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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 21.07.2009
Aktenzeichen: BVerwG 9 B 71.08
Rechtsgebiete: BauGB, VwGO


Vorschriften:

BauGB § 131 Abs. 1
VwGO § 154 Abs. 2
VwGO § 132
Die Annahme, dass einer Erschließungsanlage im Bereich eines Bebauungsplans ausnahmsweise nur eine begrenzte Erschließungswirkung zukommt, ist nicht beschränkt auf den Fall eines zwischen zwei Anbaustraßen durchlaufenden, spiegelbildlich bebaubaren Grundstücks (Urteil vom 27. Juni 1985 - BVerwG 8 C 30.84 - BVerwGE 71, 363 <366 f.>) oder der Zugehörigkeit eines Grundstücks zu völlig unterschiedlichen Baugebieten (Urteil vom 3. Februar 1989 - BVerwG 8 C 78.88 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 79 S. 32). Die genannten Konstellationen sind nur beispielhaft und nicht abschließend. Entscheidend ist, ob sich aus den Festsetzungen des Bebauungsplans erkennbar eindeutig ergibt, dass sich die von der Erschließungsanlage (Anbaustraße) ausgehende Erschließungswirkung auf eine Teilfläche des Grundstücks beschränkt.
In der Verwaltungsstreitsache

...

hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts

am 21. Juli 2009

durch

den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost,

den Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen und

die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerden der Klägerin und der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. September 2008 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin zu 1/5 und die Beklagte zu 4/5.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 421 546,35 EUR festgesetzt.

Gründe:

I

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag für die endgültige Herstellung des Klabautermannwegs. Sie ist Eigentümerin eines übergroßen (26 739 qm) Grundstücks, das im Süden an die Straße Büttskamp, im Westen an den Königskinderweg und im Norden (auf einer Länge von rund 65 m) an den Klabautermannweg angrenzt; es wird zusätzlich von dem vom Königskinderweg nach Osten in das Grundstück hineinführenden Eisenhansweg erschlossen, der als Stichstraße in einer Umfahrtkehre (Wendeanlage) endet. Das Grundstück ist in dem maßgeblichen Bebauungsplan Schnelsen 6 als Wohngebiet ausgewiesen und gemäß den planerischen Festsetzungen mit drei- bis viergeschossiger Wohnbebauung (Wohnblocks bzw. Reihenhäuser) um den Eisenhansweg herum und entlang der Grundstücksgrenzen sowie in seinem nordwestlichen Bereich mit einem neungeschossigen Wohnhochhaus bebaut. Insgesamt befinden sich auf dem Grundstück rund 290 Wohneinheiten. 20 m östlich des Hochhauses befindet sich eine zweigeschossige, mit dem unteren Geschoss zur Hälfte ins Erdreich versenkte Parkfläche (Parkpalette), deren Ein- und Ausfahrt zum Eisenhansweg gelegen ist. Weitere Parkflächen befinden sich südlich des Eisenhanswegs und an der Straße Büttskamp. Das Verwaltungsgericht hat den Erschließungsbeitragsbescheid insgesamt aufgehoben; der Klabautermannweg habe für das Grundstück der Klägerin keine Erschließungsfunktion, weil er aufgrund seiner Ausgestaltung als verkehrsberuhigte Wohnstraße (Mischfläche) nicht geeignet sei, den zusätzlichen Verkehr dieses Grundstücks aufzunehmen. Das Oberverwaltungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil geändert und den Erschließungsbeitrag hinsichtlich eines Teilbetrags von rund einem Fünftel des festgesetzten Betrages für rechtmäßig erachtet. Das Grundstück der Klägerin werde zwar vom Klabautermannweg erschlossen; doch sei dessen Erschließungswirkung begrenzt auf den nordwestlichen Eckbereich des Grundstücks mit dem neungeschossigen Wohnhochhaus, das bebauungsrechtlich einen Solitär darstelle. Die erschlossene Teilfläche werde im Osten von der Westseite der Parkpalette und im Süden vom Eisenhansweg begrenzt. Diese bildeten eine Trennlinie zur drei- und viergeschossigen Bebauung auf der restlichen Grundstücksfläche, die ihre Erschließung gemäß den Festsetzungen (Baukörperausweisungen) des Bebauungsplans eindeutig allein durch die anderen Erschließungsanlagen erführen. Klägerin und Beklagte haben jeweils Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt.

