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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 20.05.1998
Aktenzeichen: BVerwG 7 B 440.97
Rechtsgebiete: VermG, VwGO


Vorschriften:

VermG § 1 Abs. 6
VwGO § 86 Abs. 1, Abs. 2
VwGO § 108 Abs. 1 Satz 1, Satz 2
VwGO § 132 Abs. 2
Leitsätze:

Im Rahmen des § 1 Abs. 6 VermG ist kein Raum für eine entsprechende Anwendung der in § 176 Abs. 2 des Bundesentschädigungsgesetzes getroffenen Regelung, wonach eine Tatsache zugunsten des Antragstellers als festgestellt zu erachten ist, wenn der Beweis für diese Tatsache nicht vollständig erbracht werden kann.

Eine verbotene Vorwegnahme der Beweiswürdigung liegt in der Regel nicht vor, wenn das Verwaltungsgericht beim Angebot eines Indizienbeweises von der beantragten Beweiserhebung darum absieht, weil die unter Beweis gestellte Hilfstatsache für den Nachweis der Haupttatsache zu seiner gerichtlichen Überzeugung nicht ausreicht.

Ein zu Beweiszwecken gestellter Antrag, bestimmte Urkundensammlungen beizuziehen oder zu durchsuchen (Archivrecherche), ist ein Beweisermittlungsantrag, wenn keine konkrete Urkunde als individualisiertes Beweismittel bezeichnet ist; als solcher unterliegt er nicht den für einen Beweisantrag geltenden Ablehnungsgründen, sondern ist verfahrensrechtlich an den Anforderungen der gerichtlichen Pflicht zur Sachaufklärung zu messen.

Beschluß des 7. Senats vom 20. Mai 1998 - BVerwG 7 B 440.97 -

I. VG Greifswald vom 05.08.1997 - Az.: VG 2 A 825/94 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 7 B 440.97 VG 2 A 825/94

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 20. Mai 1998 durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Franßen und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und Herbert

beschlossen:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 5. August 1997 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 Million DM festgesetzt.

Gründe:

Die Klägerin beansprucht nach dem Vermögensgesetz (VermG) als Rechtsnachfolgerin des früheren Eigentümers Malte von Putbus die Rückübertragung von 78 Landwirtschaften und zehn Forsten auf Rügen. Der Beklagte lehnte den Antrag durch Teilbescheid vom 29. April 1994 ab. Das Verwaltungsgericht hat die dagegen erhobene Klage mit der Begründung abgewiesen, die Rückübertragung sei wegen Enteignung der Vermögenswerte auf besatzungshoheitlicher Grundlage ausgeschlossen (§ 1 Abs. 8 Buchst. a VermG); der auf nationalsozialistische Verfolgung gestützte Anspruch (§ 1 Abs. 6 VermG) sei unbegründet, weil auch unabhängig von der Frage einer politischen Verfolgung des am 21. Juli 1944 verhafteten, bis Januar 1945 im Gefängnis von Stettin inhaftierten, danach in das Konzentrationslager Sachsenhausen verbrachten und dort am 10. Februar 1945 verstorbenen Malte von Putbus jedenfalls ein Vermögensverlust im Sinne dieser Vorschrift nicht habe festgestellt werden können. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin bleibt ohne Erfolg.

1. Die Sache hat nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimißt.

Die Beschwerde will in einem Revisionsverfahren als grundsätzlich bedeutsam geklärt wissen, ob im Rahmen des § 1 Abs. 6 VermG die Beweiserleichterung des § 176 Abs. 2 des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) anzuwenden ist. Diese Frage ist, ohne daß es hierzu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte, in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht zu verneinen. Das Vermögensgesetz ist nach seinem § 1 Abs. 6 Satz 1 entsprechend auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern anzuwenden, die in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen oder auf andere Weise verloren haben. Da mit der Vorschrift in Anlehnung an die alliierten Rückerstattungsgesetze die Wiedergutmachung derjenigen Vermögensverluste nachgeholt werden soll, zu denen es während der nationalsozialistischen Herrschaft auf dem Gebiet der späteren DDR und des sowjetischen Sektors von Berlin gekommen war, müssen bei ihrer Auslegung die alliierten Rückerstattungsregelungen und die dazu ergangene Rechtsprechung herangezogen werden (Beschluß vom 5. September 1997 - BVerwG 7 C 11.97 und 7 B 146.97 -, ZOV 1997, 442). Diesem gesetzlich angestrebten Gleichklang im persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich entspricht, daß § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG die der Beweiserleichterung dienenden Vermutungsregeln des II. Abschnitts der Anordnung BK/O 49 (180) der Alliierten Kommandantur Berlin vom 26. Juli 1949 ausdrücklich in Bezug genommen hat. Von einer über diese Beweiserleichterung bei Vermögensverlusten kraft Rechtsgeschäfts hinausgehenden Regelung hat der Gesetzgeber bewußt abgesehen, um den Rahmen des alliierten Rückerstattungsrechts nicht zu verlassen (vgl. BTDrucks 12/2944, S. 49). Eine Ausdehnung der Beweiserleichterung unter Heranziehung der speziell auf das Bundesentschädigungsgesetz zugeschnittenen Vorschrift des § 176 Abs. 2 BEG durch die Gerichte widerspräche daher dem Gesetz. Sie wäre auch systemfremd, da das Vermögensgesetz nur punktuell auf Bestimmungen des Bundesentschädigungsgesetzes verweist (vgl. § 31 Abs. 1 c VermG) und das Bundesentschädigungsgesetz, das sich im Gegensatz zum Vermögensgesetz und zum Rückerstattungsrecht auf Entschädigungsansprüche beschränkt, gegenüber anderen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Wiedergutmachung subsidiär ist. Darum verbietet es sich, bei der Anwendung des Vermögensgesetzes entsprechend § 176 Abs. 2 BEG eine Tatsache zugunsten des Antragstellers als festgestellt zu erachten, wenn der Beweis für diese Tatsache nicht vollständig erbracht werden kann.

