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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 08.03.2006
Aktenzeichen: 2 BvR 486/05
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 19 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 486/05 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen 1. a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 18. Februar 2005 - 2 Ws 540/04 -,

b) die Bescheinigung der Staatsanwaltschaft Aachen vom 11. Februar 2004 - 1 AR 22/03 -,

2. und mittelbar gegen Art. 1 des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege und von Sterilisationsentscheidungen der ehemaligen Erbgesundheitsgerichte vom 25. August 1998 (BGBl I S. 2501), geändert durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege vom 23. Juli 2002 (BGBl I S. 2714)

hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Richter Broß, die Richterin Lübbe-Wolff und den Richter Gerhardt gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 8. März 2006 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein strafrechtliches Wiederaufnahmeverfahren gegen ein standgerichtliches Urteil aus dem Jahre 1944.

A. - I.

1. Die Beschwerdeführerinnen zu 1. und 2. sind die Schwestern des K.S., der Beschwerdeführer zu 3. ist der Bruder des J.H., die am 13. September 1944 in Aachen als vermeintliche Plünderer durch ein Standgericht zum Tode verurteilt und noch am selben Tag erschossen wurden. Sie begehren die Wiederaufnahme des Strafverfahrens. Mit Beschluss vom 1. Oktober 2004 hat das Landgericht Aachen die Wiederaufnahme für zulässig erklärt. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Aachen hat das Oberlandesgericht Köln mit Beschluss vom 18. Februar 2005 den Wiederaufnahmeantrag als unzulässig verworfen.

2. Die beiden damals erst 14-jährigen Jungen K.S. und J.H. wurden am 13. September 1944 in der Stadt Aachen, aus der die Bevölkerung panikartig flüchtete und die unmittelbar vor der Einnahme durch die alliierten Streitkräfte stand, auf der Peterstraße zusammen mit einer Gruppe von Erwachsenen durch Wehrmachtsangehörige unter dem Vorwurf des Plünderns festgenommen und zum Veltmanns-Platz verbracht. Dort wurde von Angehörigen eines der 116. Panzerdivision unterstellten Regimentes ein so genanntes "Standgericht" gebildet, vor das nur die beiden Jugendlichen gestellt wurden, während die erwachsenen Personen freigelassen wurden. K.S. und J.H. wurden nach § 129 des Militärstrafgesetzbuches wegen Plünderns zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde unmittelbar danach durch Erschießen vollstreckt. Gelegenheit, Rechtsmittel einzulegen, wurde den beiden Jungen nicht gegeben.

Es liegen weder ein schriftliches Urteil noch ein Verhandlungsprotokoll vor. Auch eine mündliche Urteilsbegründung, aus der sich die zu Grunde gelegten Tatsachenfeststellungen ergeben könnten, ist nicht überliefert. In einer schriftlichen Mitteilung des Kommandeurs der 116. Panzerdivision, Graf von Schwerin, an den kommandierenden General des LXXXI. Armeekorps, Generalleutnant Schack, heißt es - nach den Feststellungen im Beschluss des Landgerichts Aachen vom 1. Oktober 2004 - wörtlich: "Am 13.09. spät Nachmittags meldete mir der Regimentskommandeur (...), daß in der Stadt geplündert würde, in der ganzen Stadt keine Polizei wäre und er seinen Pionier-Zug hingeschickt habe, um die Plünderung zu unterbinden. Ich befahl ihm, überführte Plünderer standgerichtlich abzuurteilen. Dies ist geschehen. Zwei Plünderer sind erschossen worden."

3. Mit "Anträgen auf Rehabilitierung" vom 25., 26. und 28. August 2003 wandten sich Angehörige von K.S. und J.H. an die Staatsanwaltschaft Aachen. Darin wird - in unterschiedlichen Formulierungen - sinngemäß eine "rechtliche Klärung über Schuld und Unschuld" durch die Staatsanwaltschaft erstrebt; die Jungen hätten sich "nichts zu Schulden kommen lassen, was die Todesstrafe gerechtfertigt hätte"; beide Jungen seien "auch nach damaligem Recht unschuldig" gewesen. Nachdem die Angehörigen in einer Sachstandsanfrage um Mitteilung gebeten hatten, "wann seitens der Staatsanwaltschaft mit einem Wiederaufnahmeantrag an das Landgericht zu rechnen sei", erteilte die Staatsanwaltschaft Aachen unter dem 11. Februar 2004 folgende Bescheinigung:

"Die Verurteilung zum Tode des K.S. und des J.H. durch ein am 13.09.1944 in Aachen konstituiertes Standgericht ist gemäß § 1 Satz 1 des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege (NS-AufhG) aufgehoben."

Diese Bescheinigung wurde den Antragstellern mit einem Begleitschreiben übersandt, in dem ausgeführt wurde, die vorgenommene Prüfung habe zu der Feststellung geführt, dass die Verurteilung der Angehörigen der Antragsteller zum Tode durch ein am 13. September 1944 in Aachen konstituiertes Standgericht gemäß § 1 Satz 1 NS-AufhG aufgehoben sei:

"Diese Feststellung beruht entscheidend auf dem Umstand, dass die seinerzeit 14-jährigen Jungen gemeinsam mit erwachsenen mutmaßlichen Plünderern auf frischer Tat betroffen wurden, letztere aber offenbar mit ihrem Leben davon gekommen sind. Eine solch willkürliche Reaktion - Tötung von Kindern; Laufenlassen von Erwachsenen - auf ein dem Grunde nach strafwürdiges Verhalten schließt die Annahme aus, daß die Verurteilung der Kinder zum Tode noch der Rechtspflege diente. Vielmehr ist mit den Händen zu greifen, daß es sich um bloße Willkür im Dienste eines Willkürregimes handelte, die allein der Aufrechterhaltung der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft diente.

Die Erteilung der beigefügten Bescheinigung beruht auf § 6 Abs. 1 Satz 1 NS-AufhG.

Damit entfällt zugleich ein Bedürfnis für die in Ihrem Schreiben vom 2.2.2004 begehrte Wiederaufnahme des Verfahrens."

Mit Schreiben vom 27. Februar 2004 baten die Antragsteller um ergänzende Feststellungen. Da die Jungen nicht geplündert hätten, hätten sie als völlig unschuldig zu gelten. Des Weiteren möge die Verantwortlichkeit des Kommandeurs der 116. Panzerdivision für die standrechtliche Aburteilung von Plünderern festgestellt werden.

Die Staatsanwaltschaft führte mit Antwortschreiben vom 1. März 2004 aus, dass die von den Antragstellern aufgeworfenen Fragen für die bereits erfolgte Feststellung der Aufhebung des Urteils ohne Belang seien; es könne dahinstehen, ob die Jungen tatsächlich geplündert hätten; zu einer weiter gehenden Prüfung bestehe kein Anlass. Das gelte auch für die Rolle des Grafen von Schwerin, dessen etwaige Verantwortlichkeit für den Tod der Jungen nur einer historischen Betrachtung, jedoch keiner justiziellen Prüfung zugänglich sei.

4. Mit Schriftsatz vom 6. August 2004 beantragten die Beschwerdeführer bei dem Landgericht Aachen die Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem Ziel, die beiden hingerichteten Jungen unter Aufhebung der Urteile freizusprechen. Der Antrag ist im Wesentlichen auf die Aussage des Augenzeugen K. gestützt, der sich erst im September 2003 gemeldet habe und bekunden könne, dass die beiden Jungen sich nicht an den Plünderungen beteiligt hätten.

5. Nach Anhörung der Staatsanwaltschaft, die dem Antrag unter Hinweis auf die bereits bescheinigte Aufhebung der Urteile entgegentrat, erklärte das Landgericht Aachen mit Beschluss vom 1. Oktober 2004 die Wiederaufnahme des durch rechtskräftiges Urteil des in Aachen konstituierten Standgerichts vom 13. September 1944 abgeschlossenen Verfahrens zu Gunsten der Verurteilten für zulässig. Zur Begründung führte es aus, dass der Bescheid der Staatsanwaltschaft Aachen vom 11. Februar 2004 eine Beschwer der Antragsteller und ein bestehendes rechtliches Interesse nicht auszuräumen vermöge. Der Bescheid habe keine konstitutive, sondern lediglich feststellende Bedeutung, indem er lediglich das wiederhole, was in § 1 NS-AufhG in der ab 1. September 1998 geltenden Fassung bereits festgestellt werde, dass nämlich die betreffenden Urteile aufgehoben seien, wobei das jeweilige Verfahren eingestellt werde. Das NS-Aufhebungsgesetz habe nicht das in der Strafprozessordnung vorgesehene Wiederaufnahmeverfahren ausschließen, sondern lediglich die Möglichkeit geben sollen, in einem vereinfachten Verfahren eine gewisse Rehabilitierung zu erreichen, weil unter anderem wegen des Zeitablaufs ein Wiederaufnahmeverfahren erfolgreich nicht mehr durchzuführen sei. Lägen hingegen Beweismittel vor, die auch nach allgemeinem Recht eine Wiederaufnahme rechtfertigen könnten, würde eine Versagung der Überprüfung eine unzulässige Kürzung der Rechte der Betroffenen bewirken, die vom NS-Aufhebungsgesetz nicht beabsichtigt sein könne. Den Betroffenen könne vor allem nicht eine weiter gehende Rehabilitation abgeschnitten werden, noch dazu in einem Verfahren ohne Einzelfallprüfung, was auch vom Gesetzgeber kritisch bedacht worden sei (unter Hinweis auf BTDrucks 13/10013, S. 6). Schließlich lege die Formulierung des Begleitschreibens der Staatsanwaltschaft Aachen vom 11. Februar 2004 zwingend nahe, dass der Weg, ein Wiederaufnahmeverfahren zu betreiben, nicht ausgeschlossen werden könne. Dort heiße es nämlich, "dass die seinerzeit 14-jährigen Jungen gemeinsam mit erwachsenen mutmaßlichen Plünderern auf frischer Tat betroffen wurden", und an anderer Stelle sinngemäß, dass von einem dem Grunde nach strafwürdigen Verhalten auszugehen sei. Diese Passage, die zur Auslegung des Bescheides mit heranzuziehen sei, der dann auch von einem dem Grunde nach strafwürdigen Verhalten ausgehe, also nicht einmal eine Unschuldsvermutung enthalte, zwinge dazu, eine Rehabilitierung im Wege einer Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem Ziel eines Freispruchs zuzulassen.

6. Hiergegen legte die Staatsanwaltschaft Aachen am 7. Oktober 2004 sofortige Beschwerde ein, die sich im Wesentlichen auf die Rechtsauffassung stützt, dass das Verfahren nach dem NS-Aufhebungsgesetz ein vereinfachtes Wiederaufnahmeverfahren sei, das die Anwendung der §§ 359 ff. StPO ausschließe.

