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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 28.01.1998
Aktenzeichen: BVerwG 6 P 2.97
Rechtsgebiete: BPersVG, Einigungsvertrag Anlage I


Vorschriften:

BPersVG § 47
Einigungsvertrag Anlage I Kapitel XIX Abschnitt III Nr. 1 Abs. 5 Nr. 2 (Abs. 5 Nr. 2 EV)
Leitsätze:

1. Der Sonderkündigungstatbestand der Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1, Abs. 5 Nr. 2 des Einigungsvertrages (EV) verlangt eine einzelfallbezogene Würdigung, bei der neben der konkreten Belastung für den Arbeitgeber auch das Maß der Verstrickung des für das frühere Ministerium für Staatssicherheit (MfS) Tätigen zu berücksichtigen ist.

2. Beim inoffiziellen Mitarbeiter wird sich der Grad der persönlichen Verstrickung vor allem aus Art, Dauer und Intensität seiner Tätigkeit sowie aus dem Grund der Aufnahme und der Beendigung der Tätigkeit für das MfS ergeben.

3. Ohne eine inhaltliche Auswertung der Berichtstätigkeit für das MfS läßt sich in aller Regel nicht die Frage beantworten, ob die Weiterbeschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers zumutbar im Sinne des Sonderkündigungstatbestandes erscheint.

4. Je bedeutender die von dem ehemaligen Mitarbeiter des MfS derzeit wahrgenommene dienstliche Stellung oder Funktion ist, desto eher kann dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden.

5. Das für die Rechtfertigung der Sonderkündigung maßgebliche "Erscheinungsbild der Verwaltung" wird mitgeprägt nicht nur von der Dauer der Zeit, die seit der Beendigung der Tätigkeit bis zur Wiedervereinigung verstrichen war, sondern auch von der Zeitdauer, in der frühere MfS-Mitarbeiter anschließend im öffentlichen Dienst unbeanstandet tätig waren. Ein beanstandungsfreies Verhalten in diesem Sinne liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer auf Fragen seines Dienstherrn nach einer Tätigkeit für das MfS in wesentlicher Beziehung unrichtige Angaben gemacht hat.

6. Geht es im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BPersVG um die Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Personalratsmitgliedes nach Abs. 5 Nr. 2 EV, so sind im allgemeinen die über den ehemaligen Mitarbeiter des MfS beim Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen vorhandenen Akten vollständig beizuziehen.

Beschluß des 6. Senats vom 28. Januar 1998 - BVerwG 6 P 2.97 -

I. VG Koblenz vom 11.03.1996 - Az.: VG 4 PK 4303/95 - II. OVG Koblenz vom 12.11.1996 - Az.: OVG 4 A 11141/96 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 6 P 2.97 OVG 4 A 11141/96

In der Personalvertretungssache

hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 28. Januar 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Niehues, die Richter Dr. Seibert, Albers, die Richterin Eckertz-Höfer und den Richter Büge

beschlossen:

Der Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. November 1996 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Verfahrensbeteiligten streiten um eine Ersetzung der vom Personalrat verweigerten Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Personalratsmitgliedes.

Der am 14. Mai 1950 geborene Beteiligte zu 2 absolvierte von September 1967 bis Dezember 1969 eine Ausbildung zum Elektriker. Von Mai 1970 bis April 1973 war er Soldat der Nationalen Volksarmee. In der Zeit von 1974 bis 1976 erwarb er die Befähigung eines Elektrikermeisters. Von September 1977 bis August 1980 studierte er an der Ingenieurschule V.H., sodann arbeitete er bis Juli 1981 als Elektroingenieur im Betonwerk U.; in dieser Zeit war er Vorsitzender der Betriebsgewerkschaftsleitung. Anschließend war er als Elektriker in einem Betrieb in T. tätig. Ab Januar 1983 stand er als Technologe in einem zivilen Arbeitsverhältnis zur Nationalen Volksarmee, Dienststelle G.

Durch handschriftliche Erklärung vom 12. Januar 1972 hatte sich der Beteiligte zu 2 verpflichtet, "die Organe des Ministeriums für Staatssicherheit in ihrem Kampf gegen jegliche Feinde unserer Republik freiwillig zu unterstützen". Er versprach, ehrlich und gewissenhaft nur dem ihm bekannten Mitarbeiter des MfS zu berichten und seine schriftlichen Berichte mit dem Decknamen "Marina" zu unterzeichnen. In den Akten des MfS wurde der Beteiligte zu 2 bis April 1982 als inoffizieller Mitarbeiter geführt. In dieser Zeit erstattete er mündlich und schriftlich Bericht.

Nach der Vereinigung wurde das Arbeitsverhältnis des Beteiligten zu 2 durch die Bundesrepublik Deutschland übernommen und weitergeführt. Laut Arbeitsvertrag vom 5. August 1991 wurde der Beteiligte zu 2 mit Wirkung vom 1. Januar 1991 als vollbeschäftigter Angestellter auf unbestimmte Zeit eingestellt. Seit März 1992 ist er als Angestellter der Vergütungsgruppe BAT IV a Dienststellenleiter/TE-Führer auf dem Truppenübungsplatz J. Seit Mai 1992 gehört er dem dortigen Personalrat an. Am 10. Juli 1995 wurde er in den Bezirkspersonalrat beim Heeresführungskommando gewählt

Am 27. August 1992 kreuzte der Beteiligte zu 2 auf der Anlage zu einem Personalbogen auf die Frage, ob er in der früheren DDR Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit gewesen sei, die Antwort "nein" an, vermerkte jedoch ergänzend: "Zusammenarbeit im Rahmen der beruflichen Tätigkeit von 1972 bis 1981". Auf einem weiteren Formular erklärte er, niemals als hauptamtlicher Mitarbeiter beim MfS gearbeitet und niemals für eine solche Tätigkeit Vergünstigungen bekommen zu haben; das Formular, in welchem er das Wort "inoffizieller" strich, ergänzte er handschriftlich um den Vermerk: "berufsbedingte Zusammenarbeit bis Juli 1981". Bei seiner Anhörung am 13. Oktober 1992 erklärte der Beteiligte zu 2, die Zusammenarbeit mit dem MfS habe sich auf zwei Vorfälle in den Jahren 1975/76 und 1980/81 während seiner Tätigkeit als Elektriker und Meister beim Betonwerk U. beschränkt. Er sei in beiden Fällen als Sachverständiger zur Ursachenaufklärung von offensichtlich absichtlich herbeigeführten Störungen im Bereich der Anlagenelektrik hinzugezogen worden. Darüber hinaus habe er weder Berichte über Personen abgegeben noch eine Verpflichtungserklärung unterschrieben noch geldliche Zuwendungen erhalten.

Mit Schreiben vom 26. September 1995 an die Wehrbereichsverwaltung VII berichtete der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik über den Beteiligten zu 2. Danach enthalten die Unterlagen des MfS 26 Treffberichte der Führungsoffiziere, drei Berichte der Führungsoffiziere nach mündlichen Informationen des Beteiligten zu 2, fünf mit Decknamen unterzeichnete handschriftliche Berichte des Beteiligten zu 2 sowie drei maschinenschriftlich aufgezeichnete Berichte. Die Berichte betreffen nach den Angaben des Bundesbeauftragten Personeneinschätzungen, Hinweise zum Empfang von westlichen Medien sowie Vorkommnisse im Betrieb. Der Beteiligte zu 2 soll im November 1976 ein Präsent im Wert von 30 M erhalten haben. Als letzter Treff wird der 30. Juni 1981 genannt.

