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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 04.12.2001
Aktenzeichen: BVerwG 1 C 11.01
Rechtsgebiete: VwGO, AsylVfG, AuslG


Vorschriften:

VwGO § 88
VwGO § 129
AsylVfG § 31 Abs. 3
AsylVfG § 42
AuslG § 53 Abs. 6
Das Verpflichtungsbegehren auf Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ist in der Regel sachdienlich dahin gehend auszulegen, dass eine Feststellung nur hinsichtlich des Staates oder der Staaten begehrt wird, für die eine negative Feststellung nach § 53 AuslG getroffen worden ist oder die in der Abschiebungsandrohung als Zielstaaten bezeichnet sind. Für eine Klage auf vorsorgliche Feststellung von Abschiebungshindernissen bezüglich weiterer Staaten besteht in der Regel kein Rechtsschutzbedürfnis.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 1 C 11.01

Verkündet am 4. Dezember 2001

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 2001 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Eckertz-Höfer, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Mallmann und Hund, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Beck und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eichberger

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Hamburg vom 12. Januar 2001 wird hinsichtlich der Kostenentscheidung geändert und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zu der Feststellung verpflichtet worden ist, dass zu Gunsten des Klägers ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG auch hinsichtlich solcher Staaten besteht, in denen eine medizinische Behandlung der Krankheit des Klägers nicht möglich oder ihm nicht zugänglich ist. Die Berufung wird auch insoweit zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger 5/6 und die Beklagte 1/6.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 AuslG.

Der 1963 geborene Kläger ist ghanaischer Staatsangehöriger. Er kam im Oktober 1991 nach Deutschland und beantragte Asyl. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) lehnte mit Bescheid vom 26. März 1993 den Asylantrag ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen, und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Ghana an; die Androhung war mit dem Hinweis verbunden, dass der Kläger auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet ist.

Mit seiner Klage hat der Kläger ergänzend zu seinem Asylvorbringen geltend gemacht, er leide an einer lebensbedrohlichen Nierenerkrankung, die in Ghana nicht entsprechend behandelt werden könne. Das Verwaltungsgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Auf die hinsichtlich des Anspruchs auf Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zugelassene Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte zu der Feststellung verpflichtet, dass wegen der Erkrankung des Klägers an Urosepsis ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG hinsichtlich Ghanas und hinsichtlich solcher Staaten besteht, in denen eine medizinische Behandlung des Klägers nicht möglich oder ihm nicht zugänglich ist. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die dem Kläger im Falle seiner Abschiebung drohende Verschlimmerung seiner Krankheit stelle zwar wegen der großen Verbreitung dieser Erkrankung in Ghana eine allgemeine Gefahr dar, bei der die Anwendung von § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG durch Satz 2 der Vorschrift i.V.m. § 54 AuslG gesperrt sei. Gleichwohl sei dem Kläger Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung von § 53 Abs. 6 AuslG zuzuerkennen, weil er bei einer Rückkehr nach Ghana gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod ausgeliefert würde. Zu den dort grundsätzlich zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten habe er nämlich mangels finanzieller Mittel keinen Zugang. Da solche Abschiebungshindernisse konkret nur hinsichtlich Ghanas festgestellt seien, sei dem unbeschränkten Feststellungsantrag allerdings nur in dem tenorierten Umfang stattzugeben.

Mit der Revision greift die Beklagte dieses Urteil nur insoweit an, als sie zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses gemäß § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG auch hinsichtlich solcher Staaten verpflichtet worden ist, in denen eine medizinische Behandlung der Krankheit des Klägers nicht möglich oder ihm nicht zugänglich ist. Zu einer derart unbestimmten Feststellung von Abschiebungshindernissen sei sie nicht verpflichtet. Außerdem drohe dem Kläger eine Abschiebung in einen Drittstaat ohnehin nicht. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass etwa ein anderer afrikanischer Staat zur Aufnahme des Klägers bereit wäre.

Während des Revisionsverfahrens hat die Beklagte die Verpflichtung zur Feststellung von Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG bezüglich Ghanas durch Erteilung eines entsprechenden Feststellungsbescheides erfüllt.

II.

Die Revision der Beklagten ist begründet.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein die Frage, ob die Beklagte zu Recht verpflichtet worden ist, wegen der Erkrankung des Klägers ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG auch hinsichtlich nicht näher bezeichneter weiterer Staaten festzustellen, in denen eine medizinische Behandlung des Klägers nicht möglich oder ihm nicht zugänglich ist. Dass die Beklagte zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 AuslG bezüglich Ghanas verpflichtet ist, steht dagegen rechtskräftig fest, da die Beklagte das Berufungsurteil insoweit nicht angegriffen hat. Eine derartige Beschränkung der Revision ist zulässig, weil es sich bei der Verpflichtung zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG bezüglich verschiedener Staaten jeweils um eigenständige Streitgegenstände oder jedenfalls abtrennbare Streitgegenstandsteile handelt, die prozessual ein unterschiedliches Schicksal erleiden können.