II

1.

Die Beschwerde der Klägerin kann keinen Erfolg haben.

a)

Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

(1)

Die Frage,

"Ist ein in einem reinen Wohngebiet gelegenes Grundstück im Sinne des § 131 Abs. 1 BauGB erschlossen, wenn die Erschließungsanlage nicht in der Lage ist, den Ziel- und Quellverkehr aufzunehmen, der bei einer vollständigen tatsächlichen Verwirklichung der im Bebauungsplan festgesetzten zulässigen Zahl von Vollgeschossen und Wohneinheiten anfällt?",

verhilft der Beschwerde deshalb nicht zum Erfolg, weil sie sich auf einen Sachverhalt bezieht, der vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden ist. Das Berufungsgericht hat nämlich ausdrücklich offen gelassen, ob die Beschaffenheit des Klabautermannwegs ausreicht, um den Ziel- und Quellverkehr aufzunehmen, der von dem dort auf dem Grundstück der Klägerin errichteten neunstöckigen Wohngebäude ausgeht (UA S. 18 unten), weil es nach seiner Rechts-auffassung nicht darauf ankam. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden, wenn das Berufungsgericht eine Tatsache nicht festgestellt hat, die für die Entscheidung der mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Rechtsfrage in dem erstrebten Revisionsverfahren erheblich wäre, vielmehr lediglich die Möglichkeit besteht, dass sie nach Zurückverweisung der Sache aufgrund weiterer Sachaufklärung entscheidungserheblich werden kann (vgl. Beschlüsse vom 30. Juni 1992 - BVerwG 5 B 99.92 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 309 S. 43 f. , vom 5. September 1996 - BVerwG 9 B 387.96 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 12 S. 19 f. und vom 6. Juni 2006 - BVerwG 6 B 27.06 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 35 Rn. 2). Die fehlende Sachverhaltsfeststellung ist hier auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Klägerin in der Vorinstanz ordnungsgemäß eine entsprechende Sachverhaltsaufklärung beantragt hätte, die nur deshalb unterblieben ist, weil das Berufungsgericht den Beweisantrag als nicht entscheidungserheblich abgelehnt hat (vgl. Beschluss vom 17. März 2000 - BVerwG 8 B 287.99 - BVerwGE 111, 61 f.). Denn die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht keinen Beweisantrag gestellt.

(2)

Die weitere Frage,

"Kann dem Wegesystem eines Bebauungsplanes entnommen werden, dass die Grundstücke im Geltungsbereich des Bebauungsplanes ausschließlich über diesen erschlossen werden soll und nicht durch eine Anbaustraße außerhalb des Bebauungsplangebietes?",

könnte im Revisionsverfahren schon deshalb nicht geklärt werden, weil sie auf eine Überprüfung der vom Berufungsgericht vorgenommenen Auslegung der in Rede stehenden Bebauungspläne zielt. Die Auslegung solcher nicht dem Bundesrecht angehörender Rechtsnormen kann jedoch gemäß § 137 Abs. 2, § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO nicht Gegenstand eines Revisionsverfahrens sein.

(3)

Die Frage,

"Kann aus den im Bebauungsplan festgesetzten Zufahrten zu Stellplatzflächen und Garagen auf den Grundstücken geschlossen werden, dass der Bebauungsplan für das Erschlossensein des Grundstücks nach § 131 Abs. 1 BauGB vorsieht, dass auf die Grundstücke herauf gefahren werden muss?",