Im Personalgespräch vom 5. Oktober 1995 wurde der Bericht des Bundesbeauftragten dem Beteiligten zu 2 zur Kenntnis gegeben. Dieser bestätigte die Mitarbeit für das MfS in den genannten Zeiträumen. Er erkannte die vorgelegte Verpflichtungserklärung als von ihm abgegeben an, jedoch mit dem Bemerken, sich an den Vorgang nicht mehr zu erinnern. Ferner gab er zu, die ihm zur Kenntnis gegebenen handschriftlichen Berichte erstattet zu haben. Ihm wurde die Absicht eröffnet, das Arbeitsverhältnis wegen der Mitarbeit für das MfS und der unrichtigen Angaben in den Personalunterlagen außerordentlich zu kündigen. Zugleich wurde ihm angeboten, das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1995 im gegenseitigen Einverständnis aufzulösen; eine Bedenkzeit bis zum 9. Oktober 1995 wurde eingeräumt.

Mit Schreiben vom 16. Oktober 1995 bat der Antragsteller den Beteiligten zu 1 unter Bezugnahme auf ein Schreiben der Wehrbereichsverwaltung VII vom 10. Oktober 1995 um Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung. Dies lehnte der Beteiligte zu 1 mit Schreiben vom 18. Oktober 1995 ab. Darauf hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht beantragt, die Zustimmung des Beteiligten zu 1 zu ersetzen. Dem hat das Verwaltungsgericht mit Beschluß vom 11. März 1996 entsprochen.

Auf die Beschwerde der Beteiligten hat das Oberverwaltungsgericht den erstinstanzlichen Beschluß geändert und den Ersetzungsantrag des Antragstellers abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung im Sinne von Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 5 Nr. 2 des Einigungsvertrages (im weiteren: Abs. 5 Nr. 2 EV) liege nicht vor. Zwar sei der Beteiligte zu 2 rd. zehn Jahre lang für das MfS tätig gewesen. Doch wiege das Maß seiner individuellen Verstrikkung nicht so schwer, daß er für die Bevölkerung als Angehöriger des öffentlichen Dienstes untragbar sei. Zu seinen Gunsten sei ausschlaggebend, daß die Tätigkeit des Beteiligten zu 2 für das MfS einerseits im Zeitpunkt der Wiedervereinigung schon fast zehn Jahre und inzwischen annähernd 15 Jahre zurückliege und er andererseits keine Stellung im öffentlichen Dienst bekleide, die so exponiert oder so sehr im Kernbereich hoheitlicher Staatstätigkeit angesiedelt sei, daß eine politische Vorbelastung aufgrund einer früheren Mitarbeit für das MfS mit ihr von vornherein unvereinbar erscheinen müsse. Zugunsten des Beteiligten zu 2 sei zu berücksichtigen, daß er sich bereits in einem Alter zur inoffiziellen Mitarbeit verpflichtet habe, in welchem die politisch-ideologische Entwicklung noch nicht als vollständig abgeschlossen betrachtet werden könne. Für den Beteiligten zu 2 spreche weiter, daß die Beendigung seiner Mitarbeit für das MfS Folge seines freiwilligen Ausscheidens aus der Betriebsgewerkschaftsleitung und mit beruflichen Nachteilen verbunden gewesen sei. Die Belastung aufgrund der Tätigkeit für das MfS erscheine auch deswegen nicht mehr so gewichtig, weil der Beteiligte zu 2 nunmehr bereits seit mehr als fünf Jahren unbeanstandet im öffentlichen Dienst der Bundesrepublik tätig sei und aufgrund seiner - wegen der Freistellung als Personalratsmitglied nicht tatsächlich wahrgenommenen Funktion als Teileinheitsführer in einer kleinen, nicht mehr selbständigen Dienststelle keine besonders herausgehobene Stellung einnehme, die ihn nach außen in Erscheinung treten ließe. Eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB wegen der unrichtigen Angaben des Beteiligten zu 2 komme schon deswegen nicht in Betracht, weil dessen Weiterbeschäftigung der Bundesrepublik Deutschland jedenfalls für die Dauer der Frist einer ordentlichen Kündigung hätte zugemutet werden können. Letzteres ergebe sich schon daraus, daß dem Beteiligten zu 2 beim Personalgespräch am 5. Oktober 1995 eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Dezember 1995 angeboten worden sei.

Der Antragsteller trägt zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde vor: Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts erscheine die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2 bei der Bundeswehr als unzumutbar im Sinne von Abs. 5 Nr. 2 EV. Der Beteiligte zu 2 nähme, wäre er nicht wegen der Personalratstätigkeit bzw. der beabsichtigten Kündigung freigestellt worden, Tätigkeiten der Wertebene der Vergütungsgruppe IV a BAT wahr. Hierbei handele es sich um eine herausgehobene Tätigkeit der Fachhochschulebene, welche dem gehobenen Dienst vergleichbar sei. Eine zehnjährige Tätigkeit für das MfS könne nicht deshalb als geringfügig gewertet werden, weil sie zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung fast zehn Jahre und im Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts fast 15 Jahre zurückgelegen habe. Andernfalls gereiche die lange Bearbeitungsdauer beim Bundesbeauftragten für die Stasi- Unterlagen dem Arbeitgeber zum Nachteil. Auch dürfe das Verhalten von Arbeitnehmern, die - wie vorliegend - ihren Arbeitgeber über die Tätigkeit für das MfS täuschten, nicht honoriert werden. Im übrigen trete die seit der letzten Tätigkeit für das MfS verstrichene Zeitdauer hinter das langjährige, engagierte Tätigwerden des Beteiligten zu 2 für jene Einrichtung zurück. Angesichts der langjährigen Tätigkeit für das MfS könne von einer "Jugendsünde" keine Rede sein; die ausschließliche Berücksichtigung des Lebensalters im Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärung sei in diesem Zusammenhang unzureichend. Zugunsten des Beteiligten zu 2 falle auch nicht die Art und Weise der Beendigung der Zusammenarbeit mit dem MfS ins Gewicht, da sich die Motive für den Rückzug aus der Betriebsgewerkschaftsleitung nicht auf die Beendigung der Tätigkeit für das MfS bezogen hätten. Außerdem hätten sich etwaige entlastende Motive nicht in gleicher Weise manifestiert wie die Verpflichtung zur Zusammenarbeit oder die Berichterstattung. Da sich die Bundeswehr aus strukturbedingten Gründen von einer Vielzahl unbelasteter Mitarbeiter trennen müsse, sei weder diesem Personenkreis noch der Bevölkerung zu vermitteln, weshalb ausgerechnet ein Mitarbeiter, der für das MfS tätig gewesen sei und seine Weiterbeschäftigung durch falsche Angaben herbeigeführt habe, weiterhin Aufgaben im Dienst der Bundesrepublik Deutschland wahrnehmen dürfe. Die wissentlich falsche Beantwortung der Fragen nach einer Tätigkeit für das MfS berechtige selbständig zur außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB. Die rechtliche Zulässigkeit der dahin gehenden Fragen ergebe sich aus den einschlägigen Bestimmungen des Einigungsvertrages.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. November 1996 aufzuheben und die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 11. März 1996 zurückzuweisen.

