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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 28.11.1997
Aktenzeichen: BVerwG 7 B 171.97
Rechtsgebiete: VermG, VZOG, VwGO


Vorschriften:

VermG § 2 Abs. 3 Satz 1
VermG § 31 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1
VZOG § 8 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3
VwGO § 65 Abs. 2
Beschluß vom 28. November 1997 - BVerwG 7 B 171.97

Leitsätze:

Zu einem Klageverfahren, mit dem der Erlaß eines Restitutionsbescheids begehrt wird, ist der Verfügungsberechtigte (§ 2 Abs. 3 Satz 1 VermG) notwendig beizuladen.

Während des Vermögenszuordungsverfahrens ist der Verfügungsbefugte gemäß § 8 Abs. 1 VZOG, nach dem Abschluß dieses Verfahrens der im Vermögenszuordnungsbescheid ausgewiesene Eigentümer des zurückverlangten Vermögenswerts beizuladen.

Beschluß des 7. Senats vom 28. November 1997 - BVerwG 7 B 171.97

I. VG Chemnitz vom 19.12.1996 - Az.. VG C 2 K 581/92 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 7 B 171.97 VG C 2 K 581/92

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 28. November 1997 durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Franßen und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und Herbert

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 19. Dezember 1996 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.

Die Beschwerden der Beigeladenen zu 1 und 2 werden zurückgewiesen; die Beschwerde der Beigeladenen zu 3 wird verworfen.

Die Beigeladenen zu 1 und 2 tragen als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die der Klägerin in diesem Vorfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu einem Drittel; ein weiteres Drittel dieser Kosten trägt die Beigeladene zu 3.

Im übrigen folgt die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 160 000 DM festgesetzt.

Gründe:

Die Klägerin beansprucht die Rückübertragung eines mit einem Gasthof bebauten und von ihrem verstorbenen Ehemann in das Eigentum des Volkes verkauften Grundstücks nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz VermG). Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts haben der Beklagte, die Beigeladenen zu 1 und 2 sowie die Beigeladene zu 3 Beschwerde eingelegt.

1. Die Beschwerde des Beklagten hat Erfolg. Zwar weist die Rechtssache weder die vom Beklagten geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf (a), noch liegt die behauptete Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vor (b). Das Urteil des Verwaltungsgerichts leidet jedoch an zutreffend gerügten Verfahrensmängeln im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, die zu seiner Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht führen (c).

a) aa) Die Rechtssache stellt sich nicht wegen der vom Beklagten angegriffenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Nichtigkeit der Investitionsbescheinigung vom 29. Juli 1991 als grundsätzlich bedeutsam dar. Gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts hängt mithin, vor allem soweit sie die Offenkundigkeit des Fehlers voraussetzt, weitgehend von den Umständen des Einzelfalls ab, die im vorliegenden Streitverfahren vom Verwaltungsgericht nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden sind (s. nachfolgend zu c) bb). Ob das Verwaltungsgericht nach ordnungsgemäßer Aufklärung wiederum zur Annahme der Nichtigkeit der Investitionsbescheinigung vom 29. Juli 1991 gelangen wird, ist ungewiß. Infolgedessen bedarf die vom Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage zur Nichtigkeit von Investitionsbescheinigungen jedenfalls derzeit nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren.

bb) Ebensowenig kommt der Rechtssache unter dem Gesichtspunkt des § 1 Abs. 3 VermG grundsätzliche Bedeutung zu. Das Verwaltungsgericht hat eine Nötigung im Sinne dieser Vorschrift darin gesehen, daß der Bürgermeister der Gemeinde R. die Forderung des Ehemanns der Klägerin nach einem höheren als dem angebotenen Kaufpreis mit der Androhung einer Zwangsbelastung des Grundstücks in Höhe von 50 000 M zur Finanzierung von Werterhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen beantwortet habe und daß der Ehemann der Klägerin sich nur unter dem Eindruck dieser gezielten Drohung bereitgefunden habe, das Grundstück zu den von der Gemeinde vorgesehenen Bedingungen zu verkaufen. Diese Wertung des Verwaltungsgerichts wird gleichfalls maßgeblich durch die Umstände des vorliegenden Einzelfalls bestimmt und gibt daher zu einer fallübergreifenden Klärung in einem Revisionsverfahren keinen Anlaß.

