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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 23.04.2003
Aktenzeichen: BVerwG 3 C 25.02
Rechtsgebiete: GG, VwVfG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 20
GG Art. 28
VwVfG § 48 Abs. 1
1. Allein der Verstoß gegen Subventionsrichtlinien macht einen Bewilligungsbescheid nicht rechtswidrig i.S. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG.

2. Weicht die Behörde zugunsten eines einzelnen Subventionsbewerbers von einer ansonsten geübten Vergabepraxis ab, ohne aus sachgerechten Gründen ihre Praxis insgesamt zu ändern, so ist ihre Entscheidung wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 Abs. 1 GG) rechtswidrig.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 3 C 25.02

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 23. April 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Driehaus sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick, Dr. Borgs-Maciejewski, Dr. Brunn und Vormeier

ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. März 2001 wird geändert.

Der Rückforderungsbescheid des Bundesamtes für Wirtschaft vom 11. Februar 1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 28. August 1992 sowie der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 20. März 1995 werden in vollem Umfang aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Gründe:

I.

Gegenstand des Rechtsstreits ist die Rücknahme von Zuwendungsbescheiden, die die Klägerin für die Durchführung von Existenzgründerseminaren erhalten hatte, und die Rückforderung der gezahlten Zuwendungen.

Zwischen dem 19. November 1990 und dem 20. März 1991 führte die Klägerin im Beitrittsgebiet 35 Wochenendseminare für Existenzgründer durch. Auf ihren Antrag bewilligte die Beklagte ihr hierzu jeweils nachträglich einen Zuschuss nach Maßgabe der Richtlinien über die Förderung von Informations- und Schulungsveranstaltungen (Fort- und Weiterbildung) für Unternehmer, Führungs- und Fachkräfte und Existenzgründer in der DDR und Berlin (Ost) vom 25. April 1990 (Bundesanzeiger S. 2421) in der Fassung der Änderungen vom 2. Juli 1990 (Bundesanzeiger S. 3573) und vom 30. November 1990 (Bundesanzeiger S. 6492). Die Höhe des Zuschusses belief sich jeweils auf 3 060 DM, für eine Veranstaltung am 20. Dezember 1990 auf 2 720 DM und für ein Seminar am 27. März 1991 auf 2 040 DM. Später führte die Klägerin noch 177 weitere Wochenendseminare durch, deren Bezuschussung die Beklagte mit der Begründung ablehnte, die eingesetzten Referenten hätten nicht über die erforderliche fachliche Qualifikation verfügt; sie hätten keine praktische Erfahrung in der Beratung oder Schulung von Unternehmern bzw. Existenzgründern gehabt. Die gegen die Ablehnungsbescheide gerichteten Klagen sind rechtskräftig abgewiesen worden (vgl. u.a. Beschluss des Senats vom 13. Juni 2000 - BVerwG 3 B 76.00 - und BVerfG, Beschluss vom 16. Mai 2001 - 1 BvR 662/01 -).

Nach Anhörung der Klägerin nahm das Bundesamt für Wirtschaft die zwischen dem 20. Dezember 1990 und dem 24. April 1991 ergangenen Zuwendungsbescheide über eine Zuschusssumme von insgesamt 105 740 DM durch Bescheid vom 11. Februar 1992 zurück und gab der Klägerin die Rückzahlung auf. Dies geschah mit der Begründung, die Zuschussgewährung sei rechtswidrig gewesen. Die eingesetzten Referenten hätten nicht die nach den Richtlinien erforderliche fachliche Qualifikation besessen. Aus dem Zuwendungszweck, Existenzgründungen in der DDR und Berlin (Ost) zu unterstützen und die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen sowie freiberuflich Tätiger durch Vermittlung von Entscheidungs- und Anwendungswissen auf marktwirtschaftlicher Grundlage zu stärken, ergebe sich, dass die Referenten praktische Erfahrungen in der Schulung von Unternehmern und Existenzgründern haben müssten. Das sei bei den von der Klägerin eingesetzten Referenten nicht der Fall gewesen. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies das Bundesamt durch Bescheid vom 28. August 1992 zurück. Dazu führte es aus, wesentliche Voraussetzungen für den Erlass der Zuwendungsbescheide hätten nicht vorgelegen. Die Referenten hätten nicht über die erforderlichen praktischen Erfahrungen in der Beratung und Anleitung von Existenzgründern verfügt. Dieses Erfordernis ergebe sich daraus, dass nach den Richtlinien die Informationsveranstaltungen praxisnah zu gestalten seien. Die Referenten hätten zum großen Teil vor oder sogar nach ihrem jeweiligen Einsatz an anderen Informationsveranstaltungen der Klägerin teilgenommen. Dies reiche zur Vermittlung der erforderlichen praktischen Erfahrungen nicht aus. Die Klägerin habe durch die Rekrutierung von Referenten aus ihren eigenen Seminaren ein Schneeballsystem entwickelt. Das habe zugleich ihre Unzuverlässigkeit herbeigeführt. Das Vorgehen der Klägerin stelle einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 4 des Subventionsgesetzes vom 29. Juli 1976 (BGBl I S. 2034) dar.

Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main durch Gerichtsbescheid vom 20. März 1995 als unbegründet abgewiesen. Die zurückgenommenen Bescheide seien rechtswidrig gewesen, weil die Voraussetzungen für die Zuschussgewährung nach den Richtlinien nicht vorgelegen hätten. Die Klägerin habe nicht für die erforderliche fachliche Qualifikation der Referenten gesorgt. Auf Vertrauensschutz könne sie sich nicht berufen, weil sie die Rechtswidrigkeit der Bewilligungen habe erkennen müssen.

Auf die Berufung der Klägerin hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof den Gerichtsbescheid teilweise geändert und den angefochtenen Rücknahmebescheid im Hinblick auf neun Zuwendungsbescheide in Höhe eines Betrages von insgesamt 27 200 DM aufgehoben. Im Übrigen hat er die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, im Hinblick auf acht von dem Referenten T. K. und auf eine von dem Referenten B. R.-R. durchgeführte Schulungsveranstaltungen sei die Rechtswidrigkeit der erfolgten Zuschussbewilligungen nicht erwiesen. Die Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass diese Referenten nicht über praktische Erfahrungen in der Schulung von Unternehmern und Existenzgründern verfügt hätten, da von ihnen keine Lebensläufe vorlägen. Zum Zeitpunkt der Durchführung dieser Seminare sei die Klägerin auch noch nicht unzuverlässig gewesen, da die beiden genannten Referenten nicht an Schulungsveranstaltungen der Klägerin als Teilnehmer teilgenommen hätten. Die übrigen Zuwendungsbescheide seien hingegen zu Recht zurückgenommen worden, weil die in den Richtlinien festgelegten Zuwendungsvoraussetzungen nicht erfüllt gewesen seien. Allen übrigen Referenten fehle die erforderliche fachliche Qualifikation, weil sie keine praktischen Erfahrungen in der Beratung oder Schulung von Unternehmern bzw. Existenzgründern gehabt hätten, sondern nur im zeitlichen Zusammenhang mit ihrer Referententätigkeit - entweder kurz vor der von ihnen als Referenten betreuten Veranstaltung oder kurz danach - selbst als Seminarteilnehmer in einem von der Klägerin durchgeführten Seminar für Existenzgründer geschult worden seien und dies praktische Erfahrung in der Schulung von Unternehmern bzw. Existenzgründern nicht ersetze. In den rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren über die abgelehnten Zuwendungen hätten das Berufungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass die Beklagte hinsichtlich der nach Nr. 3.2 Satz 2 der Richtlinien geforderten fachlichen Qualifikation der Referenten habe verlangen dürfen, die Referenten müssten praktische Erfahrungen in der Beratung oder Schulung von Unternehmern oder Existenzgründern haben. Außerdem habe der Klägerin als Veranstalterin die nach Nr. 3.2 der Richtlinien weiter erforderliche Zuverlässigkeit gefehlt. Die Unzuverlässigkeit ergebe sich aus dem von der Klägerin angewandten System der Referentengewinnung sowie daraus, dass durch die Teilnahme von Referenten über die Zahl der tatsächlichen Teilnehmer getäuscht worden sei. Ob die Zuwendungsbescheide teilweise auch deshalb rechtswidrig seien, weil nach Abzug der teilnehmenden Referenten die Mindestteilnehmerzahl unterschritten worden sei, könne offen bleiben, denn darauf seien die angefochtenen Bescheide nicht gestützt. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen, weil sie die Defizite in der fachlichen Qualifikation ihrer Referenten gekannt habe. Darüber hinaus habe sie unrichtige Angaben über die Teilnehmer gemacht, denn die als Teilnehmer registrierten Referenten seien überwiegend als potentielle Existenzgründer nicht in Betracht gekommen. Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung seien nicht festzustellen.

