Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 16.07.2003
Aktenzeichen: BVerwG 6 C 19.02
Rechtsgebiete: GG, TKG, VwGO, NZV, Zusammenschaltungsrichtlinie 97/33/EG


Vorschriften:

GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 87 f Abs. 2
TKG § 25 Abs. 1
TKG § 35 Abs. 1
TKG § 35 Abs. 5 Satz 1
TKG § 35 Abs. 5 Satz 2
TKG § 39 1. Alternative
VwGO § 113 Abs. 1 Satz 4
NZV § 6 Abs. 5
Zusammenschaltungsrichtlinie 97/33/EG
Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs sind nach § 39 1. Alternative TKG nur dann genehmigungsfähig, wenn sie einzelvertraglich vereinbart worden sind.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 6 C 19.02

Verkündet am 16. Juli 2003

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn, Büge, Dr. Graulich und Vormeier

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. Dezember 2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist Anbieterin von Telefondienstleistungen in Gestalt von Sprachtelefondienst und Betreiberin eines bundesweiten Telekommunikationsnetzes auf Festnetzbasis.

Mit Schreiben vom 16. Januar 1998 beantragte sie bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post der Beklagten (Regulierungsbehörde) auf der Grundlage dreier Vertragsmuster die Genehmigung von Anschluss- und Verbindungsentgelten im Zusammenhang mit einem von ihr gewährten Netzzugang für Anbieter so genannter Corporate-Networks. Solche Anbieter betreiben Telekommunikationsnetze für geschlossene Benutzergruppen. Durch den von der Klägerin zur Verfügung gestellten Netzzugang wird es den Teilnehmern der geschlossenen Benutzergruppe und den Nutzern des öffentlichen Telefonnetzes ermöglicht, miteinander zu kommunizieren. Die Klägerin verlangt von den Anbietern von Corporate-Networks Entgelte für den ihnen gewährten Anschluss, für Verbindungen aus dem öffentlichen Fernsprechnetz in das Corporate-Network und für Verbindungen aus dem Corporate-Network in das öffentliche Telefonnetz. Auf solche Entgelte bezog sich der Antrag vom 16. Januar 1998. Entsprechende Verträge hatte die Klägerin noch nicht abgeschlossen.

Mit Beschluss vom 25. März 1998 lehnte die Regulierungsbehörde den Antrag mit der Begründung ab, die Entgelte seien nicht genehmigungsfähig, weil sie nicht einzelvertraglich vereinbart worden, sondern Bestandteil von Musterverträgen seien.

Die Klägerin hat gegen den Beschluss Klage erhoben, mit der sie u.a. die Verpflichtung der Beklagten beantragt hat, die mit Schreiben vom 16. Januar 1998 beantragte Entgeltgenehmigung zu erteilen. Die gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts erhobene Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen mit folgender Begründung zurückgewiesen: Die Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Genehmigung der beantragten Entgelte sei mangels Rechtschutzinteresse unzulässig geworden. Die Verpflichtungsklage wäre auch unbegründet gewesen. Genehmigungsfähig seien nur solche Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs, die einzelvertraglich vereinbart worden seien.

Die Klägerin begründet ihre vom Senat zugelassene Revision im Wesentlichen wie folgt: Die mit der Verpflichtungsklage erstrebte Entgeltgenehmigung sei für sie nach Abwicklung aller in Betracht kommender Vertragsverhältnisse nicht mehr von praktischer Bedeutung. Deshalb stelle sie den Verpflichtungsantrag auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag um. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei begründet. Die Genehmigung von Entgelten für einen Netzzugang setze nicht voraus, dass die Entgelte zuvor einzelvertraglich vereinbart worden seien. Die Erwägung des Oberverwaltungsgerichts, das Einzelvertragserfordernis ergebe sich aus einer Gesamtschau der §§ 35 und 39 TKG stehe mit Bundesrecht nicht in Einklang. Dass sich die Vorlagepflicht des § 35 Abs. 2 Satz 3 TKG auch auf individuell ausgehandelte Entgelte beziehe, sage nichts für die Frage aus, ob nur einzelvertraglich vereinbarte Entgelte genehmigungsfähig seien. Nichts anderes ergebe sich aus § 28 TKG. Aus dem Gesetz lasse sich nicht ableiten, dass die Entgeltgenehmigung zeitlich erst nach Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung hinsichtlich des Entgeltes erfolgen dürfe. Es sei auch denkbar, dass die Genehmigung schon im Vorhinein ergehe und von ihr im konkreten Einzelfall Gebrauch gemacht werde. Gesetzlich gefordert sei insoweit lediglich, dass für die konkrete Entgelterhebung ein genehmigtes und in einem Einzelvertrag vereinbartes Entgelt vorliegen müsse. Dem Wortlaut des § 39 TKG sei nichts anderes zu entnehmen. Die Entstehungsgeschichte spreche gegen das Einzelvertragserfordernis. Dieses folge auch nicht aus § 6 Abs. 5 der Netzzugangsverordnung.