b) Das Urteil des Verwaltungsgerichts weicht nicht im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von den vom Beklagten zitierten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ab. Denn das Verwaltungsgericht hat seinem Urteil keinen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt, der zu den die zitierten Entscheidungen tragenden rechtlichen Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts in Widerspruch steht. Vielmehr geht das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, daß der einem Verwaltungsakt anhaftende Fehler immer dann im Sinne von § 44 Abs. 1 VwVfG offenkundig ist, wenn er für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen Beobachter ohne weiteres ersichtlich ist (S. 20 des Urteilsabdrucks). Es ist nicht ersichtlich, daß das Verwaltungsgericht diesen Rechtssatz lediglich formelhaft zitiert, in der Sache aber einen anderen rechtlichen Ausgangspunkt zugrunde gelegt hat; die Ausführungen, mit denen der Beklagte seine abweichende Auffassung begründet, gehen im Ergebnis über die Behauptung eines Rechtsanwendungsfehlers nicht hinaus.

c) aa) Der Beklagte rügt jedoch zu Recht, daß das Verwaltungsgericht die Bundesrepublik Deutschland als Eigentümerin des umstrittenen Grundstücks und Verfügungsberechtigte im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 1 VermG entgegen § 65 Abs. 2 VwGO nicht zum Klageverfahren beigeladen hat.

Nach § 65 Abs. 2 VwGO sind Dritte notwendig beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die begehrte Sachentscheidung des Gerichts nicht getroffen werden kann, ohne daß dadurch gleichzeitig unmittelbar und zwangsläufig in Rechte eines Dritten eingegriffen wird, d.h. seine Rechte gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden (vgl. BVerwGE 55, 8 <12>; Beschluß vom 2. November 1994 - BVerwG 1 B 70.94 - Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 115 m.w.N.). Mit der vorliegenden Klage wird der Erlaß eines Restitutionsbescheids begehrt. Der Regelungsgehalt eines solchen Bescheids erschöpft sich nicht darin, den Restitutionsberechtigten in seine frühere Stellung als Eigentümer des zurückübertragenen Vermögenswerts wiedereinzusetzen (vgl. § 34 Abs. 1 VermG); vielmehr wird damit zugleich die Rechtsstellung des bisherigen Eigentümers oder des Inhabers der Verfügungsmacht über den Vermögenswert, also des Verfügungsberechtigten im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 1 VermG, zunichte gemacht. Da der Restitutionsbescheid mithin den Restitutionsberechtigten begünstigt und den Verfügungsberechtigten belastet, muß dieser bereits von der Verwaltungsbehörde gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VermG zum Verfahren hinzugezogen werden (vgl. Urteil vom 14. Dezember 1995 - BVerwG 7 C 63.94 - Buchholz 112 § 17 VermG Nr. 1 S. 9). Ebenso ist das Verwaltungsgericht im Falle der Ablehnung des Restitutionsantrags und einer nachfolgenden Klage des Restitutionsberechtigten auf Erlaß des Restitutionsbescheids verpflichtet, den Verfügungsberechtigten gemäß § 65 Abs. 2 VwGO zum gerichtlichen Verfahren beizuladen. Diese Verpflichtung hat das Verwaltungsgericht hier zum Nachteil der Bundesrepublik Deutschland verletzt. Wie sich aus dem wirksamen und zudem bestandskräftigen Vermögenszuordnungsbescheid vom 4. Dezember 1992 ergibt, ist das umstrittene Grundstück am 3. Oktober 1990 gemäß Art. 22 Abs. 1 EV in das Eigentum der Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Nach der für die Prüfung von Verfahrensfehlern maßgeblichen materiellrechtlichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts hat die Bundesrepublik Deutschland ihr Eigentum infolge der Veräußerung des Grundstücks im Jahre 1991 nicht verloren. Sie hätte daher als Eigentümerin des Grundstücks und Verfügungsberechtigte im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 1 VermG vom Verwaltungsgericht gemäß § 65 Abs. 2 VwGO zum Klageverfahren beigeladen werden müssen. Der Vermögenszuordnungsbescheid nach dem Vermögenszuordnungsgesetz stellt die Eigentumsverhältnisse nicht nur mit zivilrechtlicher Wirkung, sondern zugleich auch für das Restitutionsverfahren nach dem Vermögensgesetz bindend fest (vgl. Urteil vom 14. Dezember 1995 - BVerwG 7 C 63.94 - a.a.O. S. 8 ff.).