7. In einer Presseerklärung vom 8. Dezember 2004 erklärte der Generalstaatsanwalt in Köln:

"I. Der Generalstaatsanwalt in Köln hat die Vorgänge im Zusammenhang mit der standrechtlichen Erschießung der Jugendlichen (...) am 13. September 1944 in Aachen überprüft. Er teilt die Auffassung der Staatsanwaltschaft Aachen, dass das Urteil des Standgerichts ein nationalsozialistischer Willkürakt war und gemäß dem Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege (NS-AufhG) aufgehoben ist. Über diese Aussage hinaus sieht der Generalstaatsanwalt die Jugendlichen als rehabilitiert an. In einem persönlichen Schreiben an die Angehörigen der standrechtlich erschossenen 14-Jährigen hat er dazu ausgeführt:

'Das Schicksal Ihres Bruders, das ich als tragisch empfinde, und Ihr engagiertes Bemühen um seine Rehabilitierung, das ich mit Anteilnahme und Respekt verfolge, sowie das Schreiben der Staatsanwaltschaft Aachen vom 11. Februar 2004 veranlassen mich, mich auf diesem Wege persönlich an Sie zu wenden. Das Todesurteil gegen Ihren Bruder ist gemäß § 1 des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege aufgehoben worden. Dieses Gesetz verfolgt den Zweck, die Opfer nationalsozialistischer Unrechtsurteile so umfassend wie möglich zu rehabilitieren und sie bzw. ihren Angehörigen der Notwendigkeit einer vielfach nicht mehr möglichen und in der Regel unzumutbaren Einzelfallprüfung zu entheben. Rechtlich stellt es ein vereinfachtes Wiederaufnahmeverfahren dar, das die Anwendung der Wiederaufnahmevorschriften der Strafprozessordnung ausschließt. Es kann aber nicht sein, dass Opfer durch dieses Aufhebungsgesetz schlechter gestellt werden, als dies bei Anwendung der allgemeinen Wiederaufnahmevorschriften der Fall wäre. Unabhängig von diesen formalen Rechtsfragen ist es mir daher ein besonderes Anliegen, Ihnen aber auch der Öffentlichkeit gegenüber unmissverständlich deutlich zu machen, dass es sich bei dem sogenannten Urteil vom 13. September 1944 um einen, wie auch die Staatsanwaltschaft Aachen festgestellt hat, Willkürakt handelt, der auch bezüglich der angeblich getroffenen Feststellungen keinen Bestand haben kann und haben darf. Meine eingehende Prüfung der Unterlagen hat im Übrigen ergeben, dass jenes 'Urteil' nicht nur ein Akt nationalsozialistischen Unrechts war, sondern dass der Vorwurf, Ihr Bruder sei an Plünderungen beteiligt gewesen, nicht belegbar ist. Diese Feststellung verbietet es, weiterhin Vermutungen über mutmaßlich strafwürdiges Verhalten Ihres Bruders anzustellen oder zu äußern. Soweit sich demgegenüber in dem Schreiben der Staatsanwaltschaft Aachen vom 11. Februar 2004 noch Ausführungen zu mutmaßlich strafwürdigem Verhalten Ihres Bruders finden, sind diese gegenstandslos. Ihr Bruder ist rehabilitiert.'

(...)"

8. Mit Beschluss vom 18. Februar 2005 hob das Oberlandesgericht Köln den angefochtenen Beschluss des Landgerichts Aachen auf und verwarf den Wiederaufnahmeantrag als unzulässig. Zur Begründung führte es unter anderem aus, dass den Antragstellern der Weg des Wiederaufnahmeverfahrens nach §§ 359 ff. StPO infolge der Aufhebung der Urteile nach dem Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege nicht mehr eröffnet sei. Grundsätzliche Voraussetzung eines jeden Wiederaufnahmeverfahrens sei ein durch "rechtskräftiges Urteil abgeschlossenes Verfahren". An dieser Voraussetzung - nämlich einem "Anfechtungsgegen-stand" - fehle es infolge der Aufhebung der Urteile. Wie aus dem Gesetzeswortlaut folge, trete die Aufhebungswirkung von Gesetzes wegen ein. Die Bescheinigung gemäß § 6 NS-AufhG, durch die die Staatsanwaltschaft auf Antrag feststellt, "ob ein Urteil aufgehoben ist", habe nur deklaratorische Wirkung. Gegen ein nicht mehr existentes Urteil könne gedanklich-begrifflich ein Wiederaufnahmeverfahren nicht mehr stattfinden. Die Strafprozessordnung genieße gegenüber dem NS-Auf-hebungsgesetz keinen wie auch immer gearteten Vorrang. Der Gesetzgeber sei auf einfachgesetzlicher Ebene frei, die Wiederaufnahmemöglichkeiten nach den §§ 359 ff. StPO einzuschränken. Das sei durch das NS-Aufhebungsgesetz geschehen, möge dies im Wortlaut auch nicht zum Ausdruck kommen.

Die Staatsanwaltschaft Aachen sei zutreffend davon ausgegangen, dass das Standgerichtsurteil vom 14. September 1944 zweifelsfrei nach der Generalklausel des § 1 NS-AufhG als aufgehoben anzusehen sei. Bei der standrechtlichen Verurteilung der beiden Jugendlichen handele es sich um einen nur äußerlich in das Gewand eines "Urteils" gekleideten, unter Verletzung elementarer Menschenrechte begangenen Akt der Willkür, mit dem aus militärischen Gründen die Aufrechterhaltung der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft bezweckt gewesen sei.

Der Senat füge ausdrücklich hinzu, dass nach den Ermittlungen in dem seinerzeit durch die Staatsanwaltschaft Aachen geführten Verfahren ein greifbarer Anhaltspunkt für den Vorwurf der Beteiligung der beiden Jugendlichen an Plünderungen fehle. Vielmehr sei davon auszugehen, dass aus menschenverachtender Gesinnung an den Jugendlichen ein Exempel statuiert werden sollte, ohne dass das der Verhängung der Todesstrafe entgegenstehende jugendliche Alter bei der "Urteilsfindung" geprüft und berücksichtigt worden und ohne dass es auch nur darauf angekommen wäre, gegen die beiden Jugendlichen irgendeinen Beweis in der Hand zu haben.

Aus § 5 NS-AufhG lasse sich die Anwendbarkeit der §§ 359 ff. StPO nicht herleiten. Mit dieser Bestimmung sollten lediglich weitergehende Wiedergutmachungsregelungen anwendbar bleiben, zu denen das Wiederaufnahmeverfahren nach den §§ 359 ff. StPO nicht zähle.

Ebenso wenig greife das Zuständigkeitsergänzungsgesetz vom 7. August 1952 (BGBl I S. 407). Nach dessen § 18 Abs. 1 Satz 1 könne ein Verfahren, das durch Urteil eines Wehrmachtsgerichtes rechtskräftig abgeschlossen ist, zugunsten des Verurteilten nach den Vorschriften der StPO wieder aufgenommen werden. Diese Regelung sei für den Anwendungsbereich des NS-Aufhebungsgesetzes überholt. Die infolge Aufhebung des Urteils entfallene, für eine Wiederaufnahme zwingende Voraussetzung eines Anfechtungsgegenstandes werde durch das Zuständigkeitsergänzungsgesetz nicht ersetzt.

Die Antragsteller hätten auch keinen verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf eine gerichtliche Entscheidung. Die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG werde durch das NS-Aufhebungsgesetz nicht beeinträchtigt. Dem Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes gegenüber strafrechtlichen Eingriffsakten werde durch die gesetzliche Aufhebung von Urteilen nach dem NS-Aufhebungsgesetz jedenfalls nicht weniger wirkungsvoll Rechnung getragen als durch eine Einzelfallprüfung im Wiederaufnahmeverfahren durch die Gerichte mit ungewissem Ausgang. Ebenso wenig werde das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) dadurch verletzt, dass der Gesetzgeber die Prüfung, ob eine strafrechtliche Entscheidung im Einzelfall aufgehoben ist, nicht den Gerichten, sondern der Staatsanwaltschaft übertragen habe. Werde die Bescheinigung erteilt, sei ein Antragsteller nicht beschwert. Gegen eine ablehnende Entscheidung könnten nach § 23 Abs. 2, § 25 Abs. 1 Satz 1 EGGVG die Oberlandesgerichte angerufen werden. Weder würden das Gewaltenteilungsprinzip (vgl. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) noch das aus Art. 92 GG hergeleitete Rechtsprechungsmonopol dadurch verletzt, dass Urteile der hier in Rede stehenden Art nicht durch die Gerichte, sondern durch einen legislativen Akt aufgehoben werden. Urteile, die offenbares Unrecht darstellen, seien nicht durch eine unabhängige rechtsprechende Gewalt legitimiert. Der Grundsatz der Bindung der Legislative an gerichtliche Entscheidungen gelte hier nicht. Der Gesetzgeber müsse Unrechtsurteile nicht respektieren und sei nicht von Verfassungs wegen gehalten, für ihre Überprüfung im Einzelfall ein gerichtliches Verfahren zur Verfügung zu stellen (unter Hinweis auf BTDrucks 13/10013, S. 7 und Rudolph, NJW 1999, S. 102 <103>). Aus der in der Verfassung stillschweigend angelegten "Allzuständigkeit des Gesetzgebers" folge seine Befugnis, jeden beliebigen Gegenstand an sich zu ziehen und gesetzlich zu regeln; das schließe die Zulässigkeit von Regelungen, wie sie im NS-Aufhebungsgesetz getroffen wurden, ein (unter Hinweis auf Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, II. Rn. 57 ff. [richtig: 84 ff.]; V. Rn. 78. ff).

Es müsse als Wille des Gesetzgebers hingenommen werden, dass die Antragsteller die von ihnen erstrebte Rehabilitation ihrer Angehörigen durch ein freisprechendes Urteil nicht erreichen könnten, sondern es nach § 1 Satz 2 NS-AufhG lediglich zu einer Verfahrenseinstellung komme. Eine Verletzung der Menschenwürde der Angehörigen könne darin nicht gesehen werden.

Der Gesetzgeber habe sich - verfassungsrechtlich unbedenklich - mehr als 50 Jahre nach Kriegsende im Interesse einer bundeseinheitlichen Regelung und der Herstellung des Rechtsfriedens für eine "Schlußstrichlösung" entscheiden dürfen (unter Hinweis auf BTDrucks 13/10013, S. 6), die dem Genugtuungsbedürfnis der Angehörigen ausreichend Rechnung trage, auch wenn es in Einzelfällen zu Ungerechtigkeiten kommen könne, indem die grundsätzlich erforderliche Abwägung der subjektiven wie objektiven Umstände der den Verurteilungen zugrunde liegenden Geschehensabläufe nicht erfolge. Er sei auch im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung nicht gehalten gewesen, eine Regelung zu treffen, nach der Angehörige, die Wiederaufnahmegründe nach § 359 StPO geltend machen könnten, zum Wiederaufnahmeverfahren mit der Möglichkeit eines Freispruchs zuzulassen seien, während Angehörige, die Wiederaufnahmegründe nicht vorbringen könnten, sich auf Urteilsaufhebung und Verfahrenseinstellung nach dem NS-Aufhebungsgesetz als Rehabilitation minderer Qualität verweisen lassen müssten.