Die Beteiligten beantragen,

die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Sie tragen vor: Bei der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Unzumutbarkeit" nach Abs. 5 Nr. 2 des EV sei dem Oberverwaltungsgericht ein revisibler Rechtsfehler nicht unterlaufen. Weder habe es den Rechtsbegriff selbst verkannt noch bei der Subsumtion Denkgesetze bzw. allgemeine Erfahrungssätze verletzt noch wesentliche Umstände außer acht gelassen. Der Beteiligte zu 2 habe durch seine Tätigkeiten bzw. Berichte keinen Personen Schaden zugefügt; seine Äußerungen seien in keiner Weise denunziatorisch gewesen. Seine Tätigkeit für das MfS habe er deswegen beendet, weil sich seine Einstellung zur DDR gewandelt habe. Sein jetziger dienstlicher Aufgabenbereich bringe ihn in keine besonders hervorgehobene Position, sondern habe trotz seiner Verantwortung für einige wenige ihm nachgeordnete Mitarbeiter eher innerorganisatorischen, dienenden Charakter. Abgesehen davon habe der Antragsteller die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht beachtet. Dem Antragsteller stehe ein Recht zur fristlosen Kündigung ferner nicht wegen unrichtiger Angaben des Beteiligten zu 2 nach § 626 BGB zu. Abgesehen von der Fristversäumnis fehle es an einer gesetzlichen Grundlage für die entsprechende Auskunftspflicht des Arbeitnehmers. Im übrigen rechtfertige die allenfalls teilweise unrichtige Beantwortung der Frage nach einer Tätigkeit für das MfS nicht die außerordentliche Kündigung des Beteiligten zu 2. Schließlich sei die gesamte Befragung einschließlich ihrer Ergebnisse unverwertbar, weil bei der Erstellung des Personalfragebogens die Personalvertretung entgegen § 75 Abs. 3 Nr. 8 BPersVG nicht beteiligt worden sei.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht (§ 83 Abs. 2 BPersVG in Verbindung mit § 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG und § 564 Abs. 1, § 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

1. Nach § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 ArbGG ist die Rechtsbeschwerde begründet, wenn der Beschluß des Oberverwaltungsgerichts auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm beruht. Das Vorbringen der Rechtsbeschwerde ist nicht etwa - wie der Beteiligte zu 2 meint - schon deshalb zurückzuweisen, weil es diesen Kontrollrahmen des Rechtsbeschwerdegerichts mißachtet. Das ist nämlich nicht der Fall. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterliegt die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs im Rechtsbeschwerdeverfahren zwar nur einer eingeschränkten Nachprüfung. Das Rechtsbeschwerdegericht kann nur prüfen, ob das Beschwerdegericht den unbestimmten Rechtsbegriff verkannt hat, ob die Unterordnung des festgestellten Sachverhalts unter diesen Rechtsbegriff Denkgesetzen oder Erfahrungssätzen widerspricht und ob alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände berücksichtigt und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen worden sind (Beschluß vom 24. Juli 1991 - 7 ABR 68/90 - AP § 78 a BetrVG 1972 Nr. 23). Der vorliegende Fall bietet keinen Anlaß, diese Rechtsprechung in Frage zu stellen. Unter Zugrundelegung der genannten Kriterien zur Prüfungsdichte im Rechtsbeschwerdeverfahren ergibt sich jedoch, daß der angefochtene Beschluß auf einer unrichtigen Rechtsauffassung betreffend die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung gemäß Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Absatz 5 Nr. 2 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990, BGB1 II 889, (im weiteren: Absatz 5 Nr. 2 EV; desgl. Abs. 1 EV usw.) beruht (2.), daß Entsprechendes aber für die Anwendung des § 626 BGB nicht festgestellt werden kann (3.).

2. Der genannte Sonderkündigungstatbestand des Einigungsvertrages für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst setzt einen "wichtigen Grund" voraus, der insbesondere dann gegeben ist, wenn der Arbeitnehmer für das frühere Ministerium für Staatssicherheit tätig war und deshalb ein Festhalten am Arbeitsverhältnis unzumutbar erscheint.

a) Im vorliegenden Fall geht es indes nicht unmittelbar um die Kündigung selbst, sondern darum, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Personalrat seine Zustimmung zu der außerordentlichen Kündigung eines seiner Mitglieder verweigern darf und ob Abhilfe demgegenüber möglich ist. Dies ist allgemein durch § 47 BPersVG geregelt, wonach das Verwaltungsgericht die vom Personalrat verweigerte Zustimmung auf Antrag des Dienststellenleiters ersetzen kann, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist: Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, daß § 47 Abs. 1 BPersVG auch auf solche Kündigungen Anwendung findet, die der öffentliche Arbeitgeber gemäß Abs. 5 Nr. 2 EV ausgesprochen hat. Der Zweck des § 47 Abs. 1 BPersVG, den einzelnen Mandatsträger vor dem Verlust des Arbeitsplatzes sowie die Arbeitnehmervertretung mit Blick auf die Stetigkeit ihrer Arbeit durch möglichst unveränderte personelle Zusammensetzung zu schützen, kommt auch im Rahmen von Abs. 5 EV zum Tragen (vgl. BAG, Urteil vom 28. April 1994 - 8 AZR 209/93 - BAGE 76, 317).

b) Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht weiter angenommen, daß Abs. 5 EV für die darin aufgeführten Kündigungsgründe die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung im öffentlichen Dienst gegenüber § 626 BGB eigenständig und abschließend regelt. Das ergibt sich, wie das Bundesarbeitsgericht überzeugend dargelegt hat, aus dem Wortlaut der jeweiligen Vorschriften, aus dem Regelungszusammenhang des Einigungsvertrages und aus dem Sinn und Zweck des Sonderkündigungsrechts. Aus der Eigenständigkeit der Kündigungsregelung des Abs. 5 EV folgt, daß es zum einen keiner doppelten Unzumutbarkeitsprüfung nach den Maßstäben des § 626 Abs. 1 BGB bedarf und zum anderen die Fristbestimmung des § 626 Abs. 2 BGB keine Anwendung findet (BAG, Urteil vom 11. Juni 1992 - 8 AZR 474/91 - BAGE 70, 309, 316 f.; Urteil vom 11. Juni 1992 - 8 AZR 537/91 - BAGE 70, 323, 326 f.; Urteil vom 20. Januar 1994 - 8 AZR 269/93 - BAGE 75, 266, 273; Urteil vom 28. April 1994 - 8 AZR 157/93 - BAGE 76, 334, 339; Urteil vom 26. Mai 1994 - 8 AZR 180/93 -).

Die Richtigkeit jener Auffassung wird bestätigt durch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes: In den Materialien zum Einigungsvertrag wird ausdrücklich angeführt, daß es wegen der besonderen Verhältnisse unumgänglich sei, den Fortbestand der vorhandenen Arbeitsbedingungen mit Maßgaben zu verknüpfen, die sich aus dem Einigungsvertrag insgesamt und insbesondere aus den Absätzen 2 bis 7 ergäben und die den sonst geltenden Regelungen vorgingen. Entgegenstehende oder über die Absätze 2 bis 7 hinausgehende bzw. sie ergänzende Regelungen seien nicht mehr anwendbar. Die Regelungen des Einigungsvertrages hätten insoweit Vorrang und seien abschließend (BTDrucks 11/7817 S. 179).

c) Das Sonderkündigungsrecht des Einigungsvertrages ist mit dem Grundgesetz, insbesondere mit Art. 12 Abs. 1, 33 Abs. 2 GG, vereinbar (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1934/93 NJW 1997, 2305). Für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs sind zwei Aspekte wesentlich: Erstens wird durch die Tätigkeit für das MfS die Integrität des Betroffenen sowie seine innere Bereitschaft, Bürgerrechte zu respektieren und sich rechtsstaatlichen Regeln zu unterwerfen, nachhaltig in Frage gestellt. Zweitens kann sein Verbleiben bei der Bevölkerung Zweifel an der rechtsstaatlichen Integrität des öffentlichen Dienstes hervorrufen (BVerfG, a.a.O., S. 2305 f.).

d) Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, daß der Beteiligte zu 2 im Sinne von Abs. 5 Nr. 2 EV für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) tätig war. Seine Ausführungen sind insofern frei von Rechtsfehlern. Abs. 5 Nr. 2 EV verlangt eine bewußte, finale Mitarbeit (vgl. BAG, Urteil vom 11. Juni 1992 - 8 AZR 474/91 - a.a.O. S. 317; Urteil vom 11. Juni 1992 - 8 AZR 537/91 - a.a.O. S. 327; Urteil vom 28. April 1994 - 8 AZR 157/93 - a.a.O. S. 339). Diese Voraussetzung kann sowohl bei hauptamtlichen als auch bei inoffiziellen Mitarbeitern der Staatssicherheit gegeben sein (vgl. BVerfG, a.a.O. S. 2306; BAG, Urteil vom 26. August 1993 - 8 AZR 561/92 - BAG 74, 120, 124; Urteil vom 19. Januar 1995 - 8 AZR 220/93 -; Urteil vom 13. Juni 1996 - 8 AZR 595/94 -). Daß der Beteiligte zu 2 als inoffizieller Mitarbeiter bewußt für das MfS tätig war, hat das Oberverwaltungsgericht hinreichend dargelegt. Die dazu getroffenen Tatsachenfeststellungen werden auch vom Beteiligten zu 2, etwa in Form von Gegenrügen, nicht in Frage gestellt. Daher ist der Senat hieran gebunden.

