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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 01.06.2006
Aktenzeichen: C-324/05 P
Rechtsgebiete: Satzung des Gerichtshofes, Verordnung (EG) Nr. 40/94


Vorschriften:

Satzung des Gerichtshofes Art. 56
Verordnung (EG) Nr. 40/94 Art. 8 Abs. 1 Buchst. b
Verordnung (EG) Nr. 40/94 Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFES (Vierte Kammer)

1. Juni 2006

"Rechtsmittel - Gemeinschaftsmarke - Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 40/94 - Verwechslungsgefahr - Anmeldung einer Wortbildmarke mit dem Wortelement 'Turkish Power' - Widerspruch der Inhaberin der Wortmarke POWER - Zurückweisung des Widerspruchs - Offensichtlich unzulässiges oder offensichtlich unbegründetes Rechtsmittel"

Parteien:

In der Rechtssache C-324/05 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Artikel 56 der Satzung des Gerichtshofes, eingelegt am 22. August 2005,

Plus Warenhandelsgesellschaft mbH mit Sitz in Mülheim (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin B. Piepenbrink,

Rechtsmittelführerin,

anderer Verfahrensbeteiligter:

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,

Beklagter im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Schiemann sowie der Richter M. Ilesic (Berichterstatter) und E. Levits,

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: R. Grass,

nach Anhörung des Generalanwalts

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Plus Warenhandelsgesellschaft mbH die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 22. Juni 2005 in der Rechtssache T-34/04 (Plus/HABM - Bälz und Hiller [Turkish Power], Slg. 2005, I-0000, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 25. November 2003 (Sache R 620/2002-2) über die Zurückweisung des Widerspruchs der Rechtsmittelführerin gegen eine von Herrn Bälz und Herrn Hiller angemeldete Wortbildmarke mit dem Wortelement "Turkish Power" (im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

2 Artikel 8 Absätze 1 Buchstabe b und 2 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) bestimmt:

"(1) Auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen,

...

b) wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

(2) 'Ältere Marken' im Sinne von Absatz 1 sind:

a) Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke, gegebenenfalls mit der für diese Marken in Anspruch genommenen Priorität, die den nachstehenden Kategorien angehören:

...

ii) in einem Mitgliedstaat oder, soweit Belgien, Luxemburg und die Niederlande betroffen sind, beim BENELUX-Markenamt eingetragene Marken".

Vorgeschichte des Rechtsstreits

3 Am 26. September 2000 meldeten Herr Bälz und Herr Hiller beim HABM das folgende Zeichen als Gemeinschaftsmarke an:

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4 Die Marke wurde für verschiedene Waren in den Klassen 3, 25, 28, 32, 33 und 34 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

5 Am 6. August 2001 legte die Tengelmann Warenhandelsgesellschaft (im Folgenden: Tengelmann) als Inhaberin der nationalen Wortmarke POWER (im Folgenden: ältere Marke) gegen die Anmeldung Widerspruch ein; die ältere Marke war in Deutschland am 14. April 1994 für folgende Waren der Klasse 34 des Nizzaer Abkommens eingetragen worden: "Tabak, Raucherartikel, nämlich Tabakdosen, Zigarren- und Zigarettenspitzen, Zigarren- und Zigarettenetuis, Aschenbecher, sämtliche vorgenannten Waren nicht aus Edelmetallen, deren Legierungen oder damit plattiert, Pfeifenständer, Pfeifenreiniger, Zigarrenabschneider, Pfeifen, Feuerzeuge, Taschenapparate zum Selbstdrehen von Zigaretten, Zigarettenpapier, Zigarettenfilter; Streichhölzer".

6 Der Widerspruch richtete sich gegen die im Warenverzeichnis der Anmeldung enthaltenen Waren "Tabak, Raucherartikel und Streichhölzer", ebenfalls in Klasse 34.

7 Mit Entscheidung vom 27. Mai 2002 wies die Widerspruchsabteilung des HABM den Widerspruch mit der Begründung zurück, angesichts der bildlichen und klanglichen Unterschiede zwischen den Marken bestehe keine Verwechslungsgefahr im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94.