Die Klägerin beantragt,

den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. Dezember 2001 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 6. April 2000 abzuändern und festzustellen, dass die Ablehnung des Entgeltgenehmigungsantrags vom 16. Januar 1998 im Beschluss der Beklagten vom 25. März 1998 rechtswidrig war.

Die Beklagte tritt der Revision entgegen und trägt zur Begründung umfangreich vor.

II.

Die zulässige Revision ist unbegründet, sodass sie zurückzuweisen ist (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil ist im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

1. Die Klage begegnet keinen Zulässigkeitsbedenken.

Das ursprünglich auf die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Entgeltgenehmigung gerichtete Klagebegehren hat die Klägerin in der Revisionsinstanz auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO umgestellt. Darin liegt keine in der Revisionsinstanz nach §§ 142 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 91 Abs. 1 VwGO unzulässige Klageänderung, sondern nur eine Beschränkung des bisherigen Verpflichtungsbegehrens ohne Veränderung des Klagegrundes (vgl. Urteil vom 22. Januar 1998 - BVerwG 2 C 4.97 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 113 = NVWZ 1999, 404 <405> m.w.N.; Urteil vom 28. November 2001 - BVerwG 5 C 9.01 - BVerwGE 115, 256 = NJW 2002, 1284 m.w.N.).

Der Fortsetzungsfeststellungsantrag ist zulässig. Auf Verpflichtungsklagen ist § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechend anzuwenden (vgl. Urteil vom 28. April 1999 - BVerwG 4 C 4.98 - BVerwGE 109, 74 <76> m.w.N.). Die ursprünglich zulässige Verpflichtungsklage hat sich nach Rechtshängigkeit dadurch erledigt, dass - wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dargelegt hat - die mit der Klage zunächst erstrebte zeitlich begrenzte Entgeltgenehmigung für sie nach Abwicklung aller in Betracht kommenden Vertragsverhältnisse keine praktische Bedeutung mehr hat. Für den Fortsetzungsfeststellungsantrag liegt auch ein Feststellungsinteresse vor. Dieses liegt darin begründet, dass die Klägerin beabsichtigt, auch künftig Entgeltgenehmigungsanträge zu stellen, denen keine einzelvertraglich vereinbarten Entgelte zugrunde liegen. Da die Beklagte die Genehmigungsfähigkeit solcher Entgelte verneint, besteht die hinreichend bestimmte Gefahr, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird. Dies rechtfertigt die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses (vgl. Urteil vom 11. November 1999 - BVerwG 2 A 5.98 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 8 S. 17 m.w.N.).

2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die erstrebte Feststellung. Die Ablehnung der Genehmigung der Entgelte war rechtmäßig.