Die weitere Frage, "ob bei Verfolgten des nationalsozialistischen Regimes eine Verhaftung nach dem 20. Juli 194 mit endgültiger Verbringung in ein Konzentrationslager (mit dortiger Vernichtung) die Einwirkungs- und Verfügungsmöglichkeiten des Betroffenen auf sein Vermögen in der Weise einschränkt, daß dies einer faktischen und kalten Enteignung in tatsächlicher Hinsicht gleichsteht", könnte die Zulassung der Grundsatzrevision allenfalls dann rechtfertigen, wenn diese Verfolgung im Hinblick auf eine angenommene Beteiligung des Malte von Putbus am Attentat auf Hitler erfolgt wäre. Dies hat das Verwaltungsgericht jedoch gerade verneint. Sollte die Beschwerde mit ihrer Frage auf eine mit dem Attentat auf Hitler nicht im Zusammenhang stehende politische Verfolgung abstellen, ist bereits nicht nachvollziehbar dargelegt, inwiefern die in der aufgeworfenen Frage enthaltene Anknüpfung an das Datum des 20. Juli 1944 von rechtlicher Bedeutung für die Annahme einer faktischen Enteignung sein könnte. Darüber hinaus wird in dem angegriffenen Urteil ausdrücklich offengelassen, ob Malte von Putbus in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus den in § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG bezeichneten Gründen verfolgt wurde; das angefochtene Urteil ist vielmehr ausschließlich auf die Erwägung gestützt, daß sich eine nach der Verhaftung des Malte von Putbus erfolgte Beschlagnahme oder Konfiszierung seines Eigentums nicht nachweisen lasse.

Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluß vom 5. September 1997 - BVerwG 7 C 11.97 und 7 B 146.97 -, a.a.O.) sind unter Verfolgungsmaßnahmen aus politischen oder weltanschaulichen Gründen im Sinne der genannten Vorschrift solche Maßnahmen zu verstehen, die ihren Grund darin hatten, daß der Verfolgte auf politischem oder weltanschaulichem Gebiet als ein Gegner der nationalsozialistischen Herrschaft oder nationalsozialistischer Bestrebungen oder nationalsozialistischen Gedankenguts angesehen wurde. Gemessen hieran, geht aus dem im Tatbestand des angegriffenen Urteils in Bezug genommenen Schreiben des Malte von Putbus vom 14. April 1943 nebst Anlagen an das Oberste Parteigericht der NSDAP, mit dem er gegen seinen Parteiausschluß wegen anmaßenden, unsozialen und parteischädigenden Verhaltens um Abhilfe nachsuchte, eher das Gegenteil hervor; wie er darin bekundete, trat er am 1. Februar 1932 in die NSDAP und am 1. Januar 1933 in die SA ein, bei der er zuletzt Obertruppführer war, hat er sich "bereits Anfang der 1920er Jahre überall in stärkster Weise gegen das Judentum ausgesprochen und seinen Einfluß bekämpft" und war Grund seines Parteiausschlusses die persönliche Feindschaft örtlicher Parteigenossen. Angesichts dessen sowie des Umstands, daß das Verwaltungsgericht es für "erwägenswert" gehalten hat, ob "im Hinblick auf eine möglicherweise fortbestehende politische Grundeinstellung von Malte von Putbus eine politische Verfolgung im Sinne von § 1 Abs. 6 VermG auch nach der endgültigen Verhaftung und Einlieferung in das KZ Sachsenhausen verneint werden" müßte, würde nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts in einem Revisionsverfahren nicht von einer nationalsozialistischen Verfolgung des Malte von Putbus in dem genannten Sinne ausgegangen werden können, so daß auch aus diesem Grunde die von der Beschwerde aufgeworfene Frage nicht zur Zulassung der Revision führen kann.

Entsprechendes gilt für die weitere Frage, "ob es einen Vermögensverlust in sonstiger Weise darstellt, wenn der Vermögensinhaber inhaftiert ist und der Ersatzbetriebsführer und Generalbevollmächtigte des Vermögensinhabers zwar noch formal aufgrund seiner rechtsgeschäftlichen Befugnisse handelt, faktisch aber seine Weisungen allein von der NSDAP bzw. staatlichen Stellen erhält". Aus den tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils ergibt sich nicht, daß der im Jahre 1935 durch Malte von Putbus bestellte Generalbevollmächtigte Dr. C. -G. v. Pl. vor oder spätestens seit dem 21. Juli 1944 in der von der Beschwerde vorausgesetzten Weise nur noch Weisungen der NSDAP oder staatlicher Stellen ausführte. Die Sachverhaltsannahme der Beschwerde steht überdies im Gegensatz zu der vorinstanzlichen Feststellung, daß der Generalbevollmächtigte - von staatlicher Seite unbeanstandet - noch von August 1944 bis August 1945 unter Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht im Namen des Malte von Putbus mehrere Grundstückskaufverträge mit privaten Käufern abgeschlossen hat, in denen ein dingliches Vorkaufsrecht zugunsten des im Grundbuch als Eigentümer eingetragenen Malte von Putbus oder des jeweiligen Eigentümers der Herrschaft Putbus vereinbart wurde.

