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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 09.12.1997
Aktenzeichen: BVerwG 1 C 19.96
Rechtsgebiete: GG, AuslG, EMRK, DVAuslG


Vorschriften:

GG Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1
AuslG § 8 Abs. 1 Nr. 1
AuslG § 17 Abs. 1
AuslG § 30 Abs. 3
AuslG § 55 Abs. 2
AuslG § 53 Abs. 4
EMRK Art. 8
DVAuslG § 9
Leitsätze:

1. Mit Art. 6 GG und Art. 8 EMRK ist es vereinbar, einem ohne erforderliches Visum eingereisten Ausländer die Aufenthaltserlaubnis nach Maßgabe des Ausländergesetzes und der Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes auch dann zu versagen, wenn Angehörige im Bundesgebiet leben.

2. Soweit es mit Art. 6 GG und Art. 8 EMRK nicht vereinbar ist, den unanfechtbar ausreisepflichtigen Ausländer abzuschieben, kann ihm nach Maßgabe des § 30 AuslG der weitere Aufenthalt durch die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis ermöglicht werden.

Urteil des 1. Senats vom 9. Dezember 1997 - BVerwG 1 C 19.96 -

I. VG Schleswig vom 30.01.1995 - Az.: VG 11 A 196/94 - II. OVG Schleswig vom 30.04.1996 - Az.: OVG 4 L 62/95 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 1 C 19.96 OVG 4 L 62/95

Verkündet am 9. Dezember 1997

Reuter Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 1997 durch den Vorsitzenden Richter Meyer und die Richter Gielen, Dr. Hahn, Groepper und Richter

für Recht erkannt:

Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 30. April 1996 wird geändert.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 30. Januar 1995 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Gründe:

I.

Der 1949 geborene Kläger ist syrischer Staatsangehöriger. Er reiste 1986 in Begleitung seiner damaligen Ehefrau, einer Polin, und der Beigeladenen, der 1985 in Syrien ehelich geborenen gemeinsamen Tochter, in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte hier erfolglos seine Anerkennung als Asylberechtigter. Das Asylverfahren und ein Asylfolgeverfahren sind am 21. September 1993 rechtskräftig abgeschlossen worden.

Seit dem 1. Dezember 1990 wohnten die Eheleute getrennt. Die Ehe wurde 1991 geschieden. Das Sorgerecht für die Tochter wurde der Mutter übertragen. Mutter und Tochter sind inzwischen im Besitz unbefristeter Aufenthaltserlaubnisse.