Auf die Beschwerde der Klägerin hat der erkennende Senat die Revision zugelassen, soweit die Berufung der Klägerin zurückgewiesen worden ist, weil das Berufungsurteil vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. August 1961 (BVerwG IV C 86.58 - BVerwGE 13, 28 <31>) abweiche.

Zur Begründung der Revision trägt die Klägerin vor, die Zuwendungsbescheide hätten nicht zurückgenommen werden dürfen, weil sie nicht rechtswidrig gewesen seien; es gebe keine Rechtsnorm, gegen die sie verstießen. Die Forderung der Beklagten, die Referenten müssten praktische Erfahrungen in der Schulung von Unternehmern und Existenzgründern haben, finde darüber hinaus auch im Wortlaut der Richtlinien keine Grundlage. Entsprechende Anforderungen habe die Beklagte zur Zeit der hier streitigen Schulungsveranstaltungen in ihrer Praxis nicht gestellt. Erst die Neufassung der Richtlinien vom 19. Dezember 1991 (Bundesanzeiger 1992 S. 4) habe unter 3.2 vorgeschrieben, dass die Referenten nachweislich nicht nur über die erforderliche fachliche Qualifikation sondern auch über praktische Erfahrungen bei der Beratung und Schulung sowie der Lösung der Probleme kleiner und mittlerer Unternehmen verfügen müssten.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich nicht am Verfahren.

II.

1. Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 125 Abs. 1, § 141 VwGO).

Gegenstand des Rechtsstreits ist, wie die Klägerin schriftsätzlich klargestellt hat, allein die Anfechtung des Rücknahme- und Rückforderungsbescheides der Beklagten. Die zwischenzeitlich angekündigten Feststellungsanträge hat sie in diesem Verfahren nicht weiter verfolgt.

2. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht, soweit es die Abweisung der Anfechtungsklage durch das Verwaltungsgericht bestätigt hat. Der angefochtene Bescheid ist in vollem Umfang rechtswidrig und daher aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Rücknahme der noch im Streit befindlichen 26 Zuwendungsbescheide verletzt § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Das Berufungsgericht hat auf dieser Grundlage die Rücknahmemöglichkeit bejaht, weil die aufgehobenen 26 Zuwendungsbescheide rechtswidrig gewesen seien. Dies trifft jedoch nicht zu.

Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits in seinem Urteil vom 30. August 1961 (- BVerwG 4 C 86.58 - BVerwGE 13, 28) ausgesprochen, rechtswidrig sei derjenige Verwaltungsakt, welcher durch unrichtige Anwendung bestehender Rechtssätze zustande gekommen ist. Das Berufungsgericht leitet die Rechtswidrigkeit der Zuwendungsbescheide daraus her, dass die in den Förderungsrichtlinien festgelegten Zuwendungsvoraussetzungen nicht erfüllt gewesen seien. Nach Ziffer 3.2 der Richtlinien habe der Veranstalter dafür zu sorgen, dass die Referenten über die erforderliche fachliche Qualifikation verfügten. Dem sei die Klägerin nicht gerecht geworden. Außerdem habe sie die in derselben Ziffer geforderte notwendige Zuverlässigkeit für öffentlich geförderte Informations- und Schulungsveranstaltungen nicht besessen. Unabhängig davon, ob diese Vorwürfe zutreffen, ist jedoch festzuhalten, dass Richtlinien nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 26. April 1979 - BVerwG 3 C 111.79 - BVerwGE 58, 45, 49; vom 17. Januar 1996 - BVerwG 11 C 5.95 - NJW 1996, 1766, 1767; vom 8. April 1997 - BVerwG 3 C 6.95 - BVerwGE 104, 220, 222), der sich die übrige Rechtsprechung (vgl. u.a. OVG NW, Urteil vom 25. November 1996 - 25 A 1950/96 - NWVBl 1997, 297, 300) und der überwiegende Teil der Literatur (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 114 Rn. 42; Oldiges, NJW 1984, 1927, 1930; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl. 2001, § 40 Rn. 218; a.A. Ossenbühl in Hb StR III 2. Aufl., § 65 Rn. 50 f; Rodi, Die Subventionsrechtsordnung, S. 530, 669) angeschlossen hat, keine Rechtsnormen sind. Sie sind verwaltungsinterne Weisungen und dazu bestimmt, für die Verteilung von Fördermitteln Maßstäbe zu setzen; insoweit regeln sie das Ermessen der letztlich für die Verteilung bestimmten Stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. April 1997, a.a.O.). Allein der Verstoß gegen Richtlinien macht hiernach eine Subventionsvergabe nicht rechtswidrig.