2. Die Revision ist auch nicht wegen der von der Beschwerde gerügten Abweichung zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Das Verwaltungsgericht geht davon aus, daß der Begriff der politischen Verfolgung im Sinne des § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG nach den Grundsätzen und Maßstäben zu bestimmen ist, die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Auslegung des Asylgrundrechts entwickelt wurden (BVerfGE 80, 315 <333 ff.>). Damit weicht das angegriffene Urteil von der Rechtsprechung des Senats ab, derzufolge unter den von § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG erfaßten Verfolgungsmaßnahmen im Einklang mit den alliierten Rückerstattungsregelungen und der dazu ergangenen Rechtsprechung solche Maßnahmen zu verstehen sind, deren Grund die politische oder weltanschauliche Gegnerschaft des Verfolgten zum Nationalsozialismus war (Beschluß vom 5. September 1997 - BVerwG 7 C 11.97 und 7 B 146.97 -, a.a.O.). Das angegriffene Urteil beruht jedoch nicht auf dieser Abweichung. Die Beschwerde trägt zwar vor, es sei, wie das Verwaltungsgericht selbst ausführe, im Zeitraum zwischen 1939 und 1944 zu Grundstücksverkäufen gekommen, die bei zutreffender Bewertung als Zwangsverkäufe "des seit 1939 verfolgten Malte von Putbus" angesehen werden müßten; die Grundstücke seien - abgesehen von den Verkäufen an die Pommersche Landgesellschaft - auch Gegenstand des vorliegenden Rückerstattungsbegehrens. Diese Behauptung ist jedoch mit der Feststellung im angegriffenen Urteil unvereinbar, die Erben des Malte von Putbus hätten die Begüterung Putbus, "soweit sie vorliegend streitbefangen ist", - also bezüglich der "in der Anlage A" angeführten 78 Landwirtschaften und 10 Forsten in der dort angegebenen Größe - erst mit deren Enteignung im Zuge der Bodenreform auf besatzungshoheitlicher Grundlage verloren. Zu diesem Widerspruch trägt die Beschwerde nichts vor.

3. Das angegriffene Urteil leidet schließlich nicht an den von der Beschwerde gerügten Verfahrensfehlern (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

a) Den in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juli 1997 gestellten Antrag der Klägerin, Beweis zu erheben

"über die Tatsache, daß den Pächtern der Putbusser Verwaltung nach dem 20.07.1944 die Beschlagnahme des Vermögens des Herrn Malte von Putbus durch C. -G. v. Pl. oder einen seiner Gehilfen bekanntgemacht worden ist, durch Vernehmung des Zeugen B. Kr. , demgegenüber verschiedene Pächter entsprechendes im Herbst 1944 erklärt haben",

hat das Verwaltungsgericht abgelehnt, ohne gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, insbesondere gegen das Verbot einer Vorwegnahme der Beweiswürdigung, zu verstoßen. Nach den Gründen seines in der mündlichen Verhandlung verkündeten Beschlusses hat das Verwaltungsgericht die unter Beweis gestellte Tatsache als unerheblich erachtet, weil damit nur die Kenntnis Dritter von einer nicht bewiesenen Tatsache bewiesen werden könnte; die unter Beweis gestellte Tatsache rechtfertige nicht den zwingenden Schluß, daß die von Dritten weitergegebene Behauptung zutreffe, da diese nicht durch andere überzeugende Gesichtspunkte gestützt werde. Die Ablehnung des Beweisantrags mit dieser Begründung beruht nicht auf dem behaupteten Verfahrensfehler. Eine unzulässige Vorwegnahme der Würdigung des Beweisergebnisses wäre anzunehmen, wenn das Verwaltungsgericht damit der behaupteten Wahrnehmung des Zeugen "vom Hörensagen" von vornherein jeden Beweiswert abgesprochen (vgl. BGH NJW 1986, 1541 f.) oder das Gegenteil der behaupteten (Indiz-)Tatsache bereits für erwiesen gehalten hätte (vgl. BVerfG NJW 1993, 254 f.; Beschluß des Senats vom 22. September 1992 - BVerwG 7 B 40.92 -, Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 Nr. 71 m.w.N.). Beides ist nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht hat weder den Zeugen Kr. als ungeeignetes Beweismittel angesehen, noch ist es davon ausgegangen, daß die Pächter gegenüber dem Zeugen nicht die in dessen Wissen gestellten Äußerungen abgegeben haben; es hat vielmehr den Beweiswert der Äußerungen der Pächter für die Klärung der rechtserheblichen Frage, ob eine Beschlagnahme im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG erfolgt ist, verneint. Nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts entbehrten die Angaben der Pächter, die unmittelbar keiner näheren Aufklärung zugänglich waren, der erforderlichen Substanz, weil sie als wiederum nur indizielle Äußerungen des Inhalts, daß nach Kenntnis der Pächter das Vermögen des Malte von Putbus beschlagnahmt worden sei, mangels greifbarer tatsächlicher Anhaltspunkte in bezug auf die Haupttatsache eines in einer solchen Beschlagnahme zu sehenden Vermögensverlusts letztlich unergiebig waren.

Die für die Ablehnung des Beweisantrags maßgeblichen Gründe betrafen damit nicht die unter Beweis gestellte Indiztatsache - die Wahrnehmung des Zeugen Kr. -, sondern die an sie anknüpfende Schlußfolgerung, daß aus den entsprechenden Äußerungen der Pächter das Vorhandensein der rechtserheblichen Haupttatsache - Vermögensverlust durch Beschlagnahme - abzuleiten sei. Daß das Verwaltungsgericht die Möglichkeit einer Beweisführung auf solcher Grundlage verneint hat, ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden; denn die von dem Beweisantrag vorausgesetzte Indizienkette baute sowohl hinsichtlich der Richtigkeit der Äußerungen der Pächter als auch insoweit auf Wahrscheinlichkeitsurteilen auf, als aus den Äußerungen der Schluß zu ziehen war, daß die den Pächtern erklärte Beschlagnahme eine solche war, die auf den endgültigen Vermögensverlust des Malte von Putbus abzielte. Da die bei einer derart gestuften Indizienkette mehrfach zu treffenden Wahrscheinlichkeitsurteile aus logischen Gründen eine abnehmende Gesamtwahrscheinlichkeit zur Folge haben, ist im Zivilprozeß und auch im Strafprozeß anerkannt, daß die Pflicht zur Erhebung des Indizienbeweises von einer in gewissem Umfang wertenden Schlüssigkeitsprüfung abhängt (vgl. BGHZ 53, 245 <261> - Anastasia; BGHSt 25, 365 <368 f.>; BGH NJW 1988, 501 f.). Für den Verwaltungsprozeß, in dem für die Zulässigkeit einer Ablehnung von Beweisanträgen § 244 StPO entsprechend heranzuziehen ist (Beschluß vom 12. April 1972 - BVerwG 6 B 65.71 -, VRspr. 24 Nr. 94), gilt nichts anderes. Es ist deshalb kein Verfahrensfehler, wenn das Verwaltungsgericht beim Angebot eines Indizienbeweises von der beantragten Beweiserhebung darum absieht, weil die unter Beweis gestellte Hilfstatsache für den Nachweis der Haupttatsache zu seiner gerichtlichen Überzeugung nicht ausreicht. Die hierauf beruhende Ablehnung eines Beweisantrags ist keine verbotene Vorwegnahme der Beweiswürdigung, sondern eine durch Denkgesetze gesteuerte Anwendung richterlicher Erfahrungssätze (vgl. BGHZ, a.a.O.).