Im Oktober 1993 beantragte der Kläger unter Hinweis auf den Umgang mit seiner Tochter die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, hilfsweise einer Aufenthaltsbefugnis. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 21. März 1994 ab; zugleich drohte er dem Kläger unter Fristsetzung die Abschiebung an. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 1994). Zur Begründung führte der Beklagte aus, sowohl nach dem Eindruck des Sozialarbeiters als auch nach Angabe der Mutter bestehe zwischen dem Kläger und seiner Tochter kein Vater-Kind-Verhältnis, sondern eine bloße Begegnungsgemeinschaft, da der Kläger weder an ihrer Betreuung noch an ihrer Erziehung teilnehme, vielmehr die Mutter nach der Trennung das Kind allein versorge. Das Recht des Klägers zum Umgang mit seinem Kind könne durch die Gestattung von Besuchsaufenthalten wahrgenommen werden. Soweit die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung grundsätzlich im behördlichen Ermessen liege, sei die Genehmigung wegen des Regelversagungsgrundes des Bezuges von Sozialhilfe abzulehnen.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger, den Beklagten unter Aufhebung seiner Bescheide zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis, hilfsweise eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Zur Begründung führt das Berufungsurteil vom 30. April 1996 (InfAuslR 1996, 258) im wesentlichen aus: Der Anspruch des Klägers auf die begehrte Aufenthaltserlaubnis ergebe sich zwar nicht - allein - aus innerstaatlichem Ausländer- und Verfassungsrecht, wohl aber aus Art. 8 EMRK. Die Vorschrift schütze die mit der Geburt entstehende Beziehung zwischen Eltern und ihren Kindern, gleichviel, ob die Eltern miteinander verheiratet seien und das Kind ehelich oder nichtehelich sei. Sie gehe in ihrem Anwendungsbereich über den durch Art. 6 Abs. 1 GG verankerten Familienschutz hinaus, weil das Zusammenleben zwischen Eltern und Kindern keine unabdingbare Voraussetzung für das Vorhandensein eines Familienlebens sei. Vielmehr sei auch die bloße Begegnungsgemeinschaft zwischen Eltern und Kindern ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Umfang der Begegnungen von ihrem Schutzbereich erfaßt. Gerechtfertigt sei der mit der Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis einhergehende Eingriff nur, wenn er u.a. verhältnismäßig sei. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit lasse sich das Erfordernis einer tatsächlichen Lebensgemeinschaft im Lichte des Art. 8 EMRK kaum je rechtfertigen, weil die Konvention von einem abweichenden Familienbegriff ausgehe. Größeres Gewicht komme den Regelungen über Versagungsgründe zu. Jedenfalls sei die erzwungene Ausreise zwecks Stellung eines Visumsantrages für eine erneute Einreise dann unverhältnismäßig, wenn sie faktisch zu einem Abbruch der familiären Beziehungen führte, weil dem Ausländer die Mittel für eine erneute Einreise fehlten. So sei es hier: Der Kläger habe überzeugend dargelegt, daß ihm die finanziellen Mittel fehlten, nach einer erzwungenen Ausreise erneut in die Bundesrepublik einzureisen. Was den Bezug von Sozialhilfe angehe, so habe er plausibel gemacht, daß es ihm bei einer entsprechenden aufenthaltsrechtlichen Absicherung ohne weiteres möglich sei, umgehend eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Auch wenn er seit geraumer Zeit von Sozialhilfe lebe, könne deshalb keine Prognose dahin gestellt werden, daß er auf Dauer oder jedenfalls auf längere Zeit von Sozialhilfe abhängig sein werde. Dem Versagungsgrund des Sozialhilfebezuges stünden die Interessen des Klägers und seiner Tochter an einer Weiterführung und Intensivierung ihrer Beziehung gegenüber. Obwohl die Kontakte eher selten und in der Vergangenheit nicht problemfrei gewesen seien, dürfe nicht verkannt werden, daß von allen Beteiligten eine Intensivierung für erwünscht, wenn nicht im Interesse des Kindeswohls sogar für erforderlich gehalten werde. Angesichts des relativ geringen Gewichts der öffentlichen Interessen an einer Ausreise des Klägers müsse dies zu seinen Gunsten den Ausschlag geben.

Mit seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des Gerichtsbescheides des Verwaltungsgerichts. Er rügt, das Oberverwaltungsgericht verkenne den Schutzumfang des Art. 8 EMRK, indem es das Interesse des Klägers an einer erwünschten Vater-Tochter-Beziehung höher bewerte als das im Ausländerrecht zum Ausdruck kommende legitime öffentliche Interesse, den Zuzug von Ausländern nur unter engen Voraussetzungen zu ermöglichen. Der Eingriff in das Familienleben sei hier nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, weil eine enge, intensive Vater-Tochter-Beziehung gegenwärtig noch nicht bestehe und völlig offen sei, ob sie sich in Zukunft entwickeln werde.

Der Kläger tritt der Revision entgegen und verteidigt das Berufungsurteil. Er führt u.a. aus: Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs sei auch zu berücksichtigen, daß der Beklagte durch sein Verhalten dazu beigetragen habe, daß die Vater-Kind-Beziehung nicht hätte intensiviert werden können und daß der Kläger außerstande gewesen sei, der Beigeladenen Unterhalt zu zahlen.

Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.

Der Oberbundesanwalt unterstützt die Revision.

II.

Der Senat konnte trotz des Ausbleibens des Klägers und der Beigeladenen verhandeln und entscheiden, weil die Beteiligten bei der Ladung darauf hingewiesen worden sind (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht hat der Berufung des Klägers zu Unrecht stattgegeben. Dies führt zur Wiederherstellung des Gerichtsbescheides des Verwaltungsgerichts.