Irgendeine Rechtsnorm, gegen die die noch im Streit befindlichen Zuwendungsbescheide verstießen, benennt das angefochtene Urteil nicht. Obwohl es auf S. 22 ausdrücklich auf den Unterschied zwischen den zuvor rechtskräftig zu Lasten der Klägerin entschiedenen Verpflichtungsklagen auf Gewährung weiterer Zuwendungen und der nunmehr zu beurteilenden Anfechtungsklage gegen die Rücknahme der ergangenen positiven Zuwendungsbescheide hinweist, beschränkt es sich anschließend darauf, die mangelnde Richtlinienkonformität der Zuwendungen darzulegen. Insbesondere die ausdrückliche Übernahme der die damalige Abweisung der Verpflichtungsklagen tragenden Aussage, die Beklagte habe nach den Richtlinien praktische Erfahrungen in der Schulung von Unternehmen bzw. Existenzgründern verlangen dürfen, zeigt, dass das Berufungsgericht den hier anzuwendenden Maßstab verkannt hat. Während die Behörde bei der Entscheidung über eine in ihrem Ermessen stehende Subventionsvergabe Entscheidungsspielräume und in gewissem Umfang die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften hat, kommt die Rücknahme einer bereits gewährten Zuwendung nur in Betracht, wenn die Bewilligung gegen eine Rechtsnorm verstieß und deshalb nicht hätte erfolgen dürfen.

3. Das angefochtene Urteil erweist sich im Sinne des § 144 Abs. 4 VwGO nicht aus anderen Gründen als zutreffend.

3.1. Die Beklagte meint, die Rechtswidrigkeit für Zuwendungsbescheide ergebe sich aus einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Sie verweist darauf, dass Verwaltungsvorschriften über die ihnen zunächst nur innewohnende interne Bindung hinaus vermittels sowohl des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) als auch des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebots des Vertrauensschutzes (Art. 20 und 28 GG) eine anspruchsbegründende Außenwirkung im Verhältnis der Verwaltung zum Bürger zu begründen vermögen. Dies ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. Urteil vom 8. April 1997 - BVerwG 3 C 6.95 - a.a.O. S. 223). Richtig ist auch, dass das Gleichbehandlungsgebot auch zu Lasten von Subventionsbewerbern Bedeutung gewinnen kann. Versagt eine Behörde in Anwendung der einschlägigen Richtlinien unter bestimmten Voraussetzungen regelmäßig die Gewährung einer Zuwendung, so verletzt sie das Gleichbehandlungsgebot in seiner objektiv-rechtlichen Funktion (vgl. dazu Osterloh in Sachs, GG, 3. Aufl., Art. 3 Rn. 65), wenn sie sich im Einzelfall über diese Praxis hinwegsetzt und trotz Fehlens der ansonsten geforderten Voraussetzungen die Leistung gewährt. In einem solchen Fall ist die Entscheidung wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG rechtswidrig (vgl. Urteil vom 17. Januar 1996 - BVerwG 11 C 5.95 - a.a.O. S. 1767; OVG NW, Urteile vom 15. August 1980 - 9 A 251/79 - NJW 1981, 2597 f., vom 25. November 1996 - 25 A 1950/96 - a.a.O. S. 301, und vom 2. Juli 1997 - 12 A 1080/95 - DVBl 1997, 1286; OVG Lüneburg, Urteil vom 25. Oktober 1984 - 3 A 101/82 - NVwZ 1985, 499; VGH Mannheim; Urteil vom 16. Juni 1998 - 2 S 1806/96 - NVwZ 1999, 547; OVG Bremen, Urteil 25. August 1987 - 1 BA 66/86 - NVwZ 1988, 447; Dickersbach NVwZ 1993, 846, 849; Kopp/Schenke, VwGO a.a.O. § 114 Rn. 41, a.A. Rodi a.a.O. S. 530 Fn. 215).