Das Urteil des Berufungsgerichts verletzt Bundesrecht, soweit es die Beklagte zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 AuslG bezüglich anderer Staaten als Ghana verpflichtet hat. Denn der Kläger kann eine solche Feststellung nicht beanspruchen. Das Berufungsurteil war deshalb teilweise aufzuheben und die Berufung, soweit sie auf die Verpflichtung zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 AuslG hinsichtlich anderer Staaten als Ghana gerichtet war, zurückzuweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass das Berufungsbegehren des Klägers sich auf die Feststellung von Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG nicht nur hinsichtlich Ghanas, sondern auch hinsichtlich weiterer, nicht näher bezeichneter Staaten richtete. Dies ergibt sich allerdings nicht bereits daraus, dass der Klageantrag in erster Instanz ebenso wie der Berufungsantrag ("die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides zu Nr. 3 zu verpflichten, für den Kläger Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG festzustellen") seinem Wortlaut nach nicht ausdrücklich auf Ghana beschränkt war. Denn nach § 88 VwGO ist für die Ermittlung des Klagebegehrens nicht allein der Wortlaut der Anträge, sondern das wirkliche, in dem gesamten Parteivorbringen zum Ausdruck kommende Rechtsschutzziel maßgeblich; Entsprechendes gilt für die Ermittlung des Berufungsbegehrens (vgl. §§ 128, 129 VwGO; stRspr, etwa Urteil vom 7. Februar 1997 - BVerwG 9 C 11.96 - Buchholz 310 § 129 VwGO Nr. 6 m.w.N.). Das Rechtsschutzbegehren des im Verwaltungsverfahren erfolglos gebliebenen Asylsuchenden auf Abschiebungsschutz nach § 53 AuslG ist auch im Falle eines uneingeschränkt formulierten Antrags in der Regel sachdienlich dahin gehend auszulegen, dass Abschiebungsschutz nach § 53 AuslG nicht weltweit, sondern nur bezüglich des Staates oder der Staaten begehrt wird, für die das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) festgestellt hat, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen, oder die es in der Abschiebungsandrohung ausdrücklich als Zielstaaten bezeichnet hat. Dies ist typischerweise - wie auch hier - der Herkunftsstaat des Asylsuchenden, in Bezug auf den er auch Asyl- und Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG wegen politischer Verfolgung beantragt hat. Eine darüber hinausgehende Erstreckung des Rechtsschutzbegehrens auf weitere Staaten entspricht im Normalfall schon deshalb nicht dem Interesse des Asylbewerbers und wäre folglich nicht sachdienlich, weil für ein solches weitergehendes Begehren in der Regel kein Rechtsschutzbedürfnis besteht und es auch an einem entsprechenden materiellrechtlichen Anspruch fehlt. Etwas anderes gilt indes dann, wenn der Kläger aufgrund eindeutiger Erklärungen im Laufe des Rechtsstreits zu erkennen gibt, dass sein Antrag ausnahmsweise auch die Feststellung von Abschiebungshindernissen hinsichtlich weiterer Staaten erfassen soll. Denn die Möglichkeit einer sachdienlichen Auslegung des Klagebegehrens findet ihre Grenze in dem ausdrücklich bekundeten Willen des Klägers (vgl. Beschluss vom 29. August 1989 - BVerwG 8 B 9.89 - Buchholz 310 § 88 VwGO Nr. 17). So liegt der Fall hier. Nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der Revisionsverhandlung hat dieser nach Erörterung der richtigen Antragsformulierung in der Berufungsverhandlung erklärt, dass sein Begehren sich nicht auf Ghana beschränke, sondern sämtliche anderen Staaten, die nach seiner Auffassung wegen des Hinweises nach § 50 Abs. 2 AuslG in der Abschiebungsandrohung infrage standen, erfassen solle. In diesem umfassenden Sinn hat offensichtlich auch das Berufungsgericht den Antrag verstanden und folgerichtig die Berufung, soweit es ihr nicht stattgegeben hat, im Übrigen zurückgewiesen.

