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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 29.05.2002
Aktenzeichen: BVerwG 8 C 29.01
Rechtsgebiete: VermG, GG


Vorschriften:

VermG § 7 Abs. 5
GG Art. 14
Gläubiger des sich aus § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 VermG ergebenden Ersatzanspruchs kann allein der gegenwärtig Verfügungsberechtigte oder der Entschädigungsfonds, nicht aber ein Dritter sein; wer die Kosten der zu ersetzenden Maßnahmen getragen hat, ist insoweit ohne Bedeutung (wie Urteil vom 29. Mai 2002 - BVerwG 8 C 13.01 -).
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 8 C 29.01

Verkündet am 29. Mai 2002

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer, Krauß, Golze und Postier

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 14. Februar 2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, wem der für Umbaumaßnahmen auf dem rückübereigneten Grundstück W.-P.-Straße 6 in N. festgesetzte Wertausgleich zusteht.

Auf ihren 1990 gestellten Antrag wurde das Eigentum an diesem Grundstück der früheren Eigentümerin durch Bescheid des Landrats des Landkreises Ostprignitz-Ruppin vom 19. Mai 1993 zurückübertragen und zugleich für die durchgeführten Baumaßnahmen ein Wertausgleichsbetrag in Höhe von 10 353,20 DM zu Gunsten des Entschädigungsfonds festgesetzt. Zur Begründung des nur gegen die letztgenannte Festsetzung gerichteten Widerspruchs machte die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des nach Begründung von Volkseigentum bestellten früheren Rechtsträgers im Wesentlichen geltend, der festgesetzte Wertausgleichsbetrag stehe nicht dem Entschädigungsfonds, sondern ihr zu, da die Baumaßnahmen aus genossenschaftlichen Mitteln finanziert worden seien. Das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. April 1997 mit der Begründung zurück, gemäß § 7 Abs. 5 VermG stehe der Ersatzanspruch dem Entschädigungsfonds zu, weil Verfügungsberechtigte im Zeitpunkt der Restitution des Grundstücks die Bundesrepublik Deutschland gewesen sei und der Gesetzgeber bei Rückübertragung aus ehemaligem Volkseigentum unwiderleglich vermute, dass die ausgleichspflichtigen Verwendungen aus öffentlichen Mitteln im weitesten Sinne stammten; auf die tatsächliche Herkunft der Finanzmittel komme es nicht an.

Zur Begründung ihrer daraufhin erhobenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, der Ausgleichsanspruch stehe in analoger Anwendung des § 7 Abs. 5 VermG ihr zu, weil diese Norm die Begünstigung desjenigen bezwecke, aus dessen Mitteln die Aufwendungen stammten. Mit Urteil vom 14. Februar 2001 hat das Verwaltungsgericht Potsdam die Klage als unbegründet abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Im Zeitpunkt der Rückübertragung des Grundstücks sei die Bundesrepublik Deutschland Verfügungsberechtigte gemäß Art. 21 EV i.V.m. § 8 Abs. 1 Buchst. d VZOG gewesen. Somit habe der Ausgleichsanspruch nach dem eindeutigen Wortlaut des § 7 Abs. 5 VermG dem Entschädigungsfonds zugestanden. Diese Regelung gehe von einer unwiderleglichen Vermutung aus, dass Wertverbesserungen auf volkseigenen Grundstücken aus öffentlichen Mitteln im weitesten Sinne finanziert worden seien. Die Regelung beruhe auf dem Grundsatz des Vertrauensschutzes zu Gunsten desjenigen, der an seinem persönlichen Eigentum Werterhöhungen vorgenommen habe und sich deswegen auf die Erhaltung des wirtschaftlichen Wertes seiner Investitionen habe verlassen dürfen; dieser Gedanke treffe auf Aufwendungen an volkseigenen Grundstücken nicht zu. Im Übrigen sei § 7 VermG zwecks Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens zur Berechnung des Wertausgleichs eingeführt worden; diesem Zweck liefe es zuwider, wenn im Verwaltungsverfahren die Herkunft der Mittel für Investitionen geprüft werden müsse. Aus der Ausgleichsregelung in § 7 Abs. 2 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes lasse sich für § 7 Abs. 5 VermG nichts zu Gunsten der Klägerin herleiten.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts im Zusammenhang mit der Anwendung und Auslegung des § 7 Abs. 5 VermG.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 14. Februar 2001 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Landrats des Landkreises Ostprignitz-Ruppin vom 19. Mai 1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg vom 9. April 1997 zu verpflichten, festzustellen, dass der Wertausgleich in Höhe von 5 293,50 € ihr zusteht.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht tritt der Revision ebenfalls entgegen.

