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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 22.02.2007
Aktenzeichen: BVerwG 4 B 2.07
Rechtsgebiete: VwGO, LuftVG


Vorschriften:

VwGO § 144 Abs. 6
LuftVG § 9 Abs. 2
Die in § 144 Abs. 6 VwGO angeordnete Bindungswirkung an ein Revisionsurteil, das die Sache an die Vorinstanz zurückverweist, umfasst auch die vom Revisionsgericht angeführten materiell-rechtlichen Gründe dafür, dass der vom Revisionsführer verfolgte weitergehende Antrag, der auf eine Aufhebung der angegriffenen Behördenentscheidung und damit auf eine eigene Sachentscheidung des Revisionsgerichts zielt, erfolglos bleibt.

Die Bindung der Vorinstanz an ein zurückverweisendes Urteil entfällt, wenn das Bundesverwaltungsgericht in einem anderen Verfahren nachträglich eine abweichende Rechtsauffassung vertreten hat. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn die spätere Entscheidung über den betreffenden Fall hinaus einen verallgemeinerungsfähigen Inhalt und fallübergreifende Bedeutung hat.

Ob bei der Festsetzung eines Dauerschallkriteriums zur Beschränkung des nächtlichen Flugverkehrs nach Teilzeiträumen (Nacht-Rand-Stunden, weitgehend bewegungsfreie Kernzeiten) zu differenzieren ist, hängt von der konkreten Ausgestaltung des jeweiligen Lärmschutzkonzepts ab.


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 4 B 2.07

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 22. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rojahn und Dr. Jannasch

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. September 2006 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 120 000 € festgesetzt.

Gründe:

Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.

1. Die Rechtssache besitzt nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Kläger beimessen.

1.1 Die Kläger möchten rechtsgrundsätzlich geklärt wissen, ob die Bindungswirkung des § 144 Abs. 6 VwGO entfällt, "wenn der in dieser Sache zuständige Senat des BVerwG in einem anderen Verfahren nachträglich eine Rechtsauffassung zu entscheidungserheblichen Rechtsfragen vertritt, die von der in dem zurückverweisenden Revisionsurteil abweicht". Diese Frage wirft keinen revisionsgerichtlichen Klärungsbedarf auf.

Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat in seinem Beschluss vom 6. Februar 1973 - GmS-OBG 1/72 - (BVerwGE 41, 363, 368 f.) entschieden, dass die Vorinstanz von der Bindung nach § 144 Abs. 6 VwGO an die dem Zurückverweisungsurteil zugrunde liegende Rechtsauffassung befreit ist, wenn das Revisionsgericht inzwischen selbst seine Rechtsauffassung geändert hat. Dieser Beschluss trägt der Funktion des Revisionsgerichts für die einheitliche Auslegung und Anwendung von Bundesrecht und für die Rechtsfortbildung Rechnung. Vorliegend macht die Beschwerde geltend, der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts habe in seinen Urteilen vom 16. März 2006 zum Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld (vgl. hierzu das Urteil in der Rechtssache BVerwG 4 A 1075.04 in BVerwGE 125, 116, 212 ff., Rn. 294 ff.) zum Konzept des passiven Lärmschutzes gegen nächtlichen Fluglärm eine Rechtsauffassung vertreten, die auch im vorliegenden Verfahren betreffend die Nachtflugregelung für den Flughafen München entscheidungserheblich sei und von der im zurückverweisenden Revisionsurteil vom 20. April 2005 - BVerwG 4 C 18.03 - (BVerwGE 123, 261) nachträglich abweiche. Damit wirft die Grundsatzrüge der Beschwerde die Frage auf, ob die Vorinstanz von der Bindung nach § 144 Abs. 6 VwGO auch dann befreit ist, wenn das Bundesverwaltungsgericht die dem Zurückverweisungsurteil zugrunde liegende Rechtsauffassung nachträglich in einer Entscheidung geändert hat, die es nicht in seiner Eigenschaft als Rechtsmittelgericht (§ 49 VwGO), sondern im Rahmen seiner sachlichen Zuständigkeit als Tatsachengericht im ersten und letzten Rechtszug (vgl. § 50 VwGO, § 5 des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes vom 16. Dezember 1991, BGBl I S. 2174, mit späteren Änderungen) getroffen hat. Die Frage, ob auch in einer solchen Fallkonstellation die Bindung der Vorinstanz nach § 144 Abs. 6 VwGO entfällt, würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen, da sie nicht entscheidungserheblich wäre.