Das Verwaltungsgericht durfte nicht deswegen von der Beiladung der Bundesrepublik Deutschland absehen, weil es mit Beschluß vom 23. November 1992 die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 3, die im Grundbuch als Rechtsträgerin des ehemals volkseigenen Grundstücks eingetragene ehemalige Gemeinde R., in ihrer Eigenschaft als Verfügungsbefugte gemäß § 6 VZOG i.d.F. der Bekanntmachung vom 3. August 1992 (BGBl I S. 1464) - heute § 8 VZOG i.d.F. der Bekanntmachung vom 29. März 1994 (BGBl I S. 709), geändert durch Gesetz vom 17. Juli 1997 (BGBl I S. 1823) - zum Klageverfahren beigeladen hat.

Nach § 8 Abs. 1 Buchst. a VZOG sind die Gemeinden, Städte und Landkreise zur Verfügung über Grundstücke und Gebäude befugt, die im Grundbuch noch als Eigentum des Volkes eingetragen sind, wenn sie selbst oder ihre Organe im Zeitpunkt der Verfügung als Rechtsträger des betroffenen Grundstücks oder Gebäudes eingetragenn sind. Die Vorschrift des § Abs. 1 VZOG soll im Interesse der Verkehrsfähigkeit des ehemals volkseigenen Grundbesitzes eine Verfügung hierüber schon vor dem Abschluß des Vermögenszuordnungsverfahrens ermöglichen; zu diesem Zweck werden unabhängig von den am 3. Oktober 1990 entstandenen Eigentumsverhältnissen je nach dem Inhalt des Grundbuchs die Gemeinden, Städte und Landkreise (Buchst. a), die Länder (Buchst. b), die Treuhandanstalt (Buchst. c) oder der Bund (Buchst. d) mit einer gesetzlichen Verfügungsermächtigung ausgestattet (vgl. BGH VIZ 1996, 401 <402>). Der beschließende Senat hat bereits entschieden, daß die Verfügungsbefugnis gemäß § 8 Abs. 1 VZOG zugleich als Verfügungsberechtigung im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 1 VermG zu verstehen ist, weil in dieser Vorschrift außer dem Eigentümer auch der Inhaber der Verfügungsmacht als Verfügungberechtigter genannt ist (Urteil vom 14. Dezember 1994 - BVerwG 7 C 63.94 - a.a.O. S. 9; Urteil vom 24. Oktober 1996 - BVerwG 7 C 26.95 - VIZ 1997, 101). Dementsprechend genügt das Verwaltungsgericht während der Dauer des Vermögenszuordnungsverfahrens seiner Pflicht zur Beiladung des Verfügungsberechtigten gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 VermG bereits mit der Beiladung des Verfügungsbefugten gemäß § 8 Abs. 1 VZOG. Die Beiladung des wahren Eigentümers des mit der Klage beanspruchten Vermögenswerts ist mithin daneben nicht erforderlich; vielmehr werden dessen Rechte im Restitutionsverfahren einstweilen durch den Verfügungsbefugten gemäß § 8 Abs. 1 VZOG wahrgenommen. Das folgt aus dem soeben erwähnten Zweck der Vorschrift, die bis zum Erlaß des Vermögenszuordnungsbescheids bestehende Ungewißheit über die Eigentumsverhältnisse durch eine an eindeutigen, leicht faßbaren Kriterien ausgerichtete Regelung der Verfügungsbefugnis zu überbrücken. Da kein Grund dafür ersichtlich ist, die Verwaltungsgerichte von dem mit der Vorschrift verfolgten Klarstellungs- und Vereinfachungszweck auszunehmen, haben diese nicht die Aufgabe, das Ergebnis des Vermögenszuordnungsverfahrens durch eine eigene, lediglich der Bestimmung des richtigen Verfahrensbeteiligten dienende Prüfung der Eigentumsverhältnisse vorwegzunehmen, sondern können sich mit der Beiladung des Verfügungsbefugten gemäß § 8 Abs. 1 VZOG begnügen. Dies schließt nicht aus, daß der wahre Eigentümer des Vermögenswerts schon vor dem Abschluß des Vermögenszuordnungsverfahrens aktiv mittels Widerspruchs und/oder Anfechtungsklage gegen eine von der Behörde angeordnete Restitution vorgeht (vgl. dazu § 8 Abs. 2 Satz 1 VZOG sowie das Urteil vom 14. Dezember 1995 - BVerwG 7 C 63.94 - a.a.O. S. 8 ff.); freilich wird es sich in diesen Fällen im Zweifel empfehlen, das Ergebnis des Vermögenszuordnungsverfahrens abzuwarten, ehe über den Widerspruch oder die Anfechtungsklage entschieden wird.

