie ist unzulässig, und sie wäre im Übrigen offensichtlich unbegründet.

1. Der Vortrag entspricht trotz anwaltlicher Vertretung des Beschwerdeführers nicht den Mindestanforderungen an eine substantiierte Begründung der Verfassungsbeschwerde gemäß §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG. Der Beschwerdeführer hat bereits die im angegriffenen Beschluss ausdrücklich in Bezug genommene Antragsschrift des Generalbundesanwalts gemäß § 349 Abs. 2 StPO nicht mitgeteilt. Deshalb kann nicht geprüft werden, ob der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, wie der Beschwerdeführer behauptet, objektiv willkürlich von einer Vorlage der Sache an den Großen Senat des Bundesgerichtshofs für Strafsachen gemäß § 132 Abs. 2 GVG abgesehen und dadurch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt hat. Der Beschwerdeführer geht zudem nicht darauf ein, dass der angegriffene Beschluss in Betracht gezogen hat, das Recht zur Rüge der Verletzung des § 229 StPO könne verwirkt sein, weil die mit der Revision beanstandete Unterbrechung der Hauptverhandlung auch auf Wunsch der Verteidigung erfolgt war; dies spricht jedenfalls gegen Willkür. Schließlich wird vom Beschwerdeführer nicht erörtert, dass auch unter Berücksichtigung der angeblich divergierenden Rechtsprechung des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs das Beruhen des tatrichterlichen Urteils auf dem behaupteten Rechtsfehler ausgeschlossen werden konnte, weil dieser Rechtsfehler gegebenenfalls zu Beginn einer mehr als zweijährigen Hauptverhandlung erfolgt und bei der Urteilsfindung endgültig in den Hintergrund getreten war. Dabei handelte es sich um eine Frage des Einzelfalls, nicht um eine abweichende Beurteilung einer Rechtsfrage im Sinne von § 132 Abs. 2 GVG.

2. Die angegriffene Entscheidung ist nachvollziehbar begründet und schon deshalb nicht willkürlich im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 16. August 1994 - 2 BvR 647/93 -, NStZ 1995, S. 76, und vom 20. Februar 1995 - 2 BvR 1406/94 -, NJW 1995, S. 2913 <2914>).

III.

Die Auferlegung einer Missbrauchsgebühr beruht auf § 34 Abs. 2 BVerfGG. Die Verfassungsbeschwerde ist missbräuchlich eingelegt. Ein Missbrauch liegt unter anderem dann vor, wenn die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 6. November 1995 - 2 BvR 1806/95 -, NJW 1996, S. 1273 <1274>, vom 27. Februar 1997 - 2 BvR 191/97 -, vom 11. März 1997 - 2 BvR 325/97 -, NStZ-RR 1997, S. 202 <203>, vom 6. Mai 1997 - 2 BvR 651/97 -, vom 19. März 1998 - 2 BvR 327/98 -, vom 27. März 1998 - 2 BvR 275/98 -, vom 15. März 1999 - 2 BvR 375/99 -, jeweils veröffentlicht in Juris). Dies ist vorliegend der Fall. Der Beschwerdeführer benutzt das Bundesverfassungsgericht lediglich als weitere Rechtsmittelinstanz, ohne sich mit Fragen von verfassungsrechtlicher Relevanz näher zu befassen (vgl. dazu auch Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Dezember 1999 - 1 BvR 1559/99 -, veröffentlicht in Juris). Das Bundesverfassungsgericht muss nicht hinnehmen, dass es in der Erfüllung seiner Aufgaben, nämlich grundsätzliche Verfassungsfragen zu entscheiden, die für das Staatsleben und die Allgemeinheit wichtig sind, und - wo nötig - die Grundrechte des Einzelnen durchzusetzen, durch substanzlose Verfassungsbeschwerden behindert wird. Eine Sorgfaltspflichtverletzung seines Bevollmächtigten muss sich der Beschwerdeführer zurechnen lassen (§ 93 Abs. 2 Satz 6 BVerfGG). Sollte die Einlegung der Verfassungsbeschwerde auf einer unzulänglichen anwaltlichen Beratung beruhen, bleibt dem Beschwerdeführer die Geltendmachung eines entsprechenden Regressanspruchs unbenommen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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