e) Wie sich aus dem Wortlaut des Abs. 5 Nr. 2 EV eindeutig ergibt, führt die Tätigkeit für das MfS nicht automatisch zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Vielmehr ist zusätzlich zu prüfen, ob wegen jener Tätigkeit ("deshalb") ein Festhalten am Arbeitsverhältnis unzumutbar erscheint. Die Vorschrift verlangt somit eine einzelfallbezogene Würdigung, bei der neben der konkreten Belastung für den Arbeitgeber auch das Maß der Verstrickung des Betroffenen zu berücksichtigen ist (BVerfG, a.a.O. S. 2306; vgl. ferner BAG, Urteil vom 11. Juni 1992 - 8 AZR 474/91 - a.a.O. S. 319; Urteil vom 11. Juni 1992 - 8 AZR 537/91 - a.a.O. S. 329; Urteil vom 28. April 1994 - 8 AZR 157/93 - a.a.O. S. 339). Beim inoffiziellen Mitarbeiter wird sich der Grad der persönlichen Verstrickung vor allem aus Art, Dauer und Intensität der Tätigkeit des inoffiziellen Mitarbeiters sowie aus dem Grund der Aufnahme und der Beendigung der Tätigkeit für das MfS ergeben (BAG, Urteil vom 19. Januar 1995 - 8 AZR 220/93 -; Urteil vom 13. Juni 1996 - 8 AZR 595/94 -).

Daß es auf das individuelle Maß der Verstrickung durch die Tätigkeit für das MfS ankommt, hat auch das Oberverwaltungsgericht im Ansatz zutreffend angenommen. Hingegen hat es verkannt, daß über das Maß der Verstrickung des inoffiziellen Mitarbeiters erst die näheren Einzelheiten über die Art, den Umfang und die Intensität seiner Tätigkeit für das MfS Aufschluß geben. Nur wenn festgestellt wird, welchen Inhalt die Berichte an das MfS hatten, welchem Zweck die Berichterstattung dienen sollte und auf welche Art und Weise Erkundigungen eingeholt wurden, kann geprüft werden, ob und ggf. wie schwer der inoffizielle Mitarbeiter aufgrund seiner Tätigkeit für das MfS einen anderen geschädigt, gefährdet oder in seiner Privatsphäre verletzt hat oder dies jedenfalls in Kauf genommen hat (vgl. BAG, Urteil vom 19. Januar 1995 - 8 AZR 220/93 -). Umgekehrt ist die inhaltliche Auswertung der Berichtstätigkeit des inoffiziellen Mitarbeiters auch geeignet, diesen entscheidend zu entlasten. Denn allein der Bericht von Belanglosigkeiten könnte die Unzumutbarkeit im Sinne von Abs. 5 Nr. 2 EV nicht begründen (vgl. BAG, Urteil vom 13. Juni 1996 - 8 AZR 595/94 -). Indem das Oberverwaltungsgericht sich von jeglicher inhaltlicher Auswertung der Tätigkeit für das MfS entbunden glaubte; hat es einen wesentlichen rechtlichen Teilaspekt außer acht gelassen, ohne dessen Abklärung und Gewichtung in aller Regel die Frage nicht beantwortet werden kann, ob die Weiterbeschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers zumutbar im Sinne von Absatz 5 Nr. 2 EV erscheint.

Konkrete Feststellungen zur Art der Tätigkeit des inoffiziellen Mitarbeiters sind nicht nur wesentliche Voraussetzung für die Bestimmung des Maßes der Verstrickung. Erst solche Feststellungen gestatten auch die nach Absatz 5 Nr. 2 EV gebotene Abwägung, ob der ehemalige Mitarbeiter des MfS in seiner jetzigen dienstlichen Funktion in den Augen der Bürger tragbar erscheint. Diesen rechtlichen Maßstab verfehlt das Oberverwaltungsgericht, wenn es sich - ohne Anerkennung eines weiteren Konkretisierungsbedarfs - mit der Feststellung begnügt, der Umfang der Zusammenarbeit des Beteiligten zu 2 sei "nicht nur vernachlässigbar gering" gewesen und es habe sich dabei nicht nur um unvermeidliche dienstliche Zusammenarbeit gehandelt, und sodann abstrakt wertend von einem "eher geringen Maß der individuellen Verstrickung" spricht, ohne dieses Maß wirklich konkret zu erfassen. Soweit das Oberverwaltungsgericht mit dem schlichten Hinweis auf den "nicht nur vernachlässigbar geringen" Umfang der Zusammenarbeit die Erheblichkeit der Tätigkeit des Beteiligten zu 2 herausstellen will, übersieht es, daß nach Absatz 5 Nr. 2 EV nicht nur ein Dualismus von belangloser und erheblicher Tätigkeit für das MfS zur Beurteilung ansteht, sondern auch jenseits von Belanglosigkeiten viele Grade vorwerfbaren Verhaltens denkbar sind, die das Ergebnis der Zumutbarkeitsprüfung auf je verschiedene Weise beeinflussen.

Dieser Rechtsfehler führt zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Beschwerdegericht. Da gerichtliche Feststellungen zum Maß der Verstrickung des Beteiligten zu 2 als inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit fehlen und der Sachverhalt insofern auch nicht unstreitig feststeht, vermag der Senat nicht abschließend darüber zu befinden, ob wegen der genannten Tätigkeit ein Festhalten am Arbeitsverhältnis zumutbar erscheint oder nicht.

3. Der Senat kann auch nicht aus einem anderen Grunde durch eine Entscheidung in der Sache selbst der Rechtsbeschwerde des Antragstellers stattgeben. Die vom Bezirkspersonalrat verweigerte Zustimmung ist nicht etwa deshalb zu ersetzen, weil ein außerordentliches Kündigungsrecht anderweitig gegeben ist. Dies ist nämlich nicht der Fall. Ohne Rechtsfehler hat das Oberverwaltungsgericht ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 626 Abs. 1 BGB wegen - etwaiger - unrichtiger Angaben zur Tätigkeit für das MfS verneint.

a) Die Bedenken des Oberverwaltungsgerichts gegen die Einhaltung der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB teilt der Senat allerdings nicht. Diese Frist begann nicht schon mit Eingang des Berichts des Bundesbeauftragten für die Stasi- Unterlagen vom 26. September 1995, sondern erst mit der Anhörung des Beteiligten zu 2 am 5. Oktober 1995. Gemäß § 626 Abs. 2 Satz 2 BGH kommt es für den Fristbeginn auf den Zeitpunkt an, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erhält. Da "maßgebende Tatsachen" nicht nur die Tatumstände sind, die für, sondern auch diejenigen, die gegen die Kündigung sprechen, ist die Anhörung des Kündigungsgegners in der Regel geeignet, den Lauf der Ausschlußfrist zu hemmen (vgl. BAG, Urteil vom 27. Januar 1972 - 2 AZR 157/71 - BAGE 24, 99, 104 f.; Urteil vom 6. Juli 1972 - 2 AZR 386/71 - BAGE 24, 341, 344 ff:; Urteil vom 12. Februar 1973 - 2 AzR 116/72 - AP § 626 BGB Ausschlußfrist Nr. 6; KR-Hillebrecht, 4: Aufl. 1996, § 626 BGB Rn. 231). Von dieser Regel hier abzuweichen, besteht auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kein Anlaß. Nach Eingang des Berichts des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen entsprach es der Vorgehensweise eines verständigen und zur Fürsorge verpflichteten Arbeitgebers, dem Beteiligten zu 2 Gelegenheit zu geben, sich zu den offenkundig gewordenen Diskrepanzen zwischen den eigenen Erklärungen aus dem Jahre 1992 und den Aussagen in jenem Bericht zu erklären.