a) Bei den hier in Rede stehenden Entgelten handelt es sich um solche für die Gewährung eines "besonderen Netzzugangs", sodass als Anspruchsgrundlage für die Genehmigung allein § 39 1. Alternative des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 25. Juli 1996 (BGBl I S. 1120), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Oktober 2002 (BGBl I S. 4186), in Betracht kommen. Nach § 39 1. Alternative TKG gelten für die Regulierung der Entgelte für die Gewährung eines Netzzugangs nach § 35 TKG die §§ 24, 25 Abs. 1 und 3, die §§ 27, 28, 29, 30 Abs. 1 und 3 bis 6 und § 31 TKG entsprechend. Es kann hier dahinstehen, ob § 39 1. Alternative TKG auf Entgelte für die Gewährung sowohl eines allgemeinen als auch eines besonderen Netzzugangs Anwendung findet, oder ob die Bestimmung nur Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative TKG betrifft, wie von der herrschenden Meinung in Rechtsprechung mit Schrifttum angenommen wird (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. Juli 2000, 13 B 2018/99 - MMR 2000, 779 <781>; VG Köln, Beschluss 27. Oktober 1999 - 1 L 1917/99 - MMR 2000, 227 <230>; Witte/Glahs in Scheurle/Mayen, Telekommunikationsgesetz, 2002, § 39 Rn. 5; Manssen in derselbe <Hrsg.>, Telekommunikations- und Multimediarecht, C § 39 Rn. 2; Trute in derselbe/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG 1. Aufl., § 39 Rn. 7; Fischer/Heun/Sörup in Heun <Hrsg.>, Handbuch Telekommunikationsrecht, 2002, Teil 4 Rn. 371). Hier liegen die Voraussetzungen eines besonderen Netzzugangs vor. Nach § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG unterscheidet sich der besondere von dem allgemeinen Netzzugang dadurch, dass er nicht über für sämtliche Nutzer bereitgestellte Anschlüsse erfolgt, sondern über besondere Anschlüsse hergestellt wird. Die Verbindung des Telekommunikationsnetzes der Klägerin mit demjenigen eines Anbieters für geschlossene Benutzergruppen erfolgt nicht über einen Anschluss, der sämtlichen Nutzern zur Verfügung steht. Den hier in Rede stehenden Entgelten liegt auch dann die Gewährung eines besonderen Netzzugangs zugrunde, wenn neben der anschlussbezogenen Definition des § 35 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative TKG oder stattdessen auf die nutzerbezogene Begriffsbestimmung des besonderen Netzzugangs in § 1 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über besondere Netzzugänge (Netzzugangsverordnung - NZV) vom 23. Oktober 1996 (BGBl I S. 1568) abgestellt wird (vgl. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. Juli 2000, a.a.O., 781; VG Köln, Beschluss vom 6. Mai 2002 - 1 L 2836/01 - MMR 2002, 410 <411>; Glahs in Scheurle/Mayen, a.a.O., § 39 Rn. 10; Trute, a.a.O., § 35 Rn. 22; Piepenbrock in Büchner/Ehmer/Geppert/ Kerkhoff/Piepenbrock/Schütz/Schuster, Beck'scher TKG-Kommentar, § 35 Rn. 16 f.). Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 NZV ermöglicht ein besonderer Netzzugang die Inanspruchnahme von Leistungen gemäß § 35 Abs. 1 TKG durch Nutzer im Sinne von § 35 Abs. 3 TKG, die diese Leistungen als Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen oder als Betreiber von Telekommunikationsnetzen nachfragen, um Telekommunikationsdienstleistungen anzubieten. Diese Voraussetzungen sind bei den Anbietern von Telekommunikationsnetzen für besondere Benutzergruppen erfüllt.

b) Die erstrebte Genehmigung durfte deshalb nicht erteilt werden, weil Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs nach § 39 1. Alternative TKG nur dann genehmigungsfähig sind, wenn sie individuell vertraglich vereinbart worden sind (vgl. Manssen, a.a.O., C § 39 Anhang Rn. 25; Trute, a.a.O., § 39 Rn. 11; zweifelnd Witte/Glahs, a.a.O., § 39 Rn. 23 f.).

aa) Das Einzelvertragsgebot ergibt sich allerdings nicht bereits aus einer an dem Wortlaut des § 39 1. Alternative TKG ausgerichteten Auslegung. Insbesondere kann es nicht daraus abgeleitet werden, dass sich die Bestimmung auf Entgelte für die Gewährung "eines" Netzzugangs bezieht. Es ist nicht erkennbar, ob das Wort "eines" als unbestimmter Artikel oder als Zahlwort verwendet wird.

bb) Dass nur einzelvertraglich vereinbarte Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs genehmigungsfähig sind, folgt aber aus der Systematik des Gesetzes und dem Zweck der Entgeltregulierung nach § 39 1. Alternative TKG.

