Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 26.10.2006
Aktenzeichen: C-102/06
Rechtsgebiete: EG, Richtlinie 2003/9/EG


Vorschriften:

EG Art. 226
Richtlinie 2003/9/EG
Richtlinie 2003/9/EG Art. 26 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)

26. Oktober 2006

"Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 2003/9/EG - Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten - Nichtumsetzung innerhalb der vorgeschriebenen Frist"

Parteien:

In der Rechtssache C-102/06

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 21. Februar 2006,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. O'Reilly und W. Bogensberger als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Republik Österreich, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Richters A. Tizzano in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer sowie der Richter J. Malenovský und A. Ó Caoimh (Berichterstatter),

Generalanwalt: P. Léger,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten (ABl. L 31, S. 18) verstoßen hat, dass sie nicht die zur Umsetzung dieser Richtlinie erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen bzw. sie der Kommission nicht mitgeteilt hat.

2 Gemäß Artikel 26 Absatz 1 der Richtlinie 2003/9 hatten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen, um dieser Richtlinie bis spätestens 6. Februar 2005 nachzukommen, und die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis zu setzen.

Vorverfahren

3 Da die Kommission der Auffassung war, dass die Richtlinie 2003/9 nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist in österreichisches Recht umgesetzt worden sei, leitete sie das in Artikel 226 Absatz 1 EG vorgesehene Vertragsverletzungsverfahren ein und forderte die Republik Österreich am 22. März 2005 zur Stellungnahme auf.

4 Nachdem die Republik Österreich die Kommission mit Schreiben vom 20. Juni 2005 darüber informiert hatte, dass die zuständigen Behörden gerade im Begriff seien, die erforderlichen Maßnahmen auszuarbeiten, um dieser Richtlinie nachzukommen, gab die Kommission am 5. Juli 2005 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, mit der sie Österreich aufforderte, die Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich seien, um seinen Verpflichtungen aus dieser Richtlinie binnen zwei Monaten nach Notifizierung dieser Stellungnahme nachzukommen.

5 In ihrer Antwort vom 10. Oktober 2005 auf die genannte mit Gründen versehene Stellungnahme gab die Republik Österreich an, dass die Richtlinie 2003/9 auf Bundesebene und vom Bundesland Wien bereits umgesetzt sei. In der Folge unterrichtete die Republik Österreich die Kommission über die Umsetzung der Richtlinie in das Landesrecht der Bundesländer Steiermark und Vorarlberg.

6 Da der Kommission keine weiteren Informationen zugingen, die die Annahme erlaubt hätten, dass in den übrigen Bundesländern die zur Umsetzung der Richtlinie 2003/9 erforderlichen Vorschriften erlassen worden sind, hat die Kommission beschlossen, die vorliegende Klage zu erheben.

Zur Klage

7 In ihrer Klagebeantwortung räumt die Republik Österreich ein, dass die zur Umsetzung der Richtlinie 2003/9 erforderlichen Vorschriften von fünf der neun Bundesländer, nämlich von Salzburg, Oberösterreich, Kärnten, Burgenland und Niederösterreich, nicht in der vorgeschriebenen Frist erlassen worden sind. Die Republik Österreich betont allerdings, dass das Umsetzungsverfahren für diese Richtlinie in diesen Bundesländern im Gange sei und dass die erforderlichen Maßnahmen spätestens im Lauf des dritten Quartals 2006 erlassen werden müssten.

8 Es ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Situation zu beurteilen ist, in der sich der betreffende Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde, und dass später eingetretene Veränderungen vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden können (vgl. u. a. Urteile vom 14. September 2004 in der Rechtssache C-168/03, Kommission/Spanien, Slg. 2004, I-8227, Randnr. 24, und vom 12. Januar 2006 in der Rechtssache C-118/05, Kommission/Portugal, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 7).

9 Ferner kann sich ein Mitgliedstaat nicht auf Bestimmungen, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung einschließlich solcher, die sich aus seinem bundesstaatlichen Aufbau ergeben, berufen, um damit die Nichteinhaltung der in einer Richtlinie festgelegten Verpflichtungen und Fristen zu rechtfertigen (vgl. u. a. Urteile vom 10. Juni 2004 in der Rechtssache C-87/02, Kommission/Italien, Slg. 2004, I-5975, Randnr. 38, und vom 16. Dezember 2004 in der Rechtssache C-358/03, Kommission/Österreich, Slg. 2004, I-12055, Randnr. 13).

10 Im vorliegenden Fall steht fest, dass bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist nicht alle Maßnahmen erlassen waren, die erforderlich waren, um die Umsetzung der Richtlinie 2003/9 in die österreichische Rechtsordnung sicherzustellen.

11 Aufgrund dessen ist die Klage der Kommission als begründet zu erachten.

12 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2003/9 verstoßen hat, dass sie nicht die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um dieser Richtlinie nachzukommen.

Kostenentscheidung:

Kosten

13 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission eine entsprechende Verurteilung der Republik Österreich beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten verstoßen, dass sie nicht die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um dieser Richtlinie nachzukommen.

2. Die Republik Österreich trägt die Kosten.



Ende der Entscheidung

Zurück