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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 28.01.2002
Aktenzeichen: 2 BvR 1563/01
Rechtsgebiete: BVerfGG, AsylVfG, VwGO, DVAuslG, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 93b
BVerfGG § 92
BVerfGG § 93a
BVerfGG § 90 Abs. 1
BVerfGG § 23 Abs. 1 Satz 2
BVerfGG § 93d Abs. 1 Satz 3
AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 1
AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 2
AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 3
VwGO § 138 Nr. 3
VwGO § 86 Abs. 2
DVAuslG § 15 Abs. 4
GG Art. 103 Abs. 1
GG Art. 19 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 1563/01 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen

a) den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. August 2001 - 20 ZB 01.30791 -,

b) das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 30. März 2001 - B 6 K 00.30358 -,

c) den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 4. Mai 2000 - 2 559 906-438 -

und Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts Meyer-Heim, Nürnberg

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Sommer, Broß, Mellinghoff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 28. Januar 2002 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts Meyer-Heim wird abgelehnt.

Gründe:

Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Prozesskostenhilfe ist demgemäß nicht zu bewilligen.

1. Die Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG kann nicht mit Erfolg gerügt werden. Der Beschwerdeführer hat es versäumt, den Beweisantrag auf Einholung von Auskünften des Deutschen Orient-Instituts und vom UNHCR zur Situation turkmenischer Volkszugehöriger im Nordirak, den das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil abgelehnt hat, in der mündlichen Verhandlung unbedingt zu stellen. Damit hat er die gegebenen prozessualen Möglichkeiten, sich das rechtliche Gehör zu verschaffen (vgl. § 86 Abs. 2 VwGO), nicht ausgeschöpft (vgl. BVerfGE 74, 220 <225> m.w.N.; stRspr).

2. Soweit der Beschwerdeführer die Würdigung des Gutachtens des Deutschen Orient-Instituts durch das Verwaltungsgericht rügt, genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den Begründungsanforderungen der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG. Eine verfassungsgerichtliche Überprüfung scheitert schon daran, dass der Beschwerdeführer es versäumt hat, dieses Gutachten vorzulegen oder seinem wesentlichen Inhalt nach wiederzugeben.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit der Ablehnung der Zulassung der Berufung nicht gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen.

a) Der gerügte Verfahrensmangel gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor. Der lediglich vorsorglich gestellte Beweisantrag brauchte nicht nach § 86 Abs. 2 VwGO beschieden werden. Bei einem hilfsweise gestellten Antrag gibt der Beteiligte zu erkennen, dass sein Beweisantrag nicht vorweg, sondern erst dann bewertet werden soll, wenn die Sache selbst zur Entscheidung ansteht. Es begründet daher keinen Verfahrensmangel, dass das Verwaltungsgericht sich erst im Urteil zu dem Beweisantrag geäußert hat.

b) Hinsichtlich der Grundsatzberufung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG fehlt es bei der unter II. aufgeworfenen Frage an der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit und der Entscheidungserheblichkeit. Denn das Verwaltungsgericht hat sein Urteil selbständig tragend damit begründet, dass der Beschwerdeführer auch ohne verwandtschaftliche Unterstützung eine Fluchtalternative im Nordirak habe.

Unter III. fehlt es an der Herausarbeitung einer Grundsatzfrage. Bei wohl wollender Betrachtung kann den Ausführungen entnommen werden, dass der Beschwerdeführer die Frage, ob eine Rückkehr in den Nordirak auch ohne Papiere möglich und zumutbar ist, für klärungsbedürftig hält. Diese Frage war indessen in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bereits geklärt (vgl. Urteil vom 21. September 2000 - 23 B 00.30079 -, Asylis-Rspr./BAFL). In diesem Urteil hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass eine inländische Fluchtalternative nicht daran scheitert, dass der Asylbewerber keine gültigen Reisepapiere besitzt. Die von den deutschen Behörden für die Rückreise ausgestellten Ersatzpapiere nach § 15 Abs. 4 DVAuslG genügten der Türkei grundsätzlich für ein Durchreisevisum. Die Sichtvermerke könnten von den zuständigen Generalkonsulaten in Deutschland erteilt werden, nachdem zentrale türkische Behörden die Sichtvermerksanträge der Inhaber solcher Reisedokumente geprüft und gebilligt hätten. Die Verweigerung der Sichtvermerke durch die türkischen Behörden in Einzelfällen schließe die grundsätzliche Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr über die Türkei nicht aus.

c) Die Divergenzrüge gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG war ebenfalls unzulässig. Denn die vom Beschwerdeführer angeführten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. März 2000, von denen das Verwaltungsgericht abgewichen sein soll, waren schon deshalb keine divergenzfähigen Entscheidungen, weil sie vom Bundesverwaltungsgericht bereits mit Urteilen vom 16. Januar 2001 (NVwZ 2001, S. 572 = EZAR 203 Nr. 15) aufgehoben worden waren.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.



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