Das bei dieser Schlüssigkeitsprüfung vom Instanzgericht für erforderlich gehaltene Beweismaß ist als wertendes Element grundsätzlich dem materiellen Recht zugeordnet und daher regelmäßig kein geeigneter Anknüpfungspunkt für eine Verfahrensrüge. Ob anderes gilt, wenn das Verwaltungsgericht die Wahrscheinlichkeitsanforderungen überspannt, seine Bewertung der Indizien als unschlüssig schlechterdings nicht nachvollziehbar ist oder die von ihm gezogenen Schlußfolgerungen denkfehlerhaft sind, bedarf aus Anlaß dieses Beschwerdeverfahrens keiner abschließenden Klärung, da ein Fall dieser Art hier nicht gegeben ist. Dem steht nicht entgegen, daß das Verwaltungsgericht nach den Gründen seines ablehnenden Beschlusses die Möglichkeit eines "zwingenden" Schlusses verneint hat. Das Verlangen nach einem zwingenden Schluß ist zwar, wie die Beschwerde mit Recht bemängelt, grundsätzlich geeignet, das Schlüssigkeitserfordernis zu überdehnen. Auf einem solchen Mangel kann die Ablehnung des Beweisantrags jedoch nicht beruhen; denn der angebotene Indizienbeweis war schon deswegen unschlüssig, weil er nicht erkennen ließ, daß sich die Äußerungen der Pächter gegenüber dem Zeugen Krohn auf eine nach der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts erforderliche Beschlagnahme im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG, also auf eine solche bezogen, die auf den endgültigen Vermögensverlust des Malte von Putbus abzielte.

b) Ohne Erfolg rügt die Beschwerde ferner, das Verwaltungsgericht habe den in der mündlichen Verhandlung vom 18./19. Juni 1997 gestellten Antrag, Beweis zu erheben

"über die Tatsache, daß Malte von Putbus Herrn Dr. H. im KZ Sachsenhausen erklärt hat, daß sein Besitz und zwar der bewegliche und unbewegliche im Zusammenhang mit seiner Verhaftung konfisziert worden war, (...) durch Vernehmung des Zeugen Dr. H. ",

unter Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) abgelehnt. Das Verwaltungsgericht hat seinen in der mündlichen Verhandlung verkündeten Beschluß damit begründet, die unter Beweis gestellte Tatsache könne als wahr unterstellt werden, denn sie rechtfertige nicht den zwingenden Schluß, daß eine Konfiskation des Vermögens tatsächlich stattgefunden habe; auch die gerichtliche Sachaufklärungspflicht erfordere die Beweiserhebung nicht, da die Vernehmung des im Ausland zu ladenden Zeugen insoweit zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt die Wahrunterstellung im Verwaltungsprozeß in der Regel nur für nicht entscheidungserhebliche Behauptungen in Frage (vgl. Urteil vom 24. März 1987 - BVerwG 9 C 47.85 -, BVerwGE 77, 150 <156 f.>). Die vom Verwaltungsgericht mit diesem Gesichtspunkt begründete Ablehnung des Beweisantrags ist daher in dem Sinne zu verstehen, daß das Verwaltungsgericht die Indiztatsache - die Wahrnehmung der Erklärung des Malte von Putbus durch den Zeugen - für nicht entscheidungserheblich gehalten hat. Gegenstand einer Wahrunterstellung können jedoch nur Beweistatsachen, nicht auch die Schlußfolgerungen sein, die aus ihnen gezogen werden können. Welche Rechtsfolgen sich aus dem als wahr unterstellten Sachverhalt ergeben, ist eine Frage der Beweiswürdigung, die in der Regel dem materiellen Recht zugeordnet ist. Die als wahr behandelten Tatsachen stehen in dieser Hinsicht den erwiesenen gleich. Lassen sie verschiedene Schlußfolgerungen zu, ist der Tatrichter nicht gezwungen, gerade die Folgerung zu ziehen, die aus der Sicht eines Beteiligten naheliegt. Ein Mangel der indiziellen Beweisführung kann die Verfahrensrüge allenfalls unter der Voraussetzung begründen, daß die Beweiswürdigung auf einem Verstoß gegen die Denkgesetze beruht (Urteil vom 19. Januar 1990 - BVerwG 4 C 28.89 -, Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 225).