Das Berufungsgericht hat indes zu Unrecht dem Begehren auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 AuslG bezüglich anderer Staaten als Ghana teilweise entsprochen. Dieses Begehren ist nämlich unzulässig, weil dem Kläger insoweit schon das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Der Kläger bedarf keines gerichtlichen Schutzes im Hinblick auf die Feststellung von Abschiebungshindernissen bezüglich anderer Staaten. Denn weder hat das Bundesamt in seinem Ablehnungsbescheid insoweit irgendwelche Entscheidungen zu Lasten des Klägers getroffen, noch bestehen sonst Anhaltspunkte dafür, dass er eine Abschiebung in einen anderen Staat ernsthaft zu befürchten hat. Die Feststellung in dem Bescheid des Bundesamts, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen, bezieht sich trotz ihrer allgemein gehaltenen Formulierung nur auf den in der Begründung des Bescheides und in der Abschiebungsandrohung als Zielstaat benannten Staat Ghana, den Herkunftsstaat des Klägers. Dass das Bundesamt mit seiner Feststellung zu § 53 AuslG weitere Staaten erfassen wollte, ist nicht ersichtlich. Etwas anderes kann insbesondere nicht dem nach § 50 Abs. 2 AuslG vorgeschriebenen allgemeinen Hinweis in der Abschiebungsandrohung entnommen werden, dass der Ausländer auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Dieser Hinweis hat keinen Regelungscharakter. Er entbindet die Behörde nicht davon, dem Kläger einen konkret ins Auge gefassten neuen Abschiebezielstaat rechtzeitig vorher mitzuteilen, um ihm Gelegenheit zu geben, etwaige Abschiebungshindernisse bezüglich dieses Staates geltend zu machen und gegebenenfalls Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (Urteil vom 25. Juli 2000 - BVerwG 9 C 42.99 - BVerwGE 111, 343, 344 ff., 347). Für einen gleichsam vorbeugenden Rechtsschutz gegen eine Abschiebung in Zielstaaten, die von der Behörde noch nicht erkennbar ins Auge gefasst sind, besteht deshalb kein Bedürfnis. Das Berufungsgericht hätte die Klage insoweit bereits als unzulässig abweisen müssen.

Unabhängig davon verletzt das Berufungsurteil auch deshalb Bundesrecht, weil es einen materiellrechtlichen Anspruch des Klägers auf Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 AuslG bezüglich anderer Staaten als Ghana bejaht und die Beklagte zu einer entsprechenden Feststellung verpflichtet hat. Ein solcher Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Er könnte sich nur aus dem Asylverfahrensgesetz ergeben, da das Ausländergesetz eine gesonderte Feststellung über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG nicht vorsieht. Nach Maßgabe des § 31 Abs. 3 i.V.m. § 24 Abs. 2 AsylVfG hat das Bundesamt von Amts wegen eine derartige Feststellung zu § 53 AuslG zu treffen, die ihrerseits für die Ausländerbehörde bindend ist (§ 42 AsylVfG). Hinsichtlich welcher Staaten danach über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen gemäß § 53 AuslG zu entscheiden ist, ist allerdings nicht ausdrücklich geregelt. Der Asylsuchende hat Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 53 AuslG jedenfalls nur hinsichtlich der Staaten, für die das Bundesamt verpflichtet ist, eine solche Feststellung zu treffen, für die es eine ihm nachteilige Feststellung bereits getroffen hat oder in die abgeschoben zu werden er aus berechtigtem Anlass sonst befürchten muss.

Das Gesetz geht erkennbar davon aus, dass die Feststellung des Bundesamts zu § 53 AuslG sich in erster Linie auf den Herkunftsstaat des Asylbewerbers beziehen soll, im Hinblick auf den politische Verfolgung geltend gemacht wird und der sich bei Erfolglosigkeit dieses Begehrens vorrangig als Zielstaat für eine Abschiebung anbietet. Andernfalls wäre nicht einleuchtend, warum etwa beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG, eines ebenfalls nur auf einen Zielstaat bezogenen Abschiebungshindernisses, gemäß § 31 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG von einer Feststellung zu § 53 AuslG abgesehen werden kann (vgl. hierzu auch BTDrucks 12/4450, S. 23). Darüber hinaus wird wegen der übereinstimmenden rechtlichen Voraussetzungen für die Zielstaatsbezeichnung in der Abschiebungsandrohung (§ 34 AsylVfG, § 50 Abs. 2 und 3 AuslG) eine Feststellung zu § 53 AuslG auch hinsichtlich eines anderen in der Abschiebungsandrohung angegebenen konkreten Zielstaats (vgl. auch Roth, in: Hailbronner, Ausländerrecht, § 34 AsylVfG Rn. 69) und gegebenenfalls auch hinsichtlich eines nachträglich auf sonstige Weise konkretisierten Zielstaats geboten sein. Dagegen begründet das Gesetz keine Pflicht des Bundesamts - und folglich auch keinen Anspruch des Asylbewerbers - auf weltweite Prüfung von Abschiebungshindernissen (so auch die obergerichtliche Rechtsprechung, vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 2. Juni 1998 - 4 Bf 297/98.A - <juris>; OVG Koblenz, Beschluss vom 6. Februar 1998 - 11 A 10716/97 - AuAS 1998, 154 = EzAR 044 Nr. 13; OVG Lüneburg, Beschluss vom 30. August 1996 - 13 L 4828/96 - <juris>; VGH Mannheim, Beschluss vom 18. April 1994 - A 13 S 441/94 - VBlBW 1994, 382). Eine derart weitgehende Pflicht kann insbesondere nicht aus dem nach § 50 Abs. 2 AuslG vorgeschriebenen allgemeinen Hinweis auf die Möglichkeit der Abschiebung in andere Staaten hergeleitet werden. Denn - wie bereits ausgeführt - enthält dieser Hinweis für den Betroffenen keine Regelung. Ausreichender gerichtlicher Rechtsschutz vor der Abschiebung in einen anderen Staat ist in jedem Fall gewährleistet. Eine Verpflichtung zur unbegrenzten Zielstaatenprüfung würde zudem zu einer Ausweitung des Prüfprogramms des Bundesamts und der Gerichte führen, die zu dem gesetzgeberischen Ziel der Beschleunigung der Asylverfahren in Widerspruch stünde. Allerdings ist das Bundesamt regelmäßig berechtigt, von sich aus eine Feststellung zu § 53 AuslG auch bezüglich anderer, für die Abschiebung in Betracht kommender Zielstaaten gewissermaßen "auf Vorrat" zu treffen und dem Asylsuchenden damit die gerichtliche Überprüfung einer solchen Feststellung zu eröffnen. Aus dieser Befugnis folgt aber nicht, dass der Asylbewerber seinerseits auch ohne entsprechende Entscheidung des Bundesamts eine derartige Vorratsentscheidung beanspruchen könnte.