II.

Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil verstößt nicht gegen Bundesrecht. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen; denn der festgesetzte Wertausgleich steht gemäß § 7 Abs. 5 VermG dem Entschädigungsfonds und nicht der Klägerin zu.

Zur Begründung hat der erkennende Senat im Zusammenhang mit einer Produktionsgenossenschaft des Handwerks Folgendes ausgeführt (Urteil vom 29. Mai 2002 - BVerwG 8 C 13.01 -):

Der Anspruch auf Ersatz der Kosten für vom damaligen Verfügungsberechtigten bis zum 2. Oktober 1990 durchgeführte Maßnahmen für eine Bebauung, Modernisierung oder Instandsetzung des Vermögenswerts steht grundsätzlich dem gegenwärtig Verfügungsberechtigten zu. Ist der gegenwärtig Verfügungsberechtigte eine öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft oder die Treuhandanstalt, ist der Gläubiger des Anspruchs jedoch der Entschädigungsfonds (§ 7 Abs. 5 Satz 1 VermG). Dies ist hier der Fall. Gegenwärtig verfügungsberechtigt im Sinne des § 7 Abs. 5 VermG ist der im Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit der Rückgabe Verfügungsberechtigte. Dies ist diejenige Person, in deren Eigentum oder Verfügungsmacht der Vermögenswert steht (§ 2 Abs. 3 VermG). Maßgebend ist, wer formaler Inhaber eines Rechts ist (vgl. Beschluss vom 21. August 2000 - BVerwG 8 B 178.00 - Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 46 S. 6 <7>). Verfügungsberechtigter ist hier die Bundesrepublik Deutschland, die im Zeitpunkt der Restitution an den früheren Beigeladenen - ausweislich der 1993 erfolgten Vermögenszuordnung der ehemals volkseigenen Grundstücke - Eigentümer der streitgegenständlichen Grundstücke war. Das Grundstückseigentum der Bundesrepublik Deutschland erfasste auch die auf den Grundstücken befindlichen Gebäude. Die PGH-Autodienst war nur Rechtsträgerin der volkseigenen Grundstücke. Ihr war kein dingliches Nutzungsrecht an diesen verliehen. Auch die Übertragung unbeweglicher Grundmittel - dies sind nach § 1 Abs. 3 der Verordnung über den Verkauf und Kauf volkseigener unbeweglicher Grundmittel durch Betriebe der volkseigenen Wirtschaft vom 28. August 1968 (GBl DDR II S. 797) auch Gebäude - gemäß der Anordnung für die Übertragung volkseigener unbeweglicher Grundmittel an sozialistische Genossenschaften vom 11. Oktober 1974 (GBl DDR I S. 489) im Rahmen des Rechtsträgerwechsels an volkseigenen Grundstücken und auf dieser Grundlage durchgeführte bauliche Investitionen begründeten kein Eigentum der sozialistischen Genossenschaften an den volkseigenen Grundstücken oder den hierauf befindlichen Gebäuden (§ 2 Abs. 3 der Anordnung vom 11. Oktober 1974, a.a.O.; vgl. auch Beschluss vom 19. Dezember 1994 - BVerwG 7 B 148.94 - Buchholz 115 Sonstiges Wiedervereinigungsrecht Nr. 1 S. 3 f.).