Diese Überlegungen können aber nur dann Platz greifen, wenn wirklich ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vorliegt. Das setzt im Regelfall die Feststellung einer ansonsten abweichenden Praxis voraus. Eine solche abweichende Praxis hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt. Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten fehlt dafür auch jede Grundlage. Ausweislich des Berufungsurteils hat die Beklagte vorgetragen, die Vielzahl zu behandelnder Anträge habe sie und die vorgeschaltete Prüfungsstelle gehindert, Erhebungen zur Qualifikation der von den Veranstaltern eingesetzten Referenten vorzunehmen. Sie sei allerdings stets davon ausgegangen, dass die in den Richtlinien geforderte fachliche Qualifikation praktische Erfahrungen in der Beratung oder Schulung von Unternehmern bzw. Existenzgründern umfassen müsse. Die Beklagte hat diese Erwartung jedoch weder verlautbart noch durch Prüfungen in den Bewilligungsverfahren umgesetzt. Erst die Aufdeckung der Praxis der Klägerin hat mit der Ablehnung der 177 weiteren Förderungsanträge insoweit eine Änderung im Entscheidungsverhalten der Beklagten gebracht.

Da der Gleichheitssatz auch das Willkürverbot beinhaltet, ist die Frage nahe liegend, ob ein Rechtsverstoß sich auch ohne Feststellung einer entgegenstehenden Praxis aus der Verletzung einer absolut eindeutigen und unmissverständlichen Richtlinienbestimmung ergeben kann, die für unterschiedliche Interpretationen keinen Raum lässt. Dem braucht jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, da diese Voraussetzung hier erkennbar nicht vorliegt. In ihrer vorliegend maßgebenden Fassung bestimmte die Richtlinie, der Veranstalter habe dafür zu sorgen, dass die Referenten über die erforderliche fachliche Qualifikation verfügen. Der Begriff einer erforderlichen fachlichen Qualifikation eröffnet ein weites Auslegungsspektrum. Von einer unmissverständlichen Regelung kann insoweit keine Rede sein.

Unter dem Gesichtspunkt der Willkür könnte auch der von der Beklagten eingeführte Gesichtspunkt der Verfehlung des Subventionszwecks Bedeutung gewinnen. Auch dem braucht hier jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden. Als willkürlich könnte eine Subventionsbewilligung unter diesem Aspekt nämlich nur angesehen werden, wenn die geförderte Maßnahme offenkundig keinerlei Beitrag zur Erreichung des Subventionszwecks leisten konnte. So liegt die Sache hier aber nicht. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin eingesetzten Referenten nicht etwa für gänzlich untauglich gehalten, im Rahmen der Seminare Kenntnisse zu vermitteln, die für Existenzgründer wesentlich sein konnten. Es hat vielmehr entscheidend darauf abgestellt, dass die Beklagte zur Erreichung des Subventionszwecks das Vorhandensein praktischer Erfahrungen in der Schulung von Existenzgründern und Unternehmern verlangen konnte. Diese Erfahrungen seien im Wege des Selbststudiums und der theoretischen Ausbildung durch die Klägerin nicht zu vermitteln gewesen. In den Rechtsstreitigkeiten über die Ablehnung weiterer Zuschüsse für die übrigen von der Klägerin durchgeführten Seminare ist dies bestätigt worden. Das bedeutet aber nicht, dass eine Zuschussgewährung, die nicht an das Vorhandensein praktischer Erfahrungen in der Unternehmensberatung anknüpft, als völlig sinnlos und damit willkürlich erscheinen müsste.

Die vorstehenden Ausführungen zur Frage der fachlichen Qualifikation der Referenten gelten in gleicher Weise für den Vorwurf mangelnder Zuverlässigkeit der Klägerin. Auch dieser Begriff ist auslegungsfähig und auslegungsbedürftig. Eine eindeutige abweichende Verwaltungspraxis der Beklagten ist weder feststellbar noch festgestellt. Die gegen die Klägerin erhobenen Vorwürfe sind auch nicht so gravierend, dass man annehmen müsste, hier sei "der Bock zum Gärtner gemacht" worden. Der Vorwurf bezieht sich auf die Art der Rekrutierung der Referenten durch die Klägerin. In der Zeit der hier streitigen Seminare hat die Klägerin ausweislich der Aufstellungen im Widerspruchsbescheid keine Personen als Teilnehmer geführt, die bereits als Referenten tätig waren. Die Betroffenen waren vielmehr zunächst Teilnehmer in entsprechenden Seminaren, bevor sie als Referenten eingesetzt wurden. Dies mag, wie das Berufungsgericht angenommen hat, Zweifel an der fachlichen Qualifikation begründen. Eine betrügerische Manipulation kann darin allein aber nicht gesehen werden.