Auch aus der - nach dem NS-Aufhebungsgesetz nicht gebotenen - Begründung für die Feststellungsbescheinigung könne von Verfassungs wegen die Zulässigkeit des Wiederaufnahmeantrages nicht hergeleitet werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könne sich eine Beschwer grundsätzlich nur aus dem Entscheidungstenor ergeben (unter Hinweis auf BVerfGE 28, 151 <160>). Könne hiernach ein Rechtsmittel nicht auf die Gründe einer Entscheidung gestützt werden, könne für die Frage nach der Statthaftigkeit des Wiederaufnahmeantrages nichts anderes gelten. Im Übrigen sei durch das Schreiben des Generalstaatsanwalts vom 8. Dezember 2004 eine vollständige Rehabilitation erfolgt und damit eine etwaige (rechtliche) Beschwer der Antragsteller entfallen.

II.

Mit der rechtzeitig eingelegten Verfassungsbeschwerde wenden sich die Beschwerdeführer gegen die Bescheinigung der Staatsanwaltschaft Aachen vom 11. Februar 2004, den Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 18. Februar 2005 und mittelbar gegen das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege (NS-AufhG), verkündet als Art. 1 des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege und von Sterilisationsentscheidungen der ehemaligen Erbgesundheitsgerichte vom 25. August 1998 (BGBl I S. 2501), geändert durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege vom 23. Juli 2002 (BGBl I S. 2714). Sie machen eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 101 Abs. 1 GG geltend.

1. Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, die Versagung des Wiederaufnahmeverfahrens zu Gunsten des K.S. und des J.H. verletze sie in ihrem Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 3 Abs. 1 GG). Durch die vom Oberlandesgericht unterstellte Auswirkung des NS-Aufhebungsgesetzes komme es zu einer massiven Ungleichbehandlung der Beschwerdeführer im Vergleich zu den heute noch lebenden Angehörigen anderer Opfer der NS-Justiz, welche unberechtigt strafrechtlich verurteilt worden seien, jedoch nicht aus politischen, religiösen, militärischen, rassischen oder weltanschaulichen Gründen und nicht zur Durchsetzung oder Aufrechterhaltung des nationalsozialistischen Unrechtsregimes, auf die das Gesetz somit nicht anwendbar sei. Für diese bestehe die Möglichkeit, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Freispruch im Wiederaufnahmeverfahren zu erzielen. Dieser Weg sei den Beschwerdeführern jedoch verschlossen.

2. Gleichzeitig werde ihnen durch die Versagung einer Überprüfung des gegen ihre Angehörigen ergangenen Urteils durch ein ordentliches Gericht der gesetzliche Richter entzogen, was einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG begründe. In der Strafprozessordnung, dem Gerichtsverfassungsgesetz und den sonst einschlägigen Vorschriften sei eindeutig geregelt, dass ein bestimmter Richter und nicht etwa die Staatsanwaltschaft über die Aufhebung von strafrechtlichen Urteilen zu entscheiden habe. Vor allem dann, wenn die zur Prüfung der Voraussetzungen berufene Staatsanwaltschaft den Anwendungsbereich des NS-Aufhebungsgesetzes irrtümlich oder aus sonstigen Gründen, jedenfalls aber unberechtigt als eröffnet ansehe, werde bei einer Stärkung des Gesetzes gegenüber der StPO ein Freispruch willkürlich vereitelt.

3. Zudem verstoße eine offensichtlich zum Zweck der Sperrung eines Wiederaufnahmeverfahrens erteilte Bescheinigung über die Aufhebung des Urteils vom 13. September 1944 gegen das als Ausprägung der verfassungsmäßigen Ordnung des Art. 20 Abs. 3 GG bestehende Willkürverbot.

4. Schließlich sei das vom Oberlandesgericht Köln und der Staatsanwaltschaft Aachen angewandte NS-Aufhebungsgesetz verfassungswidrig. Es verstoße gegen das aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Bestimmtheitsgebot.

Eine fehlende Bestimmbarkeit des Gesetzes in § 1 ergebe sich aus dessen zeitlichem Anwendungsbereich. Es gelte für strafgerichtliche Entscheidungen, die nach dem 30. Januar 1933 ergangen seien. Bis zu welchem Datum ergangene Entscheidungen umfasst seien, bleibe hingegen offen. Weiterhin habe der Gesetzgeber in § 1 NS-AufhG nicht festgelegt, auf welchem Territorialgebiet des nationalsozialistischen Unrechtsregimes ergangene strafrechtliche Entscheidungen aufgehoben seien. Eine jede Bestimmbarkeit hindernde Auslegung des Anwendungsbereiches folge sodann aus dem Wortlaut "insbesondere" in § 1 Abs. 2 des Gesetzes. Wenn der Gesetzgeber sich die Mühe gemacht habe, in der Anlage zu § 2 Nr. 3 des Gesetzes insgesamt 59 einzelne Gesetzeswerke im Sinne des § 1 aufzuführen, führe eine noch ausuferndere Entscheidungsmöglichkeit zur Unbestimmbarkeit des Anwendungsbereiches. Weiterhin habe der Gesetzgeber wesentliche Abläufe für das Aufhebungsverfahren überhaupt nicht geregelt. Es fehle eine Bestimmung darüber, wohin ein Antrag im Sinne einer endgültigen Entscheidung nach § 4 Abs. 1 NS-AufhG zu richten sei. Ausgehend von dem in § 1 Satz 1 NS-AufhG manifestierten Willen des Gesetzgebers, bereits durch den bloßen Erlass des Gesetzes darin nicht bestimmbar aufgeführte strafrechtliche Entscheidungen aufzuheben, führe eine Verbindung mit § 6 NS-AufhG zu heilloser Verwirrung. Es sei nicht klar, wie ein Wiederaufnahmegericht handeln müsse, an das ein Wiederaufnahmeantrag gestellt worden sei, wenn die Anwendbarkeit des NS-Aufhebungsgesetzes im zu beurteilenden Fall zweifelhaft sei und das Opfer keinen entsprechenden Antrag nach dem NS-Aufhebungsgesetz gestellt habe.

B.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Diese ist nur gegeben, wenn die Verfassungsbeschwerde eine verfassungsrechtliche Frage aufwirft, die sich nicht ohne weiteres aus dem Grundgesetz beantworten lässt und noch nicht durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung geklärt oder durch veränderte Verhältnisse erneut klärungsbedürftig geworden ist (vgl. BVerfGE 90, 22 <24>). Die durch die Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinreichend geklärt.

Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführer nicht angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Die Verfassungsbeschwerde ist - ihre Zulässigkeit in Teilen unterstellt - unbegründet. Das Oberlandesgericht Köln ist in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass den Beschwerdeführern das Wiederaufnahmeverfahren gemäß §§ 359 ff. StPO infolge der Aufhebung der Urteile nach dem NS-Aufhebungsgesetz nicht mehr eröffnet ist. Durch die gleichfalls angegriffene Bescheinigung der Staatsanwaltschaft Aachen sind die Beschwerdeführer nicht in weitergehender, selbständig zu würdigender Weise beschwert.

I.

Über die Zulässigkeit und Begründetheit eines Wiederaufnahmeantrags entscheiden die Fachgerichte in Auslegung und Anwendung einfachen Gesetzesrechts. Die Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts, die Auslegung des einfachen Rechts - hier des Strafprozessrechts - und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind allein Sache der dafür zuständigen Fachgerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen. Dieses kann nur dann eingreifen, wenn die Gerichte Verfassungsrecht verletzt haben. Dies ist aber nicht schon dann der Fall, wenn eine Entscheidung, am einfachen Recht gemessen, objektiv fehlerhaft ist. Der Fehler muss gerade in der Nichtbeachtung von Grundrechten liegen. Das ist in der Regel erst dann der Fall, wenn ein Fehler sichtbar wird, der auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, vor allem vom Umfang seines Schutzbereichs beruht, oder wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist (vgl. BVerfGE 1, 418 <420>; 18, 85 <92 f.>; 62, 189 <192 f.>; 89, 1 <14>; 95, 96 <128>).

Der im Wesentlichen geltend gemachte Anspruch auf effektiven Rechtsschutz wäre nur dann verletzt, wenn die Fachgerichte an die Beurteilung der Zulässigkeit des Wiederaufnahmeantrags (§ 368 Abs. 1 StPO) einen Maßstab angelegt hätten, der dazu führen würde, den außerordentlichen Rechtsbehelf - an seinem Ziel gemessen - ineffektiv zu machen und "leer laufen" zu lassen (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>). Dies ist nicht der Fall.

1. Der Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts, wonach grundsätzliche Voraussetzung eines jeden Wiederaufnahmeverfahrens ein durch "rechtskräftiges Urteil abgeschlossenes Verfahren" ist, entspricht der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. nur Eschelbach, in: KMR - Stand Oktober 2002 -, Vor § 359 StPO Rn. 49 und - Stand Januar 2003 - § 359 StPO Rn. 7; Schmidt, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Aufl. 2003, Vor § 359 Rn. 10). Folgerichtig geht das Oberlandesgericht davon aus, dass gegen ein nicht mehr existentes Urteil ein Wiederaufnahmeverfahren nicht mehr stattfinden kann.

2. Das Oberlandesgericht kommt durch die Auslegung und Anwendung des NS-Aufhebungsgesetzes zu dem verfassungsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstandenden Ergebnis, dass es an dieser Voraussetzung - nämlich einem "Anfechtungsgegenstand" - infolge der Aufhebung der Urteile durch eben dieses Gesetz fehle. Die vom Oberlandesgericht vertretene Ansicht, wonach, wie aus dem Gesetzeswortlaut folge, die Aufhebungswirkung unmittelbar von Gesetzes wegen eintrete, wird sowohl von der bisher dazu ergangenen Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 10. September 2003 - 2 ARs 282/03 -, in JURIS; in NJ 2004, S. 183 nur Leitsatz) als auch von der Kommentarliteratur vertreten. Danach sind die unter das NS-Aufhebungsgesetz fallenden Verurteilungen unabhängig von den Umständen des Einzelfalles aufgehoben (vgl. Frister/Deiters, in: Systematischer Kommentar zur StPO, Stand Dez. 2002, Vor § 359 Rn. 35). Diese Auffassung steht im Einklang mit den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. BTDrucks 13/10013, S. 7) und entspricht im Ergebnis der Rechtsprechung und Literatur zum Verhältnis der landesrechtlichen Wiedergutmachungsgesetze (vgl. hierzu Beckmann, JZ 1997, S. 922 ff.; Fikentscher, NJW 1983, S. 12 ff.) zu den §§ 359 ff. StPO. Der Bundesgerichtshof hat im Falle einer gerichtlich beschlossenen Schuldspruchänderung nach dem Berliner Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts auf dem Gebiet des Strafrechts vom 5. Januar 1951 - NS-StrWG - (VOBl. für Berlin I, S. 31) entschieden, dass ein strafrechtliches Wiederaufnahmeverfahren für die Abschnitte des Urteils, die durch die Urteilsänderung aufgrund des Wiedergutmachungsgesetzes entfallen seien, nicht mehr zulässig sei; denn Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens sei das Urteil in der Fassung, die es durch die Schuldspruchänderung nach dem Wiedergutmachungsgesetz erhalten habe (vgl. BGHSt 31, 365 <371>; BGH, NStZ 1982, S. 214; KG, NStZ 1981, S. 273 mit insoweit zustimmender Anm. Rieß; so auch Gössel, in: Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. 1997, Vor § 359 Rn. 147; Päuser, Die Rehabilitierung von Deserteuren der Deutschen Wehrmacht unter historischen, juristischen und politischen Gesichtspunkten mit Kommentierung des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile [NS-AufhG vom 28.05.1998], Dissertation München 2000, S. 65; s. hierzu auch Eschelbach, in: KMR, Stand Januar 2003, § 359 Rn. 110).