In diese Richtung weist bereits das in dem Vierten Teil des Telekommunikationsgesetzes, in dem § 39 1. Alternative TKG seinen Standort hat, niedergelegte Grundprinzip der privatautonomen Gestaltung der Gewährung eines besonderen Netzzugangs einschließlich ihrer Modalitäten. Mit Blick auf die Netzzusammenschaltung als Unterfall der Gewährung eines besonderen Netzzugangs (vgl. Urteil vom 25. Juni 2003 - BVerwG 6 C 17.02 - Umdruck S. 6) kommt dieses Grundprinzip in der Verhandlungspflicht des § 36 Satz 1 TKG deutlich zum Ausdruck. Danach ist jeder Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes verpflichtet, anderen Betreibern solcher Netze auf Nachfrage ein Angebot auf Zusammenschaltung abzugeben. Daran knüpft § 37 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 TKG an, wonach für den Fall, dass eine Vereinbarung über die Zusammenschaltung nicht zustande kommt, und soweit und solange die Beteiligten keine Zusammenschaltungsvereinbarung treffen, die Zusammenschaltung durch die Regulierungsbehörde angeordnet wird. Die darin zum Ausdruck kommende, auf den Vorrang der Verhandlung und die autonome Willensbildung der beteiligten Unternehmen abstellende Konzeption ist nicht auf die Zusammenschaltung beschränkt. Sie prägt vielmehr die Bestimmungen über die Gewährung des besonderen Netzzugangs allgemein. Dies erhellt insbesondere aus § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG. Danach muss die Rechtsverordnung nach § 35 Abs. 5 Satz 1 TKG u.a. "Rahmenvorschriften für Vereinbarungen" über besondere Netzzugänge enthalten.

Aus den genannten Bestimmungen ergibt sich, dass nach dem Regulierungsmodell des Telekommunikationsgesetzes die Verhandlung privater Unternehmen den Ausgangspunkt und den Kern der Gewährung des besonderen Netzzugangs bildet. Die Gewährung des besonderen Zugangs zum Netz soll im Einklang mit dem verfassungsrechtlichen Ziel der Privatwirtschaftlichkeit (Art. 87 f Abs. 2 Satz 1 GG) aufgrund von Verhandlungen und Vereinbarungen der Beteiligten erfolgen. Im Zusammenhang mit der Gewährung des besonderen Netzzugangs wird die privatautonome Gestaltung als ein wesentliches Merkmal der Privatwirtschaftlichkeit in besonderer Weise betont. Die Bedingungen der Gewährung des besonderen Netzzugangs sind - der Eigenart des Vertragsgegenstands entsprechend - grundsätzlich im Rahmen privatautonomer Verhandlungen zwischen den an der Netzzugangsgewährung interessierten Netzbetreibern auszuhandeln. Da der Wettbewerb auf den hier in Rede stehenden Zugangsmärkten von einer Reihe von Faktoren beeinflusst wird, sieht der Gesetzgeber einen die Privatautonomie beschränkenden flankierenden Ordnungsrahmen vor, der faire und zügige Verhandlungen ermöglichen soll. Bei der dem Vierten Teil des Gesetzes zugrunde liegenden Konzeption kommt ein Einschreiten der Regulierungsbehörde nur subsidiär im Interesse eines Ausgleichs unterschiedlicher Verhandlungsmacht oder im Falle des Scheiterns der Verhandlungen oder zum Schutz von Drittinteressen in Betracht.

Dieses Modell entspricht den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. Die insoweit einschlägige Richtlinie 97/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 über die Zusammenschaltung in der Telekommunikation im Hinblick auf die Sicherstellung eines Universaldienstes und der Interoperabilität durch Anwendung der Grundsätze für einen offenen Netzzugang (ONP) <Zusammenschaltungsrichtlinie> (ABL EG Nr. L 199 S. 32) geht von dem Grundprinzip der privaten Verhandlung und Vereinbarung der Zusammenschaltung und damit auch der Netzzugangsgewährung als gemeinschaftsrechtlicher Unterfall der Zusammenschaltung aus. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 der Zusammenschaltungsrichtlinie haben u.a. die zur Bereitstellung der in Anhang II aufgeführten öffentlichen Telekommunikationsnetze befugten Organisationen das Recht und gegebenenfalls die Pflicht, eine gegenseitige Zusammenschaltung auszuhandeln, um die betreffenden Dienste anzubieten, damit die Bereitstellung dieser Netze und Dienste in der gesamten Gemeinschaft sichergestellt ist.