Da das Bundesamt hier über Abschiebungshindernisse hinsichtlich anderer Staaten als Ghana nicht entschieden, die Abschiebung in einen bestimmten anderen Staat nicht angedroht oder angekündigt hat und deshalb dem Kläger eine solche Abschiebung nicht konkret droht, steht ihm nach materiellem Recht ein Anspruch auf (vorsorgliche) Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 AuslG hinsichtlich weiterer Staaten nicht zu.

Ein Bundesrechtsverstoß liegt schließlich auch darin, dass das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, die Beklagte zu einer vom Gesetz nicht vorgesehenen unbestimmten Feststellung verpflichtet hat. Die Feststellung über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG muss sich grundsätzlich auf konkrete Staaten beziehen. Dies ergibt sich für § 53 Abs. 6 AuslG schon daraus, dass die hierfür in § 41 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG angeordnete gesetzliche Rechtsfolge, die dreimonatige Aussetzung der Abschiebung "in den betreffenden Staat", eine eindeutige Angabe des Zielstaates erfordert. Es folgt im Übrigen auch allgemein aus der Funktion der besonderen Feststellung des Bundesamts zu § 53 AuslG, mit der letztlich ebenso wie mit der Zielstaatsbezeichnung in der Abschiebungsandrohung eine für die Ausländerbehörde eindeutige und verbindliche Regelung (vgl. § 42 AsylVfG) getroffen werden soll, die der Zuständigkeitsverteilung zwischen Bundesamt und Ausländerbehörde bei der Behandlung erfolgloser Asylbewerber gerecht wird (vgl. zur Zielstaatsbezeichnung in der Abschiebungsandrohung: Urteil vom 25. Juli 2000 a.a.O. BVerwGE 111, 345 f.). Eine Feststellung, die - wie vom Berufungsgericht vorgesehen - die Ermittlung der Staaten, in die der Kläger nicht abgeschoben werden darf, von weiteren im Einzelfall noch aufzuklärenden zielstaatsbezogenen Umständen wie der Behandelbarkeit von Krankheiten abhängig macht, stellt aber keine hinreichend bestimmte Entscheidung über zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse dar und kann daher auch keine Bindungswirkung nach § 42 AsylVfG entfalten. Zu einer derartigen Feststellung durfte die Beklagte nicht verpflichtet werden.

Die Entscheidung über die Kosten beruht für das Revisionsverfahren auf § 154 Abs. 1 VwGO, für das Berufungsverfahren und das erstinstanzliche Verfahren auf § 155 Abs. 1 VwGO. Für das Berufungsverfahren ist der Senat davon ausgegangen, dass das Abschiebungsschutzbegehren nach § 53 Abs. 6 AuslG hinsichtlich Ghanas einerseits und hinsichtlich weiterer, nicht benannter Staaten andererseits mit je 1/2 zu bewerten ist, so dass dem Kläger und der Beklagten die Kosten je zur Hälfte zur Last fallen. Für das erstinstanzliche Verfahren hat der Senat entsprechend seiner ständigen Praxis den Anspruch auf Asyl- und Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG mit je 1/3 und den Anspruch auf Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1, 2 und 4 AuslG einerseits und § 53 Abs. 6 AuslG andererseits mit je 1/6 bewertet.

Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 83 b Abs. 2 AsylVfG.

Ende der Entscheidung

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