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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 10.12.2001
Aktenzeichen: BVerwG 9 B 86.01
Rechtsgebiete: VwGO, VwVfG


Vorschriften:

VwGO § 58
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 2
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 3
VwVfG § 51
Eine wiederholende Verfügung, mit der ein Wiederaufgreifen des Verfahrens abgelehnt wird, ist mit diesem Regelungsgehalt ein Verwaltungsakt und insoweit einer Rechtsbehelfsbelehrung zugänglich (im Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 10. August 1995 - BVerwG 7 B 296.95 - Buchholz 114 § 2 VZOG Nr. 3). Die abweichenden Aussagen in BVerwGE 13, 99 <103> sind überholt.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

BVerwG 9 B 86.01

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 10. Dezember 2001 durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hien und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost und Vallendar

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30. August 2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 53 000 DM festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nicht vor. Ebenso wenig kann die Beschwerde mit der von ihr erhobenen Verfahrensrüge durchdringen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

1. Die Beschwerde rügt eine Abweichung von den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. März 1984 - BVerwG 6 C 107.82 - BVerwGE 69, 90 <94>, vom 30. Januar 1974 - BVerwG 8 C 20.72 - BVerwGE 44, 333 <334> und vom 10. Oktober 1961 - BVerwG 6 C 123.59 - BVerwGE 13, 99 <103>. Das Oberverwaltungsgericht habe diese Rechtsprechung zwar zutreffend zitiert (UA S. 7), in der Sache aber gerade abweichend hiervon entschieden. Insbesondere aus dem zuletzt genannten Urteil vom 10. Oktober 1961 ergebe sich nämlich, dass eine neue Sachentscheidung und damit ein Zweitbescheid dann vorliege, wenn die Behörde ihre Entscheidung - insbesondere im Hinblick auf die vom Antragsteller vorgebrachten Gesichtspunkte - erneut überprüfe, auch wenn das Ergebnis der ersten Entscheidung aufrecht erhalten bleibe. Eine Rechtsbehelfsbelehrung sei dabei ein gewichtiges Indiz dafür, dass eine neue Sachentscheidung getroffen worden sei. Das Oberverwaltungsgericht sei demgegenüber unausgesprochen davon ausgegangen, dass ein Zweitbescheid dann stets nicht vorliege, wenn die erste Entscheidung der Behörde im Ergebnis aufrecht erhalten werde.

Diese Divergenzrüge geht fehl. Wenn die Vorinstanz in dem Bescheid vom 8. März 1994 nur eine wiederholende Verfügung gesehen hat, mit der das bestandskräftig abgeschlossene Verwaltungsverfahren nicht wieder aufgegriffen worden ist, folgt dies aus einer Auslegung dieses Bescheides, die nicht auf einer Abweichung von der genannten Rechtsprechung beruht. Es mag missverständlich sein, wenn das Oberverwaltungsgericht - seinen Gedankengang einleitend ("Zum einen ...") - darauf abstellt, der Bescheid erfülle "schon nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die an einen Gebührenbescheid zu stellen sind" (UA S. 7). Denn dem könnte die Aussage entnommen werden, eine neue Sachentscheidung scheide von vornherein aus, wenn nicht formal ein neuer Gebührenbescheid, sondern - wie hier - nur ein das Ergebnis des ursprünglichen Gebührenbescheids bestätigender Bescheid ergehe. Daraus ergibt sich jedoch deswegen keine Divergenz, weil die Vorinstanz ihr Auslegungsergebnis nachfolgend ("Zum anderen ...") selbständig tragend auf die zusätzliche Erwägung gestützt hat, eine erneute Sachentscheidung sei von der Behörde nicht getroffen worden, weil sie sich auf die Bestandskraft des Bescheides vom 30. Juni 1993 berufen habe (UA S. 7).

Wenn die Beschwerde dem entgegenhält, der Hinweis auf die Bestandskraft tauche nur im Rahmen der Sachverhaltsschilderung, nicht aber in der rechtlichen Würdigung des Bescheids vom 8. März 1994 auf, wird damit die rechtliche Würdigung der Vorinstanz angegriffen, ohne dass zugleich eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufzeigt wird. Dass der genannte Bescheid mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen ist, rechtfertigt ebenso wenig eine andere Beurteilung. Diese Verfahrensweise beruht auf der richtigen Erkenntnis, dass auch die Ablehnung eines Wiederaufgreifens des Verfahrens ein anfechtbarer Verwaltungsakt ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. August 1995 - BVerwG 7 B 296.95 - Buchholz 114 § 2 VZOG Nr. 3, S. 6 f. m.w.N.) der insoweit auch einer Rechtsbehelfsbelehrung zugänglich ist (vgl. § 58 VwGO). Die abweichenden Aussagen im Urteil vom 10. Oktober 1961 (a.a.O., S. 103), die daran anknüpfen, eine wiederholende Verfügung diene "der Unterrichtung, nicht der Regelung", sind spätestens seit In-Kraft-Treten der Verwaltungsverfahrensgesetze überholt. Ohne Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Vorinstanz schließlich auch zu dem Ergebnis gelangt, dass die Ausführungen zur Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheids im vorliegenden Fall lediglich der diesbezüglichen Bitte der Klägerin Rechnung tragen sollten, ihr die der Gebührenerhebung zugrunde liegende Berechnung mitzuteilen (UA S. 7 f.).

2. Die von der Beschwerde erhobene Aufklärungsrüge bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Die Beschwerde meint, die Vorinstanz habe den Inhalt des Bescheides vom 8. März 1994 nicht hinreichend zur Kenntnis genommen. Wie zuvor erläutert worden ist (oben 1.), trifft das aber nicht zu. Die Vorinstanz hat sich eingehend mit dem Inhalt des genannten Bescheides auseinander gesetzt. Der gerügte Verfahrensfehler liegt nicht vor.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 2, § 14 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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