Wie freilich aus der zeitlichen Begrenzung des Kündigungsrechts durch § 626 Abs. 2 BGB folgt, muß der Kündigungsgegner innerhalb einer kurz bemessenen Frist angehört werden, die regelmäßig nicht länger als eine Woche sein darf, nachdem der Kündigungsberechtigte das Ereignis kennt, das er möglicherweise zum Anlaß der außerordentlichen Kündigung nehmen will (vgl. BAG, Urteil vom 6. Juli 1972 a.a.O. S. 347; Urteil vom 12. Februar 1973 a.a.O. KR-Hillebrecht a.a.O. Rn. 232). Auch diese Frist ist hier eingehalten. Zwischen dem Eingang des Berichts des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen am 28. September 1995 und der Anhörung des Beteiligten zu 2 am 5. Oktober 1995 lag exakt eine Woche.

b) Ohne Rechtsfehler hat das Oberverwaltungsgericht jedoch angenommen, daß ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB nicht vorliegt. Es hat aus dem Verhalten des Dienstherrn, welcher dem Beteiligten zu 2 im Personalgespräch vom 5. Oktober 1995 eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1995 angeboten hat, geschlossen, daß weder eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch dessen Beendigung vor dem 29. Februar 1996 geboten war. Diese Würdigung läßt nicht auf eine unrichtige Anwendung des § 626 Abs. 1 BGB bzw. schon aus § 242 BGB herzuleitenden Rechtsgedanken schließen. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang auf eine Verwaltungspraxis verweist, wonach von Auflösungsvereinbarungen betroffene Arbeitnehmer sofort freigestellt zu werden pflegen, handelt es sich um neuen Sachvortrag, mit welchem er im Rechtsbeschwerdeverfahren in Ermangelung einer fristgerecht erhobenen Verfahrensrüge ausgeschlossen ist.

4. Nach der Zurückverweisung wird das Oberverwaltungsgericht die für die Abwägung nach Abs. 5 Nr. 2 EV erforderlichen Tatsachenfeststellungen nachzuholen haben. Die Beiziehung der vollständigen Stasi-Unterlagen, die insbesondere zur Beurteilung der Art der Tätigkeit des Beteiligten zu 2 für das MfS geboten ist, wird mit Blick auf die Dauer seiner Tätigkeit auch Aufschluß darüber geben, ob jener kontinuierlich oder mit Unterbrechungen für das MfS gewirkt hat. Zur Bewertung der Intensität der Tätigkeit für das MfS könnte auch die Feststellung erforderlich sein, ob die maschinenschriftlich mit "Marina" unterzeichneten Berichte vom Beteiligten zu 2 stammen, was dieser ausweislich seiner Angaben in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung bestreitet. Weiter wird das Oberverwaltungsgericht zu klären haben, welche dienstliche Funktion genau der Beteiligte zu 2 bekleiden wird; wenn seine Freistellung endet; diesbezüglich besteht zwischen den Beteiligten keine Einigkeit, wie ihre im Rechtsbeschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze belegen. Schließlich könnte es bei der Abwägung nach Abs. 5 Nr. 2 EV auf die tatsächliche Würdigung der Antworten des Beteiligten zu 2 auf die Fragen nach seiner Tätigkeit für das MfS ankommen.

5. Im übrigen weist der Senat für die weitere Behandlung der Streitsache auf folgendes hin:

a) Es ist nicht zu beanstanden, daß das Oberverwaltungsgericht zugunsten des Beteiligten zu 2 berücksichtigt hat, daß dieser bei Abgabe der Verpflichtungserklärung vom 12. Januar 1972 erst 21 Jahre alt war. Junge Erwachsene, die in der DDR geboren und aufgewachsen waren, konnten Loyalitätsgefühle haben, die Zuträgerdienste für das MfS zum Schutz als positiv empfundener "Errungenschaften" möglich machten. Jedenfalls konnte man jungen Erwachsenen - auch noch solchen im Alter von 21 Jahren - eher zugute halten, daß sie sich den Anwerbeversuchen des MfS nicht zu entziehen vermochten, als Menschen mit größerer Lebenserfahrung, bei denen eine kritische Sicht der Verhältnisse in der DDR im allgemeinen und der Methoden des MfS im besonderen eher zu erwarten war.

Die vorstehenden Überlegungen besagen freilich nicht, daß jugendliches Alter bei Abgabe der Verpflichtungserklärung allein den betreffenden Mitarbeiter entscheidend zu entlasten vermag, wenn er - wie hier der Beteiligte zu 2 - seine Tätigkeit für das MfS noch während eines Lebensalters fortgesetzt hat, in welchem eine kritische Beurteilung jener Tätigkeit und der Institution, für die sie erfolgte, erwartet werden konnte. Eine andere Sichtweise geben aber auch die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts nicht zu erkennen.

b) Nicht zu beanstanden ist weiter, daß das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Würdigung nach Absatz 5 Nr. 2 EV die Art der Beendigung der Tätigkeit für das MfS zugunsten des Beteiligten zu 2 gewertet hat. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kommt es in diesem Zusammenhang nicht entscheidend darauf an, daß die Beendigung der Beziehung zum MfS "von Amts wegen" eintrat, nachdem der Beteiligte zu 2 freiwillig aus der Betriebsgewerkschaftsleitung ausgeschieden war. Denn der letztgenannte Umstand dokumentierte - dem einseitigen Abbruch der Beziehung zum MfS durchaus vergleichbar - eine Unzufriedenheit mit für die DDR typischen Verhältnissen, die aus der Sicht des Staates - wie der zumindest vorübergehende berufliche Abstieg zeigte - durchaus politische Dimension hatte. Darin liegt zugleich die vom Antragsteller vermißte Manifestierung der Entlastungstatsachen. Die insoweit vom Oberverwaltungsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen werden vom Antragsteller überdies nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen.

Zutreffend hat schließlich das Oberverwaltungsgericht zugunsten des Beteiligten zu 2 berücksichtigt, daß sein letzter Kontakt mit dem MfS im Zeitpunkt der Vereinigung bereits über neun Jahre zurücklag.

c) Wie im angefochtenen Beschluß nicht verkannt wurde, ist bei der Beantwortung der Frage, ob die Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers zumutbar ist, auch die von ihm wahrgenommene Stellung oder Funktion in den Blick zu nehmen. Je höher deren Bedeutung ist, desto weniger kann dem Arbeitgeber die weitere Beschäftigung eines Mitarbeiters des MfS zugemutet werden (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997, a.a.O. S. 2306). Die Beschäftigung eines belasteten Arbeitnehmers mit rein vollziehender Sachbearbeitertätigkeit oder handwerklicher Tätigkeit wird das Vertrauen in die Verwaltung weniger beeinträchtigen als die Ausübung von Entscheidungs- und Schlüsselfunktionen durch einen ebenso belasteten Arbeitnehmer (BAG, Urteil vom 19. Januar 1995 - 8 AZR 220/93 -; Urteil vom 13. Juni 1996 - 8 AZR 595/94 -). Zu eng ist jedenfalls die Sichtweise des Oberverwaltungsgerichts, welches offenbar die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung nur annehmen will, wenn der Betreffende in herausgehobener oder leitender Stellung oder im Kernbereich der hoheitlichen Tätigkeit beschäftigt ist. Richtigerweise besteht zwischen der jetzigen Stellung des Arbeitnehmers und dem Grad seiner Verstrickung eine Beziehung im Sinne einer "umgekehrten Proportionalität". Demgemäß führt bei exponierter Funktion bereits eine vergleichsweise geringe Belastung zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses: Ist die Belastung dagegen sehr stark, ist die Weiterbeschäftigung bereits in weniger bedeutender Stellung unzumutbar.