Die Beschwerde behauptet zwar, daß dem Verwaltungsgericht ein solcher logischer Fehler unterlaufen sei; doch selbst wenn dem so wäre, könnte das angegriffene Urteil auf diesem Verfahrensfehler nicht beruhen, so daß die Revision entsprechend § 144 Abs. 4 VwGO nicht aus diesem Grund zuzulassen ist (vgl. Beschluß vom 2. August 1991 - BVerwG 3 B 2.91 Buchholz 418.04 Nr. 16). Das Verwaltungsgericht hat die nach seiner Auffassung fehlende Beweiserheblichkeit der Indiztatsache auf mehrere voneinander unabhängige Erwägungen gestützt. Es hält für möglich, die Erklärung des Malte von Putbus könne darauf zurückzuführen sein, daß seine Ehefrau Marie ihm bei einem Besuch im Gefängnis von Stettin von einer Äußerung zur Beschlagnahme seines Vermögens berichtet habe, die der Gauleiter S. C. nach Angaben der Zeugen F. v. P. und Bongardt im September 1944 diesen gegenüber im Wehrertüchtigungslager Deutschkrone gemacht haben soll; ob die Indiztatsache mit dieser Annahme als unerheblich bezeichnet werden durfte, ist zweifelhaft, weil das Verwaltungsgericht die Äußerung Schwede-Coburgs in anderem Zusammenhang als nicht erwiesen erachtet hat, so daß deren hypothetische Verwertung im Rahmen des Indizienbeweises fragwürdig ist. Entsprechende Bedenken bestehen gegen die Erwägung des Verwaltungsgerichts, Malte von Putbus könne seine gegenüber dem Zeugen Dr. H. geäußerte Meinung aus Angaben seiner Tochter, der Zeugin S. v. R. abgeleitet haben, die ihn im November 1944 im Gefängnis in Stettin besucht und ihm dabei möglicherweise von einer Beschlagnahme des Schlosses Putbus durch das dort einquartierte Generalkommando der Luftwaffe berichtet habe; abgesehen davon, daß die Zeugin bei ihrer Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht ausgesagt hat, bei diesem Besuch habe ihr Vater "bereits gewußt, daß das Schloß in Putbus nicht mehr betreten werden konnte", durfte das Verwaltungsgericht die Erheblichkeit der Indiztatsache nicht mit der Aussage der Zeugin zur Beschlagnahme des Schlosses verneinen, weil es derselben Aussage in anderem Zusammenhang keinen Beweiswert zugemessen hat.

Wie der Beschwerde zuzugeben ist, läßt sich bei Wertungswidersprüchen im Rahmen eines Indizienbeweises nicht ausschließen, daß ihnen ein logischer Fehlschluß zugrunde liegt. Dem ist hier jedoch nicht weiter nachzugehen; denn die davon unabhängige Annahme des Verwaltungsgerichts, die in das Wissen des Zeugen Dr. Hers gestellte Wahrnehmung lasse nicht den zwingenden Schluß zu, daß Malte von Putbus von der Gestapo oder anderen Stellen formell die Beschlagnahme seines Vermögens eröffnet worden sei, ist denkgesetzlich nicht zu beanstanden. Die Logik dieser Beweisführung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß der vom Verwaltungsgericht vorausgesetzte "zwingende" Schluß das Beweismaß bei einem Indizienbeweis überspannen mag. Die vom Verwaltungsgericht gezogene Folgerung beruht schon deswegen nicht auf einem Verstoß gegen die Denkgesetze, weil durch die Bekundung, daß eine Tatsache geäußert worden sei, nicht bereits das Vorhandensein der Tatsache bewiesen wird und die Annahme, daß von der Vernehmung des Zeugen zu der in sein Wissen gestellten Indiztatsache keine greifbaren Anhaltspunkte für die rechtsgeprägte Haupttatsache einer auf die Enteignung abzielenden Vermögensbeschlagnahme zu erwarten waren, ein möglicher Schluß ist.

Von alledem abgesehen ist die Ablehnung des Beweisantrags jedenfalls darum nicht verfahrensfehlerhaft, weil die Ladung des Zeugen Dr. Hers im Ausland zu bewirken gewesen wäre und dessen Vernehmung durch die gerichtliche Pflicht zur Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht geboten war. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 40, 60; BGH NStZ 1994, 554; NStZ 1994, 593), die das Bundesverfassungsgericht gebilligt hat (NJW 1997, 999 <1000>), darf das Gericht unter den genannten Voraussetzungen seine Entscheidung davon abhängig machen, welche Ergebnisse von der Beweisaufnahme zu erwarten sind und wie diese Ergebnisse zu würdigen wären; kommt es dabei unter Berücksichtigung der Begründung des Beweisantrags und der in der bisherigen Beweisaufnahme angefallenen Erkenntnisse zu dem Ergebnis, daß der Zeuge die Beweisbehauptung nicht werde bestätigen können oder daß ein Einfluß auf seine Überzeugung auch dann sicher ausgeschlossen sei, wenn der Zeuge die in sein Wissen gestellte Behauptung bestätigen werde, ist eine Ablehnung des Beweisantrags rechtlich nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht hat sich bei seiner Entscheidung über den Beweisantrag ersichtlich von diesen Grundsätzen leiten lassen. Seine Annahme, daß die Vernehmung des Zeugen Dr. H. zur Aufklärung des Sachverhalts nicht erforderlich sei, ist frei von Verfahrensfehlern. Die Vernehmung des Zeugen mußte sich dem Verwaltungsgericht schon deswegen nicht aufdrängen, weil die in das Wissen des Zeugen gestellte Indiztatsache, Malte von Putbus habe ihm gegenüber im KZ Sachsenhausen von der Konfiskation seines Vermögens gesprochen, für die nach seiner Rechtsauffassung erforderliche dauerhafte Vermögensentziehung unergiebig war. Nach der von der Klägerseite vorgelegten Übersetzung der "amtlichen Erklärung" des Dr. H. vom 7./8. Oktober und 6. November 1995 waren im KZ Sachsenhausen die Gefangenen Hans Graf von Hardenberg; Paul Graf York von Wartenberg, Victor von Koerber, Dr. Hans von Dohnanyi und der im Januar 1945 eingelieferte Malte von Putbus untergebracht und hatte Dr. H. aufgrund seiner ärztlichen Tätigkeit im KZ die Gelegenheit, mit jedem dieser Gefangenen getrennt voneinander Gespräche zu führen, wobei "von Hardenberg (angab), daß sein Landgut und Haus mit Inhalt in Ost-Preußen beschlagnahmt worden waren, zu Putbus eine entsprechende Äußerung machte über die Konfiskation seines Landgutes und Hauses auf der Insel Rügen, als auch York von Wartenberg, von Koerber und von Dohnanyi alle dasselbe angaben". Angesichts dessen, daß Dr. H. in dieser Erklärung sehr eingehende und präzise Beobachtungen zur körperlichen Verfassung der Gefangenen, zu den Einzelheiten der baulichen Anlage des KZ und zur Funktion der zugehörigen Gebäude sowie zu der in der "Schatzkammer" aufbewahrten Sammlung von Wertsachen wiedergeben hat, während seine Wahrnehmung zur Vermögensbeschlagnahme des Malte von Putbus auf die soeben zitierte Wendung beschränkt ist, war dessen Vernehmung hierzu kein Gebot der gerichtlichen Pflicht zur Sachaufklärung.

