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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 29.10.2003
Aktenzeichen: BVerwG 8 C 29.02
Rechtsgebiete: VermG, URüV


Vorschriften:

VermG § 6 Abs. 1
VermG § 1 a Satz 2
VermG § 1 a Abs. 6 a
URüV § 17 Abs. 3
Begehrt ein erloschener, ehemals eingetragener wirtschaftlicher Verein die Rückübertragung eines Unternehmens (-restes), so müssen bis zum Ablauf der Ausschlussfrist mehr als 50 v.H. der ehemaligen Mitglieder oder ihrer Rechtsnachfolger namentlich bekannt sein und den Anspruch angemeldet haben.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BVerwG 8 C 29.02

Verkündet am 29. Oktober 2003

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert und Krauß, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. August 2002 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Halle wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Rückübertragung des Grundstücks Mühlweg 10 in H., Gemarkung H., Flur 11, Flurstück 307/66, eingetragen im Grundbuch von H. ehemals Band 72 Blatt 2 682, nunmehr Band 332 Blatt 4 708.

Das ca. 1 439 m² große, mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück stand seit 1939 im Eigentum des 1889 gegründeten "Verbandes der Landwirtschaftlichen Genossenschaften der Provinz S. und der angrenzenden Staaten zu H. (S.)", dem unter dem 20. Juli 1890 das Revisionsrecht für die ihm angehörenden Genossenschaften verliehen worden war. Der Verband stand als regionaler Prüfungsverband unter dem Dach des Zentralverbandes der Landwirtschaftlichen Genossenschaften Deutschlands und wurde letzthin 1950 in "Verband Landwirtschaftlicher Genossenschaften des Landes S.-A. e.V., gesetzlicher Prüfungsverband" umbenannt. Am 20. November 1950 beschloss die 1947 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR als Körperschaft des öffentlichen Rechts gegründete "Zentrale Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB)" gemeinsam mit dem Zentralverband der Landwirtschaftlichen Genossenschaften Deutschland die Gründung einer einheitlichen Bauernorganisation mit dem Namen "Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (Bäuerliche Handelsgenossenschaft) - VdgB (BHG)". In der Folgezeit wurden auf der Grundlage staatlicher zentraler Richtlinien beide bäuerlichen Organisationen auf regionaler Ebene verschmolzen, so mit Beschluss vom 27. November 1950 der Verband Landwirtschaftlicher Genossenschaften des Landes S. A. e.V. (gesetzlicher Prüfungsverband) mit der Ortsvereinigung der VdgB S. A. - Körperschaft des öffentlichen Rechts - zu der "Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (BHG) - Landesverband S.-A.". Im Jahresabschluss von 1950 wurde die Anzahl der Mitglieder des verschmolzenen Verbandes Landwirtschaftlicher Genossenschaften des Landes S.-A. e.V. (gesetzlicher Prüfungsverband) mit 1 414 angegeben, ohne diese namentlich zu nennen. 1951 wurde der Verband auf Anzeige des VdgB (BHG) - Landesverband S.-A. - und unter Bezugnahme auf einen Runderlass des Justizministeriums der DDR im Vereinsregister gelöscht.

Aufgrund einer Bestätigung der Zentralvereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe, dass mit dem 27. November 1950 das Vermögen der beiden bisherigen Organisationen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (BHG) Landesverband S.-A. übergegangen sei, wurde der Landesverband der VdgB (BHG) S.-A. am 30. September 1951 als Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks im Grundbuch eingetragen.

Mit Beschluss vom 26. Oktober 1992 bestellte das Amtsgericht H. auf Antrag der Volksbank e.G. K. einen Notvorstand für den "Verband Landwirtschaftlicher Genossenschaften des Landes S.-A. e.V. H./S. (gesetzlicher Prüfungsverband)". Zur Begründung hieß es, der Verschmelzungsbeschluss vom 27. November 1950 sei nichtig und der Prüfungsverband für die Zeit nach dem Verschmelzungsbeschluss lediglich als stillgelegt zu behandeln gewesen, nicht jedoch wirksam aufgelöst worden. Auf Antrag des Klägers wurde der Verein am 12. Oktober 1993 im Vereinsregister wieder eingetragen.