Die Bindung der Vorinstanz an die Rechtsauffassung, die einem zurückverweisenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegt, entfällt nur, wenn das Bundesverwaltungsgericht (in einem anderen Verfahren) nachträglich eine abweichende Rechtsauffassung zu entscheidungserheblichen Rechtsfragen vertreten hat, die über den entschiedenen Fall hinaus einen verallgemeinerungsfähigen Inhalt und fallübergreifende Bedeutung hat. Diese Voraussetzungen liegen nach dem Beschwerdevorbringen hier nicht vor. Die Beschwerde macht geltend, der beschließende Senat habe in seinen Urteilen vom 16. März 2006 zum Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld vom 13. August 2004 Regelungen zum Schutz vor nächtlichem Fluglärm für rechtswidrig erklärt, weil sie hinsichtlich des Schutzzieles (Lärmniveau im Rauminneren) und der Abgrenzung des Nachtschutzgebietes einen nicht hinnehmbaren Wertungswiderspruch enthielten und ein solches unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten schwerlich haltbares "inkonsistentes Schutzsystem" jeder inneren Rechtfertigung entbehre. Eine vergleichbare Widersprüchlichkeit enthalte die Regelung zum nächtlichen Lärmschutz am Flughafen München in der streitgegenständlichen Änderungsgenehmigung vom 23. März 2001.

Entgegen der Beschwerde lassen sich die Ausführungen im Senatsurteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - (a.a.O. S. 212 ff. Rn. 295 bis 296) nicht auf die Lärmschutzauflagen in der hier umstrittenen (geänderten) Nachtflugregelung für den Flughafen München übertragen. Es trifft zwar zu, dass ein mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbarendes "inkonsistentes Schutzsystem" keinen rechtlichen Bestand haben kann. Das ist jedoch keine neue Rechtserkenntnis, sondern gilt seit jeher. Ob die Lärmschutzauflagen in einer Nachtflugregelung an einem solchen durchgreifenden Rechtsfehler leiden, beurteilt sich nach dem Inhalt der jeweiligen Regelungen, nach ihrem Stellenwert im Gesamtzusammenhang des Lärmschutzkonzepts und nicht zuletzt nach den erkennbaren Regelungsabsichten der zuständigen Behörde. Vor diesem Hintergrund kommt der Auslegung einer einzelnen Lärmschutzauflage, die Bestandteil eines umfassenden Lärmschutzkonzepts ist, in aller Regel keine fallübergreifende, verallgemeinerungsfähige Bedeutung zu.

Im Übrigen hat der beschließende Senat die Rechtswidrigkeit der beanstandeten Lärmschutzauflagen im Planfeststellungsbeschluss für den Flughafen Berlin-Schönefeld entscheidungstragend darauf gestützt, dass die Planfeststellungsbehörde unterschiedliche Interpretationen ihres Schutzsystems und ihrer Regelungsabsicht vorgetragen hat (vgl. Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - a.a.O. S. 212 ff. Rn. 295, 296). Vergleichbare Auslegungsschwierigkeiten weist die von den Klägern angegriffene Lärmschutzregelung für den Flughafen München nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs in seinem Urteil vom 28. September 2006 (UA S. 31) nicht auf. Der Verwaltungsgerichtshof verweist ferner darauf, dass die vom beschließenden Senat beanstandeten Lärmschutzauflagen im Planfeststellungsbeschluss für den Flughafen Berlin-Schönefeld den für den Flughafen München geltenden Regelungen inhaltlich nicht in vollem Umfang entsprechen (UA S. 32). Einen Widerspruch zwischen Schutzziel und rechtlicher Zumutbarkeitsschwelle, wie ihn die Kläger in den Lärmschutzauflagen für den Flughafen Berlin-Schönefeld sehen, hat der Verwaltungsgerichtshof in der streitbefangenen Nachtflugregelung am Flughafen München nicht finden können. Verfahrensrügen gegen das vorinstanzliche Auslegungsergebnis haben die Kläger mit ihrer Beschwerde nicht erhoben.