Entsprechend wird das Vorliegen einer Beschwer und damit einer Voraussetzung für die Wiederaufnahme nach §§ 359 ff. StPO (vgl. Eschelbach, in: KMR, Stand Januar 2003, § 359 Rn. 10; Gössel, a.a.O., Vor § 359 Rn. 124; Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl. 2005, Vor § 359 Rn. 6; Wasserburg, Die Wiederaufnahme des Strafverfahrens, 1983, S. 237; s.a. OLG Dresden DStrZ 1915, Sp. 561 f.) verneint, wenn nationalsozialistische Unrechtsurteile mit Hilfe eines wiedergutmachungsrechtlichen Wiederaufnahmeverfahrens gänzlich beseitigt worden sind (vgl. Rieß, Anm. zu KG, NStZ 1981, S. 273 <274>).

3. Die in Übereinstimmung mit der Erklärung der Staatsanwaltschaft vom Oberlandesgericht vertretene Ansicht, dass das standgerichtliche Urteil nach der Generalklausel des § 1 NS-AufhG als aufgehoben anzusehen sei, betrifft die Auslegung und Anwendung einfachen Rechts und begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung des Willkürverbotes rügen, haben sie eine solche weder substantiiert vorgetragen noch ist ein Verstoß gegen das Willkürverbot ersichtlich. Willkürlich ist ein Richterspruch erst dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 80, 48 <51>; 86, 59 <62 f.>; 87, 273 <278 f.>; stRspr).

Hiervon kann keine Rede sein. Das Oberlandesgericht bezog sich darauf, dass es sich bei dem Urteil vom 13. September 1944 um einen nur äußerlich in das Gewand eines "Urteils" gekleideten, unter Verletzung elementarer Menschenrechte begangenen Akt der Willkür gehandelt habe, mit dem aus militärischen Gründen die Aufrechterhaltung der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft bezweckt gewesen sei. Ein greifbarer Anhaltspunkt für den Vorwurf der Beteiligung der beiden Jugendlichen an Plünderungen habe gefehlt. Es sei davon auszugehen, dass aus menschenverachtender Gesinnung an den Jugendlichen ein Exempel statuiert werden sollte, ohne dass das der Verhängung der Todesstrafe entgegenstehende jugendliche Alter bei der "Urteilsfindung" geprüft und berücksichtigt worden und ohne dass es auch nur darauf angekommen wäre, gegen die beiden Jugendlichen irgendeinen Beweis in der Hand zu haben.

Konkrete Einwendungen gegen diese ohne weiteres nachvollziehbaren, keinesfalls sachfremden Erwägungen haben die Beschwerdeführer nicht erhoben.

4. Die Auffassung des Oberlandesgerichts, dass sich aus § 5 NS-AufhG die Anwendbarkeit der §§ 359 ff. StPO nicht herleiten lasse, da mit dieser Bestimmung lediglich weitergehende Wiedergutmachungsregelungen anwendbar bleiben sollten, zu denen das Wiederaufnahmeverfahren nach den §§ 359 ff. StPO nicht zähle, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Hierbei handelt es sich ebenfalls um die den Fachgerichten vorbehaltene Auslegung einfachen Rechts.

§ 5 NS-AufhG lautet:

Weitergehende Vorschriften, die zur Wiedergutmachung oder Beseitigung nationalsozialistischen Unrechts in der Strafrechtspflege erlassen wurden, bleiben unberührt.

Nach der Begründung des Gesetzgebers ist im Einzelfall zu überprüfen, ob eine Entscheidung bereits nach diesen Bestimmungen aufgehoben war, oder, sofern sie nicht bereits nach § 1 aufgehoben ist, nach weitergehenden Vorschriften aufgehoben oder abgeändert werden kann (vgl. BTDrucks 13/10013, S. 11; so auch Päuser, a.a.O. S. 66). Hiermit sind die so genannten Wiedergutmachungsgesetze der Länder gemeint (vgl. bereits BTDrucks 13/6900, S. 6 f.).

II.

Die von den Beschwerdeführern vorgetragenen Bedenken gegen die Wirksamkeit und Verfassungsmäßigkeit des vom Oberlandesgericht als Grundlage seiner Entscheidung herangezogenen NS-Aufhebungsgesetzes greifen nicht durch.

1. Das NS-Aufhebungsgesetz verstößt nicht gegen das aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Bestimmtheitsgebot.

Das rechtsstaatliche Gebot der Gesetzesbestimmtheit zwingt den Gesetzgeber nicht, Regelungstatbestände stets mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Der Gesetzgeber ist aber gehalten, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (BVerfGE 49, 168 <181>; 78, 205 <212>). Bei der Frage, welche Bestimmtheitsanforderungen im Einzelnen erfüllt sein müssen, ist auch die Intensität der Einwirkungen auf die Regelungsadressaten zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 49, 89 <133>). Die Rechtsunterworfenen müssen in zumutbarer Weise erkennen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die in der Rechtsnorm ausgesprochene Rechtsfolge vorliegen (vgl. BVerfGE 37, 132 <142>; 59, 104 <114>). Dabei reicht es aus, wenn sich dies im Wege der Auslegung der einschlägigen Bestimmung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln feststellen lässt (vgl. BVerfGE 21, 209 <215>; 79, 106 <120>; 102, 254 <337>).

Diesen Maßstäben genügt die Vorschrift des § 1 des NS-Auf-hebungsgesetzes, dessen Zweck die gesetzliche Verankerung der umfassenden Aufhebung von Unrechtsurteilen der NS-Justiz ist (vgl. BTDrucks 13/10013, S. 1; 13/10848, S. 1).

§ 1 NS-AufhG lautet:

Durch dieses Gesetz werden verurteilende strafgerichtliche Entscheidungen, die unter Verstoß gegen elementare Gedanken der Gerechtigkeit nach dem 30. Januar 1933 zur Durchsetzung oder Aufrechterhaltung des nationalsozialistischen Unrechtsregimes aus politischen, militärischen, rassischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen ergangen sind, aufgehoben. Die den Entscheidungen zugrunde liegenden Verfahren werden eingestellt.

a) Zunächst ergibt sich entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer eine fehlende Bestimmbarkeit des Gesetzes in § 1 nicht wegen eines unklaren zeitlichen Anwendungsbereiches.

Während der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereiches des Gesetzes datumsmäßig fixiert ist, fehlt eine konkrete zeitliche Festlegung für dessen Ende. Nach der Begründung der zugrunde liegenden Gesetzentwürfe ist die Regelung zeitlich nach hinten offen, um auch die Urteile zu erfassen, die noch nach der Kapitulation - vor allem von Militärgerichten unter Überschreitung ihrer Kompetenzen - ergangen sind (vgl. BTDrucks 13/10013, S. 7; 13/10484, S. 9; s.a. BTDrucks 13/9774, S. 9). Ein Bedürfnis für den offenen Endzeitpunkt ergab sich für den Gesetzgeber u.a. durch die Tätigkeit von Kriegsgerichten nach der Kapitulation (vgl. Seidler, Fahnenflucht, Der Soldat zwischen Eid und Gewissen, 1993, S. 331 ff., 343 ff.). So wurden in mehreren Fällen am 9. Mai 1945 und in einem Fall noch am 13. Mai 1945 Todesurteile durch deutsche Kriegsgerichte verhängt, die in der Zeit vom 10. bis 14. Mai 1945 vollstreckt wurden (vgl. BGH, MDR 1952, S. 693; LG Köln, NJW 1998, S. 2688; Gritschneder, Furchtbare Richter, S. 108 ff.; Spendel, Rechtsbeugung durch Rechtsprechung, 1984, S. 12 m.w.N.). Trotz des Fehlens einer ausdrücklichen Begrenzung des zeitlichen Anwendungsbereiches ist dessen Ende in jedem Einzelfall nach sachlichen Kriterien bestimmbar, da nur strafgerichtliche Entscheidungen betroffen sind, die zur Durchsetzung oder Aufrechterhaltung des nationalsozialistischen Unrechtsregimes ergangen sind, wobei eine weitere Konkretisierung durch § 2 NS-AufhG erfolgt (s. hierzu unter c). Damit können die Rechtsunterworfenen in zumutbarer Weise erkennen, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die in der Rechtsnorm ausgesprochene Rechtsfolge vorliegen (vgl. BVerfGE 37, 132 <142>; 59, 104 <114>).

b) Im Ergebnis das Gleiche gilt für die Frage des räumlichen Anwendungsbereiches. Der Gesetzgeber hat zwar in § 1 NS-AufhG nicht festgelegt, auf welchem Territorialgebiet des nationalsozialistischen Unrechtsregimes ergangene strafrechtliche Entscheidungen aufgehoben seien. Dessen bedurfte es aber auch nicht, weil die erfassten Entscheidungen wiederum nach den genannten sachlichen Kriterien bestimmbar sind, ohne dass hierfür eine territoriale Abgrenzung eine Rolle spielen würde. Aus der Vorschrift des § 6 Abs. 2 NS-AufhG, die die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft auch für die Fälle regelt, in denen am Sitz der damals das Verfahren einleitenden Staatsanwaltschaft keine deutsche Gerichtsbarkeit ausgeübt wird, ergibt sich, dass eine räumliche Begrenzung auf Entscheidungen, die innerhalb des Geltungsbereiches des NS-Aufhebungsgesetzes, also der Bundesrepublik Deutschland, erlassen wurden, vom Gesetzgeber nicht gewollt war (s. dazu auch BGH, Beschluss vom 10. September 2003 - 2 AR 282/03 -, in JURIS; in NJ 2004, S. 183 nur Leitsatz). Die Praxis behilft sich bei dennoch offen bleibenden Zuständigkeitsfragen damit, dass sie das Gesetz zur Ergänzung von Zuständigkeiten auf den Gebieten des Bürgerlichen Rechts, des Handelsrechts und des Strafrechts vom 7. August 1952 (BGBl I S. 407) heranzieht (vgl. Staatsanwaltschaft München I, NJW 1999, S. 1880).

c) Auch aus dem Wortlaut "insbesondere" in § 2 NS-AufhG folgt nicht eine, wie die Beschwerdeführer meinen, "jede Bestimmbarkeit hindernde" Auslegung des sachlichen Anwendungsbereiches.