Ist eine öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft oder die Treuhandanstalt gegenwärtig Verfügungsberechtigte, so steht der Ersatzanspruch nach dem eindeutigen Wortlaut von § 7 Abs. 5 Satz 1 VermG dem Entschädigungsfonds zu. Auch wenn diese Voraussetzungen nicht vorlägen, wäre die Revision gleichwohl erfolglos. Der Anspruch stünde dann nämlich dem gegenwärtig Verfügungsberechtigten, also der Bundesrepublik Deutschland, zu. Ein Ersatzanspruch der Klägerin könnte deshalb nur dann bestehen, wenn § 7 Abs. 5 Satz 1 VermG im Wege der Auslegung folgendermaßen zu lesen wäre:

"Ist eine öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft ... gegenwärtig Verfügungsberechtigter, so steht der Ersatzanspruch dem Entschädigungsfonds bzw. - wenn die wertsteigernden Maßnahmen von einer sozialistischen Genossenschaft durchgeführt worden sind - dem Rechtsnachfolger der Genossenschaft, in den übrigen Fällen dem gegenwärtig Verfügungsberechtigten zu."

Ein solcher Gesetzesinhalt ist nicht durch Auslegung - auch nicht durch verfassungskonforme - erreichbar, sondern nur durch eine Änderung des Gesetzes.

Auch die Voraussetzungen für eine Analogie liegen nicht vor. Hierfür fehlt es an einer Regelungslücke, weil § 7 Abs. 5 Satz 1 VermG für alle denkbaren Fälle einen Gläubiger des Ausgleichsbetrages bestimmt.

Der eindeutige Wortlaut der Vorschrift entspricht auch dem Sinn und Zweck der Bestimmung und dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers.

In seiner ursprünglichen Fassung regelte § 7 VermG nur den Ersatz von aus Mitteln des Staatshaushalts finanzierten Werterhöhungen. Der Ersatz sonstiger Werterhöhungen richtete sich - mangels einer Regelung im Vermögensgesetz - nach den Bestimmungen des Zivilrechts.

§ 7 VermG in seiner heute gültigen Fassung wurde eingefügt durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz vom 14. Juli 1992 (BGBl I S. 1257). Zum Gläubiger des sich aus den - ebenfalls neu gefassten - Bestimmungen des § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 VermG ergebenden Ersatzanspruchs wird in § 7 Abs. 5 Satz 1 grundsätzlich der gegenwärtig Verfügungsberechtigte bestimmt. Ob dieser die Kosten der zu ersetzenden Maßnahmen selbst getragen hatte, ist dabei ohne Bedeutung. Dies erspart es den Vermögensämtern zu prüfen, wer - und gegebenenfalls welcher von mehreren Investoren zu welchem Anteil - die Kosten der zu ersetzenden Maßnahmen getragen hat. Geregelt wird damit nur das Verhältnis zwischen dem Berechtigten und dem gegenwärtig Verfügungsberechtigten. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat der Gesetzgeber nur für den Fall vorgesehen, dass eine öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft oder die Treuhandanstalt gegenwärtig Verfügungsberechtigte ist. Dann wird der Ersatzanspruch dem Entschädigungsfonds zugewiesen. Insoweit geht das Gesetz zurück auf einen Vorschlag des Bundesrats, der Folgendes ausgeführt hatte: "Erfolgt die Rückübertragung des Eigentums aus ehemaligem Volkseigentum, so soll der Ersatzanspruch dem Entschädigungsfonds zustehen. Denn für diese Fälle wird unwiderleglich vermutet, dass die ausgleichspflichtigen Verwendungen aus öffentlichen Mitteln im weitesten Sinne finanziert worden sind ..." (vgl. BTDrucks 12/2695). In seiner - dann Gesetz gewordenen - Beschlussempfehlung schloss sich der Rechtsausschuss des Bundestags dem an (vgl. BTDrucks 12/2944). Der Gesetzgeber wollte also lediglich in dem genannten Sonderfall Mittel dem Entschädigungsfonds zuführen, die sonst einer öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaft - beispielsweise einer Gemeinde - oder der Treuhandanstalt zugeflossen wären. Dagegen hat er nicht übersehen, dass es zahlreiche Fälle gibt, in denen der gegenwärtig Verfügungsberechtigte die Kosten für zu ersetzende Maßnahmen nicht selbst getragen hat.

