Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 23.07.2007
Aktenzeichen: 2 BvR 491/07
Rechtsgebiete: BVerfGG, StGB, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 93a
BVerfGG § 93a Abs. 2
BVerfGG § 93b
StGB § 67d Abs. 2
GG Abs. 2 Satz 1
GG Art. 2 Abs. 2 Satz 2
GG Art. 104 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 491/07 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen a) den Beschluss des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 6. Februar 2007 - 1 Ws 12/07 -,

b) den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 14. November 2006 - 1 StVK 855/06 -

hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Richter Broß, die Richterin Osterloh und den Richter Mellinghoff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 23. Juli 2007 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.

1. Ob gemäß § 67d Abs. 2 StGB im Einzelfall die weitere Vollstreckung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Bewährung auszusetzen ist, ist in erster Linie eine Frage der Auslegung und Anwendung des Strafvollstreckungsrechts. Die der Strafvollstreckungskammer und dem Oberlandesgericht abverlangte Entscheidung gebietet unter anderem eine prognostische Bewertung und eine vollstreckungsrechtliche Gesamtwürdigung. Eine Grundrechtsverletzung kann das Bundesverfassungsgericht nur feststellen, wenn die Gerichte entweder nicht erkannt haben, dass in ihre Abwägung Grundrechte einwirken, oder wenn ihre Entscheidung auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung dieser Grundrechte beruht (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>; 70, 297 <314 f.>).

Die verfassungsrechtlichen Anforderungen, die Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und Art. 104 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GG an die richterliche Überprüfung der Fortdauer einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus stellen, ergeben sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Ebenso wie für die Anordnung gilt auch für jede Überprüfung und Aufrechterhaltung der Freiheitsentziehung, dass eine strenge Prüfung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen hat (vgl. grundlegend BVerfGE 70, 297 ff. und 109, 133 ff. sowie Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Januar 2005 - 2 BvR 983/04 -). Je länger die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus andauert, umso strenger werden die Voraussetzungen für die Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzuges sein (vgl. BVerfGE 70, 297 <315>). Daher haben sich die Gerichte eine ausreichende Tatsachengrundlage zu verschaffen und darzulegen, aufgrund welcher Tatsachen die Gefahr von Straftaten mit welcher Wahrscheinlichkeit besteht (vgl. BVerfGE 70, 297 <311 ff.>). Der im Einzelfall unter Umständen nachhaltige Einfluss des gewichtiger werdenden Freiheitsanspruchs wird jedoch dort an Grenzen stoßen, wo es mit Blick auf die Art der von dem Untergebrachten drohenden Taten, deren Bedeutung und Wahrscheinlichkeit vor dem staatlichen Schutzauftrag für die Rechtsgüter des Einzelnen und der Allgemeinheit unvertretbar erscheint, den Untergebrachten in die Freiheit zu entlassen (BVerfGE 70, 297 <315>).

2. Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschlüsse werden den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht. Die Fachgerichte haben eine der Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG ausreichend Rechnung tragende Bewertung und Abwägung vorgenommen, die in den angegriffenen Beschlüssen noch hinreichend deutlich dargelegt wurde. Ob die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte in jeder Hinsicht zutreffend gewichtet worden sind oder ob eine andere Beurteilung näher gelegen hätte, unterfällt nicht der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Denn es hat nicht seine eigene Wertung nach Art des Rechtsmittelgerichts an die Stelle derjenigen des zuständigen Richters zu setzen (vgl. BVerfGE 95, 96 <141>).

Die Gerichte sind insbesondere auf der Grundlage des psychiatrischen Gutachtens und der damit im Einklang stehenden aktuellen Stellungnahme der Klinik zu der Überzeugung gelangt, dass der Beschwerdeführer in Folge seiner unveränderten Persönlichkeitsstörung außerhalb des Maßregelvollzugs erneut erhebliche Straftaten - ohne Gewaltanwendung - begehen werde. Dabei haben sie das fortgeschrittene Alter des Beschwerdeführers und die damit einhergehende eingeschränkte Mobilität sowie seinen hirnstereotaktischen Eingriff berücksichtigt. Das Ergebnis der befassten Gerichte, die erneut seit dem Jahre 1996 ohne Unterbrechung vollstreckte Unterbringung noch nicht zur Bewährung auszusetzen, bewegt sich nicht außerhalb des Wertungsrahmens, der den Fachgerichten im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zukommt und ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück