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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 15.06.2000
Aktenzeichen: BVerwG 5 C 20.99
Rechtsgebiete: VwVfG.NW.


Vorschriften:

VwVfG.NW. § 49
VwVfG.NW. § 49 a
Leitsatz:

Nach § 49 VwVfG.NW. kann eine Zuwendungsbewilligung ganz oder teilweise, nicht aber nur dem Grunde nach widerrufen werden.

Urteil des 5. Senats vom 15. Juni 2000 - BVerwG 5 C 20.99

I. VG Düsseldorf vom 31.10.1996 - Az.: VG 14 K 9231/94 -

II. OVG Münster vom 18.03.1998 - Az.: OVG 14 A 6300/96 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 5 C 20.99 OVG 14 A 6300/96

Verkündet am 15. Juni 2000

Müller Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Säcker und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Pietzner, Schmidt, Dr. Rothkegel und Dr. Franke

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. März 1998 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe:

I.

Die Klägerin war Eigentümerin eines in M. gelegenen Grundstücks mit einem 1776 errichteten und 1985 in die Denkmalliste der Stadt M. eingetragenen Wohnhaus. Mit Bescheid vom 15. August 1986 bewilligte ihr der Beklagte zur Deckung der Kosten allgemeiner Modernisierungsmaßnahmen einen Zuschuss in Höhe von 45 066 DM. Im Bewilligungsbescheid war u.a. bestimmt, dass der Widerruf der Zuwendung vorbehalten bleibe, falls der geförderte Wohnraum innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren nach Fertigstellung der Modernisierung veräußert werde. Nach der Veräußerung des Grundstücks im Jahre 1993 und der Ablehnung der Erwerber, in die Verpflichtung der Zuwendungsnehmerin einzutreten, widerrief der Beklagte seinen Bewilligungsbescheid mit Bescheid vom 4. März 1994.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin nach erfolglosem Widerspruch Klage erhoben. Die Voraussetzungen für einen Widerruf seien nicht gegeben. Das Haus werde weiterhin zu Wohnzwecken genutzt. Zumindest sei die Rückforderung um über 70 % zu kürzen, weil sie selbst über sieben Jahre der Zweckbestimmung der gewährten Mittel entsprochen habe. Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, der vollständige Widerruf sei ermessensfehlerhaft. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen, im Wesentlichen mit folgender Begründung: Der Beklagte sei berechtigt gewesen, über den Widerruf lediglich dem Grunde nach zu entscheiden und die Festsetzung des zurückzufordernden Betrages unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles und in ermessensgerechter Interessenabwägung der mit der Rückabwicklung der Förderung befassten Wohnungsbauförderungsanstalt Nordrhein-Westfalen zu überlassen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin; sie begehrt dessen Aufhebung und die Zurückweisung der Berufung des Beklagten. Sie rügt die Verletzung der §§ 49, 49 a VwVfG.NW. Die Bewilligung einer Geldleistung könne nicht "dem Grunde nach" widerrufen werden.

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von nach § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisiblem Landesrecht. Denn der Beklagte war nicht berechtigt, über den vorbehaltenen Widerruf lediglich dem Grunde nach zu entscheiden.

Beide Vorinstanzen haben, von der Klägerin nicht bestritten und das Revisionsgericht bindend, festgestellt, dass im Bewilligungsbescheid vom 15. August 1986 der Widerruf der Förderungszuwendung für den Fall vorbehalten war, dass der geförderte Wohnraum innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Fertigstellung der Modernisierung veräußert wird. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Voraussetzungen für einen solchen, nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwVfG.NW. zulässigen Widerruf in Bezug auf die landesrechtliche Förderung zur Modernisierung von Wohnraum vorgelegen haben, beurteilt sich allein nach nicht revisiblem Landesrecht und unterliegt insoweit nicht der Prüfung und Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Gegenstand der revisionsgerichtlichen Prüfung ist nach § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO allein die richtige Auslegung und Anwendung des § 49 Abs. 2 VwVfG.NW., der mit § 49 Abs. 2 VwVfG übereinstimmt.

Zu Unrecht hält es das Berufungsgericht für zulässig, über den Widerruf einer Zuwendungsbewilligung lediglich dem Grunde nach zu entscheiden und die Konkretisierung der Rückzahlungssumme einer gesonderten Entscheidung vorzubehalten. Dabei ist nicht erheblich, ob für den Widerruf und ein folgendes Erstattungsverlangen ein und dieselbe Behörde oder verschiedene Stellen zuständig sind, wie es das Berufungsgericht im Streitfall nach Landesrecht annimmt: der Beklagte sei zuständig für die Bewilligung und den Widerruf, die Wohnungsbauförderungsanstalt Nordrhein-Westfalen für die Auszahlung und die Rückforderung des Förderungsbetrages.

Einen Widerruf einer Zuwendungsbewilligung nur dem Grunde nach, d.h. ohne Aussage zum Ausmaß des Widerrufs der Höhe nach, kennt § 49 VwVfG.NW. nicht. § 49 VwVfG.NW. regelt, unter welchen Voraussetzungen "mit Wirkung für die Zukunft" und unter welchen Voraussetzungen "mit Wirkung für die Vergangenheit" widerrufen werden kann, und bestimmt in Absatz 4, dass der widerrufene Verwaltungsakt mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam wird, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt. Zum Ausmaß des Widerrufs heißt es ausdrücklich, es könne "ganz oder teilweise" widerrufen werden. Der Widerruf einer Zuwendungsbewilligung muss deshalb selbst aussprechen, in welchem Umfang widerrufen wird, und darf diese Entscheidung nicht der dem Widerruf nachgeordneten und von ihm abhängigen Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs überlassen. Nach der Systematik des Gesetzes (s. § 49 a Abs. 1 VwVfG.NW.: "Soweit ein Verwaltungsakt ... widerrufen worden ... ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten") setzt die Entscheidung über zu erstattende Leistungen einen ganzen oder teilweisen Widerruf voraus und hängt das Ausmaß der Erstattung vom Ausmaß des Widerrufs ab.

Da der hier im Streit stehende Widerruf auch nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Einschränkung dahin enthält, dass er die Förderungsbewilligung nur teilweise widerrufe, widerruft er sie ganz. Das Berufungsgericht wird nunmehr zu entscheiden haben, ob der Widerruf der gesamten Förderung trotz jedenfalls zum Teil erreichten Förderungszwecks ermessensgerecht ist. Dazu wird die Sache zurückverwiesen.

Beschluss

Der Streitgegenstand wird unter Abänderung der zweitinstanzlichen Festsetzung für alle Rechtszüge auf 45 066 DM festgesetzt, weil sich die Klage gegen den (ganzen) Widerruf der Förderungsbewilligung richtet.

Ende der Entscheidung

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