Die Bestimmungen des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Denn das Sachenrechtsbereinigungsgesetz regelt zivile Rechtsverhältnisse insbesondere zwischen Grundstückseigentümern und Grundstücksnutzern (§ 1 Abs. 1 SachenRBerG). Für die Beantwortung der Frage, wer Inhaber eines Ersatzanspruchs nach § 7 VermG ist, kann dem Gesetz schon deshalb nichts entnommen werden. Welchen Einfluss die Festsetzung eines Ersatzanspruchs nach § 7 VermG auf sich aus dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz ergebende Ansprüche hat, ist allein von den ordentlichen Gerichten zu klären.

§ 7 Abs. 5 VermG verletzt die Klägerin auch nicht in ihrem Eigentumsrecht (Art. 14 GG). Durch die Verordnung über die Gründung, Tätigkeit und Umwandlung von Produktionsgenossenschaften des Handwerks vom 8. März 1990 (GBl DDR I S. 164) wurden die Produktionsgenossenschaften des Handwerks reformiert. Ob bereits die reformierte Produktionsgenossenschaft des Handwerks mit dem 3. Oktober 1990 Trägerin des Rechts aus Art. 14 GG wurde oder ob sie dies erst durch die - hier nach In-Kraft-Treten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes erfolgte - Umwandlung in eine GmbH werden konnte, kann dahinstehen.

Ebenfalls dahinstehen kann, ob der Klägerin vor dem In-Kraft-Treten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes überhaupt ein zivilrechtlicher Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen gegen den Berechtigten zustand, der ihr durch das Gesetz genommen wurde. Denn jedenfalls stand ein möglicher Anspruch der Genossenschaft nicht unter dem Schutz des Art. 14 GG. Er wäre nämlich durch Investitionen aus dem sozialistischen Eigentum erworben worden und zunächst selbst Bestandteil des sozialistischen Eigentums gewesen. Dagegen wäre er nicht durch Leistungen aus dem privaten Eigentum der Mitglieder der Genossenschaft erworben worden.

Dies zeigt die Stellung, die diese Genossenschaften nach dem Recht der DDR in deren Wirtschaftssystem hatten. Nach § 1 Abs. 1 des Musterstatuts der Produktionsgenossenschaften des Handwerks (GBl DDR 1973 I S. 122), das nach § 1 der Verordnung über dieses Musterstatut vom 21. Februar 1973 (GBl DDR I S. 121) verbindlich war, waren die Produktionsgenossenschaften des Handwerks sozialistische Genossenschaften. Die Geräte, Maschinen, Anlagen und Bauten der sozialistischen Genossenschaften und das aus genossenschaftlicher Nutzung des Bodens sowie genossenschaftlichen Produktionsmitteln erzielte Ergebnis waren genossenschaftliches Eigentum (Art. 13 der Verfassung der DDR von 1968). Das genossenschaftliche Eigentum war sozialistisches Eigentum (Art. 10 Abs. 1 Verfassung der DDR). Das sozialistische Eigentum bildete die ökonomische Grundlage der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft (vgl. Art. 9 und 10 Abs. 2 der Verfassung der DDR) und war damit diejenige Eigentumsform, mit deren Hilfe die sozialistische Gesellschafts- und Staatsordnung aufgebaut und durchgesetzt werden sollte (vgl. hierzu Urteil vom 13. Oktober 1994 - BVerwG 7 C 38.93 - BVerwGE 97, 24 <27>). Es stand im bewussten Gegensatz zum persönlichen Eigentum, das der Befriedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Bürger diente (vgl. Art. 11 Abs. 1 Verfassung der DDR). Das genossenschaftliche Eigentum war als sozialistisches Eigentum "gesellschaftliches, gemeinsames Eigentum" (vgl. Kommentar zur DDR-Verfassung, Hrsg.: K. Sorgenicht u.a. Art. 10, Anm. 1) und nicht etwa "isoliertes Gruppeneigentum" (vgl. DDR-Handbuch, 3. Aufl., 1985, Stichwort "Genossenschaften"). Der Erwerb und der Übergang von Sachen, die Grundlage der wirtschaftlichen Tätigkeit der Betriebe waren, aus dem sozialistischen in persönliches Eigentum war unzulässig (§ 20 Abs. 3 Satz 1 ZGB). Der geschilderten Stellung der Produktionsgenossenschaften des Handwerks entsprach es auch, dass deren Mitglieder nicht an den genossenschaftlichen Fonds zur Finanzierung der Grund- und Umlaufmittel und der Bildung von Reserven - u.a. für geplante In-vestitionen - (§ 6 des Musterstatuts a.a.O.) sowie allgemein nicht am Zuwachs des genossenschaftlichen Vermögens privat beteiligt waren. Vielmehr wurde an sie lediglich über den genossenschaftlichen Konsumtionsfonds ein Anteil am Ergebnis der wirtschaftlichen Tätigkeit der Genossenschaft ausbezahlt (§ 7 des Musterstatuts a.a.O.).