ist ebenfalls keiner revisionsgerichtlichen Klärung zugänglich. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits entschieden, dass ein Bebauungsplan mit der Ge-stattung von Stellplätzen oder Garagen keine Aussage darüber trifft, welche bebauungsrechtlichen Anforderungen an die Bebaubarkeit eines Grundstücks mit baulichen (Haupt-)Anlagen zu stellen sind (Urteil vom 1. März 1991 - BVerwG 8 C 59.89 - BVerwGE 88, 70 <75> = Buchholz 406.11 § 131 BBauG/BauGB Nr. 84 S. 60). In Anwendung dieses Grundsatzes hat das Berufungsgericht entschieden, dass aus der Ausweisung der Stellplatzflächen im Bebauungsplan Schnelsen 6 nicht der Schluss gezogen werden könne, dieser verlange, dass man vom Eisenhansweg, vom Königskinderweg und von der Straße Büttskamp aus auf das Grundstück der Klägerin herauffahren können müsse. Auch insoweit zielt die Beschwerde in Wahrheit auf eine dem Revisionsgericht verschlossene Überprüfung der Auslegung des Bebauungsplans durch das Berufungsgericht, der - so die Beschwerde - "nicht gefolgt werden" könne (Beschwerdebegründung S. 12, vorletzter Absatz). Im Übrigen ist die Frage auch nicht entscheidungserheblich, weil das Berufungsgericht seine Entscheidung insoweit auf eine weitere - selbstständig tragende - Begründung gestützt hat. Denn es legt dar, dass selbst wenn man annähme, das klägerische Grundstück sei nur erschlossen, wenn man mit Personen- und Versorgungsfahrzeugen auf es herauffahren könne, diese Voraussetzung erfüllt wäre, weil dies vom Klabautermannweg aus möglich sei (UA S. 22 unten/S. 23 oben).

b)

Die Divergenzrüge der Klägerin genügt nicht den Darlegungsanforderungen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Beschwerde zitiert bzw. formuliert insoweit jeweils abstrakte Rechtssätze aus der bereits erwähnten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. März 1991 (a.a.O., BVerwGE 88, 70) und aus dem Urteil des Berufungsgerichts. Diese stimmen jedoch inhaltlich überein; sie besagen beide, dass ein das Erschlossensein i.S.v. § 131 Abs. 1 BauGB begründender Erschließungsvorteil bereits dann vorliegt, wenn auf dem Grundstück (überhaupt) eine der nach der Baunutzungsverordnung zulässigen Nutzungen genehmigt werden kann. Eine Divergenz würde sich erst dann ergeben, wenn - wie die Beschwerde meint - "davon auszugehen" wäre, "dass das Bundesverwaltungsgericht damit nicht nur die ,Art' der baulichen Nutzung, sondern auch das ,Maß der baulichen Nutzung meint'". Einen Rechtssatz dieses Inhalts hat das Bundesverwaltungsgericht in dem angeführten Urteil indes weder ausdrücklich aufgestellt noch kann er dem Urteil sinngemäß entnommen werden.

2.

Die Beschwerde der Beklagten ist ebenfalls unbegründet.

a)

Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Die Beschwerde genügt insoweit schon nicht den Darlegunganforderungen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Hierfür wäre erforderlich, dass die Beklagte eine Frage von grundsätzlicher, fallübergreifender Bedeutung bezeichnet, die zu einer Fortentwicklung des Rechts geeignet wäre (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 = NJW 1997, 3328). Dem genügt die Beschwerdebegründung nicht. Sie erschöpft sich vielmehr in der Art eines zugelassenen oder zulassungsfreien Rechtsmittels in Angriffen gegen die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitfalls durch das Oberverwaltungsgericht, ohne dass ihre Kritik in eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung mündete. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten ihre Kritik an dem Urteil des Berufungsgerichts in den Fragen gebündelt sähe,

(1)

"ob im vorliegenden Fall für das Institut der begrenzten Erschließungswirkung überhaupt noch Raum ist" (Beschwerdebegründung S. 9), weiter

(2)

"ob das Institut der begrenzten Erschließungswirkung seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Februar 1993 noch zur Anwendung ankommt" (Beschwerdebegründung S. 10), und schließlich

(3)