8 Die dagegen erhobene Beschwerde von Tengelmann wies die Zweite Beschwerdekammer des HABM in der streitigen Entscheidung mit der Begründung zurück, dass im maßgeblichen Schutzgebiet angesichts der bildlichen, klanglichen und begrifflichen Unterschiede zwischen den beiden einander gegenüberstehenden Zeichen keine Verwechslungsgefahr bestehe. Entgegen der Auffassung der Rechtsmittelführerin könne in der angemeldeten Marke das Bildelement eines Löwenkopfes, auch wenn dieser möglicherweise auf den Begriff der Stärke anspiele, nicht ignoriert werden. Ebenso wenig lasse sich das Wortelement "Turkish" der Anmeldemarke gänzlich vernachlässigen, da es bildlich und klanglich ins Gewicht falle und sich die Gesamtbedeutung von "Turkish Power" von der des Wortes "Power" unterscheide.

Das angefochtene Urteil

9 Am 28. Januar 2004 erhob die Rechtsmittelführerin als Rechtsnachfolgerin von Tengelmann gegen die streitige Entscheidung eine Klage vor dem Gericht.

10 Mit ihrem ersten Klagegrund machte sie geltend, die Zweite Beschwerdekammer des HABM habe mit ihrer Feststellung, dass zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr bestehe, gegen Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen. Das Bestehen von Verwechslungsgefahr ergebe sich zum einen daraus, dass die Marken einander ähnlich, ihre dominierenden Elemente sogar identisch seien, und zum anderen aus dem von ihnen hervorgerufenen Gesamteindruck beim deutschen Publikum, das möglicherweise annehmen werde, dass die fraglichen Waren vom selben Unternehmen oder von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammten.

11 In den Randnummern 52 bis 73 des angefochtenen Urteils hat das Gericht den ersten Klagegrund mit folgender Begründung zurückgewiesen:

"52 Optisch lassen sich die beiden einander gegenüberstehenden Zeichen leicht unterscheiden, da nur das angemeldete Zeichen ein komplexes Zeichen ist, das die Wortverbindung 'Turkish Power' mit dem Bildelement eines brüllenden Löwenkopfes mit gesträubter Mähne kombiniert.

53 Durch seine zentrale Position gibt dieses Bildelement dem angemeldeten Zeichen eine ganz andere optische Struktur, als sie die ältere nationale Marke aufweist.

54 Wegen der Größe, der Originalität und der ausgearbeiteten Gestaltung dieses Bildelements werden die Wortbestandteile des angemeldeten Zeichens durch das Bildelement sogar dominiert, womit sich die beiden fraglichen Zeichen in optischer Hinsicht sehr markant unterscheiden.

55 Dieser Abstand wird noch dadurch betont, dass dem Wortelement 'Power' das Wort 'Turkish' beigegeben ist, das durch seine Stellung am Zeichenanfang neben dem Bildelement, auf dessen anderer Seite am Zeichenende das Element 'Power' steht, zu diesem ein Gegengewicht bildet.

56 Durch seine Stellung am Zeichenanfang fällt das Element 'Turkish' den maßgeblichen Verbrauchern sofort ins Auge und drängt damit in ihrem visuellen Gedächtnis den Bestandteil 'Power' in den Hintergrund.

57 Auch in klanglicher Hinsicht weisen die einander gegenüberstehenden Zeichen deutliche Unterschiede auf. Während das Bildelement insofern naturgemäß ohne Bedeutung ist, bewirkt das Wortelement 'Turkish' im angemeldeten Zeichen unstreitig eine klangliche Verschiedenheit der beiden Zeichen.

58 Die Klägerin hat insoweit nicht nachgewiesen, dass das relevante deutsche Publikum, wenn es das angemeldete Zeichen mündlich wiedergibt, das Wortelement 'Turkish' gänzlich ignoriert. Da dieses Wortelement in seiner englischen Aussprache dem entsprechenden deutschen Wort stark ähnelt, wird es sich den betroffenen Verbrauchern vielmehr umso leichter einprägen und von ihnen hervorgebracht werden, als es jeweils der als Erstes wahrgenommene Bestandteil des angemeldeten Zeichens sein wird.

59 Außerhalb von Selbstbedienungsgeschäften setzt der Kauf der fraglichen Waren, wie auch die Klägerin hervorgehoben hat, notwendig voraus, dass beide phonetischen Bestandteile des angemeldeten Zeichens ausgesprochen werden.

60 In begrifflicher Hinsicht ergibt sich die Voranstellung des Adjektivs 'Turkish' vor dem Substantiv 'Power' auf natürliche Weise aus den Regeln der englischen Grammatik, so dass das Element 'Turkish', anders als das Amt meint, von den maßgeblichen Verbrauchern, deren Muttersprache die gleiche Regel kennt, nicht notwendig als Erstes begrifflich erfasst wird.

