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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 14.06.2006
Aktenzeichen: 2 BvR 537/05
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 13 Abs. 1
GG Art. 13 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

- 2 BvR 537/05 -

In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde

gegen den Beschluss des Landgericht Bochum vom 17. März 2005 - 12 Qs 8 und 10/03 -

hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Richter Broß, die Richterin Osterloh und den Richter Mellinghoff gemäß § 93c in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 14. Juni 2006 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 17. März 2005 - 12 Qs 8 und 10/03 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 13 Absätze 1 und 2 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Bochum zurückverwiesen.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe:

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Beschluss eines Beschwerdegerichts, mit dem ein vom Bundesverfassungsgericht aufgehobener Durchsuchungsbeschluss für rechtmäßig erklärt wird.

I.

1. Das Bundesverfassungsgericht hob eine gegen den Beschwerdeführer ergangene Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts und die sie bestätigende Beschwerdeentscheidung des Landgerichts auf, weil die Beschlüsse den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und 2 GG verletzten (vgl. BVerfGK 5, 84). Die von den Gerichten herangezogenen tatsächlichen Umstände und daraus gezogenen Schlüsse begründeten allenfalls die vage Vermutung der Täterschaft des Beschwerdeführers und könnten deshalb den schwerwiegenden Eingriff, den eine Durchsuchung bedeutet, nicht rechtfertigen.

Die Sache wurde an das Landgericht zurückverwiesen.

2. Mit dem angegriffenen Beschluss verwarf das Landgericht die Beschwerde des Beschwerdeführers erneut. Die Aktenlage, die dem Ermittlungsrichter bekannt gewesen sei, begründe nach kriminalistischer Erfahrung einen Tatverdacht.

3. Der Beschwerdeführer hat erneut Verfassungsbeschwerde erhoben. Die angegriffene Entscheidung missachte den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts und sei deshalb willkürlich. Das Landgericht habe lediglich andere Formulierungen verwendet, um einen Tatverdacht zu begründen, den das Bundesverfassungsgericht nicht für ausreichend gehalten habe. Soweit es darüber hinaus auf den Akteninhalt zurückgreife, gebe es ihn verfälscht wieder.

II.

1. Das Land Nordrhein-Westfalen hat Gelegenheit zur Äußerung gehabt (§ 94 BVerfGG). Es hat von einer Stellungnahme abgesehen.

2. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten 48 Js 1/02 der Staatsanwaltschaft Bochum vorgelegen.

III.

Die Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Sie ist offensichtlich begründet, so dass die Kammer entscheiden kann (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

Der angegriffene Beschluss des Landgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und 2 GG. Das Landgericht hat nicht zur Kenntnis genommen, dass das Bundesverfassungsgericht nicht nur die Beschwerdeentscheidung, sondern auch den ursprünglichen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts aufgehoben und für verfassungswidrig erklärt hat. Indem das Landgericht nunmehr nochmals inhaltlich über die Beschwerde gegen den aufgehobenen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts entscheidet, hat es die Grundrechtsverletzung erneuert und vertieft und zudem die Rechtskraft des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts missachtet. Eine gerichtliche Entscheidung, die das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt und aufgehoben hat (§ 95 Abs. 2 BVerfGG), kann nicht in einer erneuten fachgerichtlichen Entscheidung für rechtmäßig erklärt werden. Über die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts durfte das Landgericht nicht mehr entscheiden. Dem Anliegen des Beschwerdeführers, der mit seiner Beschwerde die Feststellung der Verfassungswidrigkeit des Durchsuchungsbeschlusses begehrte, ist durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts endgültig entsprochen worden. Anders wäre es, wenn nur die Beschwerdeentscheidung aufgehoben worden wäre, so dass eine erneute Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen, aber nicht aufgehobenen Durchsuchungsbeschluss möglich gewesen wäre. Hier aber diente die Rückverweisung der Sache nur noch der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

IV.

Die angegriffene Entscheidung ist aufzuheben (§ 95 Abs. 2 BVerfGG). Ob die Ausführungen des Landgerichts zum Tatverdacht vertretbar sind oder nicht, bedarf keiner Entscheidung. Die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen, das noch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben wird.

V.

Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.



Ende der Entscheidung

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