Auf der Grundlage des Gedankens von der Integrität des öffentlichen Dienstes, welcher für die Auslegung und Anwendung des Abs. 5 Nr. 2 EV prägend ist, kann somit nicht gesagt werden, es gäbe derart unbedeutende Stellungen und Funktionen, daß deren Inhaber selbst bei schwerwiegender Belastung aus der Tätigkeit für das MfS weiter tragbar wäre. Umgekehrt kann der Auffassung des Antragstellers nicht gefolgt werden, soweit er eine Weiterbeschäftigung ehemaliger Mitarbeiter der Staatssicherheit bei der Bundeswehr (in den mobilen Einheiten wie in der Verwaltung) weitgehend ausschließen will. Dies wäre mit Wortlaut und Zielvorstellung des Abs. 5 Nr. 2 EV unvereinbar, wonach sich jede schematische Behandlung ehemaliger Mitarbeiter des MfS verbietet. Es stünde zugleich in eindeutigem Widerspruch zur Absicht des Gesetzgebers, die Mitarbeiter nicht abgewickelter Einrichtungen des öffentlichen Dienstes der DDR in den öffentlichen Dienst der Bundesrepublik einzugliedern und ihre Arbeitsverhältnisse aufrechtzuerhalten (vgl. BVerfG, Beschluß vom 21. Februar 1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140, 154; Urteil vom 8. Juli 1997 a.a.O. S. 2306). In Wirklichkeit ist die Rechtslage selbst in bezug auf den militärischen Bereich der Bundeswehr nicht grundlegend anders als für die Arbeitnehmer der (zivilen) öffentlichen Verwaltung: Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 2 § 7 Abs. 2 Nr. 2 EV bestimmt, daß ein Soldat auf Zeit oder Berufssoldat der ehemaligen NVA zu entlassen ist, wenn er für das MFS tätig war und dadurch die Fortsetzung des Dienstverhältnisses unzumutbar erscheint. Die Entlassung von Soldaten wegen Tätigkeit für das MfS ist somit an dieselben Voraussetzungen geknüpft wie die außerordentliche Kündigung von Arbeitnehmern nach Abs. 5 Nr. 2 EV. Um so mehr verbietet es sich, für die Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer der zivilen Bundeswehrverwaltung prinzipiell schärfere Anforderungen zu stellen als bei sonstigen Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes. Auch dort verbleibt es bei dem Grundsatz, daß für die Abwägung nach Abs. 5 Nr. 2 EV die Stellung oder Funktion des Arbeitnehmers innerhalb der Institution erheblich ist, nicht aber die Institution als solche.

d) Rechtlich unerheblich im Rahmen des hier in Rede stehenden Sonderkündigungstatbestandes ist der Umstand, daß der Beteiligte zu 2 Mitglied des örtlichen Personalrates wie des Bezirkspersonalrates ist. Die Regelung in Abs. 5 Nr. 2 EV knüpft an die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach der Vereinigung an. Für die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung ist diejenige Art der Tätigkeit beachtlich, die der Arbeitnehmer in dem in Frage stehenden Arbeitsverhältnis ausübt (vgl. BAG, Urteil vom 19. Januar 1995 - 8 AZR 220/93 -; Urteil vom 13. Juni 1996 - 8 AZR 595/94 -). Die Eigenschaft als Personalratsmitglied setzt zwar einerseits ein bestehendes Arbeitsverhältnis voraus (§ 14 Abs. 1, § 29 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG). Sie beruht jedoch andererseits auf einem autonomen Wahlakt der Beschäftigten, der als solcher schon wegen des Diskriminierungsverbots (§ 8 BPersVG) keinesfalls Teilelement für die Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung nach Abs. 5 Nr. 2 EV sein kann. Kommt es daher bei der nach dieser Vorschrift vorzunehmenden Abwägung auf die Exponiertheit oder sonst beachtliche Stellung des Arbeitnehmers an, so kann diese nicht aus seiner Eigenschaft als Mitglied (oder Vorsitzender) des Personalrats hergeleitet werden. Bei Personalratsmitgliedern kommt es vielmehr - wie bei jedem anderen Arbeitnehmer auch - auf ihre sich aus dem Arbeitsvertrag ergebende Funktion oder Stellung an, bei freigestellten Personalratsmitgliedern auf diejenige Tätigkeit, welche sie nach dem Ende der Freistellung voraussichtlich wahrnehmen werden.

e) Das Oberverwaltungsgericht hält dem Beteiligten zu 2 zugute, daß dieser im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung bereits seit mehr als fünf Jahren unbeanstandet im öffentlichen Dienst der Bundesrepublik Deutschland tätig gewesen sei, sich also Zweifel an seiner Fähigkeit und inneren Bereitschaft, seine Aufgaben nach den Grundsätzen der Verfassung wahrzunehmen, nicht ergeben hätten. Dem kann nicht uneingeschränkt gefolgt werden.

Beizupflichten ist dem Oberverwaltungsgericht freilich darin, daß es unbeanstandetes dienstliches Verhalten des Arbeitnehmers nach der Vereinigung im Rahmen der Abwägung nach Abs. 5 Nr. 2 EV berücksichtigen will. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach das für die Auslegung des Abs. 5 Nr. 2 EV maßgebliche "Erscheinungsbild der Verwaltung" mitgeprägt wird von der Zeitdauer, in der frühere MfS-Mitarbeiter nach der Wiedervereinigung unbeanstandet tätig waren (Urteil vom 28. April 1994 - 8 AZR 157/93 - a.a.O. S. 341; Urteil vom 26. Mai 1994 - 8 AZR 180/93 -). Dem schließt sich der Senat an. Ein im vorgenannten Sinne beanstandungsfreies Verhalten liegt jedoch entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht bereits dann vor, wenn sich aus der dienstlichen Tätigkeit des Arbeitnehmers seit der Vereinigung keine Bedenken gegen seine Verfassungstreue ergeben haben. Eine derartige Sichtweise wird dem Anliegen des Abs. 5 Nr. 2 EV, die Integrität des öffentlichen Dienstes im Ansehen der Bürger zu wahren, nicht voll gerecht. Das Erscheinungsbild der Verwaltung wird nicht allein durch die Verfassungstreue ihrer Mitarbeiter geprägt, sondern auch durch dienstlich korrektes Verhalten insgesamt. Dies hat das Oberverwaltungsgericht verkannt und deswegen - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - die an anderer Stelle seines Beschlusses konstatierte Pflichtwidrigkeit des Beteiligten zu 2 - teilweise falsche Angaben auf die Fragen des Dienstherrn nach ehemaliger Tätigkeit für das MfS - im Rahmen seiner Würdigung nach Abs. 5 Nr. 2 EV nicht in den Blick genommen.

Gegen die Berücksichtigung dienstlichen Fehlverhaltens aus der Zeit nach der Vereinigung im Rahmen von Abs. 5 Nr. 2 EV kann nicht eingewandt werden, derartiges Fehlverhalten müsse nach anderen Kündigungstatbeständen - etwa § 626 BGB - beurteilt werden. Im vorliegenden Zusammenhang geht es nicht darum, unter Rückgriff auf nach Vereinigung begangene Dienstpflichtverletzungen eine außerordentliche Kündigung nach Abs. 5 Nr. 2 EV zu rechtfertigen. Es steht außer Frage, daß solches Fehlverhalten für dieses spezielle Kündigungsrecht als Kündigungsgrund irrelevant ist, wenn Art, Dauer und Intensität der Tätigkeit für das MfS mit Blick auf die jetzige dienstliche Position des Arbeitnehmers dessen außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen vermögen. Es geht vielmehr an dieser Stelle darum, ob ein wegen seiner früheren Tätigkeit für das MfS in erheblichem Maße belasteter Arbeitnehmer gleichwohl deshalb weiterbeschäftigt werden kann, weil ein tadelloses dienstliches Verhalten seit der Vereinigung ihn entlastet. Es ist daher sachlich gerechtfertigt, ein späteres Fehlverhalten im Rahmen von Abs. 5 Nr. 2 EV mit der Einschränkung zu berücksichtigen, daß es die Entlastung durch ein ebenfalls später gezeigtes Wohlverhalten hindert.