1. Die Berufung war zulässig. Über sie konnte das Oberverwaltungsgericht ohne Zulassung entscheiden, weil das Verfahren kein Rechtsstreit nach dem Asylverfahrensgesetz ist und deswegen § 78 Abs. 2 AsylVfG nicht eingreift. Die der Ausländerbehörde obliegende Erteilung der beantragten Aufenthaltsgenehmigung in der Form der Aufenthaltserlaubnis oder der Aufenthaltsbefugnis findet nämlich ihre Rechtsgrundlage ausschließlich im Ausländergesetz (vgl. Urteil vom 25. September 1997 - BVerwG 1 C 6.97 -).

2. Mit Recht vertritt das Oberverwaltungsgericht die Auffassung, daß dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder einer Aufenthaltsbefugnis nach den Vorschriften des Ausländergesetzes nicht zusteht. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Änderungen durch das Gesetz vom 29. Oktober 1997 (BGBl I S. 2584), die im Revisionsverfahren anzuwenden sind, weil auch das Berufungsgericht sie hätte anwenden müssen, wenn sie im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht bereits gegolten hätten (Urteil vom 3. September 1991 - BVerwG 1 C 48.88 - BVerwGE 89, 14 <160 = Buchholz 403.11 § 19 BDSG Nr. 1; Urteil vom 31. Mai 1994 - BVerwG 1 C 5.93 - BVerwGE 96, 86 <87 f.> = Buchholz 402.240 § 86 AuslG 1990 Nr. 1).

a) Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 23 Abs. 1 Nr. 3 oder § 22 AuslG ist schon deswegen nicht möglich, weil der Kläger ohne das auch im Zeitpunkt seiner Einreise (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 der Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes - DVAuslG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juni 1976, BGBl I S. 1717, vor der Einreise des Klägers zuletzt geändert durch Verordnung vom 13. Dezember 1982, BGBl I S. 1681) für einen asylunabhängigen Daueraufenthalt erforderliche Visum in Deutschland eingereist ist. Daran ändert nichts, daß er als Asylbewerber in das Bundesgebiet gekommen ist (Urteil vom 3. Juni 1997 - BVerwG 1 C 1.97 - Buchholz 402.240 § 8 AuslG 1990 Nr. 12 = InfAuslR 1997, 352). Auch in einem solchen Falle schließt der nunmehr geltende und für den Genehmigungsantrag des Klägers maßgebende § 8 Abs. 1 AuslG die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung selbst dann aus, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs nach diesem Gesetz vorliegen; diese Sperrwirkung tritt daher erst recht ein, wenn - wie im Falle des § 22 AuslG - über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen zu entscheiden ist (Beschluß vom 4. Juli 1995 - BVerwG 1 B 40.95 - Buchholz 402.240 § 8 AuslG 1990 Nr. 4). Der Kläger ist auch nicht berechtigt, die Aufenthaltserlaubnis abweichend von § 3 Abs. 3 Satz 1 AuslG nach der Einreise einzuholen, weil keine der in § 9 Abs. 1 bis 5 DVAuslG erwähnten Voraussetzungen, nach denen dies möglich ist, hier vorliegt. Insbesondere greift § 9 Abs. 2 DVAuslG nicht Platz, weil die Aufenthaltserlaubnis nicht zur Herstellung oder Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Sinne des § 17 Abs. 1 AuslG erstrebt wird und der Kläger sich darüber hinaus nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) auch nicht rechtmäßig oder geduldet im Bundesgebiet aufhält; ferner ist nicht während des rechtmäßigen Aufenthalts im Inland eine außergewöhnliche Härte im Sinne des § 22 Satz 1 AuslG eingetreten. § 9 Abs. 5 Nr. 2 DVAuslG ist unanwendbar, weil sich der Kläger nicht seit sechs Monaten rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält; die Zeit der Aufenthaltsgestattung als Asylbewerber könnte ohnehin nicht zugunsten des Klägers berücksichtigt werden (Urteil vom 3. Juni 1997 - BVerwG 1 C 1.97 - a.a.O.). Ebensowenig gestattet es § 9 Abs. 1 Nr. 1 AuslG, von der Sperrwirkung des § 8 Abs. 1 Nr. 1 AuslG abzusehen, weil auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt sind. Weder steht dem Kläger ein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nach dem Ausländergesetz zu, noch ist er nur wegen des Zwecks oder der Dauer des beabsichtigten Aufenthalts visumspflichtig, sondern (auch) wegen seiner Staatsangehörigkeit.

b) Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 AuslG sind ebenfalls nicht erfüllt. Da der Kläger als Asylbewerber eingereist und mit seinem Antrag erfolglos geblieben ist, kommt gemäß § 30 Abs. 5 AuslG eine Erteilung nur nach Maßgabe der Absätze 3 und 4 in Betracht.

aa) Eine Erteilung nach § 30 Abs. 4 AuslG scheitert bereits daran, daß der Kläger, wie ausgeführt, im maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsentscheidung keine Duldung besaß (vgl. Urteil vom 8. April 1997 - BVerwG 1 C 12.94 - Buchholz 402.240 § 30 AuslG 1990 Nr. 4).

bb) Nach § 30 Abs. 3 AuslG kann einem Ausländer, der unanfechtbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltsbefugnis abweichend von § 8 Abs. 1 AuslG erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 AuslG für eine Duldung vorliegen, weil seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung Hindernisse entgegenstehen, die er nicht zu vertreten hat. Nach § 55 Abs. 2 AuslG wird einem Ausländer eine Duldung erteilt, solange seine Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist oder nach § 53 Abs. 6 oder § 54 AuslG ausgesetzt werden soll. Der Kläger erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

Für einen Duldungsgrund nach § 53 Abs. 6 AuslG oder § 54 AuslG ist nichts ersichtlich; auch der Kläger hat in dieser Richtung nichts geltend gemacht. Demgemäß kommt die Erteilung einer Duldung nur in Betracht, wenn seine Abschiebung unmöglich ist. Für eine tatsächliche Unmöglichkeit ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Rechtlich unmöglich ist die Abschiebung, wenn sie aus rechtlichen Gründen nicht durchgeführt werden darf, weil ein Abschiebungsverbot (§ 51 Abs. 1 AuslG) oder ein zwingendes Abschiebungshindernis nach § 53 AuslG oder aufgrund vorrangigen Rechts, namentlich der Grundrechte, gegeben ist. Ein zwingendes Abschiebungshindernis liegt insbesondere auch dann vor, wenn es dem Ausländer nicht zuzumuten ist, seine familiären Beziehungen durch Ausreise zu unterbrechen; hierin liegt zugleich ein seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung entgegenstehendes, von ihm nicht zu vertretendes Hindernis im Sinne des § 30 Abs. 3 AuslG (Urteil vom 4. Juni 1997 - BVerwG 1 C 9.95 - InfAuslR 1997, 355). Ein solches Abschiebungshindernis besteht hier jedoch nicht.

(1) Art. 6 Abs. 1 GG, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt, kann unter bestimmten Voraussetzungen zu einem Abschiebungshindernis im vorbezeichneten Sinne führen. Der Schutzbereich dieses nicht auf Deutsche beschränkten Grundrechts umfaßt auch die Beziehung des nichtsorgeberechtigten Vaters zu seinem ehelichen Kind nach Auflösung der Ehe.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 51, 386 <396 f.>; 80, 81 <93>) und des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22. Februar 1995 - BVerwG 1 C 11.94 - BVerwGE 98, 31 <46>; weitere Nachweise im Urteil vom 27. August 1996 - BVerwG 1 C 8.94 - BVerwGE 102, 12 <19> = Buchholz 402.240 § 13 AuslG 1990 Nr. 3, S. 8) gewährt Art. 6 GG unmittelbar keinen Anspruch auf Aufenthalt. Die entscheidende Behörde hat aber die familiären Bindungen des Antragstellers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, bei der Anwendung offener Tatbestände und bei der Ermessensausübung pflichtgemäß, d.h. entspre- ausübung pflichtgemäß, d.h. entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz von Ehe und Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 Abs. 1 GG, daß die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über den Aufenthalt seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen (vgl. BVerfGE 80, 81 <93>; Urteil vom 4. Juni 1997 - BVerwG 1 C 9.95 - a.a.O.).

Das Ausländergesetz erfüllt das verfassungsrechtliche Schutzgebot für Ehe und Familie, indem es in allen auf die Familie bezogenen aufenthaltsrechtlichen Regelungen auf die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 AuslG verweist, wonach die Aufenthaltsgenehmigung "zum Zwecke des nach Artikel 6 des Grundgesetzes gebotenen Schutzes von Ehe und Familie ... für die Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft ... im Bundesgebiet erteilt und verlängert werden kann". Damit stellt das Ausländergesetz eine Reihe abgestufter Regelungen zur Verfügung, in denen dem Schutzgebot des Art. 6 GG nach Maßgabe der nach Fallgruppen gewichteten besonderen Schutzbedürftigkeit der Betroffenen Rechnung getragen wird.

Der Begriff der familiären Lebensgemeinschaft fordert nicht unbedingt eine häusliche Gemeinschaft. Eine familiäre Lebensgemeinschaft wird aber in der Regel durch eine gemeinsame Lebensführung jedenfalls in der Form der Beistandsgemeinschaft zwischen erwachsenen Angehörigen und der Erziehungsgemeinschaft zwischen erwachsenen und minderjährigen Angehörigen gekennzeichnet sein (Igstadt in: GK-AuslR, § 17 AuslG Rn. 38 ff.) und einen Lebensmittelpunkt besitzen; zur Entfaltung eines gemeinsamen Lebens gehört im allgemeinen eine gemeinsame Wohnung (vgl. Fraenkel, Einführende Hinweise zum neuen Ausländergesetz, 1991, S. 75; Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl., § 17 AuslG Rn. 11 m.w.N.).