§ 2 NS-AufhG lautet:

Entscheidungen im Sinne des § 1 sind insbesondere

1. Entscheidungen des Volksgerichtshofes,

2. Entscheidungen der aufgrund der Verordnung über die Einrichtung von Standgerichten vom 15. Februar 1945 (RGBl. I S. 30) gebildeten Standgerichte,

3. Entscheidungen, die auf den in der Anlage genannten gesetzlichen Vorschriften beruhen.

Nach den Gesetzgebungsmaterialien dienen die Regelbeispiele in § 2 der möglichst weitgehenden Konkretisierung der Generalklausel, um die Feststellung durch die Staatsanwaltschaft, dass ein bestimmtes Urteil gemäß § 1 aufgehoben ist, zu erleichtern. Hierbei sei zu unterscheiden nach Urteilen, die von bestimmten rechtsstaatswidrigen Institutionen gefällt worden sind (§ 2 Nrn. 1 und 2 NS-AufhG), und den Entscheidungen, die auf legislatorischem Unrecht beruhen (§ 2 Nr. 3 NS-AufhG; vgl. BTDrucks 13/10013, S. 8; 13/10484, S. 9; s.a. BTDrucks 13/9774, S. 10). Letzteres betrifft die in der Anlage zum NS-Aufhebungsgesetz genannten gesetzlichen Vorschriften. Diese sind nach den Gesetzgebungsmaterialien als spezifisch nationalsozialistisches Unrecht anzusehen. Die Auflistung soll die Rechtsanwendung erleichtern. Sie habe Indizcharakter und schließe demgemäß die Aufhebung nicht aus, wenn das Urteil auf andere Normen gestützt sei, aber die Voraussetzungen des § 1 Satz 1 NS-AufhG erfüllt seien (vgl. BTDrucks 13/10848, S. 13; s.a. BTDrucks 14/8276, S. 4 zur Erweiterung der Anlage durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege vom 23. Juli 2002, BGBl I S. 2714).

Somit unterliegen die in § 2 NS-AufhG genannten Entscheidungen auf jeden Fall dem NS-Aufhebungsgesetz. Da jeder Katalog die Gefahr in sich birgt, nicht vollständig zu sein, man aber eine Regelung schaffen wollte, die alle aufhebungswürdigen Fälle umfasst, erschien es erforderlich, eine Generalklausel zu formulieren, die abstrakt-generell alle nationalsozialistischen Unrechtsurteile umschreibt (vgl. Beckmann, JZ 1997, S. 922 <930>). Mit dieser hat der Gesetzgeber das NS-Unrecht so klar wie möglich erfasst und zugleich eine umfassende Unrechtsbeseitigung ermöglicht. Im Gesetzgebungsverfahren wurde hierzu ausgeführt:

"§ 1 greift mit der Generalklausel den Grundgedanken der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtsunwirksamkeit staatlicher Maßnahmen auf. (...) Dementsprechend sieht die Generalklausel vor, dass das durch dieses Gesetz aufgehobene Urteil unter Verstoß gegen elementare Gedanken der Gerechtigkeit ergangen sein muss. Damit wird zugleich deutlich, dass nicht jede aus heutiger Sicht ungerechte, als rechtsstaatswidrig anzusehende Entscheidung als aufgehoben gelten kann. Das Unrecht muss vielmehr ein besonderes Maß erreicht haben. Der Kreis der erfassten Urteile wird zusätzlich kumulativ durch Merkmale gekennzeichnet, die typisches NS-Unrecht umschreiben: Aufgehoben sind nur solche Urteile, die aus politischen, rassischen oder weltanschaulichen Gründen zur Durchsetzung oder Aufrechterhaltung des nationalsozialistischen Regimes ergangen sind." (BTDrucks 13/10013, S. 7; s.a. BTDrucks 13/10484, S. 8 f.; 13/9774, S. 9). Der Rechtsausschuss des Bundestages fügte zu den Gründen noch die "militärischen" und "religiösen" hinzu (vgl. BTDrucks 13/10848, S. 12).

d) Die Auffassung der Beschwerdeführer, der Gesetzgeber habe im NS-Aufhebungsgesetz für das Aufhebungsverfahren wesentliche Abläufe überhaupt nicht geregelt, wobei eine Bestimmung darüber fehle, wohin ein Antrag im Sinne einer endgültigen Entscheidung nach § 4 Abs. 1 zu richten sei, ist unzutreffend, wie sich ohne weiteres aus §§ 3 ff. NS-AufhG ergibt.

2. Die Beschwerdeführer haben eine Verletzung des grundrechtgleichen Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) nicht substantiiert dargelegt. Eine solche ist auch nicht ersichtlich. Der Anwendungsbereich des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf, ist nicht berührt. Die Gewährleistung des gesetzlichen Richters ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen rechtsstaatlichen Objektivitätsgebots und stellt sicher, dass der zuständige Richter nicht ad hoc und ad personam bestellt werden kann, sondern generell vorbestimmt ist (vgl. BVerfGE 82, 159 <194>). Damit soll Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG der Gefahr vorbeugen, dass die rechtsprechenden Organe durch Manipulierung sachfremden Einflüssen ausgesetzt werden, gleichgültig von welcher Seite die Manipulierung ausgeht, ob von außerhalb oder innerhalb der Justiz (vgl. BVerfGE 30, 149 <152 f.> m.w.N.). Es soll verhindert werden, dass durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung beeinflusst wird (vgl. BVerfGE 82, 286 <296>). Deshalb gilt der Grundsatz, dass sich der für den Einzelfall zuständige Richter möglichst eindeutig aus einer allgemeinen, hinreichend bestimmten Norm ergeben muss (vgl. BVerfGE 17, 294 <298>; 22, 254 <258>; 30, 149 <152 f.>; 95, 322 <329 f.>).

Eine derartige Gefahr steht im vorliegenden Fall nicht inmitten. Die Aufhebung des Urteils erfolgt durch das Gesetz unmittelbar. Auf Antrag stellt dies die Staatsanwaltschaft fest. Das Grundrecht des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist insoweit nicht berührt. Soweit eine richterliche Entscheidung vorgesehen ist, nämlich bei so genannten Mischurteilen im Sinne des § 4 Abs. 1 NS-AufhG, ist die Zuständigkeit des Landgerichts im Gesetz bestimmt (§ 4 Abs. 2 NS-AufhG).

3. Mit der Rüge, bei einer Aufhebung durch die Staatsanwaltschaft statt durch ein Gericht würden die Beschwerdeführer ihrem gesetzlichen Richter entzogen, machen sie in der Sache einen Verstoß gegen das Prinzip der Gewaltenteilung geltend.

a) Die in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG normierte Teilung der Gewalten ist nach dem Grundgesetz ein tragendes Organisations- und Funktionsprinzip. Sie dient der gegenseitigen Kontrolle der Staatsorgane und damit der Mäßigung der Staatsherrschaft (vgl. BVerfGE 3, 225 <247>; 67, 100 <130>; stRspr). Dabei zielt sie auch darauf ab, dass staatliche Entscheidungen möglichst richtig, das heißt von den Organen getroffen werden, die dafür nach ihrer Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise über die besten Voraussetzungen verfügen (vgl. BVerfGE 68, 1 <86>; 95, 1 <15>). Das Prinzip der Gewaltenteilung ist nirgends rein verwirklicht. Es bestehen zahlreiche Gewaltenverschränkungen und -balancierungen. Das Grundgesetz fordert nicht eine absolute Trennung, sondern die gegenseitige Kontrolle, Hemmung und Mäßigung der Gewalten. Allerdings muss die in der Verfassung vorgenommene Verteilung der Gewichte zwischen den drei Gewalten gewahrt bleiben. Keine Gewalt darf ein von der Verfassung nicht vorgesehenes Übergewicht über eine andere Gewalt erhalten, und keine Gewalt darf der für die Erfüllung ihrer verfassungsmäßigen Aufgaben erforderlichen Zuständigkeiten beraubt werden (vgl. BVerfGE 9, 268 <279 f.>; 22, 106 <111>; 34, 52 <59>).

Ob die Wahrnehmung einer Aufgabe als "Rechtsprechung" anzusehen ist, hängt wesentlich von der verfassungsrechtlichen, traditionellen oder durch den Gesetzgeber vorgenommenen Qualifizierung ab (vgl. BVerfGE 22, 49 <76 ff.>; 64, 175 <179>). Das Bundesverfassungsgericht hat dementsprechend die "Ausübung der Strafgerichtsbarkeit" als typische Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt bezeichnet (vgl. BVerfGE 8, 197 <207>; 12, 264 <274>; 22, 49 <78>). Demzufolge sind für die Frage, ob rechtskräftige strafgerichtliche Entscheidungen abgeändert werden können, das heißt deren Rechtskraft durchbrochen wird, grundsätzlich die Gerichte selbst zuständig, so dass etwa im Strafprozessrecht das Wiederaufnahmeverfahren den Strafgerichten vorbehalten ist (§ 367 Abs. 1 StPO, § 140a GVG).

b) Die Generalkassation formell fortbestehender Strafurteile durch den Gesetzgeber ist daher eine Maßnahme, die in einem Rechtsstaat besonderer Rechtfertigung bedarf. Es verstößt jedoch nicht gegen das Gewaltenteilungsprinzip und das Rechtsstaatsgebot, richterliche Urteile, die zur Förderung eines Unrechtsregimes gegen die elementaren Grundgedanken der Gerechtigkeit verstoßen oder auf Bestimmungen beruhen, die gravierendes Unrecht verkörperten, und daher offenbares Unrecht darstellen, durch Gesetz als nichtig aufzuheben, sowie Urteile von Institutionen, die wie der Volksgerichtshof zwar als Gerichte bezeichnet, aber aufgrund ihrer Stellung und Aufgabe keine Organe einer unabhängigen rechtsprechenden Gewalt waren, nicht als richterliche Entscheidungen zu werten. Dementsprechend wird die Qualifizierung der einem überwundenen System entstammenden Entscheidungen als nichtig als eine regelmäßig durch einen staatlichen Akt vorgenommene rechtspolitische Entscheidung angesehen (Rieß, in: Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl., Stand August 1998 - Einleitung Abschn. J Rn. 121).