Auch im Rahmen der Sozialisierung auf der Grundlage des Beschlusses des Präsidiums des Ministerrats vom 9. Februar 1972 wurde den Mitgliedern der Produktionsgenossenschaften des Handwerks, soweit diese den Charakter eines Handwerksbetriebs verloren und sich zu einem Industriebetrieb entwickelt hatten, nur ihr eingezahlter Genossenschaftsanteil und der ihnen zustehende Anteil am Konsumtionsfonds ausgezahlt, nicht jedoch ein Anteil an dem Vermögen der Genossenschaft (vgl. Grundsätze für die finanzielle Abwicklung des Kaufs von Produktionsgenossenschaften des Handwerks in Dokumente 4 und 5: BARoV, Heft 2, Die Aktion '72 zur Verstaatlichung von Betrieben in der ehemaligen DDR).

Dass bei der Rückübertragung volkseigener Grundmittel - insbesondere von Gebäuden - Wertänderungen auszugleichen bzw. der Zeitwert zu bezahlen war (§ 6 Abs. 5 und Abs. 4 der Anordnung für die Übertragung volkseigener unbeweglicher Grundmittel an sozialistische Genossenschaften vom 11. Oktober 1974, a.a.O.), war deshalb allein eine Verrechnung zwischen verschiedenen Trägern sozialistischen Eigentums.

Auch verstößt das Gesetz nicht gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG). Es ist schon deshalb sachlich gerechtfertigt, den Ersatzanspruch grundsätzlich dem gegenwärtig Verfügungsberechtigten zuzusprechen, weil dadurch den Vermögensämtern zeitaufwendige Prüfungen erspart werden und die zivilrechtlichen Ansprüche Dritter gegen den heutigen Verfügungsberechtigten unberührt bleiben. Ebenso ist es sachlich gerechtfertigt, den Anspruch unter den genannten Voraussetzungen ausnahmsweise dem Entschädigungsfonds zuzuweisen. Im Übrigen wäre das Recht der Klägerin aus Art. 3 GG selbst dann nicht verletzt, wenn Letzteres willkürlich wäre.

Für Konsumgenossenschaften gilt nichts anderes. Auch sie gehörten nach ihrem Musterstatut vom 15. November 1979 zu den sozialistischen Genossenschaften (vgl. Veröffentlichung in der Zeitschrift BAI - Beschlüsse, Anweisungen, Informationen - des Verbandes der Konsumgenossenschaften der DDR, Nr. 4, vom 15. November 1979; Sorgenicht u.a., Kommentar zur Verfassung der DDR, Art. 10 S. 342). Nach den Finanzierungsrichtlinien für die konsumgenossenschaftliche Organisation Nr. 4/80 und 56/82 (vgl. Zeitschrift BAI 1980 Nr. 1, S. 10 ff. und 1982 Nr. 3, S. 29 f.) war die Verwendung aller Finanzen, insbesondere des Gewinns aus den staatlich festgelegten Preisen und sonstigen Erträgen, d.h. ihre Zuweisung an bestimmte Fonds - u.a. den Investitionsfond - vorgegeben; Überschüsse waren an dem Staatshaushalt abzuführen. Angesichts dessen ist die bei Beendigung der Mitgliedschaft - ebenso wie bei den Produktionsgenossenschaften des Handwerks - vorgesehene Auszahlung des Genossenschaftsanteils und eines jährlichen Rückvergütungsanteils (vgl. Musterstatut, a.a.O., Ziff. III 4 und Ziffer IV 6) im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 5 293,50 € (entspricht 10 353,20 DM) festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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