c) Das angegriffene Urteil leidet nicht an der von der Beschwerde behaupteten Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat aufgrund einer umfangreichen Recherche in mehreren Regionalzeitungen, über deren Ergebnis es die Beteiligten im einzelnen unterrichtet hatte, festgestellt, daß im Zeitraum vom 21. Juli bis zum 31. Dezember 1944 in den ausgewerteten Zeitungen über die Festnahme des Malte von Putbus und die behauptete Beschlagnahme seines Vermögens nichts berichtet wurde. Daß es infolge dessen davon ausgegangen ist, Meldungen über diese Vorgänge seien auch in anderen Zeitungen nicht erschienen, überschreitet die Grenzen zulässiger Beweiswürdigung nicht; insbesondere hat es diesen Schluß nicht aus dem von der Beschwerde beanstandeten Erfahrungssatz gewonnen, "vor dem allgemein bekannten Hintergrund der gleichgeschalteten Presse" hätten alle Zeitungen der NS-Zeit einen völlig gleichen Inhalt gehabt. Wie sich aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe ergibt, hat das Verwaltungsgericht seine Würdigung vorrangig aus der auch von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogenen Feststellung abgeleitet, daß die Zeitungen anläßlich des Attentats auf Hitler auch über die Verhaftung von Personen berichtet hätten, die an diesem allenfalls entfernt beteiligt gewesen seien; dafür spreche die Berichterstattung im Fall Palombini. Die Behauptung, daß das Urteil auf einem Erfahrungssatz des von der Beschwerde bemängelten Inhalts beruhe, trifft daher nicht zu.

d) Unbegründet ist auch die Rüge, das Verwaltungsgericht habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen,

"die wiederholt ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung beantragten weiteren Recherchen bei den benannten Archiven in Moskau und Stettin durchzuführen".

Bei den damit in Bezug genommenen, in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juli 1997 gestellten Anträgen handelte es sich um Beweisermittlungsanträge (vgl. BGHSt 6, 128 <129> m.w.N.); sie zielten nicht auf eine konkrete Urkunde als individualisiertes Beweismittel, sondern auf die Durchsicht näher bezeichneter Urkundensammlungen (Sonderarchiv Moskau, Staatsarchiv Stettin) zu dem Zweck aufzuklären, welche der darin befindlichen Urkunden die behaupteten Tatsachen erweise, daß

- die Beschlagnahme oder Enteignung des Vermögens des Malte von Putbus durch den Gauleiter Sch. C. angeordnet und umgesetzt worden sei;

- die Beschlagnahme des Vermögens des Malte von Putbus durch den Polizeipräsidenten Stettin verfügt und umgesetzt worden sei.

Da die Anträge als Anregungen zur Beweiserhebung nicht den an die Behandlung von Beweisanträgen gestellten Anforderungen unterlagen, setzt der von der Beschwerde behauptete Verfahrensfehler voraus, daß das Verwaltungsgericht seine Pflicht zur Sachaufklärung verletzt hat. Das wäre nur dann der Fall, wenn sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit einer solchen weiteren Beweiserhebung durch Beiziehung entsprechender Urkunden, Einholung amtlicher Auskünfte oder Erhebung von Gutachten zu dem Recherchematerial hätte aufdrängen müssen. Dies kann schon deswegen nicht angenommen werden, weil die entsprechenden Anfragen, die der Beklagte im Verwaltungsverfahren an die genannten Stellen gerichtet hatte, ergebnislos geblieben waren und neue Gesichtspunkte, die eine erneute Anfrage geboten hätten, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht hervorgetreten sind. Auf das Schreiben des Beklagten vom 9. November 1993 an das Sonderarchiv Moskau, in dem - unter Hinweis auf die einschlägigen Archivnummern für die Gestapo Stettin, den SD-Abschnitt Stettin, das KZ Sachsenhausen, den Volksgerichtshof Berlin und das Polizeipräsidium Stettin - um Auskunft zu Malte von Putbus betreffenden Unterlagen gebeten wurde, teilte der stellvertretene Archivdirektor im Mai 1994 mit, daß Dokumente, in denen Malte von Putbus erwähnt werde, dort nicht vorhanden seien; das habe sich bereits bei Recherchen eines Vertreters des Bundesarchivs Koblenz im November 1993 in Moskau und abermals nach zusätzlicher Überprüfung der Akten des entsprechenden Fundus ergeben. Auf die Anfrage des Beklagten vom 21. April 1993 beim Staatsarchiv Stettin, die unter Angabe der persönlichen Daten des Malte von Putbus auf Auskunft zur Beschlagnahme oder Einziehung dessen Vermögens gerichtet war und auf die aus Anlaß des Attentats vom 20. Juli 1944 geschaffene Zuständigkeit des Oberfinanzpräsidenten ausdrücklich hingewiesen hatte, antwortete der Archivdirektor mit Schreiben vom 19. Mai 1993, die erbetene Auskunft könne nicht erteilt werden, weil infolge der Kriegseinwirkungen keine Akten der ehemaligen Oberfinanzdirektion Stettin aus dem Jahre 1944 erhalten geblieben seien. Auch eigene Recherchen der Klägerseite in den Archiven in Moskau und Stettin hatten keine Ergebnisse erbracht. Unter diesen Umständen mußte sich dem Verwaltungsgericht eine weitere Aufklärung in dieser Richtung nicht aufdrängen, da es an greifbaren Anhaltspunkten für die Behauptung der Klägerin fehlte, daß die erforderlichen Dokumente in den genannten Archiven aufgefunden werden könnten. Daran führt auch das Vorbringen der Beschwerde nicht vorbei, wonach die Archivrecherchen ergebnislos geblieben seien, weil die Eintragungen in den fraglichen "Findbüchern" regelmäßig nach dem Täter und nicht nach dem Opfer vorgenommen worden seien. Abgesehen davon, daß diese bereits im Klageverfahren geäußerte Behauptung nicht durch tatsächliche Angaben belegt ist, durfte das Verwaltungsgericht mangels konkreter Anhaltspunkte für das Gegenteil von fachgerechten, anhand geeigneter Suchwörter durchgeführten archivarischen Recherchen aufgrund der Anfragen des Beklagten ausgehen, da diese ausreichende Hinweise auch auf das Betätigungsfeld der möglichen Täter enthielten.

