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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 04.11.2001
Aktenzeichen: 2 BvR 944/01
Rechtsgebiete: BVerfGG, StGB, GG


Vorschriften:

BVerfGG § 93b
BVerfGG § 93a
BVerfGG § 93a Abs. 2
BVerfGG § 93d Abs. 1 Satz 3
StGB § 57a
StGB § 57a Abs. 1 Nr. 3
StGB § 57 Abs. 1 Nr. 2
GG Art. 2 Abs. 2 Satz 2
GG Art. 104 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT - 2 BvR 944/01 -

In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterin Präsidentin Limbach und die Richter Hassemer, Mellinghoff gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 4. November 2001 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt.

1. Sie ist mangels hinreichender Substantiierung unzulässig. Den Vorwurf, das Landgericht habe seine verfassungsrechtliche Pflicht zu zureichender richterlicher Sachaufklärung verletzt, begründet der Beschwerdeführer im Wesentlichen damit, dass ein bereits 1998 eingeholtes psychiatrisches Gutachten als Beurteilungsgrundlage nicht ausreiche und unberücksichtigt geblieben sei, dass in den vergangenen zwei Jahren von ihm gestellte Anträge auf therapeutische Behandlung bzw. Vollzugslockerungen zu Unrecht von der Vollzugsanstalt "blockiert" worden seien. Er legt (von wenigen Seiten abgesehen) jedoch weder das Gutachten vor noch die - Vollzugslockerungen bzw. therapeutische Behandlung betreffenden - Anträge nebst dazu ergangenen gerichtlichen Entscheidungen. Des Weiteren teilt er das Strafurteil nicht mit, auf das die von ihm angegriffenen Beschlüsse Bezug nehmen und das als Ausgangspunkt sowohl der gerichtlichen als auch der sachverständigen Prognosebeurteilung zu Grunde lag. Damit hat der Beschwerdeführer weder seinen Vorwurf selbst noch den ihm zugrundeliegenden Sachverhalt in einer eine hinreichende verfassungsrechtliche Prüfung ermöglichenden Weise substantiiert (§§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG) vorgetragen, die es dem Bundesverfassungsgericht erlaubt, ohne weitere Ermittlungen das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen zu prüfen und über die Annahmevoraussetzungen zu befinden.

2. Darüber hinaus hätte die Verfassungsbeschwerde aber auch aus materiell-rechtlichen Gründen keinen Erfolg. Bei der nach § 57a StGB zu treffenden Entscheidung handelt es sich um die Auslegung und Anwendung so genannten einfachen Rechts, die Sache der Fachgerichte ist. Sie wird vom Bundesverfassungsgericht nur daraufhin nachgeprüft, ob das Strafvollstreckungsgericht in objektiv unvertretbarer Weise vorgegangen ist oder die verfassungsrechtliche Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts - hier insbesondere des durch Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 104 Abs. 2 GG verbürgten Freiheitsrechts - verkannt hat (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f., 96>; 72, 105 <113 ff.>). Dafür ist hier nichts ersichtlich.

Insbesondere haben die Gerichte - entgegen der Beanstandung des Beschwerdeführers - nicht gegen das aus den vorgenannten Grundrechten abgeleitete Gebot bestmöglicher Sachaufklärung (vgl. BVerfGE 70, 297 <309>) verstoßen. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass sie mit Blick auf die von dem Beschwerdeführer begangenen Taten (Mord und Vergewaltigung) grundsätzlich davon ausgehen, dass eine Entlassung nur in Betracht kommt, wenn eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für künftige Straffreiheit besteht. Nicht zu beanstanden ist es deshalb auch, wenn die Gerichte wegen der Unsicherheit über das Fortbestehen der durch die Tat zutage getretenen Gefährlichkeit des Verurteilten die für § 57a Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB erforderliche günstige Prognose derzeit im Ergebnis nicht gestellt und deshalb eine Strafrestaussetzung abgelehnt haben. Die Gerichte sind vorliegend auf der Grundlage eines rund zwei Jahre zuvor eingeholten umfangreichen psychiatrischen Gutachtens davon ausgegangen, dass erst eine über mehrere Jahre hinweg durchgehaltene Therapie in Verbindung mit begleitenden Vollzugslockerungen zu einer Besserung der Psychopathologie des Verurteilten führen könne. Ferner haben sie festgestellt, dass in den zurückliegenden zwei Jahren insgesamt drei Therapieversuche unternommen wurden, von denen zwei scheiterten, Vollzugslockerungen bislang nicht erfolgten und ein dritter Behandlungsversuch erst zwei Monate vor der Entscheidung begonnen wurde. Vor diesem Hintergrund musste sich weder die Einholung eines neuen psychiatrischen Gutachtens aufdrängen, noch ist den Gerichten aus sonstigen Umständen der Vorwurf unzureichender Sachaufklärung zu machen.

Dass sie wegen der Unsicherheit des Fortbestehens der durch die Tat zutage getretenen Gefährlichkeit des Verurteilten im Ergebnis eine günstige Kriminalprognose nicht gestellt haben, entzieht sich nach den oben dargelegten Kriterien zur Überprüfung fachgerichtlicher Entscheidungen (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f., 96>) einer Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht, denn es hat nicht seine eigene Wertung nach Art eines Rechtsmittelgerichts an die Stelle derjenigen des zuständigen Richters zu setzen.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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