Die Entgeltregulierung nach § 39 1. Alternative TKG wird geprägt von der aufgezeigten Konzeption. Die Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs sind regelmäßig Bestandteil einer Vereinbarung über die Gewährung eines besonderen Netzzugangs. Der Gesetzgeber ist mit Blick auf die Regulierung dieser Entgelte von diesem Regelfall ausgegangen. Das dem Vierten Teil des Gesetzes zugrunde liegende Regelungsmodell erweist sich als deutlicher Anhaltspunkt dafür, dass die Entgelte nicht nur Bestandteil einzelvertraglicher Vereinbarungen sein müssen, sondern zudem nur als solche genehmigt werden können. Die Regulierung der Entgelte für den besonderen Netzzugang ist ein wesentliches Element der Bestimmung über die Gewährung des besonderen Netzzugangs. Ihr Zweck entspricht demjenigen des Anspruchs auf Gewährung von Netzzugang nach § 35 Abs. 1 Satz 1 TKG. Genauso wie der Anspruch auf Zugangsgewährung dient die entsprechende Entgeltregulierung der Durchsetzung des Regulierungsziels von § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG, also der Sicherung und Förderung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs im einstmals staatsmonopolistisch geprägten Bereich der Telekommunikation (vgl. Urteil vom 25. Juni 2003, a.a.O., Umdruck S. 11 m.w.N.). Die Preisregulierung ist ein wichtiges Instrument zur Absicherung des Anspruchs auf Netzzugang. Da die im Zusammenhang mit der Gewährung des besonderen Netzzugangs stehenden Bestimmungen von dem Grundprinzip der privatautonomen Vereinbarung geprägt sind, wäre es nicht systemgerecht, hinsichtlich des zur Durchsetzung des Anspruchs auf besonderen Netzzugang wesentlichen Instruments der Preisregulierung auf das Prinzip der einzelvertraglichen Vereinbarung zu verzichten und auch solche Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs als genehmigungsfähig anzusehen, die in Musterverträgen enthalten sind.

Dass nur einzelvertraglich vereinbarte Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs nach § 39 1. Alternative TKG genehmigungsfähig sind, ergibt sich darüber hinaus aus der in § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG angelegten Befugnis der Regulierungsbehörde nach § 6 Abs. 5 Satz 1 NZV zur Erstellung eines so genannten Grundangebots. Nach § 35 Abs. 5 Satz 1 TKG regelt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung, in welcher Weise ein besonderer Netzzugang zu ermöglichen ist. § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG konkretisiert den notwendigen Inhalt der Rechtsverordnung. Diese muss Rahmenvorschriften für Vereinbarungen über den besonderen Netzzugang enthalten. Dem hat der Verordnungsgeber u.a. durch § 6 Abs. 5 Satz 1 NZV Rechnung getragen. Danach veröffentlicht die Regulierungsbehörde die Bedingungen einer Vereinbarung über einen besonderen Netzzugang nach § 5 Abs. 1 NZV, von denen zu erwarten ist, dass sie Bestandteil einer Vielzahl von Vereinbarungen über besondere Netzzugänge nach § 6 Abs. 1 NZV werden (Grundangebot). Die Bestimmung soll sicherstellen, dass Leistungen im Zusammenhang mit der Gewährung eines besonderen Netzzugangs diskriminierungsfrei angeboten werden, indem schrittweise ein Grundangebot entwickelt wird, das auf abgeschlossenen Vereinbarungen über besondere Netzzugänge aufbaut (vgl. Begründung der Verordnung, BR-Drucksache 655/96 S. 11). Das Grundangebot soll die gegenwärtigen und künftigen Marktverhältnisse dadurch abbilden, dass auf der Grundlage einer Gesamtschau einer gewissen Anzahl einschlägiger Vereinbarungen eine Prognose darüber angestellt wird, ob und gegebenenfalls welche Vertragsinhalte Bestandteile künftiger Vereinbarungen sein werden. Diesen Zweck kann das Grundangebot nur erfüllen, wenn die darin aufgenommenen Bedingungen zuvor einzelvertraglich vereinbart worden sind. Von der Regulierungsbehörde genehmigte Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs können - und müssen - Gegenstand eines Grundangebots sein. Das kommt in der Netzzugangsverordnung dadurch zum Ausdruck, dass die Vereinbarungen über besondere Netzzugänge, aus denen das Grundangebot entwickelt wird, nach § 5 Abs. 2 NZV i.V.m. Buchst. j der Anlage dieser Bestimmung die Festlegung der Entgelte enthalten sollen. Mit Blick auf den aufgezeigten Zweck des Grundangebots können nur einzelvertraglich vereinbarte genehmigte Entgelte Berücksichtigung finden. Daraus folgt nicht nur - wie das Oberverwaltungsgericht meint -, dass Entgelte, bei denen das nicht der Fall ist, keine Aufnahme in das Grundangebot finden können. Dem Einzelvertragsbezug des Grundangebots ist vielmehr auch zu entnehmen, dass nur einzelvertraglich vereinbarte Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs genehmigt werden können. Denn die Befugnis, einzelvertraglich vereinbarte Entgelte in das Grundangebot aufzunehmen, würde weitgehend leer laufen, wenn auch in Musterverträgen enthaltene Entgelte genehmigungsfähig wären. Der jeweilige Netzbetreiber hätte es dann nämlich in der Hand, die von ihm für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs verlangten Entgelte auf der Grundlage von Musterverträgen mit der Folge genehmigen zu lassen, dass sie nicht in das Grundangebot einbezogen werden könnten. Damit wäre ein wesentlicher Bestandteil der Netzzugangsvereinbarungen dem Grundangebot entzogen, so dass dieses insoweit seinen Zweck, dem diskriminierungsfreien Angebot von Leistungen Geltung zu verschaffen, nicht erfüllen könnte.