4. Mit ihrem Vorbringen, vor allem dann, wenn die zur Prüfung der Voraussetzungen berufene Staatsanwaltschaft den Anwendungsbereich des NS-Aufhebungsgesetzes irrtümlich oder aus sonstigen Gründen, jedenfalls aber unberechtigt als eröffnet ansehe, werde bei einer Stärkung des Gesetzes gegenüber der Strafprozessordnung ein Freispruch willkürlich vereitelt, rügen die Beschwerdeführer in der Sache eine Verletzung ihres Rechts auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 GG. Eine derartige Grundrechtsverletzung liegt jedoch nicht vor.

a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231>; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert. Diese treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne gerichtliche Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 94, 166 <213>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231>).

b) Ein Verstoß gegen das Recht auf effektiven Rechtsschutz ist weder von den Beschwerdeführern hinreichend substantiiert geltend gemacht worden noch sonst erkennbar. Denn die Entscheidung der Staatsanwaltschaft ist gerichtlich überprüfbar. Bei einem ablehnenden Bescheid steht den Antragstellern der Rechtsweg über § 23 Abs. 2, § 25 Abs. 1 Satz 1 EGGVG offen. Bei so genannten Mischfällen gemäß § 4 Abs. 1 NS-AufhG entscheidet nach § 4 Abs. 2 NS-AufhG das Landgericht durch unanfechtbaren Beschluss über die teilweise Aufhebung (vgl. hierzu LG Berlin, NJW 1999, S. 3790 <3791> und KG, Beschluss vom 20. Dezember 1999 - 1 AR 1442/99 - 5 Ws 743/99 -, in Juris). Hierdurch wird eine richterliche Überprüfung gewährleistet, wenn die Staatsanwaltschaft dem Antrag nicht vollumfänglich folgt und somit ein Teil des Schuldvorwurfs aufrechterhalten werden soll. Bei einem antragsgemäß feststellenden Bescheid - wie hier - ist das Verfahren zwar grundsätzlich abgeschlossen; ein Rechtsmittel ist nicht gegeben (vgl. LG Berlin, NJW 1999, S. 3790 <3791>). Allerdings erfolgt eine gerichtliche Überprüfung, ob die Voraussetzungen des § 1 NS-AufhG gegeben sind, im Rahmen der Entscheidung über die Zulässigkeit des Wiederaufnahmeverfahrens gemäß § 368 StPO durch das hierfür zuständige Gericht. Geht die Staatsanwaltschaft zu Unrecht von der Anwendbarkeit des § 1 NS-AufhG aus, so stehen die Wirkungen des NS-Aufhebungsgesetzes der Zulässigkeit des Wiederaufnahmeverfahrens nicht entgegen. Geht die Staatsanwaltschaft in ihrem Feststellungsbescheid zu Recht davon aus, dass die angegriffene Entscheidung in den Anwendungsbereich des § 1 NS-AufhG fällt, ist das Wiederaufnahmeverfahren unzulässig, da das Urteil aufgehoben ist. Dies hat allerdings zur Folge, dass der Verurteilte keinen Freispruch erreichen kann, sondern das der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegende Verfahren eingestellt wird (§ 1 Satz 2 NS-AufhG).

5. Das Oberlandesgericht geht in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass die Nichteinräumung der Chance, freigesprochen zu werden, die Menschenwürde der Angehörigen nicht verletze und als Wille des Gesetzgebers hingenommen werden müsse.

a) Die Regelung des § 1 NS-AufhG, wonach die dort genannten strafgerichtlichen Entscheidungen aufgehoben sind und die diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Verfahren eingestellt werden, verstößt nicht gegen Art. 1 Abs. 1 GG.

aa) Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG verbürgt die Unverletzlichkeit der Menschenwürde; Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG verpflichtet den Staat zu ihrem Schutz. Die Menschenwürde umfasst den sozialen Wert- und Achtungsanspruch der Person (vgl. BVerfGE 30, 173 <195>; 96, 245 <249>). Jede strafgerichtliche Verurteilung enthält ein sozial-ethisches Unwerturteil (vgl. BVerfGE 22, 49 <79>; 45, 272 <288>; 95, 96 <140>; 96, 245 <249>), das den in der Menschenwürde wurzelnden Wert- und Achtungsanspruch des Verurteilten berührt (vgl. BVerfGE 96, 245 <249>).

Im Gegensatz zur strafrechtlichen Verurteilung ist Gegen-stand der Rehabilitierung nicht der Ausspruch eines sozial-ethischen Unwerturteils, sondern dessen Beseitigung. Auch wenn eine Rehabilitierung abgelehnt wird, bedeutet dies nicht den erneuten Ausspruch des Unwerturteils. Diese Besonderheiten prägen den Umfang der Verpflichtung des Staates zur strafrechtlichen Rehabilitierung aus dem Schutz der Menschenwürde (BVerfGE 101, 275 <287>).

bb) Bei der Bewältigung des Unrechts der NS-Zeit galt es, einen praktikablen Weg des Umgangs mit staatlichem Unrecht zu finden, das von der Justiz begründet worden war und das die Bundesrepublik Deutschland vorfand. Solches Unrecht kann unter der Wertordnung des Grundgesetzes keinen Bestand haben. Dies hat das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit der Strafbarkeit von Angehörigen der DDR-Grenztruppen entschieden und hierbei das nationalsozialistische Unrecht in seine Betrachtung miteinbezogen (vgl. BVerfGE 95, 96 <133 ff.>; s.a. zur Rechtsbeugung, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 1998 - 2 BvR 2560/95 -, NJW 1998, S. 2585). Die dort formulierten Grundsätze gelten gleichermaßen für das Unrecht, um das es bei der strafrechtlichen Rehabilitierung geht. Den Fortbestand des Strafmakels aus einer Verurteilung, die die in der Völkergemeinschaft allgemein anerkannten Menschenrechte in schwerwiegender Weise missachtet hat, müssen die Verurteilten nicht hinnehmen (BVerfGE 101, 275 <288>).

cc) Bei der Ausgestaltung der strafrechtlichen Rehabilitierung hatte der Gesetzgeber aus der ungeschiedenen Gesamtheit aller Entscheidungen der NS-Strafgerichte die Judikate, bezüglich deren eine Rehabilitierung ermöglicht werden musste, verlässlich abzugrenzen. Außerdem musste er der im Rechtsstaatsprinzip verankerten Rechtssicherheit Rechnung tragen (vgl. BVerfGE 6, 132 <198 f.>). Diese Schwierigkeiten eröffnen dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen einen weiten Gestaltungsraum. Erst dann, wenn die gesetzlichen Regelungen und Maßnahmen offensichtlich gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das Schutzziel zu erreichen (vgl. BVerfGE 79, 174 <202>), kann das Bundesverfassungsgericht eine Pflichtverletzung feststellen.

b) Gemessen an diesen Maßstäben ist § 1 NS-AufhG nicht zu beanstanden. Die Regelung hält sich im Rahmen des Gestaltungsraums, der dem Gesetzgeber zukommt.

aa) Durch § 1 NS-AufhG wird das sozial-ethische Unwerturteil, das aufgrund einer der dort konkretisierten strafgerichtlichen Entscheidung der NS-Zeit auf dem Verurteilten lastet, für die Öffentlichkeit aufgehoben (vgl. auch BVerfGE 101, 275 <289> zu § 1 Abs. 1 StrRehaG).

bb) Ein Bedürfnis für eine Neuregelung durfte der Gesetzgeber für gegeben erachten. Zur Erreichung des gesetzgeberischen Zieles einer möglichst weitgehenden Rehabilitierung der Opfer der NS-Strafjustiz und Wehrmachtsjustiz boten die bislang verfügbaren gesetzlichen Instrumente keine hinreichende Grundlage. Der Gesetzgeber konnte sich darauf berufen, dass die Aufhebung von NS-Unrechtsurteilen in der Nachkriegszeit von den einzelnen Ländern selbständig und zum Teil unterschiedlich geregelt worden ist, in den neuen Ländern klare rechtliche Regelungen fehlten und es zur Klärung der Rechtslage einer bundesgesetzlichen Lösung bedürfe, die die Unrechtsurteile aufhebe, die bislang von den Wiedergutmachungsgesetzen der Nachkriegszeit noch nicht erfasst seien (vgl. BTDrucks 13/10013, S. 5 f.; vgl. hierzu etwa die Übersicht bei Fikentscher/Koch, NJW 1983, S. 12 ff.). Da es sich um in ihren Voraussetzungen und Wirkungen teilweise recht unterschiedliche Regelungen handelte, die offenbar auch weithin in Vergessenheit gerieten (vgl. BTDrucks 13/9747, S. 1), wurde die Forderung nach einer bundeseinheitlichen Neuregelung des rechtlichen Instrumentariums für die Aufhebung von NS-Unrecht (vgl. hierzu Beckmann, JZ 1997, S. 922 <923> m.w.N.) letztlich über alle Parteigrenzen hinweg erhoben (vgl. BTDrucks 13/10013, S. 6; 13/10484, S. 7; 13/9774, S. 1).

cc) Die Generalklausel des § 1 NS-AufhG ist - wie ausgeführt - hinreichend bestimmt.

dd) Es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass eine Aufhebung durch das NS-Aufhebungsgesetz nicht bei sämtlichen rechtsstaatswidrigen Entscheidungen der NS-Zeit ermöglicht wird. Der Gesetzgeber durfte aus Gründen der Rechtssicherheit und Praktikabilität rechtsstaatswidrige Entscheidungen geringeren Gewichts bestehen lassen. Seine Schutzpflicht hat er dadurch nicht verletzt (vgl. auch BVerfGE 101, 275 <289>).

ee) Verfassungsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden ist die bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 NS-AufhG neben der Aufhebung der Entscheidung eintretende Folge, dass das der Entscheidung zugrunde liegende Verfahren (lediglich) eingestellt wird und demgemäß kein Freispruch des Betroffenen erfolgt. Die Einstellung im Fall des § 1 Satz 2 NS-AufhG ist nicht mit der Einstellung eines unter Geltung rechtsstaatlicher Grundsätze durchgeführten Ermittlungsverfahrens zu vergleichen. Die Erwägung, dass eine endgültige Einstellung des Verfahrens einen Beschuldigten unter Umständen schlechter stellt als ein Freispruch, da mit einer derartigen Entscheidung keine materiell-rechtliche Rehabilitierung einhergeht, der Schuldvorwurf vielmehr im Raum bleibt (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 24. September 2002 - 2 BvR 66/01 -, NJW 2003, S. 1175), kann für den Fall einer das sozial-ethische Unwerturteil beseitigenden Rehabilitierung nach dem NS-Aufhebungsgesetz gerade keine Geltung beanspruchen.

ff) In Anbetracht seines weiten Gestaltungsspielraumes ist es aus verfassungsrechtlicher Sicht auch nicht zu beanstanden, dass sich der Gesetzgeber in rehabilitierungswürdigen Fällen der vorliegenden Art für eine pauschale Aufhebung statt für eine Wiederaufnahme der einzelnen Verfahren entschieden hat und hierbei dem Wiederaufnahmeverfahren keine Rolle zukommen ließ.

(1) Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch einen Schuldspruch wird bei einer prozessordnungsgemäß herbeigeführten Verurteilung durch das formelle und materielle Strafrecht legitimiert. Für den Fall einer Fehlentscheidung muss dagegen effektiver Rechtsschutz möglich sein, der nach Rechtskraft der Verurteilung aus bestimmten Gründen im Sinne des § 359 StPO und des § 79 Abs. 1 BVerfGG durch das Wiederaufnahmerecht gewährt wird (vgl. Eschelbach, in: KMR, Stand März 2003, § 361 StPO Rn. 2). Zur Beseitigung von Fehlentscheidungen lassen die §§ 359 ff. StPO in engen Grenzen die Durchbrechung der Rechtskraft von Strafurteilen zu und lösen damit den Konflikt zwischen den Grundsätzen der Gerechtigkeit und der Rechtssicherheit, die sich beide aus dem Rechtsstaatsprinzip ableiten (vgl. BVerfGE 22, 322 <329>; BVerfG, Beschluss vom 6. November 1974 - 2 BvR 407/74 -, MDR 1975, S. 468 <469>; Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Februar 1993 - 2 BvR 1746/91 -, NJW 1993, S. 2735 <2736>, vom 30. April 1993 - 2 BvR 525/93 -, NJW 1994, S. 510, vom 19. Juli 2002 - 2 BvR 18/02 und 76/02 -, StV 2003, S. 225).