Leben die Familienmitglieder zusammen, so liegt eine familiäre Lebensgemeinschaft ohne Rücksicht darauf vor, ob die Eltern miteinander verheiratet und das Kind ehelich oder nichtehelich ist, Leben die Familienmitglieder dagegen getrennt, so bedarf es zusätzlicher Anhaltspunkte, um gleichwohl eine familiäre Lebensgemeinschaft annehmen zu können. Solche Anhaltspunkte können im Verhältnis zwischen einem Vater und seinem nichtehelichen Kind etwa in intensiven Kontakten, gemeinsam verbrachten Ferien, der Übernahme eines nicht unerheblichen Anteils an der Betreuung und der Erziehung des Kindes oder in sonstigen vergleichbaren Beistandsleistungen liegen, die geeignet sind, das Fehlen eines gemeinsamen Lebensmittelpunktes weitgehend auszugleichen. Erschöpft sich der familiäre Kontakt in Besuchen, fehlen also darüber hinausgehende Beistandsleistungen oder andere Formen des familiären Kontakts, handelt es sich um eine bloße Begegnungsgemeinschaft.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Versagung des Aufenthalts aus einwanderungspolitischen Gründen im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GG jedenfalls als unbedenklich anzusehen, soweit eine Familie zwischen einem nicht-sorgeberechtigten Elternteil und seinem Kind aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nur als Begegnungsgemeinschaft geführt wird und keine Lebensverhältnisse bestehen, die einen über die Aufrechterhaltung der Begegnungsgemeinschaft hinausgehenden Schutz angezeigt erscheinen lassen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 10. August 1989 - 2 BvR 67/85 - FamRZ 1989, 1159 und vom 1. August 1996 - 2 BvR 1119/96 - InfAuslR 1996, 341; vgl. auch BVerfGE 80, 81 <91, 94>). Damit übereinstimmend hat auch der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß dem Umgangsrecht des nicht-sorgeberechtigten geschiedenen ausländischen Elternteils bei der Entscheidung über die Gewährung eines Daueraufenthalts grundsätzlich keine maßgebende Bedeutung beigemessen zu werden braucht (Urteil vom 11. Juni 1975 - BVerwG 1 C 8.71 - BVerwGE 48, 299 <303 f.>; Beschluß vom 20. November 1989 - BVerwG 1 B 156.89 - Buchholz 402.24 § 2 AuslG Nr. 104 = InfAuslR 1990, 56 f.; Beschluß vom 2. Oktober 1986 - BVerwG 1 B 159.86 - InfAuslR 1986, 313 f.; Beschluß vom 10. März 1995 - BVerwG 1 B 217.94 - Buchholz 402.240 § 23 AuslG 1990 Nr. 2; vgl. auch Beschluß vom 19. Juni 1997 - BVerwG 1 B 113.97 -). Diese Grundsätze gelten auch bei der Prüfung der rechtlichen Unmöglichkeit einer Abschiebung im Sinne des § 55 Abs. 2 AuslG als einer tatbestandlichen Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 3 AuslG. Das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG gebietet auch in diesem Zusammenhang, die Intensität der Beziehungen des ausländischen Vaters zu seinem Kind zu prüfen und zu würdigen.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts besitzt die Beziehung zwischen dem Kläger und seiner Tochter keine hinreichende Intensität, um bei der Entscheidung über einen Verbleib des Klägers im Bundesgebiet den Ausschlag zu geben. Der Kläger lebt mit seiner Tochter nicht in familiärer Lebensgemeinschaft. Seine Ehe mit der Mutter der Tochter ist geschieden; die Mutter hat das alleinige Sorgerecht für die Tochter erhalten. Der Kläger hat eine eigene Wohnung. Diese befindet sich zwar in der Nachbarschaft der Wohnung, in der seine geschiedene Frau, deren Lebensgefährte und die Tochter des Klägers leben. Der Kontakt beschränkt sich jedoch auf die Wahrnehmung des geregelten Umgangsrechts gemäß § 1634 BGB wöchentlich für zwei Stunden sowie auf sonstige gelegentliche Kontakte und Besuche. Die Mutter der Beigeladenen hat in ihrer Aussage vom 27. April 1994 (BA V, Bl. 173) bestätigt, daß sich der Kläger schon während der Ehe wenig um seine Tochter gekümmert und deren Erziehung der Mutter überlassen habe; die Intensität des Kontakts habe sich erst gesteigert, nachdem der Kläger erfahren hatte, daß sein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gesichert sei. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die Beziehungen zwischen dem Kläger und seiner Tochter ihrer Intensität nach, unterhalb der Schwelle der familiären Lebensgemeinschaft, über eine bloße Begegnungsgemeinschaft hinausgehen. Solche besonders zu berücksichtigenden Anhaltspunkte hat das Bundesverfassungsgericht (Kammerbeschluß vom 1. August 1996 - 2 BvR 1119/96 - a.a.O.) darin gesehen, daß das eine Familienmitglied auf die Lebenshilfe des anderen Familienmitglieds angewiesen ist, in einem überdurchschnittlichen Maße Verantwortung für die Betreuung und Erziehung übernimmt sowie Beistand im Lebensalltag und durch intensive Zuwendung Lebenshilfe im geistig-seelischen Bereich leistet. Davon kann hier keine Rede sein. Steht somit das Wohl der Tochter einer Trennung vom Kläger nicht zwingend entgegen, so ist aus Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GG nicht abzuleiten, daß dem Kläger eine Trennung von seiner Tochter nicht zugemutet werden kann und deswegen ein Duldungsgrund im Sinne des § 55 Abs. 2 AuslG anzunehmen ist.

(2) Auch aus § 53 Abs. 4 AuslG, der auf die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 686, 953/1954 II S. 14) - EMRK - verweist, ergibt sich nicht, daß eine Abschiebung des Klägers unzulässig wäre. Maßgebend ist Art. 8 EMRK, der wie folgt lautet:

1. Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

2. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Auch wenn man annimmt, daß der Umgang des Klägers mit seiner Tochter unter den Begriff des Familienlebens im Sinne des Absatzes 1 der Vorschrift fällt und daß die Abschiebung einen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellt, der einer besonderen Rechtfertigung bedarf, ist eine Abschiebung des bereits vollziehbar ausreisepflichtigen Klägers nicht rechtlich unmöglich.