1.2 Die Beschwerde möchte ferner in einem Revisionsverfahren rechtsgrundsätzlich geklärt wissen, ob bei der Ermittlung der Belastungen, denen Anwohner durch nächtlichen Fluglärm ausgesetzt sind, bei einer bewegungsfreien Kernzeit in der Nacht nach Teilzeiträumen zu differenzieren ist. In der Sache richtet sich diese Grundsatzrüge gegen die vorinstanzliche Billigung des vom Beklagten zum Schutz der Flughafenanwohner festgesetzten energieäquivalenten Dauerschallpegels (Leq = 50 dB(A)), der nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs in seinem - im vorausgegangenen Revisionsverfahren aufgehobenen - Urteil vom 3. Dezember 2002 - VGH 20 A 01.40019 u.a. - (BayVBl 2003, 691) aus drei Komponenten besteht: Dem durchschnittlichen Einzelereignispegel, der logarithmierten Bewegungszahl und der logarithmierten relativen Einwirkungsdauer bezogen auf die Nachtzeit von acht Stunden (22.00 bis 06.00 Uhr) in der Durchschnittsnacht eines Kalenderjahres. Die Beschwerde hält den Bezugszeitraum der 8-Stunden-Nacht für nicht sachgerecht, weil er kein adäquates Belastungsbild ergebe. Die Konzentration der Lärmbelastungen in den Nacht-Rand-Stunden werde nicht zutreffend erfasst, wenn der Fluglärm dieser Stunden durch Einbeziehung der (weitgehend) flugfreien fünfstündigen Kernzeit relativiert werde.

Die aufgeworfene Rechtsfrage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie in einem Revisionsverfahren nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise durch die Aufstellung eines abstrakten Rechtssatzes für eine Vielzahl von Fällen geklärt werden könnte. Ob bei der Festsetzung eines Dauerschallkriteriums zur Beschränkung des nächtlichen Flugverkehrs nach Teilzeiträumen (Nacht-Rand-Stunden und weitgehend bewegungsfreie Kernzeiten) zu differenzieren ist, hängt von der konkreten Ausgestaltung des jeweils verfügten Lärmschutzkonzepts ab, das sich in ganz unterschiedlicher Weise aus Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes in Gestalt von Betriebsbeschränkungen und aus Maßnahmen des passiven Lärmschutzes zusammensetzen kann. Begrenzung und Aufteilung des Bezugszeitraums, der einem Dauerschallkriterium zugrunde liegt, sind u.a. von dem Stellenwert und der Funktion abhängig, die dem Dauerschallkriterium als einem von mehreren Schutzkriterien im Lärmschutzsystem der Behörde beigemessen wird. Die Einschätzung, ob ein Dauerschallkriterium mit dem Bezugszeitraum einer 8-Stunden-Nacht im Zusammenwirken mit weiteren Betriebsbeschränkungen einen insgesamt ausgewogenen Lärmschutz gewährleisten, obliegt dem Tatrichter, an dessen tatsächliche Feststellungen und Würdigungen das Revisionsgericht gebunden wäre (§ 137 Abs. 2 VwGO).

2. Die Beschwerde rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe bezüglich der räumlichen und zeitlichen Verlagerbarkeit von Nachtflügen die in § 144 Abs. 6 VwGO angeordnete Bindungswirkung des Revisionsurteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. April 2005 - BVerwG 4 C 18.03 - (BVerwGE 123, 261) missachtet, und sieht darin einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

2.1 Dieser Verfahrensrüge liegt die Auffassung zugrunde, dass der Verwaltungsgerichtshof an die rechtliche Beurteilung der Lärmschutzkriterien der angegriffenen Nachtflugregelung für den Flughafen München, die dem zurückverweisenden Revisionsurteil des Senats vom 20. April 2005 zugrunde liegt, nach § 144 Abs. 6 VwGO gebunden ist.

Diese Rechtsansicht steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Umfang der Bindungswirkung nach § 144 Abs. 6 VwGO. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen. Die Bindungswirkung des § 144 Abs. 6 VwGO erfasst nicht nur die dem Zurückverweisungsurteil unmittelbar zugrunde liegende rechtliche Würdigung, sondern auch die den unmittelbaren Zurückverweisungsgründen vorausliegenden Gründe, soweit diese notwendige Voraussetzungen für die unmittelbaren Aufhebungsgründe waren (grundlegend: Urteil vom 30. Mai 1973 - BVerwG 8 C 159.72 - BVerwGE 42, 243, 247 m.w.N.; stRspr, vgl. Beschlüsse vom 11. Juli 2000 - BVerwG 8 B 154.00 - Buchholz 310 § 144 VwGO Nr. 68 und vom 26. Februar 2004 - BVerwG 4 B 10.04 - Buchholz 310 § 144 VwGO Nr. 71 S. 8). So hat die Vorinstanz, deren Urteil in einem Revisionsverfahren aus materiell-rechtlichen Gründen aufgehoben wird, nach der Zurückverweisung bei unveränderter Sach- und Rechtslage bei ihrer neuen Entscheidung davon auszugehen, dass alle unverzichtbaren Prozessvoraussetzungen gegeben sind (Urteil vom 30. Mai 1973 - BVerwG 8 C 159.72 - a.a.O. S. 247). Einem Revisionsurteil, das die Sache an die Vorinstanz zurückverweist, liegen auch die vom Revisionsgericht angeführten materiell-rechtlichen Gründe dafür voraus, dass der vom Revisionsführer verfolgte weitergehende Antrag, der auf eine Aufhebung der angegriffenen Behördenentscheidung und damit auf eine eigene Sachentscheidung des Revisionsgerichts zielt, erfolglos bleibt. So liegt es hier.

Der Senat hat das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 3. Dezember 2002 aufgehoben und die Sache an ihn zurückverwiesen, weil der Verwaltungsgerichtshof von einem unzutreffenden materiell-rechtlichen Prüfungsansatz aus es unterlassen hat, den vom Beklagten angenommenen Luftverkehrsbedarf in der durch das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot geforderten Weise zu überprüfen, und die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz im Revisionsverfahren keine abschließende Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Änderungsgenehmigung ermöglichten (vgl. Senatsurteil vom 20. April 2005 - BVerwG 4 C 18.03 - a.a.O. S. 168 ff.). Die Bindungswirkung des § 144 Abs. 6 VwGO erfasst auch die rechtlichen Ausführungen des Revisionsurteils vom 20. April 2005 zu den Lärmschutzkriterien der angegriffenen Nachtflugregelung (a.a.O. S. 277 ff.), aus denen sich ergibt, dass das Revisionsgericht die materiell-rechtlichen Einwände der Kläger gegen das Lärmschutzkonzept des Beklagten sowie die dazu erhobenen Verfahrensrügen für unbegründet gehalten hat. Wären die materiell-rechtlichen Einwände der Kläger gegen das Lärmschutzkonzept der Nachtflugregelung erfolgreich gewesen, hätte der Senat dem im Revisionsverfahren verfolgten Aufhebungsantrag der Kläger ganz oder teilweise stattgegeben und in diesem Umfang - unter Aufhebung des vorin-stanzlichen Urteils vom 3. Dezember 2002 - auch die Änderungsgenehmigung aufgehoben, also "durchentschieden". Die Zurückverweisung der Sache an den Verwaltungsgerichtshof zwecks erneuter Überprüfung des vom Beklagten angeführten gesteigerten Nachtflugbedarfs setzte also voraus, dass der von den Klägern im Revisionsverfahren verfolgte Anfechtungsantrag erfolglos war.

2.2 Die Verfahrensrüge der Beschwerde greift nicht durch. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Bindungswirkung des zurückverweisenden Revisionsurteils (§ 144 Abs. 6 VwGO) beachtet.