Mit Urteil vom 15. November 1994 (Az.: 3 O 360/93) wies das Landgericht H. eine Klage des Klägers auf Grundbuchberichtigung ab. Die dagegen eingelegte Berufung wies das OLG N. mit Urteil vom 9. Januar 1996 (Az.: 7 U 37/95) zurück.

Mit Schreiben vom 3. November 1992 beantragte der Notvorstand des Klägers und mit Schreiben vom 16. Dezember 1992 der vom Amtsgericht bestellte Pfleger für die unbekannten bzw. ungewissen Verbandsmitglieder die Rückübertragung des streitgegenständlichen Grundstücks. Mit Bescheid vom 28. September 1999 lehnte die Beklagte den Antrag ab im Wesentlichen mit der Begründung, dass der Kläger nicht Berechtigter im Sinne des Vermögensgesetzes sei, weil er mit dem im Jahr 1950 mit der VdgB verschmolzenen Verein weder rechtsidentisch noch als dessen Rechtsnachfolger einzustufen sei.

Die dagegen gerichtete Klage hat der Kläger insbesondere damit begründet, dass er rechtsidentisch mit dem gemäß § 1 Abs. 3 VermG geschädigten Verein und deshalb Berechtigter im Sinne des § 2 VermG sei. Der Verschmelzungsbeschluss vom 27. November 1950 sei machtmissbräuchlich gewesen, weil es auch im DDR-Recht keine Grundlage für die Verschmelzung eines eingetragenen Vereins mit einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft gegeben habe. Darin sei eine unlautere Machenschaft zu sehen. Die nach dem Vermögensgesetz gebotene Rückabwicklung bedeute, dass die Rechtsfähigkeit des Klägers als nicht erloschen bzw. als wiedererstanden zu gelten habe. Auch nach zivilrechtlicher Beurteilung bestehe er als Liquidationsverein fort, weil im Zeitpunkt des Verschmelzungsbeschlusses Vereinsvermögen vorhanden gewesen sei, so dass gemäß § 47 BGB eine Liquidation hätte stattfinden müssen. Er sei bei Anmeldung seiner Restitutionsansprüche durch den Notvorstand vertreten gewesen. Entgegen der Annahme des angefochtenen Bescheides sei es deshalb unerheblich, wie viele der ursprünglichen Mitglieder ihn nun fortführten. Die gegenwärtigen Mitglieder repräsentierten im Übrigen ca. 60 % des ursprünglichen Mitgliederbestandes. Bei der Übertragung des Grundstückseigentums habe es sich nicht um eine Eigentumsverschiebung innerhalb des staatlich gelenkten Bereiches gehandelt, weil es nicht um die Übertragung sozialistischen Eigentums in Volkseigentum gegangen sei, sondern um die Verschiebung von Eigentum des privatrechtlich organisierten Klägers in das sozialistische Eigentum des VdgB.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 28. September 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm das Grundstück der Gemarkung H., Flur 11, Flurstück 307/66, eingetragen im Grundbuch von H. ehemals Band 72, Blatt 2 682, nunmehr Band 332, Blatt 4 708 (Straßenbezeichnung: "M.weg 10" in H.) zurückzuübertragen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Auffassung im angefochtenen Bescheid, dass eine Schädigung gemäß § 1 Abs. 3 VermG vorliege, werde nicht aufrecht gehalten. Der Altverein sei mit Revisionstätigkeiten gegenüber seinen Mitgliedern beliehen gewesen. Diese hoheitliche Tätigkeit habe die DDR einer anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaft übertragen können. Der Kläger sei auch nicht rechtsidentisch mit dem Altverein. Eine Nachliquidation sei ausgeschlossen, weil das Vereinsvermögen auf die VdgB übergegangen sei. Im Übrigen sei der alte Vereinszweck nicht mehr ausführbar, weil das Revisionsamt mit dem Altverein untergegangen sei und die Revisionstätigkeit ohne neue Beleihung nicht möglich sei. Die Voraussetzungen für die Annahme eines sog. Lazarusvereins lägen nicht vor.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Mit aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. August 2002 ergangenem Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen, weil ein Schädigungstatbestand des § 1 VermG nicht vorliege. Die streitige Umschreibung im Grundbuch sei als bloße Vermögensverschiebung innerhalb des staatlichen Bereichs einzustufen. Zu diesen vom Vermögensgesetz nicht erfassten Veränderungen gehörten nicht nur Verschiebungen innerhalb des Volkseigentums durch Wechsel der Rechtsträgerschaft oder Fondsinhaberschaft, sondern auch die Umwandlung anderer Formen des sozialistischen Eigentums in Volkseigentum. Zum sozialistischen Eigentum habe neben dem Volkseigentum auch das Genossenschaftseigentum und das Eigentum der gesellschaftlichen Organisationen gehört. Durch den Zusammenschluss mehrerer Genossenschaften zu einem mit eigener Rechtsfähigkeit ausgestalteten Verband, der Eigentümer bestimmter Vermögenswerte sei, werde die Vergesellschaftung des Eigentums noch verstärkt. Der Altverein habe zudem staatliche Prüfungsaufgaben wahrgenommen, so dass sein Eigentum nicht mehr dem Privateigentum gleichzusetzen sei.

Mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Der Kläger rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Halle vom 28. August 2002 die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 28. September 1999 zu verpflichten, dem Kläger das Grundstück der Gemarkung H., Flur 11, Flurstück 307/66, eingetragen im Grundbuch von H. ehemals Band 72, Blatt 2 682, nunmehr Band 332, Blatt 4 708 (Straßenbezeichnung: "M.weg 10" in H.) zurückzuübertragen.

Die Beklagte tritt der Revision entgegen.

Die Beigeladene verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet.

Zwar verletzt das angegriffene Urteil Bundesrecht, die Entscheidung selbst stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

1. Das Verwaltungsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass die auf der Verschmelzung des Altvereins mit der Ortsvereinigung der VdgB S.-A. beruhende Grundbuchumschreibung eine von § 1 VermG nicht erfasste Umverteilung öffentlichen Vermögens sei, weil es sich insoweit um eine bloße Vermögensverschiebung innerhalb des staatlichen Bereichs gehandelt habe. Denn das streitgegenständliche Grundstück des Altvereins sei bereits sozialistisches Eigentum gewesen. Diese Auffassung verkennt, dass der Altverein ein zivilrechtlich organisierter eingetragener Verein war, der auch in der DDR privates Grundeigentum haben konnte. Zwar waren die Mitglieder des Vereins überwiegend Genossenschaften. Das allein macht aber weder den Verein als solchen zu einer Genossenschaft, noch führt es dazu, dass das Vereinsvermögen als sozialistisches Eigentum anzusehen ist, denn auch das Eigentum der Raiffeisengenossenschaften war - ebenso wie das ihres Verbandes - bis zu ihrer durch staatliche Stellen angeordneten Auflösung privatrechtlich und nicht dem sozialistischen Sektor zuzurechnen (vgl. Beschluss vom 17. Juli 1998 - BVerwG 7 B 93.98 - n.v.). Soweit sich das Verwaltungsgericht für seine Auffassung auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Mai 1996 - BVerwG 7 C 10.95 - (BVerwGE 101, 143) zu Konsumgenossenschaften stützt, verkennt es, dass das Bundesverwaltungsgericht bei den Konsumgenossenschaften von sozialistischem Eigentum in der Form des Genossenschaftseigentums ausgegangen ist, weil die Konsumgenossenschaften 1945 auf Betreiben der sowjetischen Besatzungsmacht neu gegründet wurden. Davon zu unterscheiden sind die überkommenen (Raiffeisen-) Genossenschaften, deren Gründung auf das Genossenschaftsgesetz von 1889 zurückgeht und deren Eigentum kein sozialistisches, sondern Privateigentum war.