Dennoch hat sich die Beiladung der Bundesrepublik Deutschland nicht wegen der Beiladung der Gemeinde R. erübrigt, weil deren Verfügungsbefugnis - unterstellt, sie hat die vom Verwaltungsgericht als unwirksam beurteilte Veräußerung des umstrittenen Grundstücks im Jahre 1991 überdauert - im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens entfallen ist. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 VZOG - ebenso bereits § 6 Abs. 3 Satz 1 VZOG a.F. - endet die Verfügungsbefugnis, wenn der Vermögenszuordnungsbescheid ergangen und unanfechtbar geworden (Buchst. a) und eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde hierüber dem Grundbuchamt vorgelegt worden ist (Buchst. b). Da der Vermögenszuordnungsbescheid vom 4. Dezember 1992 auf einer Einigung der Beteiligten beruht, ist er gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 VZOG a.F. sogleich mit seinem Erlaß bestandskräftig geworden. Der beschließende Senat geht ferner auch ohne entsprechenden Vortrag der Beigeladenen zu 3, jedoch im Einklang mit einem ordnungsgemäßen Verwaltungsablauf davon aus, daß die Bundesrepublik Deutschland die in § 6 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b VZOG a.F. genannten Voraussetzungen für den Vollzug des Bescheids vom 4. Dezember 1992 im Grundbuch alsbald nach dessen Erlaß geschaffen hat. Dementsprechend hält auch die Beigeladene zu 3 selbst in ihrer Beschwerdebegründung vom 23. April 1997 die Verfügungsbefugnis ihrer Rechtsvorgängerin gemäß § 6 Abs. 1 VZOG a.F. für nicht mehr gegeben.