e) Die Beschwerde sieht einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz darin, daß das Verwaltungsgericht nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe die Tatsache, Malte von Putbus sei weder im engeren noch im weiteren Sinne dem Kreis der Widerständler des 20. Juli 1944 zuzurechnen, unzutreffend für "unstreitig" gehalten habe, weshalb sämtliche diesen Personenkreis erfassenden Regelungen nationalsozialistischer Stellen über die Beschlagnahme und die Einziehung des Vermögens nicht als einschlägig erachtet worden seien. Ob diese Rüge schlüssig ist, erscheint mit Blick auf das Vorbringen im Schriftsatz vom 28. Juli 1997 zweifelhaft, in dem die Klägerin "nochmals darauf hin(weist), daß Malte von Putbus - mag er auch kein Attentäter des 20. Juli gewesen sein - als einer derjenigen verhaftet wurde, die der Beteiligung am Attentat des 20. Juli verdächtigt wurden". Dies kann jedoch dahingestellt bleiben; denn auf einer fehlerhaften Deutung des von der Klägerin hierzu vertretenen Standpunkts kann das angegriffene Urteil jedenfalls darum nicht beruhen, weil die Auffassung des Verwaltungsgerichts unabhängig hiervon entscheidungstragend auf die gutachtliche Stellungnahme des Leiters der Gedenkstätte Deutscher Widerstand Dr. T. vom 29. Dezember 1993 gestützt ist, derzufolge Malte von Putbus zu den Widerstandsgruppen des 20. Juli 1944 keine Verbindung hatte.

f) Unbegründet ist auch die Rüge, das Verwaltungsgericht habe gegen den Überzeugungsgrundsatz verstoßen, weil es ohne Einnahme eines Augenscheins davon ausgegangen sei, daß es sich bei dem nach der Verhaftung des Malte von Putbus der Familie belassenen Gut Crimvitz nicht um eine "Notunterkunft", sondern um ein "Gutshaus in sehr gutem Zustand" gehandelt habe. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts ist das Ergebnis seiner Beweiswürdigung, der einerseits das Prozeßvorbringen der Klägerin im vermögensrechtlichen Verfahren, andererseits die damit unvereinbaren Angaben zugrunde lagen, die der Zeuge F. v. P. im Jahre 1968 im Lastenausgleichsverfahren gemacht hatte. Diese Beweiswürdigung läßt keinen Verfahrensfehler erkennen. Das Verwaltungsgericht hat auch seine Pflicht zur Sachaufklärung nicht verletzt, da sich ihm die Einnahme eines Augenscheins zur Ermittlung des gegenwärtigen Zustands des Gutshauses nicht aufdrängen mußte.

g) Ebensowenig führen die Angriffe der Beschwerde auf die tatrichterliche Würdigung der Aussagen der Zeugen K. und B. zu einem Verfahrensfehler. Das Verwaltungsgericht hat den Aussagen dieser Zeugen zur Einsetzung des Dr. C. - G. v. Pl. als kommissarischen Verwalters und zu dem Vorkommnis im Wehrertüchtigungslager Deutschkrone keinen Beweiswert beigemessen, weil sie vor ihrer Zeugenaussage mit dem Zeugen F. v. P. als dem Rechtsvorgänger der Klägerin über die fraglichen Vorgänge gesprochen hatten und das Verwaltungsgericht infolgedessen nicht auszuschließen vermochte, daß ihre Angaben bewußt oder unbewußt von der Auffassung des Zeugen F. v. P. beeinflußt waren oder auf eigenen Wertungen und Folgerungen beruhten. Diese in den Entscheidungsgründen im einzelnen dargelegte Bewertung der Zeugenaussagen hält sich ebenso im Rahmen zulässiger Beweiswürdigung wie die Auffassung des Verwaltungsgerichts, daß die ungewisse Zuverlässigkeit der Aussagen einer weiteren Aufklärung nicht zugänglich war.

h) Ohne Erfolg macht die Beschwerde schließlich geltend, daß das angegriffene Urteil in mehreren Punkten an einer als denkfehlerhaft gerügten Beweiswürdigung leide.

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Inhalt der von Rechtsanwalt Dr. Be. am 1. März 1947 im Zusammenhang mit den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen vor dem internationalen Militärgerichtshof abgegebenen Erklärung zwinge nicht zu dem Schluß, daß beim nationalsozialistischen Volksgerichtshof ein Verfahren gegen Malte von Putbus anhängig gewesen sei, verstößt nicht gegen die Denkgesetze. Das Verwaltungsgericht hat mit nachvollziehbarer Begründung ausgeführt, daß der Hinweis auf die "von dem pommerschen Gauleiter Sch. -C. inszenierten Verfahren gegen den schließlich im KZ verstorbenen Fürsten Malte von Putbus und den früheren Staatssekretär v. R. -D. " nicht dahin verstanden werden muß, gegen diese beiden Personen habe ein Verfahren vor dem Volksgerichtshof stattgefunden.

Die Rüge, das Verwaltungsgericht sei unter Verstoß gegen die Denkgesetze davon ausgegangen, es sei nicht vorstellbar, daß sich ein Zeuge nach fünfzig Jahren noch an eine bestimmte Äußerung erinnere, ist unbegründet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muß in der Bewertung eines Umstands als "schlechterdings unvorstellbar" keine aus denkgesetzlichen Gründen ausgeschlossene Folgerung gesehen werden (vgl. Beschluß vom 12. Januar 1995 - BVerwG 4 B 197.94 Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4). Es mag dahingestellt bleiben, ob die von der Beschwerde bemängelte Wendung dahin verstanden werden muß, daß das Verwaltungsgericht damit den unzutreffenden Erfahrungssatz aufgestellt hat, eine Erinnerung von Zeugen an Jahrzehnte zurückliegende Ereignisse oder Erklärungen sei aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen, oder ob sie sich im Rahmen der Vernehmung des Zeugen B. zu dem Vorkommnis aus dem Herbst 1944 im Wehrertüchtigungslager Deutschkrone allein auf das von diesem auf ausdrückliche Nachfrage bestätigte Detail bezog, er könne sich an die "genaue Zeitform, die Sch. -C. verwendet haben soll", noch erinnern. Das angegriffene Urteil beruht jedenfalls nicht auf der Annahme des Verwaltungsgerichts, ein derartiges Erinnerungsvermögen sei generell oder im konkreten Fall unvorstellbar. Wie sich nämlich aus der Beweiswürdigung in ihrem Zusammenhang ergibt, hat das Verwaltungsgericht der Aussage des Zeugen B. zu dem Vorkommnis in Deutschkrone entscheidungstragend deswegen keinen Beweiswert beigemessen, weil es sie für nicht hinreichend zuverlässig hielt, um damit die behauptete Anordnung einer Beschlagnahme im Sinne dauerhaften Vermögensentziehung durch den Gauleiter Sch. - C. zu belegen. Ebensowenig denkfehlerhaft ist es, wenn das Verwaltungsgericht in der Aussage des Zeugen bekundete Tatsachen teils für glaubhaft, teils für nicht glaubhaft hält; die abweichende Auffassung der Beschwerde verwechselt die Glaubwürdigkeit eines Zeugen mit der Glaubhaftigkeit einer Aussage. Unzutreffend ist schließlich der Vorwurf der Beschwerde, das Verwaltungsgericht habe die von ihm als zweifelhaft bewerteten Aussagen der Zeugen B. und F. v. P. über den Inhalte der Äußerung des Gauleiters Sch. P. -C. in anderem Zusammenhang herangezogen, um die Indiztatsache einer Kenntnis des Malte von Putbus von der Beschlagnahme seines Vermögens zu widerlegen; von allem anderen abgesehen, übersieht die Beschwerde, daß das Verwaltungsgericht die Aussagen in diesem Punkt nicht in tatsächlicher Hinsicht unterschiedlich gewürdigt, sondern ohne Verstoß gegen die Denkgesetze angenommen hat, weder aus der behaupteten Äußerung Sch. -C. noch aus der Erklärung des Malte von Putbus sei abzuleiten, daß eine vermögensentziehende Beschlagnahme im Rechtssinne stattgefunden habe.

Frei von logischen Fehlschlüssen ist auch die von der Beschwerde beanstandete Würdigung der Aussage des Zeugen K. Der aufgrund der Vernehmung gewonnene Eindruck des Verwaltungsgerichts, daß der Zeuge nicht die Äußerungen wiedergegeben habe, die Dr. C. -G. v. Pl. vor mehr als dreißig Jahren gemacht habe, sondern solche Äußerungen, an die er sich nach dem Gespräch mit dem Zeugen F. v. P. meine erinnern zu können, beruht nicht auf Folgerungen, die denkgesetzlich ausgeschlossen sind; mit dem Hinweis darauf, daß auch eine andere Bewertung möglich gewesen sein mag, läßt sich ein Verstoß gegen die Denkgesetze nicht dartun.

Gleiches gilt, soweit die Beschwerde die Erwägung des Verwaltungsgerichts bemängelt, ein starkes Indiz gegen die Beschlagnahme sei der Umstand, daß nach der Verhaftung des Malte von Putbus die Familie von der NSDAP weder bedrängt noch an rechtsgeschäftlichen Verfügungen über das Vermögen gehindert worden sei. Dieser Schluß ist nicht aus denkgesetzlichen Gründen unmöglich. Die gegenteilige Auffassung der Beschwerde, die Verhältnisse hätten sich in der Außensicht durch die Verhaftung deshalb nicht verändert, weil die Verfügungsbefugnis über das Vermögen ohnedies nicht der Familie, sondern allein dem Verwalter Dr. C. -G. v. Pl. zugestanden habe, mag eine ebenfalls mögliche Folgerung sein; die einzig denkbare Folgerung ist dies offensichtlich nicht, ganz abgesehen davon, daß sie nach der tatrichterlichen Würdigung durch die sonstigen Beweisergebnisse nicht bestätigt wurde.

Soweit die Beschwerde pauschal rügt, daß die Würdigung der eidesstattlichen Erklärung der Frau Me. auf Widersprüchen beruhe, ist die Rüge unzulässig (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO); im übrigen trifft dieser Vorwurf nicht zu, da die tatrichterliche Bewertung der Glaubhaftigkeit der darin bekundeten Tatsachen differenziert ist, verschiedene mehrere Jahre auseinanderliegende Vorgänge betrifft und nicht erkennen läßt, daß das Verwaltungsgericht ein und dieselbe Indiztatsache in Teilen seiner Entscheidungsbegründung wechselnd bewertet hat. Soweit die Beschwerde in der Erklärung der Frau Me., sie habe im Oktober 1944 Malte von Putbus zur Erteilung einer Vollmacht über ein privates Konto im Gefängnis besucht, einen Widerspruch dazu sieht, daß C. -G. v. Pl. mit einer umfassenden Generalvollmacht ausgestattet gewesen sei, löst sich der angebliche Widerspruch zwanglos auf, wenn zwischen dem Betriebsvermögen und dem Privatvermögen unterschieden wird. Abgesehen davon hat das Verwaltungsgericht die Ambivalenz der Indiztatsachen nicht verkannt und die ihnen beizumessende Bedeutung im Rahmen seiner umfangreichen Beweiswürdigung in einer den Anforderungen des § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO genügenden Weise dargelegt.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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