Das Vermögen des Altvereins wurde auch nicht dadurch zu sozialistischem Eigentum, dass der Altverein mit hoheitlichen Befugnissen zur Prüfung seiner Mitglieder beliehen war und damit auch staatliche Aufgaben wahrnahm. Es ist das Wesen der Beleihung, dass eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts für einen bestimmten, abgegrenzten Aufgabenbereich hoheitliche Befugnisse übertragen bekommt. Das führt gerade nicht zu ihrer Integration in den Staatsapparat, sondern belässt ihr die Stellung als Privatrechtssubjekt, das als solches auch privates Eigentum haben kann. Zwar mag die DDR berechtigt gewesen sein, die Beleihung dem Altverein zu entziehen und die hoheitliche Tätigkeit anderweitig zu übertragen. Das hätte auf das Eigentum am Grundstück aber keinen Einfluss gehabt.

2. Das Urteil des Verwaltungsgerichts stellt sich im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig dar.

Dabei kann es dahinstehen, ob der Verschmelzungsbeschluss vom 27. November 1950 eine unlautere Machenschaft und damit ein schädigendes Ereignis im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG war. Denn der Kläger ist nicht Berechtigter und der Rückübertragungsanspruch wurde nicht innerhalb der Frist des § 30 a Abs. 1 VermG wirksam angemeldet.

Der Kläger ist nicht rechtsidentisch mit dem Altverein und konnte deshalb nicht durch seinen Notvorstand den Rückübertragungsanspruch anmelden. Zwar hat das Amtsgericht H.-S. angenommen, dass der Verschmelzungsbeschluss vom 27. November 1950 nichtig und der Prüfungsverband für die Zeit nach dem Verschmelzungsbeschluss lediglich als stillgelegt zu behandeln gewesen, nicht jedoch wirksam aufgelöst worden sei. Demgegenüber haben aber das Landgericht H. und das Oberlandesgericht N. mit ausführlicher Begründung dargelegt, dass der verschmolzene Verband aufgehört habe zu existieren. Dabei ist es unerheblich, aus welchen Gründen der Bundesgerichtshof die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts N. nicht angenommen hat; denn das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung auf das, von der Fallgestaltung, die der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Fortbestehen eines verbotenen Vereins (BGHZ 14, 19) zugrunde lag, wesentlich abweichende Sachverhaltsmerkmal gestützt, dass sich der Verband mit all seinen personalen und sachlichen Mitteln zur Gänze in einen neu gegründeten Verband eingebracht habe und daher nicht gewissermaßen nebenher als faktisch weiterexistierend angesehen werden könne. Dieser rechtlichen Bewertung schließt sich das Bundesverwaltungsgericht an.