Die Beiladung der Gemeinde R. wirkt nicht gemäß § 173 VwGO in Verbindung mit §§ 265, 266 ZPO über den Zeitpunkt des Wegfalls ihrer Verfügungsbefugnis gemäß § 6 Abs. 1 VZOG a.F. hinaus fort. Diese Vorschriften, nach denen die Veräußerung der streitbefangenen Sache auf den laufenden Prozeß grundsätzlich ohne Einfluß ist, setzen eine Rechtsnachfolge im weitesten Sinne voraus (vgl. BGHZ 46, 249 <251>). Die Verfügungsbefugnis gemäß § 8 Abs. 1 VZOG (§ 6 Abs. 1 VZOG a.F.) geht jedoch mit ihrem Wegfall nicht auf den im Vermögenszuordnungsbescheid ausgewiesenen Eigentümer des jeweiligen Vermögenswerts über. Da sie nur vorläufig bis zum Abschluß des Vermögenszuordnungsverfahrens besteht, entfällt sie nach diesem Zeitpunkt ersatzlos, und der im Vermögenszuordnungsbescheid ausgewiesene Eigentümer kann seine Eigentümerrechte frei von der ihm bis dahin auferlegten gesetzlichen Verfügungsermächtigung des im Grundbuch verzeichneten Rechtsträgers ausüben. In derartigen Fällen finden die §§ 265, 266 ZPO keine Anwendung; vielmehr hat der Eigentümer der Sache nunmehr seine Rechte im Prozeß selbst zu wahren (vgl. BGHZ 46, 249 <251 ff.>; BGH, NJW 1989, 2885 <2286> sowie MDR 1993, 1009).

Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht schließlich auch auf dem Verfahrensmangel der unterbliebenen Beiladung der Bundesrepublik Deutschland (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), weil es die mit der notwendigen Beiladung bezweckte Rechtskraftwirkung gegenüber dem Beigeladenen (§ 121 Nr. 1 VwGO) nicht äußern kann (vgl. BVerwGE 74, 19 <22 f.>; 80, 228 <230>). Da die Bundesrepublik Deutschland bislang am Verfahren nicht beteiligt war, wäre sie nicht gehindert, einen vom Beklagten entsprechend dem Urteil des Verwaltungsgerichts erlassenen Restitutionsbescheid mit der Anfechtungsklage anzugreifen (vgl. Urteil vom 20. März 1997 - BVerwG 7 A 1.96 - VIZ 1997, 415). Eine solche mehrfache gerichtliche Überprüfung eines einheitlich zu beurteilenden Rechtsverhältnisses soll mit dem Rechtsinstitut der notwendigen Beiladung gerade vermieden werden.

bb) Ebenso begründet ist die weitere Rüge des Beklagten, daß das Verwaltungsgericht den seiner Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt nicht in dem nach § 86 Abs. 1 VwGO gebotenen Umfang aufgeklärt hat. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung der von ihm angenommenen Nichtigkeit der Investitionsbescheinigung vom 29. Juli 1991 ausgeführt, daß diese Bescheinigung weder nach ihrem Inhalt noch nach den Begleitumständen den erforderlichen Bezug zu einem konkreten Investitionsvorhaben aufgewiesen habe und daß dieser Fehler für einen mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten Beobachter ohne weiteres erkennbar gewesen sei; dabei hat es sich u.a. auf den Umstand gestützt, daß der Sohn und Bevollmächtigte der Klägerin, Herr Wolfgang H., bei seiner Anhörung durch die Gemeinde am 10. Juli 1991 von dem Vorhabenplan des Beigeladenen zu 1 vom 8. Juli 1991 keine Kenntnis erlangt habe. Das Verwaltungsgericht hat jedoch den in der mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 1995 miterschienenen Sohn der Klägerin hierzu nicht als Zeugen vernommen, sondern ist ohne weitere Sachverhaltsaufklärung davon ausgegangen, daß der Vorhabenplan nicht Gegenstand der Anhörung war. Da diese Frage aus der rechtlichen Sicht des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich war, war die in der mündlichen Verhandlung durchgeführte, auf die Umstände des Grundstücksverkaufs im Jahre 1975 beschränkte Beweisaufnahme offenkundig unzureichend. Wie der Beklagte zutreffend ausführt, liegt die Annahme nahe, daß der Sohn der Klägerin bei seiner Anhörung am 10. Juli 1991, die die Entscheidung über die Ausstellung einer Investitionsbescheinigung vorbereiten und die Verwendungsabsichten der Klägerin im Fall der Rückgabe des Grundstücks klären sollte, über die konkurrierenden Absichten des Beigeladenen zu 1 unterrichtet wurde. Darüber hinaus erscheint es möglich, wenn nicht gar wahrscheinlich, daß der Plan des Beigeladenen zu 1, die einzige Gaststätte am Ort zu renovieren und auszubauen, unter den Bewohnern des Ortes ohnehin allgemein bekannt war. Auch zu dieser Frage hätte das Verwaltungsgericht den Sohn der Klägerin als Zeugen vernehmen können und müssen.