"ob neben den bisher vom Bundesverwaltungsgericht anerkannten zwei Fallgruppen weitere Abweichungen von dem Grundsatz gerechtfertigt sind, dass die gesamte Fläche eines Buchgrundstücks an der Aufwandsverteilung teilnimmt" (Beschwerdebegründung S. 16),

würden diese Fragen nicht zur Zulassung der Revision führen. Für die Frage zu (1) gilt dies schon deshalb, weil sie lediglich auf eine Überprüfung der Rechtsanwendung des Oberverwaltungsgerichts im konkreten Fall zielt. Die Frage zu (2) ist nicht klärungsbedürftig, weil es keine Äußerung des Bundesverwaltungsgerichts - namentlich nicht in der zitierten Entscheidung - gibt, dass das Institut der begrenzten Erschließungswirkung aufgegeben worden sei. Hintergrund aller drei Fragen ist vielmehr die vor allem in der Frage zu (3) zum Ausdruck kommende Ansicht der Beklagten, dass die Annahme einer begrenzten Erschließungswirkung einer Erschließungsanlage im Bereich eines Bebauungsplans nur in zwei - im Streitfall so nicht gegebenen - Konstellationen in Betracht komme, nämlich - erstens - wenn ein zwischen zwei Anbaustraßen "durchlaufendes" Grundstück an jeder der beiden Straßen selbstständig und ungefähr gleichwertig ("spiegelbildlich") bebaubar ist (Urteil vom 27. Juni 1985 - BVerwG 8 C 30.84 - BVerwGE 71, 363 <366 f.> = Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 61 S. 85 ff.) und - zweitens - wenn ein übergroßes Grundstück zwei ihrem Charakter nach völlig unterschiedlichen Baugebieten angehört (Urteil vom 3. Februar 1989 - BVerwG 8 C 78.88 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 79 S. 32 = NVwZ 1989, 1072 <1074>); eine Begrenzung der Erschließungswirkung scheide allerdings aus, wenn in Bezug auf die beiden Grundstücksteile die Voraussetzungen erfüllt sind, bei deren Vorliegen das Erschlossensein eines Hinterliegergrundstücks anzunehmen wäre (Urteil vom 3. Februar 1989 a.a.O.). Damit sind die genannten Entscheidungen zwar inhaltlich zutreffend wiedergegeben; richtig ist auch, dass es stets nur um Ausnahmesituationen gehen kann. Fehl geht jedoch die Annahme der Beklagten, dass die von ihr angeführten Konstellationen a b s c h l i e ß e n d e Fallgruppen seien. Schon im Urteil vom 27. Juni 1985 wird von "Fallgestaltungen" und "Ausnahmen" (in unbestimmter Anzahl) gesprochen (a.a.O. S. 366 bzw. S. 86); auch im Urteil vom 3. Februar 1989 werden die beschriebenen Konstellationen ausdrücklich nur als "beispielhaft" angeführt (a.a.O. S. 32 bzw. S. 1074). Dass diese nicht abschließend sind, wird auch aus der im Urteil vom 22. April 1994 (- BVerwG 8 C 18.92 - Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 91 S. 5 f.) wiedergegebenen Aufzählung der (bis dahin) in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bejahten Fälle einer begrenzten Erschließungswirkung deutlich. Entscheidend für diese - und mögliche vergleichbare - Konstellationen der begrenzten Erschließungswirkung einer Erschließungsanlage in beplanten Gebieten ist, ob sich aus den Festsetzungen des maßgeblichen Bebauungsplans erkennbar eindeutig ergibt, dass sich die von der Erschließungsanlage (Anbaustraße) ausgehende Erschließungswirkung auf eine Teilfläche des Grundstücks beschränkt (Urteile vom 3. Februar 1989 a.a.O., vom 22. April 1994 a.a.O. S. 6 und vom 26. November 2003 - BVerwG 9 C 2.03 - Buchholz 406.11 § 125 BauGB Nr. 38 S. 8 und Leitsatz 4, dort zu einer Fallkonstellation mit zwei Eckgrundstücken im unbeplanten Innenbereich).