61 Im Übrigen hat die Beschwerdekammer selbst eingeräumt, dass sich die einander gegenüberstehenden Zeichen insofern in ihrer Bedeutung ähnlich sind, als beide den Gedanken der Stärke enthalten, so dass das Element 'Turkish' von manchen Käufern als Hinweis auf die geografische Herkunft der Waren verstanden werden könnte.

62 Gleichwohl ist das Bildelement des Löwenkopfes nach seinen oben genannten grafischen Merkmalen geeignet, die begriffliche Ähnlichkeit der beiden Zeichen, die sich aus ihrem gemeinsamen Element 'Power' ergibt, weitgehend zu neutralisieren.

63 Denn der brüllende Löwenkopf verleiht dem Begriff der Stärke, den das Wortelement 'Power' der älteren nationalen Marke vermittelt, eine davon verschiedene Konnotation der Aggressivität.

64 Wie das Amt zutreffend in seiner Klagebeantwortung ausgeführt hat, entwickelt die Wortverbindung 'Turkish Power' außerdem eine von dem Wort 'Power' unabhängige Suggestivwirkung, da die maßgeblichen deutschen Verkehrskreise die gekennzeichneten Waren durch sie mit der türkischen Kultur und Geschichte in Verbindung brächten.

65 Die Beschwerdekammer hat daher zu Recht festgestellt, dass sich das Bildelement des angemeldeten Zeichens nicht in einer 1:1-Umsetzung des Begriffes der Stärke erschöpft.

66 Überdies wird die Wirkung der begrifflichen Ähnlichkeit, die sich aus dem gemeinsamen Bestandteil 'Power' ergibt, durch die oben dargelegten optischen und klanglichen Unterschiede der einander gegenüberstehenden Zeichen abgeschwächt.

67 Zudem ist der zwischen zwei Zeichen bestehende begriffliche Ähnlichkeitsgrad von nur beschränkter Bedeutung, wenn sich den maßgeblichen Verbrauchern auf der gekauften Ware eine Marke darbietet.

68 Die Bedeutung der begrifflichen Ähnlichkeit zweier Zeichen wird auch dann abgeschwächt, wenn die relevanten Verbraucher beim Kauf der in Frage stehenden Waren außerhalb von Selbstbedienungsgeschäften die gesamte das Zeichen bildende Wortverbindung aussprechen müssen.

69 Dies gilt erst recht, wenn den maßgeblichen Verbrauchern, wie oben festgestellt, Treue zu ihren traditionellen Marken eigen ist und sie deshalb bei der Produktwahl einen erhöhten Grad an Aufmerksamkeit aufbringen.

70 Daher ist der Beschwerdekammer kein Beurteilungsfehler mit ihrer Feststellung unterlaufen, dass der Aussagegehalt des Zeichens 'Turkish Power' insgesamt ein anderer sei als der von 'Power', dem einzigen Wortelement der älteren nationalen Marke.

71 Entgegen der Auffassung der Klägerin erscheint der Bestandteil 'Power' damit weder als dominierendes Element des angemeldeten Zeichens noch als prägend für den durch dieses hervorgerufenen Gesamteindruck in dem Sinne, dass sich eine Verwechslungsgefahr bei den relevanten deutschen Verkehrskreisen annehmen ließe.

72 Nach alledem konnte die Beschwerdekammer trotz der Identität der mit den beiden einander gegenüberstehenden Zeichen gekennzeichneten Waren und ihres gemeinsamen Wortelements 'Power' fehlerfrei zu dem Ergebnis gelangen, dass die maßgeblichen deutschen Verkehrskreise, die informiert, in erhöhtem Maße aufmerksam und ihren traditionellen Marken treu sind, angesichts der genannten optischen, klanglichen und begrifflichen Unterschiede zwischen den beiden einander gegenüberstehenden Zeichen nicht glauben werden, dass die in Frage stehenden Waren von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

73 Die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung der Verwechslungsgefahr kann unter den gegebenen Umständen auch nicht durch die Kennzeichnungskraft der älteren nationalen Marke in Frage gestellt werden, die die Klägerin aus ihren Verkaufsstatistiken herleitet."