(2) Insofern fallen sowohl von Gerichten der Bundesrepublik Deutschland ausgesprochene falsche Strafurteile als auch solche aus der Zeit der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft in den Anwendungsbereich der §§ 359 ff. StPO. Selbstverständlich ist grundsätzlich ein Wiederaufnahmeverfahren auch dann zulässig, wenn das Strafurteil auf einem nicht prozessordnungsgemäßen Verfahren beruht (so Gössel, a.a.O., Vor § 359 Rn. 102). Nach der auf der Rechtslage vor Inkrafttreten des NS-Aufhebungsgesetzes beruhenden Ansicht von Gössel (a.a.O., Vor § 359 Rn. 102) gilt dies unabhängig davon, ob man derartige Urteile, etwa von Sondergerichten oder des Volksgerichtshofes, für nichtig erachtet. Danach gebietet das Rehabilitationsinteresse, wenn man die jeweiligen Entscheidungen als nichtig ansieht, den förmlichen, deklaratorischen Nichtigkeitsausspruch durch das Wiederaufnahmegericht wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensweise, allerdings ohne jede Entscheidung in der Sache. Anders würde die zur Nichtigkeit des Urteils führende evident rechtsstaatswidrige Verfahrensweise widersprüchlich insoweit mindestens teilweise anerkannt werden, als eine konstitutiv wirkende formal verfahrensbeendende Entscheidung für erforderlich gehalten wird, während in Wahrheit die Entscheidung wie das dazu führende Verfahren unbeachtlich sind, was nur deklaratorisch (in der Begründung des die Nichtigkeit feststellenden Beschlusses) festgestellt werden kann (vgl. Gössel, a.a.O., Vor § 359 Rn. 102).

(3) Das Wiederaufnahmeverfahren geht von im Grundsatz rechtsstaatlichen Verhältnissen aus, unter denen im Einzelfall fehlerhafte Verfahrensergebnisse auch nach Rechtskrafteintritt im Wege der Wiederaufnahme korrigiert werden können. In Fällen der vorliegenden Art geht es dagegen um ein systembedingtes reines Willkürverfahren, das aber bei Anwendung der §§ 359 ff. StPO - hier des § 359 Nr. 5 StPO - als Grundlage für die Durchführung einer nachträglichen Beweisaufnahme zur Schuldfrage dienen würde. Damit käme diesem Verfahren ein Stellenwert zu, den es nicht verdient. Demgemäß wird etwa in der Kommentarliteratur, bezogen unter anderem auf die in der ehemaligen DDR im Rahmen der so genannten Waldheimprozesse ergangenen Urteile, die Ansicht vertreten, die Wiederaufnahme nach der Strafprozessordnung könne nicht der geeignete Weg sein, die Unwirksamkeit von als nichtig angesehenen Urteilen förmlich festzustellen. Sowohl die erschöpfende Aufzählung der Wiederaufnahmegründe in § 359 StPO als auch die Struktur des Wiederaufnahmeverfahrens stünden einer befriedigenden Lösung entgegen (vgl. Schmidt, in: Karlsruher Kommentar, a.a.O., Vor § 359 Rn. 15a; kritisch auch Eschelbach, in: KMR, Stand Oktober 2002, Vor § 359 StPO Rn. 17; Rieß, in: Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl., Stand August 1998 - Einleitung Abschn. J Rn. 140 f.).

Entsprechend hierzu wurden diejenigen Fälle, in denen nach den landesrechtlichen Wiedergutmachungsgesetzen nur eine Teilaufhebung oder Strafherabsetzung in Betracht kam und die Wiedergutmachungsgerichte verpflichtet waren, die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts, die in einem rechtsstaatswidrigen Verfahren gewonnen wurden und die insoweit als unverrückbar galten, für eine erneute Strafzumessung zugrundezulegen, als rechtsstaatlich höchst bedenklich angesehen (vgl. Vogl, in: Marxen/Miyazawa/Werle, Der Umgang mit Kriegs- und Besatzungsunrecht in Japan und Deutschland, 2001, S. 177 <193>).

(4) Diese und weitere Schwierigkeiten zeigen, dass das herkömmliche Wiederaufnahmeverfahren, wenn nicht sogar ungeeignet, so doch zumindest unzulänglich ist, die sich aus der Existenz nationalsozialistischer Unrechturteile stellenden Probleme zu lösen. Diese lassen sich nicht in jedem Fall, wohl sogar in den wenigsten Fällen, durch eine Anwendung des § 359 StPO korrigieren. So müsste ein Wiederaufnahmegrund gemäß § 359 Nr. 1 bis 5 StPO vorliegen, was jedenfalls in Bezug auf die Beibringung neuer Tatsachen oder Beweismittel allein schon wegen der lange zurückliegenden Zeit unwahrscheinlich ist. Insofern stellt der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Umstand, dass ein (neuer) Zeuge bekannt geworden ist, eher den Ausnahmefall dar.

(5) Darüber hinaus sind die Fährnisse eines Wiederaufnahmeverfahrens zu berücksichtigen. Wenn etwa das von den jeweiligen Antragstellern beigebrachte neue Beweismittel nicht geeignet ist, einen Freispruch herbeizuführen, etwa weil ein Zeuge sich doch nicht mehr genau erinnern kann oder sich sogar in Widersprüche verwickelt und als unglaubwürdig herausstellt, wäre der Antrag auf Wiederaufnahme als unbegründet zu verwerfen (§ 370 StPO) oder gar - nach einer erneuten Hauptverhandlung - das frühere Urteil (eventuell unter Neufassung des Urteilsausspruchs zur Anpassung an zwischenzeitliche Gesetzesänderungen) aufrechtzuerhalten (§ 373 Abs. 1 StPO). Der den Beschwerdeführern verschlossenen Möglichkeit, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Freispruch im Wiederaufnahmeverfahren zu erreichen, steht insoweit die Unwägbarkeit gegenüber, mit ihrem Antrag erfolglos zu bleiben.

(6) Demgemäß wird in der Kommentarliteratur die Ansicht vertreten, dass in den Fällen, in denen trotz relevanten Rechtsschutzinteresses zur Rehabilitierung des Betroffenen eine Rechtsschutzmöglichkeit fehle, der Gesetzgeber nach Art. 19 Abs. 4 GG zum Handeln berufen sei (vgl. Eschelbach, in: KMR, Stand Oktober 2002, Vor § 359 Rn. 17; Schmidt, in: Karlsruher Kommentar, a.a.O., Vor § 359 Rn. 15a).

(7) Dies hätte grundsätzlich durch die Schaffung eines besonderen Wiederaufnahmeverfahrens ohne Beschränkung auf die in § 359 StPO aufgezählten Wiederaufnahmegründe geschehen können, das mit der damaligen willkürlichen Verfahrensweise hätte abgestimmt werden müssen. Dies ist jedoch ein Anliegen, das kaum zu erfüllen sein dürfte. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob eine Einzelfallprüfung im Sinne einer exakten Wiederaufrollung des Verfahrens, wie sie letztlich bei dem von den Beschwerdeführern erstrebten Wiederaufnahmeverfahren durchzuführen wäre, möglich, notwendig und sachgerecht ist, und ob hiermit das anzuerkennende gesetzgeberische Ziel einer möglichst weitgehenden Rehabilitation des NS-Unrechts hätte erreicht werden können. Denn auch hier wären die einzelfallbezogenen Umstände, der damalige Verfahrensablauf und die Berechtigung des Tatvorwurfs mittels einer erneuten Beweisaufnahme zu klären.

(8) Der Gesetzgeber hat sich mit diesem Problem intensiv befasst. Gegen anfänglich erhobene Forderungen, jeden einzelnen Fall wieder aufzunehmen und in einem gerichtsähnlichen Verfahren nochmals genau zu prüfen (vgl. BTDrucks 12/8139, S. 5), wurde sowohl von Betroffenen, die dies als eine erneute Entwürdigung nach einem Leben voller Demütigung bezeichneten (vgl. bei Däubler-Gmelin, Rehabilitierung und Entschädigung von Deserteuren, sog. Wehrkraftzersetzern und Kriegsdienstverweigerern der Deutschen Wehrmacht? in: Festschrift für Diether Posser, 1997, S. 3 <14>) als auch in der Literatur Kritik erhoben (vgl. etwa Jaeger, ZRP 1996, S. 49 <55>). Innerparlamentarisch wurde sodann eine pauschale Aufhebung (bzw. Brandmarkung) der Urteile unter Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber auch bei den "Waldheimer Prozessen" der DDR-Justiz keine Einzelfallprüfung vorgesehen habe, verlangt. Eine pauschale Aufhebung komme in den Fällen in Betracht, bei denen der Unrechtscharakter der Strafvorschrift, die Verfahrenspraxis, die Urteilspraxis und der Strafvollzug so erheblich von rechtsstaatlichen Verfahren abweichen, dass der Unrechtscharakter dieser Justiz evident sei. Alle vier Kriterien seien bei den Verurteilungen der NS-Militärjustiz erfüllt. Auch wegen des hohen Alters der Betroffenen sei ihnen nicht zuzumuten, vor einem Gericht in einer erneuten umfänglichen Einzelfallprüfung eine Aufhebung des Urteils zu erwirken, nachdem sie jahrzehntelang von diesen Gerichten abgewiesen worden seien (vgl. BTDrucks 13/353, S. 13; 13/9747, S. 2). Weiter wurde auf die Unmöglichkeit hingewiesen, mehr als 50 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg Untersuchungen über jede einzelne Desertion anzustellen (vgl. BTDrucks 13/7669 [neu], S. 3, lit. d Nr. 3 und S. 6).

Die Begründung zu dem dem NS-Aufhebungsgesetz letztlich zugrunde liegenden Gesetzentwurf enthielt hierzu folgende Ausführungen: "Mehr als fünfzig Jahre nach Kriegsende wird sich das Tatgeschehen häufig im einzelnen nicht mehr rekonstruieren lassen, insbesondere, wenn Akten nicht verfügbar sind. Darüber hinaus gelten heutzutage ganz andere Maßstäbe als im Krieg oder nach Kriegsende; eine der damaligen Zeit vergleichbare Beurteilungsgrundlage besteht ohnehin nicht mehr. Dies rechtfertigt es, einen Schnitt zu machen und für noch nicht überprüfte bzw. aufgehobene Urteile einen zeitgerechten, neuen Lösungsweg zu beschreiten" (BTDrucks 13/10013, S. 10; so auch BTDrucks 13/9774, S. 11; 13/10484, S. 11 f.).