Auch der Pfleger konnte den Anspruch nicht wirksam anmelden. Denn bei dem geltend gemachten Anspruch handelt es sich nicht um eine Singularrestitution gemäß § 3 VermG, sondern um einen Unternehmensrückgabeanspruch in der Form der so genannten Trümmerrestitution nach § 6 Abs. 6 a VermG. Grundsätzlich kann auch ein eingetragener wirtschaftlicher Verein (§ 22 BGB) Träger eines Unternehmens im Sinne des § 6 VermG sein, da diese Vorschrift nicht an den engen Begriff des Handelsgewerbes anknüpft: Nach § 1 Abs. 2 URüV liegt ein Unternehmen in diesem Sinne auch vor, wenn es nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erforderte oder den Betrieb eines handwerklichen oder sonstigen gewerblichen Unternehmens oder den der Land- und Forstwirtschaft zum Gegenstand hatte. Gewinnerzielungsabsicht ist insoweit nicht erforderlich; auch auf gemeinnütziger Grundlage tätige Betriebe, die lediglich eine Kostendeckung oder Kostenminderung anstreben, können den Unternehmensbegriff des Vermögensgesetzes erfüllen. Der wirtschaftliche Zweck als bestimmendes Merkmal des Unternehmensbegriffes liegt bereits vor, wenn der Betrieb nicht nur gelegentlich, sondern planmäßig und auf Dauer ausgerichtet eine wirtschaftliche Tätigkeit am Markt entfaltet, d.h. Produkte oder Dienstleistungen gegen Entgelt anbietet (vgl. Urteil vom 20. September 2001 - BVerwG 7 C 25.00 - Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 46). Diese Voraussetzungen waren bei dem vom Altverein betriebenen Unternehmen erfüllt: Die - von ihm als Beliehenem - bei den Mitgliedern durchgeführten Prüfungen stellten planmäßige und auf Dauer ausgerichtete Dienstleistungen gegen Entgelt dar. Darüber hinaus war der Altverein zumindest zeitweilig mit einer Kartoffelflockenfabrik wirtschaftlich am Markt tätig. Dass der Altverein sich nach den Angaben des Klägers überwiegend durch Mitgliedsbeiträge finanzierte, schließt das Betreiben eines Unternehmens im Sinne des § 6 VermG nicht aus, da es ausreicht, wenn mit den erzielten Entgelten eine Kostenminderung angestrebt wird.

Nachdem der Altverein als Träger des Unternehmens erloschen war, konnte er den Restitutionsantrag nicht stellen. Er konnte nur dadurch als "in Auflösung" wieder aufleben, dass die im Zeitpunkt der Schädigung vorhandenen Mitglieder oder ihre Rechtsnachfolger, die mehr als 50 v.H. der Mitgliedschaftsrechte auf sich vereinten und namentlich bekannt waren, einen Anspruch auf Rückgabe des Unternehmensrestes anmeldeten (§ 6 Abs. 1 a Satz 2 VermG). Da die Eintragung im Handelsregister nicht Voraussetzung des Unternehmensbegriffs des § 6 VermG ist, ist auch die Regelung über das Quorum nicht auf gewerbliche Unternehmen beschränkt. Zwar deutet der Umstand, dass nach dieser Vorschrift der betroffene Unternehmensträger unter "seiner Firma" fortbesteht, auf eine Kaufmannseigenschaft im Sinne von § 17 Abs. 1 HGB hin, die vorgelegen haben muss. Aber der Unternehmensbegriff des Vermögensgesetzes reicht nach § 1 Abs. 2 URüVO über den des allgemeinen Handelsrechts hinaus. Die Quorumsregelung ist deshalb ebenso anzuwenden, wenn Unternehmensträger ein im Vereinsregister eingetragener wirtschaftlicher Verein ist.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass § 6 Abs. 1 a Satz 2 VermG nicht nur für den Antrag auf Rückgabe des Unternehmens selbst, sondern auch für Anträge auf Rückübertragung einzelner Vermögenswerte als Unternehmensreste im Sinne des § 6 Abs. 6 a VermG gilt (Urteil vom 19. September

2002 - BVerwG 7 C 21.01 - Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 51 m.w.N.). Ebenso entspricht es der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Erfüllung des Quorums des § 6 Abs. 1 a Satz 2 VermG bereits Voraussetzung für eine wirksame Anmeldung des Rückübertragungsanspruchs ist. Denn es soll mit Blick auf mögliche divergierende Interessen der Gesellschafter oder Mitglieder (Rückgabe oder Entschädigung, § 6 Abs. 7, § 8 VermG) innerhalb der Anmeldefrist Klarheit geschaffen werden, ob der Antrag auf Rückübertragung sich auf die erforderliche Mehrheit stützen kann (vgl. Urteile vom 28. August 1997 - BVerwG 7 C 64.96 - Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 5 S. 6 und vom 19. September 2002 - BVerwG 7 C 21.01 - Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 51 S. 80; s.a. Urteil vom 15. Dezember 1999 - BVerwG 8 C 27.98 - Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 36 S. 16).