f) das Oberverwaltungsgericht wird - ausgehend von der oben zu 2 dargelegten Rechtsauffassung des Senats - bei seinen danach erforderlichen Tatsachenfeststellungen insbesondere folgendes zu beachten haben:

aa) Das bisher zur Gerichtsakte gelangte Material - der Bericht des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen vom 26. September 1995 mit sechs Auszügen aus den Stasi-Unterlagen als Anlagen - reicht als Beurteilungsgrundlage mit Rücksicht auf die hier involvierten Rechtsgüter nicht aus. Bei der außerordentlichen Kündigung nach Abs. 5 Nr. 2 EV stehen einerseits ein erheblicher Grundrechtseingriff, nämlich die Auflösung des Arbeitsverhältnisses, sowie andererseits ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut, nämlich die Integrität des öffentlichen Dienstes in Rede. Dieser Dimension der Zumutbarkeitsprüfung wird nur eine gerichtliche Ermittlungstiefe gerecht, welche die verfügbaren Erkenntnisquellen nach Möglichkeit ausschöpft. Dies bedeutet, daß die über den Mitarbeiter beim Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen vorhandenen Akten möglichst vollständig beizuziehen sind. Rechtsgrundlage hierfür bieten die §§ 19, 21 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. d des Stasi-Unterlagengesetzes - StUG - vom 20. Dezember 1991, BGBl I 2272, in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 20. Dezember 1996, BGBl I 2026. Die letztgenannte Vorschrift ist über den zu engen Wortlaut hinaus nach Sinn und Zweck dahin gehend auszulegen, daß die Aktenbeiziehung nicht nur zum Zweck der Feststellung zulässig ist, ob der Bedienstete überhaupt Mitarbeiter des MfS war, sondern auch zur Feststellung des Grades seiner Verstrickung. Nur dieses Verständnis wird dem materiellen Gehalt des Abs. 5 Nr, 2 EV gerecht, der gerade keine schematische Handhabung vorsieht, sondern eine Einzelfallprüfung gebietet.

Die Beiziehung der vollständigen über die jeweiligen Mitarbeiter geführten Stasi-Unterlagen (Personal- und Arbeitsakte) erübrigt sich nur in Fällen, in denen bereits das vom Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen übersandte Material eine abschließende Würdigung erlaubt, was insbesondere der Fall sein wird, wenn feststeht, daß die Gesamtakte zusätzlich belastendes oder entlastendes Material nicht enthält. Andererseits wird in Fällen der vorliegenden Art in aller Regel die gerichtliche Einsichtnahme in Duplikate genügen, die nach Maßgabe von § 6 Absätze 3 und 7, § 12 Abs. 4 Satz 3, § 19 Abs. 7 Satz 4 StUG anonymisiert worden sind. Die Beiziehung von Originalunterlagen wird dagegen, soweit sie sich nicht ohnehin aus Gründen des Opferschutzes verbietet (§ 12 Abs. 4 Satz 2, § 19 Abs. 7 Satz 4 StUG), nur ausnahmsweise dann in Betracht kommen, wenn anders die nach Abs. 5 Nr. 2 EV gebotene Würdigung nicht möglich ist (§ 19 Abs. 7 Satz 2 StUG). Dies wird jedoch selten der Fall sein. Zum einen werden zumeist weder die Stasi-Unterlagen noch die dem Gericht sonst vorliegenden Akten Anhaltspunkte für eine tatsächliche Schädigung der observierten Personen aufgrund eines Tatbeitrages des betreffenden MfS-Mitarbeiters enthalten. Zum anderen wird sich die Frage, ob die Tätigkeit des Mitarbeiters die observierte Person gefährdet hat, d.h, geeignet war, ihr Schaden zuzufügen, oder ob die Privatsphäre verletzt wurde, - wenn überhaupt - zumeist bereits anhand der vollständigen Stasi-Unterlagen beantworten lassen, so daß die Identifikation der observierten Person als Voraussetzung für weitere Ermittlungsmaßnahmen des Gerichts in aller Regel entbehrlich ist.

Im vorliegenden Fall kann auf die Beiziehung der vollständigen Stasi-Unterlagen nicht verzichtet werden. Es steht nicht fest, daß bereits der Bericht des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen nebst beigefügten Aktenauszügen eine abschließende Bewertung der Tätigkeit des Beteiligten zu 2 für das MfS erlaubt. Im Gegenteil drängt sich geradezu auf, anhand der vollständigen Unterlagen Näheres insbesondere über die vom Beteiligten zu 2 ebenso wie vom Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen besonders angesprochenen Vorgänge aus den Jahren 1975/76 und 1980/81 und über die Involvierung des Beteiligten zu 2 in diese Vorfälle in Erfahrung zu bringen. Tatsächliche oder vermeintliche Sabotageakte können geeignet gewesen sein, das MfS zu unverhältnismäßig scharfem Vorgehen gegen Personen zu veranlassen. Ein etwaiger Beitrag zur wirklichen Wahrheitsfindung kann sich aber - je nach den Umständen - auch ganz anders ausgewirkt haben, so daß eine Beleuchtung gerade dieser Vorgänge mit Blick sowohl auf eine etwaige Belastung des Beteiligten zu 2 als auch auf eine denkbare Entlastung geboten erscheint.

Für eine zeitliche Beschränkung der Sachaufklärung durch Aktenbeiziehung bietet die derzeitige Sach- und Rechtslage keinen Anhalt. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus § 19 Abs. 1 Satz 1 StUG in der Fassung des 3. StUÄndG vom 20. Dezember 1996, BGBl I 2026, wonach in Fällen der vorliegenden Art die Einsichtgewährung und Aktenherausgabe unterbleibt, wenn keine Hinweise vorhanden sind, daß nach dem 31. Dezember 1975 eine inoffizielle Tätigkeit für das MfS vorgelegen hat. Diese Vorschrift tritt erst am 1. August 1998 in Kraft (Art. 3 des 3. StUÄndG). Im übrigen steht fest, daß der Beteiligte zu 2 noch nach dem 31. Dezember 1975 für das MfS tätig war.

Spezielle, das Kündigungsverfahren betreffende verfahrensrechtliche Bedenken gegen die Beiziehung der vollständigen Stasi-Unterlagen durch die Verwaltungsgerichte im Ersetzungsverfahren nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BPersVG bestehen nicht. Im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren, um welches es sich auch bei dem Verfahren nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BPersVG handelt (§ 83 Abs. 1 BPersVG), gilt gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG in Verbindung mit § 83 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ArbGG der Untersuchungsgrundsatz. Der diesem Grundsatz innewohnende Gedanke des öffentlichen Interesses kommt auch im Verfahren nach § 47 Abs. 1 BPersVG zum Tragen. Denn dieses dient - wie bereits eingangs erwähnt - nicht allein dem Individualrechtsschutz des betroffenen Personalratsmitgliedes, sondern darüber hinaus der Funktionsfähigkeit des Personalrats als Interessenvertretung der Beschäftigten gegenüber dem Leiter der Dienststelle.