Der Senat nimmt die dargelegten Verfahrensfehler zum Anlaß, das angefochtene Urteil gemäß § 133 Abs. 6 VwGO aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen. Da das angefochtene Urteil ohnehin keinen Bestand hat, kommt es auf die übrigen Verfahrensrügen des Beklagten nicht mehr an. Der Senat bemerkt jedoch für das künftige Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, daß die Aussetzung des Klageverfahrens wegen einer zu erwartenden vorgreiflichen Entscheidung in einem anderen Verfahren gemäß § 94 VwGO im Ermessen des Gerichts steht.

2. Demgegenüber haben die Beschwerden der Beigeladenen zu 1 und 2 keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung vom 25. April 1997 allein geltend gemachte Abweichung des Urteils des Verwaltungsgerichts von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juni 1993 - BVerwG 7 C 14.92 - (VIZ 1993, 450) liegt nicht vor. Der beschließende Senat hat in diesem Urteil lediglich ausgesprochen, daß vom Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 VermG generell solche Vorgänge nicht erfaßt werden, bei denen - gemessen an den in der ehemaligen DDR geltenden Rechtsvorschriften und den sie tragenden ideologischen Grundvorstellungen - alles "mit rechten Dingen zugegangen" ist, es also an einem den Vorgang inkriminierenden manipulativen Element fehlt. Das schließt nicht aus, daß der Schädigungstatbestand der unlauteren Machenschaften auch dann erfüllt ist, wenn, wie das nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts hier geschehen ist, ein in der Rechtsordnung der DDR vorgesehener Eingriff zu einem Zweck angedroht wurde, der mit dem Sinn der gesetzlichen Eingriffsermächtigung nicht in Einklang stand.

Die ergänzende Beschwerdebegründung im Schriftsatz vom 7. Juli 1997 kann schon deswegen nicht zum Erfolg der Beschwerden der Beigeladenen zu 1 und 2 führen, weil dieser Schriftsatz erst nach dem Ablauf der in § 133 Abs. 3 Satz 2 VwGO bestimmten Frist eingegangen ist.

3. Auch die Beschwerde der Beigeladenen zu 3 bleibt ohne Erfolg; sie ist bereits unzulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Rechtsmittel eines Beigeladenen nur zulässig, wenn dieser durch das angefochtene Urteil materiell beschwert ist (vgl. BVerwGE 87, 332; Urteil vom 14. Dezember 1995 - BVerwG 7 C 63.94 a.a.O. S. 14 m.w.N.). Das trifft für die Beigeladene zu 3 nicht zu, weil sie durch den Restitutionsbescheid, zu dessen Erlaß das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet hat, nicht in ihren Rechten berührt würde. Wie sich aus den Ausführungen oben unter c) aa) ergibt, ist die Beigeladene zu 3 als Rechtsnachfolgerin der Gemeinde R. hinsichtlich des umstrittenen Grundstücks weder im Sinne des § 8 Abs. 1 VZOG verfügungsbefugt noch im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 VermG verfügungsberechtigt; ebensowenig ist sie berechtigt, den Prozeß nach dem Wegfall der Verfügungsbefugnis der Gemeinde R. anstelle der verfügungsberechtigten Bundesrepublik Deutschland weiterzuführen.

4. Soweit über die Kosten des Beschwerdeverfahrens entschieden worden ist, beruht dies auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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