Im Zurückverweisungsurteil des Senats vom 20. April 2005 (a.a.O. S. 272 f.) wird ausgeführt, dass das Gewicht, welches der Nachfrage nach neuen Nachtflugmöglichkeiten in der behördlichen Abwägung zukommt, von zahlreichen Faktoren abhängig ist. Abwägungsrelevant seien insbesondere die betrieblichen und wirtschaftlichen Erfordernisse des Nachtflugverkehrs (Kontinental- und Interkontinentalverkehr, Personen- oder Frachtflugverkehr, Chartertourismus), die sich aus der jeweiligen Verkehrsfunktion des Flughafens und seiner Stellung im Luftverkehrsnetz (Regionalflughafen, Internationaler Flughafen mit Zubringer- oder Drehkreuzfunktion) ergäben. Von Gewicht könne ferner sein, ob ein von der Genehmigungsbehörde angeführter zusätzlicher Nachtflugbedarf von anderen Flughäfen nachfragegerecht gedeckt werden könnte und ob die neuen Nachtflugbewegungen "ohne Not" auf die Nacht verteilt worden seien, obwohl für sie noch Raum in den späten oder früheren Tagesstunden gewesen wäre (vgl. nunmehr auch Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116, 210 f., Rn. 287, 288 - Flughafen Berlin-Schönefeld).

Der Verwaltungsgerichtshof stellt in den Gründen seines Urteils vom 28. Sep-tember 2006 (UA S. 25) u.a. fest, dass der in der angefochtenen Änderungsgenehmigung zugrunde gelegte Nachtflugbedarf nach übereinstimmenden Aussagen der Gutachten ganz wesentlich von den strukturellen Besonderheiten am Flughafen München (Internationaler Flughafen, hoher Kapazitätseckwert, Ausbau des Drehkreuzverkehrs zu einem zweiten Hub, Expansion der Deutschen Lufthansa und ihrer Partner, Bau des Terminals II) bestimmt werde. Eine Nachfrage, die aufgrund der besonderen strukturellen Verhältnisse am Flughafen München bestehe, könne nicht auf einen anderen Flughafen, z.B. den Flughafen Frankfurt/Main, übertragen werden. Aus der Bedarfsbegründung der Genehmigungsbehörde und den vorliegenden Gutachten ergebe sich auch, dass sich die strukturellen Anforderungen an die Tagesrand- und Nachtstunden in den verschiedenen Luftverkehrssegmenten im Wesentlichen aus der Nachfrage nach bestimmten Flugangeboten zu diesen Zeiten (z.B. im Interkontinental-, Ferienflug-, Fracht- und Nachtluftpostverkehr) und aus produktionsbedingt benötigten Start- und Landezeiten der Fluggesellschaften (z.B. aus Umlauf- und Optimierungsgründen und zur Abwicklung der Umsteigeverkehre) ergäben. Schon deshalb sei es nicht möglich, derartige Flugbewegungen auf den Tag "umzuverteilen". Zudem bestünden am Flughafen München im Tageszeitraum während der Verkehrsspitzenzeiten bereits Kapazitätsengpässe.

Mit diesen Ausführungen stellt der Verwaltungsgerichtshof keine abstrakten Rechtssätze auf, die von dem im Revisionsurteil vom 20. April 2005 (a.a.O. S. 272 f.) entwickelten Grundsätzen abweichen. Die Ausführungen der Vorinstanz beschränken sich darauf, die im Revisionsurteil vom 20. April 2005 enthaltenen Grundsätze zur Überprüfung eines geltend gemachten luftverkehrsrechtlichen Bedarfs auf den hier zu entscheidenden Einzelfall anzuwenden. Soweit die Beschwerde den Vorwurf erheben sollte, der Verwaltungsgerichtshof habe höchstrichterliche Rechtssätze fehlerhaft angewendet, wäre auch eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht dargetan.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG. Von dem Gesamtstreitwert in Höhe von 120 000 € entfallen auf die Klägerin zu 5 100 000 €, auf die Klägerin zu 15 und den Kläger zu 28 je 10 000 €.

Ende der Entscheidung

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