Der Annahme, dass nur einzelvertraglich vereinbarte Entgelte genehmigungsfähig sind, kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Erstellung des Grundangebots die den Netzbetreiber treffende Verpflichtung auslöse, das Grundangebot in ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzunehmen, und es deshalb keinen Unterschied mache, ob ein einzelvertraglich vereinbartes Entgelt über die Aufnahme in das Grundangebot Bestandteil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen werde oder ob das Entgelt auf der Grundlage eines Mustervertrages genehmigt worden sei und auf dieser Grundlage in künftige Vertragsverhältnisse einbezogen werde. Der mit dem Grundangebot verfolgte Zweck sicherzustellen, dass einschlägige Leistungen diskriminierungsfrei angeboten werden, wird dadurch erreicht, dass der Netzbetreiber verpflichtet ist, das Grundangebot in seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzunehmen (§ 6 Abs. 5 Satz 2 NZV). Die auf diesem Weg in Allgemeine Geschäftsbedingungen überführten Entgelte dürfen verwendet werden, ohne dass es einer weiteren Genehmigung bedarf. Aus § 6 Abs. 5 NZV folgt, dass die Befugnis zur Standardisierung (auch) von Entgelten für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs mit dem Ziel, diese in Allgemeine Geschäftsbedingungen zu überführen, allein der Regulierungsbehörde auf der Grundlage entsprechender einzelvertraglicher Vereinbarungen zusteht. Dem liefe es zuwider, wenn in Musterverträgen enthaltene Entgelte genehmigt werden und auf diese Weise unabhängig von dem Inhalt des Grundangebots in die Vertragspraxis Eingang finden könnten.

Die Befugnis der Regulierungsbehörde, nach § 6 Abs. 5 Satz 1 NZV ein Grundangebot auf der Grundlage einzelvertraglicher Vereinbarungen zu erstellen, ist in § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG angelegt. Sie beruht auf der Verpflichtung, Rahmenvorschriften für Vereinbarungen über besondere Netzzugänge zu erlassen. Das Recht der Regulierungsbehörde zur Standardisierung einzelvertraglich vereinbarter Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs im Rahmen eines Grundangebots ist jedenfalls in seinen Grundzügen bereits dem § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG zu entnehmen.