Der Kläger hat das Quorum nicht erfüllt. Nach seinen eigenen Angaben waren bis zum Ablauf der Anmeldefrist am 31. Dezember 1992 (§ 30 a Abs. 1 VermG) die meisten der Mitglieder des Altvereins im Zeitpunkt seiner Verschmelzung mit der VdgB nicht namentlich bekannt. Auch der gemäß §§ 1911, 1913 BGB bestellte Pfleger konnte das Quorum für die namentlich nicht bekannten ehemaligen Mitglieder nicht ersetzen. Zwar sieht § 17 Abs. 3 URüV die Bestellung eines Pflegers zur Vertretung unbekannter Mitglieder vor. Diese Regelung wird aber durch das erst später durch das 2. VermRÄndG eingeführte Erfordernis, dass die Mitglieder auch namentlich bekannt sein müssen, verdrängt. Da bereits die Anmeldung hinreichenden Aufschluss über die hinter ihr stehenden Personen geben soll, müssen die das Quorum erfüllenden Anmelder der Behörde spätestens bei Ablauf der Ausschlussfrist namentlich bekannt sein (vgl. Urteil vom 10. Juni 1998 - BVerwG 7 C 20.97 - Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 33 S. 75).

Zwar weist der Kläger darauf hin, dass es innerhalb der Kürze der Zeit bis zum Ablauf der Anmeldefrist nicht möglich gewesen sei, alle ehemaligen Mitglieder namentlich festzustellen, da - nach zahlreichen Verschmelzungen - dazu sehr aufwendige Nachforschungen erforderlich gewesen seien. Die in den strengen Anforderungen des Quorums liegenden Nachteile wurden vom Gesetzgeber aber bewusst in Kauf genommen. Denn mit der am 31. Dezember 1992 endenden Ausschlussfrist sollte im Interesse der Verkehrsfähigkeit der Vermögenswerte und damit der Investitionstätigkeit in dem Beitrittsgebiet eine baldige Klärung erreicht werden, welche Grundstücke und sonstigen Werte mit Restitutionsansprüchen belastet sind. Zweck des durch das Hemmnisbeseitigungsgesetz vom 22. März 1991 (BGBl I S. 766) eingeführten Quorums ist es zu vermeiden, dass Minderheiten, die keinen ernsthaften Rückgabewillen haben, Verfahren erschweren oder gar blockieren (vgl. BTDrucks 12/449 S. 10). Deshalb soll bereits vorab feststehen, ob der Rückgabeantrag durch die erforderliche Mehrheit gedeckt wird. Dem würde es nicht entsprechen, wenn nicht nur während des Verwaltungsverfahrens, sondern auch noch im Gerichtsverfahren die für die Rückgabe des Unternehmens erforderlichen Mehrheiten gewonnen oder spezifiziert werden können und damit bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz - möglicherweise sogar darüber hinaus - offen bliebe, ob der Berechtigte fortbesteht oder nicht (Urteil vom 28. August 1997 - BVerwG 7 C 64.96 - Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 5). Die Mehrheit der ehemaligen Mitglieder muss selbst entscheiden, ob vermögensrechtliche Ansprüche - aus denen auch Belastungen resultieren können - geltend gemacht werden sollen oder nicht.

Weder der Notvorstand noch der Pfleger konnten deshalb den vom Kläger geltend gemachten Rückübertragungsanspruch wirksam anmelden. Auf den Vortrag des Klägers, dass er mehr als 60 % der ehemaligen Mitglieder des Altvereins vertrete und diese jetzt namentlich belegen könne, kommt es nicht an, weil die Anmeldefrist inzwischen abgelaufen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 225 000 € festgesetzt (§§ 13, 14 GKG).

Ende der Entscheidung

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