3.2.1. Der erforderliche Rechtsverstoß lässt sich auch nicht aus dem Subventionsgesetz entnehmen. Insoweit ist § 4 Abs. 2 SubvG in Betracht zu ziehen, wonach die Bewilligung oder Gewährung einer Subvention oder eines Subventionsvorteils ausgeschlossen ist, wenn im Zusammenhang mit einer beantragten Subvention ein Rechtsgeschäft oder eine Handlung unter Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vorgenommen wird. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift führt zur Rechtswidrigkeit der Bewilligung (vgl. Urteil vom 17. Januar 1996 - BVerwG 11 C 5.95 - a.a.O.).

Ein Missbrauch liegt vor, wenn jemand eine den gegebenen Tatsachen und Verhältnissen unangemessene Gestaltungsmöglichkeit benutzt, um eine Subvention oder einen Subventionsvorteil für sich oder einen anderen in Anspruch zu nehmen oder zu nutzen, obwohl dies dem Subventionszweck widerspricht; dies ist namentlich dann anzunehmen, wenn die förmlichen Voraussetzungen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils in einer dem Subventionszweck widersprechenden Weise künstlich geschaffen werden (vgl. Urteil vom 17. Januar 1996 - BVerwG 11 C 5.95 - a.a.O.).

Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt. Der Zuwendungszweck ist in Ziff. 1.1 der Förderrichtlinien wiedergegeben. Die Förderung diente danach dem Ziel, Existenzgründungen in der DDR und Berlin (Ost) zu unterstützen und die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen sowie freiberuflich Tätiger durch Vermittlung von Entscheidungs- und Anwendungswissen auf marktwirtschaftlicher Grundlage zu stärken und ihnen die Anpassung an veränderte Marktbedingungen zu erleichtern (Leistungssteigerung). Damit ist der Zuwendungszweck relativ weit gefasst. Es mag sein, dass der der Klägerin vorgeworfene Einsatz von Referenten ohne praktische Erfahrung in der Beratung und Schulung von Unternehmern und Existenzgründern keine optimale Verwirklichung des Zuwendungszwecks gewährleistete. Dass die eingesetzten Referenten in wirtschaftlichen Dingen gänzlich unbedarft gewesen seien, stellt das Berufungsgericht jedoch nicht fest. Es unterstellt vielmehr, dass die Referenten sich durch Selbststudium und Teilnahme an Kursen ein gewisses Wissen angeeignet hätten. Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, der Einsatz dieser Referenten sei im Hinblick auf den Subventionszweck gänzlich untauglich gewesen und habe im Widerspruch zum Subventionszweck gestanden.

Auch im Übrigen kann in der hier zu beurteilenden Phase von einem Missbrauch der Förderregeln durch die Klägerin noch nicht ausgegangen werden. Es spricht einiges dafür, dass sie selbst geglaubt hat, mit den von ihr angebotenen Seminaren das Informationsbedürfnis potentieller Existenzgründer jedenfalls in einem ersten Schritt befriedigen zu können.

Bei alldem ist auch zu berücksichtigen, dass die Bewilligung der Zuschüsse erst nach Durchführung der jeweiligen Veranstaltung erfolgte. Die Klägerin musste mithin sowohl im Hinblick auf die anzumietenden Räumlichkeiten als auch die einzusetzenden Referenten zunächst in Vorlage treten. Sie ging folglich das Risiko ein, dass anschließend die Förderungswürdigkeit ihrer Schulungsmaßnahmen verneint würde. Andererseits hatte die Beklagte es in der Hand, die von ihr für notwendig gehaltenen Qualitätsanforderungen im Bewilligungsverfahren durchzusetzen. Aus den Verwaltungsvorgängen ergibt sich, dass beispielsweise in Einzelfällen die Qualität der von den Referenten der Klägerin vorgelegten Kurzberichte beanstandet wurde. Dagegen ist in keinem Fall die Frage nach der Vorbildung der eingesetzten Referenten gestellt worden. Dies kann nur dahin gedeutet werden, dass jedenfalls zunächst auf diese Vorbildung kein entscheidendes Gewicht gelegt wurde.

Die Schulungsmaßnahmen der Klägerin mögen hiernach unzureichend gewesen sein; einen Missbrauch im Sinne des § 4 Abs. 2 SubvG stellten sie nicht dar.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 40 156,86 € (entspricht 78 540 DM) festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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