c) Die Klägerin, von deren Grundrechtsfähigkeit auszugehen ist (vgl. Urteil vom 25. April 2001 - BVerwG 6 C 6.00 - BVerwGE 114, 160 <189>), wird durch die Beschränkung der Genehmigungsfähigkeit auf einzelvertraglich vereinbarte Entgelte nicht in ihren Grundrechten verletzt. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG vor.

aa) Die Pflicht zur Vorlage einzelvertraglich vereinbarter Entgelte greift in den Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG ein. Das Grundrecht umfasst auch die Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen selbst festzusetzen oder mit dem Interessenten auszuhandeln (vgl. Urteil vom 25. Juni 2003, a.a.O., Umdruck S. 15 m.w.N.). In dieses Recht wird nicht nur durch eine Pflicht zur Genehmigung von Entgelten eingegriffen, sondern auch durch das hier in Rede stehende Gebot, die Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs einzelvertraglich zu vereinbaren, um ihre Genehmigungsfähigkeit zu bewirken.

bb) Der Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ist gerechtfertigt.

Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung bedürfen gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage, die auch materiell verfassungsgemäß ist. Beschränkungen der Berufsausübung sind mit der Verfassung materiell vereinbar, wenn sie durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sind und dem Gebot der Verhältnismäßigkeit genügen. Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit dürfen deshalb nicht weitergehen, als es die sie rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern, und Eingriffszweck sowie Eingriffsintensität müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen (stRspr., vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1996 - 1 BvR 744/88 u.a. - BVerfGE 94, 372 <390>; Beschluss vom 10. November 1998 - 1 BvR 2296/96, 1081/97 - BVerfGE 99, 202 <211>).

Die Beschränkung der Genehmigungsfähigkeit auf einzelvertraglich vereinbarte Entgelte ist durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls legitimiert. Sie fügt sich ein in das dem Vierten Teil des Telekommunikationsgesetzes zugrunde liegende Prinzip der privatautonomen Gestaltung der Gewährung des besonderen Netzzugangs einschließlich ihrer Modalitäten. Insoweit konkretisiert das Einzelvertragsgebot das von der Verfassung selbst vorgegebene Ziel, dass Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation privatwirtschaftlich zu erbringen sind (Art. 87 f Abs. 2 Satz 1 GG). Da die Privatwirtschaftlichkeit im Bereich der Telekommunikation von Verfassungs wegen ein Gemeinwohlbelang ist, trifft dies auch auf ihre Konkretisierungen zu. Soweit das Gebot der einzelvertraglichen Vereinbarung von Entgelten die Voraussetzung dafür schafft, dass diese in ein Grundangebot im Sinne von § 6 Abs. 5 Satz 1 NZV aufgenommen werden können, dient es dem mit der Erstellung des Grundangebots im Interesse des Gemeinwohls verfolgten Zweck sicherzustellen, dass Leistungen im Zusammenhang mit der Gewährung eines besonderen Netzzugangs diskriminierungsfrei angeboten werden.

Das Einzelvertragserfordernis ist geeignet, der Grundkonzeption einer privatautonomen Gestaltung der Netzzugangsgewährung und dem diskriminierungsfreien Angebot von Leistungen im Rahmen der Netzzugangsgewährung Rechnung zu tragen. Es zwingt den marktbeherrschenden Netzbetreiber dazu, in jedem Einzelfall über das Entgelt zu verhandeln und eine entsprechende Vereinbarung zu treffen, solange kein von der Regulierungsbehörde erstelltes Grundangebot vorliegt. Gemessen an den aufgezeigten Zwecken erweist sich das Gebot der einzelvertraglichen Vereinbarung der Entgelte auch als erforderlich. Es steht auch in einem angemessen Verhältnis zur Intensität des Grundrechtseingriffs. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Intensität des Eingriffs im Vergleich zu der hier nicht in Frage gestellten Genehmigungspflicht der Entgelte vergleichsweise gering ist.

3. Auf die von der Klägerin ursprünglich geltend gemachten Verfahrensfehler kommt es nicht mehr an. Sie standen im Zusammenhang mit der Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der von der Klägerin zunächst verfolgte Verpflichtungsantrag sei mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig. Diesen Antrag verfolgt sie in der Revisionsinstanz nicht weiter. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, sie halte an den Verfahrensrügen nicht fest.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 30 000 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück