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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 14.12.1998
Aktenzeichen: BVerwG 8 B 125.98
Rechtsgebiete: VermG, GVG, VwGO


Vorschriften:

VermG § 37 Abs. 2
GVG § 17 a Abs. 2
GVG § 3 und 4
VwGO § 146 Abs. 1
Leitsätze:

In vermögensrechtlichen Streitigkeiten ist gegen Rechtswegbeschlüsse des Verwaltungsgerichts die Beschwerde nur statthaft, wenn sie vom Verwaltungsgericht in dem Beschluß zugelassen wird.

Für die Entscheidung über die Beschwerde ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Beschluß des 8. Senats vom 14. Dezember 1998 - BVerwG 8 B 125.98 -

I. VG Berlin vom 25.05.1998 - Az.: VG 22 A 46.97 - II. OVG Berlin vom 30.06.1998 - Az.: OVG 8 L 64.98 -


BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 8 B 125.98 OVG 8 L 64.98

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgericht am 14. Dezember 1998 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze und Postier

beschlossen:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 30. Juni 1998 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird unter entsprechender Änderung des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 30. Juni 1998 für beide Beschwerdeverfahren auf je 10 000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage unter Aufhebung eines Bescheides des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen die Feststellung, daß ihr ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 13 VermG zusteht. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluß vom 25. Mai 1998 den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Berlin verwiesen. Dem Beschluß ist eine Rechtsmittelbelehrung über die Zulässigkeit der Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht beigefügt. Eine Entscheidung über die Zulassung der Beschwerde enthält der Beschluß nicht.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde der Klägerin mit Beschluß vom 30. Juni 1998 als unbegründet zurückgewiesen und zugleich die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Mit der von der Klägerin eingelegten weiteren Beschwerde vertritt sie die Ansicht, daß der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben sei.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, weil die Beschwerde gegen diesen Beschluß unzulässig war.

1. Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 VermG sind die Berufung gegen ein Urteil und die Beschwerde gegen eine andere Entscheidung des (Verwaltungs-)Gerichts ausgeschlossen. Das gilt u.a. nicht für die Beschwerde gegen Beschlüsse über den Rechtsweg nach § 17 a Abs. 2 und 3 GVG (§ 37 Abs. 2 Satz 2 VermG). Auf die Beschwerde gegen die Beschlüsse über den Rechtsweg findet § 17 a Abs. 4 Satz 4 bis 6 GVG entsprechende Anwendung (§ 37 Abs. 2 Satz 3 VermG). Nach § 17 a Abs. 4 Satz 4 GVG steht den Beteiligten die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht (§ 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG).

Die entsprechende Anwendung des § 17 a Abs. 4 Satz 4 bis 6 GVG auf die in § 37 Abs. 2 Satz 2 VermG (ausnahmsweise) statthafte Beschwerde gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts über den Rechtsweg bedeutet, daß unabhängig von der Frage, welches Gericht über die Beschwerde entscheidet (vgl. dazu unten 2.), die Beschwerde gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts in jedem Falle der Zulassung bedarf, die in dem Beschluß auszusprechen ist, sofern die Voraussetzungen des § 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG vorliegen (so auch Redeker/ Hirtschulz in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Stand April 1998, § 37 Rn. 91; vgl. auch zur gleichlautenden Verweisung in § 23 Abs. 2 Satz 2 InVorG: Schöneberg/Tenbieg in Rodenbach/Söfker/Lochen, InVorG, Stand Dezember 1997, § 23 Rn. 22 a.E.; Jesch in Jesch/Ley/Racky/ Winterstein/Kuhn, InVorG, 2. Aufl. 1996 § 23 Rn. 15). Da das Verwaltungsgericht die Beschwerde nicht zugelassen hatte, war diese unzulässig und ist deswegen vom Oberverwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden. Die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung in dem verwaltungsgerichtlichen Beschluß kann die Beschwerdezulassung nicht ersetzen (stRspr vgl. u.a. Urteil vom 28. Februar 1985 BVerwG 2 C 14.84 Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 126 S. 10 <12> = BVerwGE 71, 73 <76>, Beschluß vom 1. Dezember 1987 BVerwG 8 B 58.87 Buchholz 310 § 131 VwGO Nr. 6 S. 1 <3>, Urteil vom 22. März 1990 BVerwG 5 C 63.86 Buchholz 436.0 § 19 BSHG Nr. 7 S. 3 <4> und Beschluß vom 16. März 1994 BVerwG 4 B 223.93 Buchholz 300 § 17 a GVG Nr. 9 S. 1 <2>). Ein Fall, in dem sich die Zulassung der Beschwerde ausnahmsweise aus den Entscheidungsgründen oder der Rechtsmittelbelehrung ergibt (vgl. dazu Beschluß vom 20. März 1981 BVerwG 8 B 54.81 Buchholz 310 § 131 VwGO Nr. 1 S. 1 f.), liegt nicht vor, weil sich dem Beschluß des Verwaltungsgerichts keinerlei Anhaltspunkte für eine entsprechende Willenserklärung entnehmen lassen.

2. Im übrigen wäre das Oberverwaltungsgericht für die Entscheidung über eine zugelassene Beschwerde nicht zuständig gewesen. In den Rechtsgebieten, in denen die Berufung durch Bundesgesetz generell ausgeschlossen und die Statthaftigkeit der Beschwerde auf wenige Ausnahmen (regelmäßig §§ 133, 135 VwGO und § 17 a GVG) beschränkt ist, ist Beschwerdegericht für Beschwerden nach § 17 a Abs. 4 GVG das Bundesverwaltungsgericht (so auch Redeker/von Oertzen, VwGO, 12. Aufl. 1997, Anhang § 41 Rn. 16 und § 152 Rn. 3; Meyer-Ladewig in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand Februar 1998, § 152 Rn. 4; a.A. Ehlers in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O. § 41 Rn. 37; Rennert in Eyermann, VwGO, 10. Aufl. 1998 § 41 Rn. 31, 33; Redeker/Hirtschulz, a.a.O. Rn. 92; Schöneberg/Tenbieg, a.a.O.).

Mit der Novellierung und Vereinheitlichung der Vorschriften über das Verfahren bei Zweifeln über die Zulässigkeit des Rechtswegs in den §§ 17 bis 17 b GVG i.d.F. des Art. 2 des Gesetzes zur Neuregelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (Viertes Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung 4.VwGOÄndG) vom 17. Dezember 1990 (BGBl I S. 2809, 2816) ist zugleich in den Fachgesetzen, in denen Berufung und Beschwerde gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts ausgeschlossen sind, wörtlich übereinstimmend die Formulierung eingefügt worden:

"Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 135 i.V.m. § 133 der Verwaltungsgerichtsordnung und die Beschwerde gegen Beschlüsse über den Rechtsweg nach § 17 a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes. Auf die Beschwerde gegen Beschlüsse über den Rechtsweg findet § 17 a Abs. 4 Satz 4 bis 6 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechende Anwendung" (vgl. Art. 11 bis 16 des 4.VwGOÄndG). Dieselbe Formulierung findet sich in § 23 Abs. 2 InVorG, in § 6 Abs. 1 VZOG und abgesehen von der zusätzlichen Beschwerdemöglichkeit bei Verfahren nach §§ 80, 80 a VwGO auch in § 37 Abs. 2 VermG. Für diese Rechtsgebiete gilt übereinstimmend, daß die Oberverwaltungsgerichte/Verwaltungsgerichtshöfe als Berufungsgerichte im Instanzenzug des Klageverfahrens generell ausgeschlossen sind. Die Beschwerdemöglichkeit bei Entscheidungen des Verwaltungsgerichts über die Zulässigkeit des Rechtswegs, hat nicht etwa ausschließlich für diesen Zwischenstreit die Dreistufigkeit des Instanzenzuges hergestellt. Vielmehr folgt aus § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG, wonach gegen Beschlüsse nach § 17 a Abs. 2 und 3 GVG die sofortige Beschwerde "nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung" gegeben ist, daß die für Spezialgebiete geltenden generellen Beschränkungen des Instanzenzuges als Teil eben dieser Verfahrensordnung bestehenbleiben und daß dementsprechend auf die Beschwerde gegen Beschlüsse nach § 17 a Abs. 2 und 3 GVG nicht die Regelung der § 146 Abs. 1, § 150 VwGO Anwendung finden, sondern daß das Bundesverwaltungsgericht unmittelbar über die Beschwerde entscheidet (so zutreffend Steinlechner, WPflG, 5. Aufl. 1996, § 34 Rn. 22, vgl. auch die amtliche Begründung zu Art. 12 <§ 34 WPflG> E 4.VwGOÄndG in BTDrucks 11/7030 S. 41, in der ausdrücklich von der "Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht" als Ausnahme vom generellen Beschwerdeausschluß die Rede ist). Der die Hauptsache betreffende Zwischenstreit über den Rechtsweg rechtfertigt keinen umfangreicheren Instanzenzug als die Hauptsache selbst. Diesem Ergebnis entspricht auch die in allen Fällen wegen der entsprechenden Anwendung des § 17 a Abs. 4 Sätze 4 bis 6 GVG erforderliche Zulassung der Beschwerde. Die nur "entsprechende" Anwendung der genannten Sätze trägt dabei dem Umstand Rechnung, daß die Regelungen unmittelbar nur für Beschwerden gegen Beschlüsse der oberen Landesgerichte gelten.

Schließlich kann aus der Besonderheit des § 37 Abs. 2 VermG, wonach auch die Beschwerden gegen Entscheidungen nach §§ 80, 80 a VwGO von der Rechtsmittelbeschränkung ausgenommen sind, kein anderes Ergebnis hinsichtlich der Rechtswegbeschwerde speziell für das Vermögensgesetz hergeleitet werden. Dagegen spricht nämlich der im übrigen übereinstimmende Wortlaut der Regelungen und insbesondere auch der Vergleich mit § 23 Abs. 2 InVorG. Die Schaffung einer zusätzlichen Instanz bei dem Zwischenstreit über die Zulässigkeit des Rechtswegs entspäche auch nicht dem Sinn und Zweck der Rechtsmittelbeschränkung in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, die durch Verfahrenskonzentration die Abwicklung der Verfahren beschleunigen und damit im Interesse des wirtschaftlichen Aufschwungs in den neuen Ländern möglichst schnell zu Rechtssicherheit führen soll (vgl. Urteil vom 12. November 1993 BVerwG 7 C 7.93 Buchholz 112 § 4 VermG Nr. 4 S. 5 <7>; vgl. zur entsprechenden Vorschrift des § 12 Abs. 2 InVorG auch BVerfG, Beschluß vom 9. Juli 1993 1 BvR 938/93 RGV I 123 S. 176 <177> sowie allgemein zum öffentlichen Interesse an beschleunigter Rechtssicherheit im Zusammenhang mit Investitionsvorhaben in den neuen Ländern BVerfGE 85, 130 <133>). Daraus allerdings herleiten zu wollen, in vermögensrechtlichen Verfahren gebe es gegen Rechtswegbeschlüsse des Verwaltungsgerichts nur die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht, während die weitere Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht ausgeschlossen sei (so aber Redeker/ Hirtschulz, a.a.O.), wäre mit dem Ziel des § 17 a Abs. 4 Sätze 4 bis 6 GVG nicht vereinbar, welches darin besteht, im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung den Zugang ggf. auch zum Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zu eröffnen (vgl. amtliche Begründung zu § 17 a Abs. 4 Sätze 4 und 5 GVG, BTDrucks 11/7030 S. 38).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 13, 14, 25 Abs. 2 Satz 2 GKG. Dabei orientiert sich der Senat in ständiger Rechtsprechung an dem Streitwertkatalog i.d.F. vom Januar 1996 (NVwZ 1996, 563). Danach war der Streitwert gemäß Nr. I 9 auf den dort vorgesehenen Höchstbetrag von 10 000 DM festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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