Freilich gestattet der Amtsermittlungsgrundsatz dem Gericht nicht, die außerordentliche Kündigung auf Gründe zu stützen, die der Dienststellenleiter nicht zuvor mit der Bitte um Zustimmung förmlich an den Personalrat herangetragen hat (vgl. Altvater/Bacher/Hörter/Peiseler/Sabottig/Schneider/Vohs, BPersVG, 4. Aufl. 1996 § 47 Rn. 17; Lorenzen/Etzel, BPersVG § 47 Rn. 80 f.; ebenso im Fall der außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds: BAG, Beschluß vom 27. Januar 1977 - 2 ABR 77/76 - AP § 103 BetrVG Nr. 7). Darum geht es jedoch im vorliegenden Fall nicht. Wenn die Verwaltungsgerichte im Beschlußverfahren nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BPersVG die vollständigen Stasi-Unterlagen beiziehen, so läuft dies nicht auf ein rechtlich unzulässiges Nachschieben von Kündigungsgründen hinaus, sondern dient der tatsächlichen Abklärung des einen, dem Personalrat bereits bei Einleitung des Verfahrens benannten Kündigungsgrundes nach Abs. 5 Nr. 2 EV. Der Tatbestand dieser Vorschrift knüpft - anders als typischerweise § 626 BGB - nicht an einzelne punktuelle Ereignisse, sondern an einen komplexen und zugleich doch einheitlich zu bewertenden Lebenssachverhalt an, der sich in Gestalt der Beziehung des Mitarbeiters zum MfS häufig über viele Jahre erstreckte. Es widerspräche der in Abs. 5 Nr. 2 EV angelegten ganzheitlichen Betrachtungsweise, wollte man einzelne Aktenbestandteile in selbständige Kündigungsgründe aufspalten. Diese sich bereits nach dem Gesetz aufdrängende Sicht von der MfS-Tätigkeit als einheitlichem Lebensvorgang wird durch die Vorgehensweise im vorliegenden Fall, die als typisch gelten kann, bestätigt. Dem Bericht des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, auf den sich der Antragsteller bei Einleitung des Zustimmungsverfahrens bezogen hat, waren zwar nur wenige Aktenauszüge als Anlagen beigefügt. Der Bericht selbst gab jedoch in quantitativer wie thematischer Hinsicht einen Überblick über den gesamten wesentlichen Akteninhalt und beleuchtete - zeitlich wie sachlich - die gesamte Beziehung des Beteiligten zu 2 zum MfS, wenn auch nur anhand von beispielhaften Auszügen. Wenn sich das Oberverwaltungsgericht durch Beiziehung der vollständigen Unterlagen einen entsprechend vervollständigten Kenntnisstand verschafft, so entsteht damit kein neuer, bisher ungenannter Kündigungsgrund. Das Gericht prüft vielmehr im Rahmen seiner Ermittlungspflicht, ob der in Rede stehende Kündigungsgrund nach Abs. 5 Nr. 2 EV tatsächlich durchgreift. Daß sich die Vervollständigung des Kenntnisstandes auch zugunsten des ehemaligen Mitarbeiters des MfS auswirken kann, sei nochmals hervorgehoben. Selbst die scheinbar so eindeutige Feststellung, der Kläger sei 10 Jahre lang für das MfS tätig gewesen, könnte sich in Richtung seines Vorbringens relativieren.

bb) Eine hinreichend genaue Einordnung der dienstlichen Funktion des Beteiligten zu 2 im Rahmen der Würdigung nach Abs. 5 Nr. 2 EV läßt der vom Oberverwaltungsgericht bisher festgestellte Sachverhalt ebenfalls nicht zu. Soweit das Oberverwaltungsgericht auf die vom Beteiligten zu 2 wegen seiner Freistellung nicht tatsächlich wahrgenommene Funktion als Teileinheitsführer in einer kleinen, nicht mehr selbständigen Dienststelle abhebt, der lediglich verwaltungsmäßige technische Hilfstätigkeiten für die Bundeswehr ausübe, so gibt dies nicht hinreichend deutlich zu erkennen, ob und inwieweit der Beteiligte zu 2 für die Sicherheit von Bundeswehreinrichtungen und damit für den Schutz von Leib und Leben von Menschen Verantwortung trägt und in dieser Eigenschaft Vorgesetztenfunktionen wahrnimmt. Verantwortung nach außen und innen sind aber durchaus Aspekte, die für die Bewertung der Funktion des ehemaligen MfS-Mitarbeiters im Hinblick auf das festzustellende Maß seiner früheren Verstrickung von Bedeutung sind.

cc) Schließlich wird das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage seiner nachzuholenden Ermittlungen zu würdigen haben, ob auch das Verhalten des Beteiligten zu 2 nach der Vereinigung beider deutscher Staaten die Unzumutbarkeit des Festhaltens am Arbeitsverhältnis beeinflußt (vgl. oben zu 5 e). Insbesondere seine Angaben in den Fragebögen und dienstlichen Äußerungen sind danach neu zu bewerten.

Die Fragen des Dienstherrn nach einer früheren Tätigkeit für das MfS sind zulässig. Ihre Berechtigung ist aus Abs. 5 Nr. 2 EV herzuleiten. Sie sind mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) vereinbar (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 2111/94 u.a. - NJW 1997, 2307, 2309; BAG, Urteil vom 26. August 1993 - 8 AZR 561/92 - BAGE 74, 120, 126; Urteil vom 7. September 1995 - 8 AZR 828/93 - AP § 242 BGB Auskunftspflicht Nr. 24; Urteil vom 14. Dezember 1995 - 8 AZR 356/94 - AP Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX Nr. 56; Urteil vom 13. Juni 1996 - 2 AZR 483/95 AP § 1 KSchG 1969 Nr. 33; Urteil vom 26. September 1996 - 8 AZR 879/94 -).

Sollte der Beteiligte zu 2 die Fragen nach seiner Tätigkeit für das MfS - teilweise - unrichtig beantwortet haben, so steht einer Wertung als zu beanstandendes, pflichtwidriges Verhalten im Rahmen von Abs. 5 Nr. 2 EV nicht entgegen, daß bei der Erstellung der dem Beteiligten zu 2 seinerzeit vorgelegten Fragebögen möglicherweise der Personalrat nicht mitgewirkt hat. Sinn des Mitbestimmungsrechtes nach § 75 Abs. 3 Nr. 8 BPersVG ist es, von seiten der Personalvertretung darauf achten zu können, daß der Arbeitgeber keine dienstrechtlich unzulässigen Fragen stellt (vgl. Altvater/Bacher/Hörter/Peiseler/Sabottig/Schneider/Vohs, BPersVG 4. Aufl. 1996 § 75 Rn. 58 a; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 8. Aufl. 1995 § 75 Rn. 136; Lorenzen/Haas, BPersVG, § 75 Rn. 163 a; Fischer/Goeres in: Fürst, GKÖD Bd. V K § 75 Rn. 97). Das Mitbestimmungsrecht des Personalrates berechtigt den Arbeitnehmer dagegen nicht, auf eine rechtlich zulässige Frage des Arbeitgebers eine in wesentlicher Beziehung falsche Antwort zu geben. Die Verletzung von § 75 Abs. 3 Nr. 8 BPersVG mag den Arbeitnehmer berechtigen, die Antwort auf die gestellten Fragen zu verweigern, zur Täuschung seines Dienstherrn ist er jedoch keinesfalls befugt.

Ob und inwieweit der Beteiligte zu 2 unrichtige Angaben über seine Tätigkeit als Mitarbeiter des MfS gemacht hat, läßt sich anhand der Feststellungen im angefochtenen Beschluß nicht eindeutig bestimmen. In den rechtlichen Gründen ist lediglich von unrichtigen Angaben die Rede, "die der Beteiligte zu 2 zumindest in Teilbereichen zweifellos gemacht hat". Im ersten Teil des angefochtenen Beschlusses wird der Vortrag des Beteiligten zu 2 wiedergegeben, er habe sich an die Abgabe der Verpflichtungserklärung als inoffizieller Mitarbeiter nicht mehr erinnern können und sei der Auffassung gewesen, daß die von ihm erstellten handschriftlichen Berichte ausschließlich im Rahmen dienstlicher Zusammenarbeit erarbeitet worden seien. Dazu verhält sich der angefochtene Beschluß nicht. Insbesondere enthält er keine Tatsachenfeststellung, auf deren Grundlage der Senat verläßlich beurteilen könnte, ob das Antwortverhalten des Beteiligten zu 2 ganz oder teilweise entschuldbar ist.

6. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 8 Abs. 2 Satz 2, § 10 Abs. 1 BRAGO.

Ende der Entscheidung

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