In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist geklärt, daß Art. 8 EMRK die Ausweisung oder Abschiebung eines Familienangehörigen nicht schlechthin untersagt, sondern - bei einem engen und tatsächlich gelebten (wirklichen) Familienleben - lediglich an die Voraussetzung knüpft, daß diese nur zu einem der in Art. 8 Abs. 2 EMRK zugelassenen Ziele und nur im Rahmen der Verhältnismäßigkeit erfolgen darf. Zu den danach gebilligten Zielen gehören der Schutz der öffentlichen Ordnung und das wirtschaftliche Wohl des Landes (vgl. EGMR, Urteile vom 18. Februar 1991 <Moustaquim>, EuGRZ 1993, 552 = InfAuslR 1991, 149 und vom 20. März 1991 <Cruz Varas>, InfAuslR 1991, 217 sowie Europäische Kommission für Menschenrechte, Bericht vom 13. Oktober 1992, InfAuslR 1995, 133). Diese Auslegung des Art. 8 EMRK wird von dem erkennenden Senat geteilt (vgl. z.B. Urteil vom 29. Juli 1993 - BVerwG 1 C 25.93 - BVerwGE 94, 35 <49> - Buchholz 402.240 § 7 AuslG 1990 Nr. 1).

Das Ausländergesetz, das in § 53 Abs. 4 die Anwendung der Konvention ausdrücklich vorschreibt und damit ihren Geltungsanspruch ohne Einschränkung anerkennt, entspricht in seinen differenzierten Nachzugs- und Aufenthaltsregelungen generell dem Standard der Konvention; der Gesetzgeber hat bei den einzelnen das Aufenthaltsrecht Familienangehöriger regelnden Bestimmungen des Ausländergesetzes in der erforderlichen Weise zwischen dem öffentlichen Interesse an einer Kontrolle über die Einwanderung und einer Begrenzung weiterer Zuwanderungen (einschließlich dem Interesse an der alsbaldigen Beendigung des Aufenthalts erfolgloser Asylbewerber) sowie dem gebotenen Schutz von Ehe und Familie abgewogen. Was der Gesetzgeber in den hier einschlägigen, den gemeinsamen Aufenthalt Familienangehöriger in Deutschland betreffenden Vorschriften des Ausländergesetzes geregelt hat, hält damit auch generell dem Maßstab des Art. 8 Abs. 2 EMRK stand. Art. 8 EMRK kann jedenfalls dort keine weitergehenden als die durch Art. 6 GG vermittelten Schutzwirkungen entfalten, wo sein Anwendungsbereich sich mit dem des Art. 6 GG deckt. Das ist im familiären Verhältnis des Vaters zu seiner ehelichen Tochter der Fall; das Verhältnis wird vom Schutzbereich beider Vorschriften umfaßt. Dies gilt auch im hier zu entscheidenden Einzelfall, in dem nicht die Interessen des Klägers, sondern die als Kindeswohl zu verstehenden Interessen seiner Tochter im Vordergrund stehen.

Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist, wie bereits ausgeführt, mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß das Interesse des Klägers weitgehend dadurch bestimmt ist, mit Hilfe seiner Tochter sein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu sichern. Dagegen ist die Tochter des Klägers auf dessen fortdauernde Anwesenheit zur Entwicklung ihrer Persönlichkeit in geistig-seelischer Beziehung nicht angewiesen, weil sich der Kläger in der Zeit, in der eine entsprechende Prägung der Tochter hätte stattfinden können, nur wenig um sie gekümmert hat. Ein eigentliches Familienleben, das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützt werden soll, besteht nicht; die Kontakte zwischen dem Kläger und der Beigeladenen haben nicht zu einer hinreichend intensiven Beziehung geführt, die gegenüber dem öffentlichen Interesse daran, daß der Kläger das Bundesgebiet verläßt, überwiegt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, in denen der Gerichtshof dargelegt hat, unter welchen Bedingungen es dem in Art. 8 Abs. 2 EMRK verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widerspricht, durch Versagung einer Aufenthaltsgenehmigung oder durch eine Abschiebung die Voraussetzungen für das weitere Zusammenleben eines Ausländers mit seiner im Vertragsstaat ansässigen Familie zu beseitigen (vgl. EGMR, Urteil vom 21. Juni 1988 <Berrehab>, EuGRZ 1993, 547; Urteil vom 18. Februar 1991 <Moustaquim>, a.a.O.; Urteil vom 26. März 1992 <Beldjoudi>, EuGRZ 1993, 556; Urteil vom 13. Juli 1995 <Nasri>, InfAuslR 1996, 1).