In Anwendung dieser Rechtsprechung hat das Berufungsgericht im Streitfall ebenfalls eine begrenzte Erschließungswirkung des Klabautermannwegs für das Grundstück der Klägerin angenommen, weil sich aus den Festsetzungen des Bebauungsplans Schnelsen 6, insbesondere den konkreten Baukörperausweisungen und ihrer Zuordnung zu den das Gebiet erschließenden anderen Straßen erkennbar eindeutig ergebe, dass allein das neungeschossige Wohnhochhaus im nordwestlichen Bereich dieses Grundstücks vom Klabautermannweg erschlossen werde. Das lässt einen über den Stand der Rechtsprechung hinausgehenden Klärungsbedarf nicht erkennen. Die Beurteilung der Festsetzungen des genannten Bebauungsplans und der tatsächlichen Gegebenheiten betrifft die rechtliche und tatsächliche Würdigung des konkreten Streitfalls.

b)

Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, dass die Revision auch nicht wegen der von der Beklagten geltend gemachten Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen ist. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte mit dem Beschwerdevorbringen, das Berufungsurteil weiche von den Urteilen des Bundesveraltungsgerichts vom 27. Juni 1985 und 3. Februar 1989 (a.a.O.) ab, weil es neben den dort zugelassenen Ausnahmen in einer weiteren Fallkonstellation eine begrenzte Erschließungswirkung bejahe, dem Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Jedenfalls liegt die vermeintliche Abweichung nicht vor, weil die den angeführten Entscheidungen zugrunde liegenden Fallkonstellationen nicht als abschließend zu verstehen sind.

c)

Die Revision ist auch nicht wegen des von der Beklagten geltend gemachten Verfahrensmangels zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die behauptete Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör# liegt nicht vor. Die Beklagte vermisst im angefochtenen Urteil eine nähere Auseinandersetzung mit von ihr im Berufungsverfahren angeführter Rechtsprechung und Literatur zu den Voraussetzungen des Erschlossenseins von Hinterliegergrundstücken, bei deren Vorliegen nach der oben dargestellten Rechtsprechung (Urteil vom 3. Februar 1989 a.a.O.) die Annahme einer begrenzten Erschließungswirkung ausgeschlossen ist. Mit dieser Frage hat sich das Berufungsgericht im angefochtenen Urteil indes ausführlich befasst (UA ab S. 27, 2. Abs. bis S. 32). Dass das Berufungsgericht die Frage anhand der vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts behandelt und nicht auch noch auf weitere Gerichtsentscheidungen eingegangen ist, begründet ebenso wenig einen Gehörsverstoß wie der Umstand, dass es nicht der (von ihm wiedergegebenen, UA S. 29) Auffassung von Driehaus gefolgt ist (Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl. 2007, § 17 Rn. 85 ff.), der in dieser Frage differenziert zwischen sog. gefangenen Hinterliegergrundstücken und solchen, die an eine zweite Erschließungsanlage angrenzen. Denn der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist nicht schon dann verletzt, wenn das Gericht dem zur Kenntnis genommenen und in Erwägung gezogenen Vorbringen eines Beteiligten nicht folgt, sondern aus Gründen des materiellen oder des Prozessrechts zu einem anderen Ergebnis gelangt, als es der Beteiligte für richtig hält (stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 23. Juni 2008 - BVerwG 9 VR 13.08 - NVwZ 2008, 1027).

3.

Die Kostenentscheidung folgt jeweils aus § 154 Abs. 2 VwGO; die ausgewiesene Kostenquote entspricht dem Anteil der jeweiligen Beschwerde am Gesamtstreitwert nach dem jeweiligen Unterliegen der Beteiligten gemäß dem Berufungsurteil (Klägerin 82 393,35 EUR; Beklagte 339 153 EUR). Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3, § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GKG. Der festgesetzte Wert entspricht dem Gesamtbetrag des festgesetzten Erschließungsbeitrags. Die genannten Teilbeträge waren zu addieren, weil die wechselseitigen Rechtsmittel den Betrag des jeweiligen Unterliegens gemäß dem Berufungsurteil, mithin nicht denselben Gegenstand i.S.v. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG betreffen.

Ende der Entscheidung

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