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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 07.03.2007
Aktenzeichen: 2 BvR 447/07
Rechtsgebiete: BVerfGG, PartG, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 93a
BVerfGG § 93a Abs. 2
BVerfGG § 93b
BVerfGG § 93d Abs. 1 Satz 3
PartG § 2
PartG § 5 Abs. 1
GG Art. 3
GG Art. 21
GG Art. 38
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 447/07 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen a) den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 28. Februar 2007 - 10 ME 74/07 -,

b) den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 9. Februar 2007 - 1 B 428/07 -,

c) den Ablehnungsbescheid der Stadt Oldenburg vom 31. Januar 2007 - 30 -

und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Richter Broß, die Richterin Osterloh und den Richter Mellinghoff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 7. März 2007 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

I.

Die Antragsgegnerin im Ausgangsverfahren unterhält ein städtisches Kulturzentrum mit mehreren Veranstaltungsräumen; ein förmlicher Widmungsakt existiert nicht. Der Beschwerdeführer, ein Landesverband einer politischen Partei im Sinne von § 2 PartG, beantragte die Nutzung eines Raumes für rd. 70 Personen zur Durchführung seines Landesparteitages; ein Saal mit entsprechender Kapazität war zum fraglichen Zeitpunkt frei. Die Stadt lehnte den Antrag durch Bescheid ab, weil die Nutzung des Kulturzentrums für einen Parteitag nicht mit dessen Widmungszweck zu vereinbaren sei. Dagegen beantragte der Beschwerdeführer den Erlass einer einstweiligen Anordnung, die von Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht mit den angegriffenen Beschlüssen abgelehnt wurde. Der Widmungszweck, wie er in der bisherigen Belegungspraxis zum Ausdruck komme, umfasse nicht die Durchführung parteipolitischer, d.h. parteiorganisatorischer oder parteiinterner Veranstaltungen, sondern nur Veranstaltungen "mit allgemeinen politischen Bezügen", auch wenn eine Partei als Organisator auftrete.

II.

1. a) Das Grundgesetz gewährleistet durch Art. 3 GG in Verbindung mit Art. 21 und Art. 38 GG auch die Chancengleichheit der Parteien und sichert damit den freien Wettbewerb der Parteien und die Teilnahme an der politischen Willensbildung. Die Chancengleichheit gilt nicht nur für den Bereich des Wahlrechts im engeren Sinne, für die Wahlvorbereitung, für den Wettbewerb der Parteien um die Erlangung von Spenden und für die Wahlwerbung im Rundfunk, sondern im gesamten "Vorfeld" der Wahlen (vgl. BVerfGE 104, 14 <19 f.>; 111, 382 <398>). § 5 Abs. 1 PartG setzt diese verfassungsrechtlichen Vorgaben um, indem er bestimmt, dass bei der Gestattung der Nutzung öffentlicher Einrichtungen alle politischen Parteien gleich behandelt werden sollen. Das Recht auf Chancengleichheit der Parteien ist verletzt, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt die Nutzung einer öffentlichen Einrichtung einer Partei verweigert, obwohl er sie anderen Parteien einräumt oder eingeräumt hat.

b) Auf eine Verfassungsbeschwerde kann eine gerichtliche Entscheidung nur in engen Grenzen nachgeprüft werden. Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, Entscheidungen der Gerichte in jeder Hinsicht auf die Richtigkeit der getroffenen tatsächlichen Feststellungen, der Interpretation der Gesetze und der Anwendung des Rechts auf den konkreten Fall zu kontrollieren. Vielmehr ist im Verfassungsbeschwerde-Verfahren nur zu prüfen, ob das Gericht Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte des Beschwerdeführers verletzt hat (vgl. BVerfGE 11, 343 <349>; 79, 372 <376>). Ein Verfassungsverstoß, der zur Beanstandung von Entscheidungen führt, liegt vor, wenn übersehen worden ist, dass bei Auslegung und Anwendung der jeweils in Rede stehenden Vorschriften überhaupt Grundrechte zu beachten waren, wenn der Schutzbereich der zu beachtenden Grundrechte unrichtig oder unvollkommen bestimmt oder wenn ihr Gewicht unrichtig eingeschätzt worden ist (vgl. BVerfGE 106, 28 <45>). Dabei ist es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, die Würdigung der Beweisaufnahme und die tatsächlichen Feststellungen zu überprüfen, soweit hierbei keine Willkür erkennbar ist (vgl. BVerfGE 4, 294 <297>; 34, 384 <397>).

2. Eine Verletzung von verfassungsmäßigen Rechten des Beschwerdeführers lässt sich danach nicht feststellen. Zutreffend ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass eine Ungleichbehandlung des Beschwerdeführers dann zu verneinen ist, wenn die Nutzung der von der Stadt unterhaltenen Räume zu dem vom Beschwerdeführer angestrebten Zweck - der Durchführung eines Parteitages - durch dessen Widmung generell und damit auch für andere Parteien ausgeschlossen ist. Das trägt den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gebots der Chancengleichheit offensichtlich Rechnung.

Mangels einer ausdrücklichen Widmungsverfügung hat das Oberverwaltungsgericht unter Auswertung der Terminkalender für die streitgegenständlichen Veranstaltungsräume die Belegungspraxis der vergangenen Jahre untersucht und sich mit einzelnen, vom Beschwerdeführer bezeichneten Veranstaltungen, bei denen politische Parteien als Organisatoren aufgetreten sind, näher auseinander gesetzt. Es ist nicht erkennbar, dass das Oberverwaltungsgericht dabei willkürlich vorgegangen wäre oder offenkundigen Sachverhalt außer Betracht gelassen hätte. Seine Feststellung, die bisherige Belegungspraxis orientiere sich an der Unterscheidung zwischen "parteipolitischen Veranstaltungen im Sinne von parteiorganisatorischen oder parteiinternen Veranstaltungen" einerseits und "Veranstaltungen mit allgemeinen politischen Bezügen" andererseits, kann vom Bundesverfassungsgericht angesichts der eingehenden, vom Beschwerdeführer nicht im Einzelnen widerlegten Begründung nicht überprüft werden.

Die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Unterscheidung begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar mag sie in Einzelfällen zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen. Sie beruht aber im Grundsatz auf einem sachlichen Differenzierungskriterium für die Nutzung der Räume des städtischen Kultur- und Veranstaltungszentrums. Jedenfalls handelt es sich bei dem vom Beschwerdeführer geplanten Parteitag zweifellos um eine Veranstaltung im Sinne der ersten, vom Oberverwaltungsgericht gebildeten Kategorie.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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