Dem Urteil des Gerichtshofs vom 21. Juni 1988 (a.a.O.) lag ein in wesentlichen Punkten abweichender Sachverhalt zugrunde. Der Kläger des dortigen Verfahrens besuchte seine Tochter häufig und regelmäßig, d.h. viermal pro Woche während mehrerer Stunden. Er hatte einige Jahre rechtmäßig in den Niederlanden gelebt. Er verfügte dort über Wohnung und Arbeit. Er hatte sehr enge Bindungen zu seiner Tochter, die wegen ihres geringen Alters die Aufrechterhaltung des Kontakts zu ihrem Vater benötigte. Es handelte sich um eine wesentlich intensivere Beziehung als im vorliegenden Falle.

In dem mit Urteil vom 18. Februar 1991 (a.a.O.) entschiedenen Fall handelte es sich um einen Ausländer der zweiten Generation, der mit im Alter von zwei Monaten nach Belgien gekommen war, seit 20 Jahren bei seiner Familie in Belgien lebte und nur französischsprachige Schulen besucht hatte. Der Gerichtshof hielt eine Ausweisung wegen mehrerer Straftaten für unverhältnismäßig.

Auch in seinem Urteil vom 26. März 1992 (a.a.O.) erkannte der Gerichtshof, die Vollstreckung der Ausweisung aus Frankreich nach Algerien würde einen unverhältnismäßigen Eingriff gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK bedeuten. Der Kläger hatte vor mehr als 20 Jahren in Frankreich geheiratet und dort gemeinsam mit seiner französischen (d. h. die inländische Staatsangehörigkeit besitzenden) Ehefrau gelebt; er hatte als Kind die französische Staatsangehörigkeit besessen, die er erst später ohne eigenes Verschulden verlor; alle Verwandten hatten die französische Staatsangehörigkeit und lebten in Frankreich; er hatte französische Schulen absolviert, verstand kein Arabisch und besaß außer der Staatsangehörigkeit keine Beziehungen zu Algerien.

Ebenso sah der Gerichtshof in seinem Urteil vom 13. Juli 1995 (a.a.O.) in der Abschiebung eines mit fünf Jahren als Kind der zweiten Generation nach Frankreich eingereisten Algeriers in sein Heimatland einen Eingriff in dessen Familienleben. Besonders zu berücksichtigen seien seine Behinderung (der Kläger war von Geburt an taubstumm), sein Analphabetismus, seine unzureichende Ausbildung, seine Unkenntnis der Heimatsprache; es gehöre zur Funktion der Familie, ihn davor zu bewahren, in ein kriminelles Leben abzugleiten.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts liegen weder in der Person des Klägers noch in der seiner Tochter Umstände vergleichbaren Gewichts vor. Fehlt es somit an einem Duldungsgrund im Sinne des § 55 Abs. 2 AuslG, kommt die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 3 AuslG nicht in Betracht.

3. Vermittelt, wie dargelegt, Art. 8 EMRK keinen Schutz vor einer Abschiebung, läßt sich aus dieser Vorschrift erst recht kein unmittelbarer Anspruch des Klägers auf Erteilung einer von den Vorschriften des Ausländergesetzes losgelösten Aufenthaltsgenehmigung ableiten (vgl. hierzu Urteil vom 3. Juni 1997 - BVerwG 1 C 18.96 - Buchholz 402.240 § 8 AuslG 1990 Nr. 11, S. 18 f.). Insbesondere begründet Art. 8 EMRK ebensowenig wie Art. 6 GG einen Anspruch darauf, daß von dem Versagungsgrund des § 8 Abs. 1 AuslG abgesehen, der Ausländer also nicht auf das Visumsverfahren verwiesen wird (vgl. Urteil vom 18. Juni 1996 - BVerwG 1 C 17.95 - BVerwGE 101, 265 <272> - Buchholz 402.240 § 8 AuslG 1990 Nr. 9). Der gegenteiligen Auffassung des Berufungsgerichts ist nicht zu folgen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Beschluß

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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