(9) Außerdem ist zu bedenken - worauf auch in den Gesetzgebungsmaterialien wiederholt hingewiesen wird -, dass eine Aufrollung des Einzelfalles häufig dadurch erschwert wird, dass die Verfahrensakten absichtlich oder aufgrund von Kriegseinwirkungen vernichtet worden sind (BTDrucks 13/6900, S. 6 f.; 13/9774, S. 7; 13/10013, S. 6 f.; 13/10484, S. 8). Dies bestätigt auch die Praxis. Häufig sind Verfahrensakten und gar eine Urteilsausfertigung - wie auch im vorliegenden Fall - nicht mehr greifbar (vgl. etwa OLG Düsseldorf, OLGSt UnrechtsbeseitigungsG § 1 Nr. 6, S. 1).

(10) Bei der Frage, wie eine umfassende Rehabilitation erreicht werden kann, ist schließlich auch die hohe Zahl der bis 1998 noch in Kraft gewesenen NS-Unrechtsurteile, die auf mehrere Hunderttausende geschätzt wurde (vgl. Vogl, a.a.O., S. 194), zu berücksichtigen. Allein dies macht deutlich, dass durch eine detaillierte Neubeurteilung jedes einzelnen Sachverhaltes das gesetzgeberische Ziel nicht zu erreichen war.

(11) Angesichts dieser Probleme hat der Gesetzgeber die Grenzen seiner Gestaltungsmacht nicht überschritten, wenn er statt einer gerichtlichen Aufrollung der Einzelfälle eine gesetzliche Aufhebung der in §§ 1 und 2 NS-AufhG genannten Entscheidungen anordnet. Hierdurch wird dem Rehabilitierungsinteresse der Betroffenen aus verfassungsrechtlicher Sicht hinreichend Genüge getan (vgl. BVerfGE 101, 275 <288>).

(12) Eine entsprechende Ansicht hat der Bundesgerichtshof zu § 7 der Verordnung über die Gewährung von Straffreiheit vom 3. Juni 1947 - StFVO (VOBl. f.d. Brit. Zone 1947, S. 68), wonach Urteile bestimmter Art durch diese Verordnung aufgehoben wurden, "ohne daß es einer gerichtlichen Entscheidung bedarf", vertreten. Er führte hierzu aus, es wäre nur ein formaler Einwand, wenn man darauf abheben wollte, dass zur Beseitigung von materiell unrichtigen und ungerechten Urteilen nur der Weg des förmlichen Wiederaufnahmeverfahrens gegeben sei. Der Gesetzgeber könne, wenn die zu regelnden Verhältnisse eindeutig und klar genug liegen, auch unmittelbar durch Gesetz das Ziel herbeiführen, das sonst üblicherweise im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens zu erreichen sei (vgl. BGHZ 10, 75 <79>). Handele es sich bei der Verurteilung um eine offenkundige Verletzung des Prinzips der materiellen Gerechtigkeit, müsse der Staat den Verurteilten so stellen, als sei er nicht verurteilt worden. Die Lage sei im Wesentlichen keine andere als in den Fällen der Wiederaufnahme des Verfahrens. Die Wirkung der "Aufhebung" des Urteils durch die Straffreiheitsverordnung müsse dieselbe sein wie im Falle der Aufhebung des Urteils im Wiederaufnahmeverfahren; dies gelte umso mehr, als die Gründe, die zur Aufhebung des Urteils zwingen, hier noch stärker seien als in den Fällen eines erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens (vgl. BGHZ 10, 75 <77> im Fall eines SS- und Polizeigerichts). Diese auch zur Frage der Rehabilitierung bei Entscheidungen des Volksgerichtshofes und der Sondergerichte (vgl. BGHSt 41, 317 <343>) ohne Verfassungsverstoß vertretene Meinung muss im Falle der vorliegenden standgerichtlichen Verurteilung ebenfalls gelten.

6. Aus der Reichweite des NS-Aufhebungsgesetzes und seiner Anwendung durch das Oberlandesgericht ergibt sich auch keine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung der Beschwerdeführer im Vergleich zu den heute noch lebenden Angehörigen anderer Opfer der NS-Justiz, die nicht aus politischen, militärischen, religiösen, rassischen oder weltanschaulichen Gründen und nicht zur Durchsetzung oder Aufrechterhaltung des nationalsozialistischen Unrechtsregimes unberechtigt strafrechtlich verurteilt worden sind.

a) Nach dem allgemeinen Gleichheitssatz darf der Gesetzgeber wesentlich Gleiches nicht ohne rechtfertigenden Grund ungleich behandeln und entsprechend wesentlich Ungleiches nicht gleich (vgl. BVerfGE 4, 144 <155>; 86, 81 <87>). Dabei wird durch eine Gewichtung nach Verhältnismäßigkeit ermittelt, ob und inwieweit die Ähnlichkeit oder Verschiedenheit rechtserheblich ist. Art. 3 Abs. 1 GG gestattet es dem Gesetzgeber nur dann, Personengruppen ungleich zu behandeln, wenn zwischen ihnen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 65, 377 <384>; 78, 232 <247>; 79, 87 <98>; 92, 277 <318>). Die Bindung des Gesetzgebers ist umso enger, je mehr sich Merkmale personenbezogener Differenzierung den in Art. 3 Abs. 3 GG genannten annähern (vgl. BVerfGE 92, 26 <51>). Zudem müssen sich die gesetzlichen Differenzierungen sachbereichsbezogen auf einen vernünftigen oder sonstwie einleuchtenden Grund zurückführen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 76, 256 <329>).

b) Gemessen an diesen Maßstäben ist es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber diejenigen Opfer der NS-Justiz, die unter Verstoß gegen elementare Gedanken der Gerechtigkeit zur Durchsetzung oder Aufrechterhaltung des nationalsozialistischen Unrechtsregimes aus politischen, militärischen, religiösen, rassischen oder weltanschaulichen Gründen strafrechtlich verurteilt worden sind, pauschal rehabilitiert. Diese Opfer werden dadurch begünstigt, dass die Urteile ohne Aufrollung des Verfahrens aufgehoben werden, während die sonstigen Strafjustizopfer der NS-Zeit, auf die die Voraussetzungen des § 1 NS-AufhG nicht zutreffen, darauf angewiesen sind, eine Rehabilitierung über den Weg der Wiederaufnahme des Strafverfahrens zu erreichen.

aa) Die Differenzierung zwischen den durch das NS-Aufhe-bungsgesetz genannten strafgerichtlichen Entscheidungen und den übrigen, nicht von diesem Gesetz erfassten strafgerichtlichen Entscheidungen aus der NS-Zeit beruht auf einleuchtenden und hinreichend gewichtigen Gründen. Der Tatsache des Verstoßes gegen elementare Gedanken der Gerechtigkeit durfte der Gesetzgeber beachtliches Gewicht beimessen, zumal das Grundgesetz der Bindung der Rechtsprechung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 79 Abs. 3 GG) und den strafrechtlichen Verfahrensgrundrechten (Art. 101 und Art. 103 GG) ebenso wie dem Verbot der Benachteiligung der Menschen wegen der in Art. 3 Abs. 3 GG genannten Merkmale und vor allem dem Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 79 Abs. 3 GG) besondere Bedeutung beimisst. Mit dieser Wertung steht die Ausrichtung auf die von §§ 1 und 2 NS-AufhG erfassten Entscheidungen in Einklang. Hierbei handelt es sich unzweifelhaft um schwerstes Justizunrecht, das eine Begünstigung der hiervon Betroffenen rechtfertigt. Dies bestreiten auch die Beschwerdeführer nicht.

bb) Der Umstand, dass infolge der gesetzlichen Aufhebung dieser Urteile gleichzeitig die Wiederaufnahme des Strafverfahrens versagt wird, während in sonstigen strafrechtlichen Urteilen der NS-Zeit eine Aufrollung des Verfahrens im Einzelfall bei Vorliegen eines der strafprozessualen Wiederaufnahmegründe weiterhin möglich ist, stellt keine gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Benachteiligung der unter § 1 NS-AufhG fallenden Betroffenen dar.

Schon der Grundansatz der Beschwerdeführer, dass hier eine Benachteiligung vorliege, trifft nicht zu. Das Gegenteil ist der Fall, da - wie ausgeführt - durch das NS-Aufhebungsgesetz eine volle Rehabilitierung erreicht wird und ein Schuldvorwurf nicht bestehen bleibt. Es bestand somit aus verfassungsrechtlicher Sicht keine Notwendigkeit, den von der Rehabilitierung nach dem NS-Aufhebungsgesetz Begünstigten die Möglichkeit der Beschreitung des Wiederaufnahmeverfahrens nach §§ 359 ff. StPO offen zu halten. Im Übrigen handelt es sich bei der Aufstellung der Voraussetzungen für eine Rehabilitierung nach § 1 NS-AufhG um eine Typisierung des Gesetzgebers, bei der in Kauf genommen wird, dass hierdurch auch Personen erfasst werden, denen ohne die Typisierung auch eine andere Möglichkeit zur Verfügung gestanden hätte, das gleiche Ziel zu erreichen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der bevorzugenden Typisierung weiter gespannt ist als bei der benachteiligenden Typisierung (vgl. BVerfGE 17, 1 <24>).

Ist in Fällen wie dem vorliegenden, in dem das Oberlandesgericht Köln eine Anwendbarkeit des § 1 NS-AufhG bejaht hat, weil es sich bei der standrechtlichen Verurteilung der beiden Jungen um einen nur äußerlich in das Gewand eines "Urteils" gekleideten, unter Verletzung elementarer Menschenrechte begangenen Akt der Willkür handelte, mit dem aus militärischen Gründen die Aufrechterhaltung der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft bezweckt war, zufälligerweise ein "neues" Beweismittel im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO zu Tage getreten, ändert dies nichts an dem grundsätzlichen und offenbaren Unrechtscharakter des Urteils, dessentwegen es der gesetzlichen Aufhebung unterfällt. Das Hinzutreten eines Wiederaufnahmegrundes zu dem dem Urteil ohnehin anhaftenden immanenten Unrechtsgehalt nötigt unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nicht dazu, hier noch ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 359 ff. StPO für zulässig zu erachten.

cc) Auch unter Berücksichtigung des § 18 des Zuständigkeitsergänzungsgesetzes vom 7. August 1952 - ZustErgG (BGBl I S. 407; hierzu Frister/Deiters, Vor § 359 Rn. 13), wodurch der Anwendungsbereich der Vorschriften des strafprozessualen Wiederaufnahmeverfahrens auf bestimmte Entscheidungen der NS-Justiz erweitert wurde, liegt keine Ungleichbehandlung derjenigen Personen vor, auf die das NS-Aufhebungsgesetz anwendbar ist. Danach können speziell Verfahren eines Gerichts der Wehrmacht, einer wehrmachtähnlichen Formation sowie der Sondergerichte zugunsten des Verurteilten nach den Vorschriften der Strafprozessordnung wieder aufgenommen werden. Die dargelegte Unzulänglichkeit des strafprozessualen Wiederaufnahmeverfahrens bei der Rehabilitierung der NS-Strafjustizopfer wurde auch durch die Einführung des Zuständigkeitsergänzungsgesetzes nicht entscheidend abgemildert. Im Übrigen hat dieses Gesetz auf den zu beurteilenden Fall keinen Einfluss.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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