12 Mit ihrem zweiten Klagegrund machte die Rechtsmittelführerin geltend, dass die Gemeinschaft sie, indem sie ihre ältere Marke unsanktioniert der Nachahmung und Verletzung durch Übernahmen nach Art des angemeldeten Zeichens aussetze, unter Verletzung ihres nationalen Rechts an der Ausübung von gewerblichen Schutzrechten hindere, die sie in ihrem Sitzstaat ordnungsgemäß erworben habe.

13 In den Randnummern 78 bis 86 des angefochtenen Urteils hat das Gericht auch diesen Klagegrund zurückgewiesen. Das Vorbringen der Klägerin, ihr würden gewerbliche Schutzrechte genommen, sei unbegründet, denn zwischen der Anmeldemarke und der älteren Marke bestehe bei den deutschen Verkehrskreisen keine Verwechslungsgefahr.

Das Rechtsmittel

14 Mit ihrem Rechtsmittel, das sie auf zwei Rechtsmittelgründe stützt, beantragt die Rechtsmittelführerin,

- das angefochtene Urteil aufzuheben;

- über den Rechtsstreit endgültig zu entscheiden und den im ersten Rechtszug gestellten Anträgen stattzugeben;

- hilfsweise, die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen;

- dem HABM die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

15 Das HABM beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

16 Nach Artikel 119 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof, wenn das Rechtsmittel ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, jederzeit auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts das Rechtsmittel ganz oder teilweise durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist, zurückweisen.

Zum ersten Rechtsmittelgrund

Zum ersten Teil

17 Die Klägerin macht einen Verstoß des Gerichts gegen Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 geltend.

18 Was die klangliche Ähnlichkeit angehe, so enthalte die Anmeldemarke mit dem Wort "Power" das einzige Element der älteren Marke. Als einziges Element der älteren Marke sei dieses Wort notwendig auch ihr dominierender Bestandteil. Entgegen den Ausführungen des Gerichts in Randnummer 64 des angefochtenen Urteils sei das Adjektiv "Turkish" ein geläufiger, in der Tabakbranche üblicherweise verwendeter Ausdruck, dem die relevanten Verbraucher nur einen beschreibenden Hinweis auf eine aus der Türkei stammende Tabakmischung entnähmen, die markenmäßig mit "Power" betitelt sei. Folglich sei das Gericht in Randnummer 57 des angefochtenen Urteils zu Unrecht von ausreichenden klanglichen Unterschieden zwischen den Vergleichsmarken ausgegangen sei, da die Verbindung von "Turkish" und "Power" nichts anderes vermittele als der Ausdruck "Power" in Alleinstellung.

19 Hinsichtlich der bildlichen Ähnlichkeit habe das Gericht außer Acht gelassen, dass die Marken auch visuell vorwiegend durch ihre Wortbestandteile geprägt würden. Es sei deshalb der Feststellung entgegenzutreten, dass die klanglichen Bestandteile der Anmeldemarke durch ihr Bildelement dominiert würden. Die Kennzeichnungsschwäche des Wortes "Turkish" liege auch deshalb auf der Hand, weil das mittig angeordnete Bildelement der Anmeldemarke die Wörter "Turkish" und "Power" voneinander trenne.

20 Das Gericht geht ferner irrtümlich von der Voraussetzung aus, dass das für die Waren relevante Publikum bei seinen Käufen wegen seiner Markentreue eine erhöhte Aufmerksamkeit aufbringe und deshalb nicht glauben werde, dass die fraglichen Produkte von demselben Unternehmen oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammten. Es sei nicht belegt, dass Kunden beim Kauf von Zigaretten aufmerksamer handelten als beim Kauf von anderen Konsumgütern. Doch selbst wenn man von einer erhöhten Aufmerksamkeit von Zigarettenrauchern beim Kauf ausgehe, schließe dies nicht aus, dass sich die Kunden an die ältere Marke erinnert fühlen und die neue Marke mit dem Unternehmen der Rechtsmittelführerin in Verbindung bringen könnten.

21 Die Befugnis zur Einlegung des Rechtsmittels ergebe sich daraus, dass die Rechtsmittelführerin nur durch die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung des Gerichts in der Rechtsmittelinstanz und seine Abänderung den Rechtsvorteil erlangen könne, der ihr als Inhaberin einer älteren Marke zustehe.

22 Das HABM macht geltend, dass mit dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes die von dem Gericht vorgenommene Beurteilung von Tatsachen angegriffen werde; insoweit sei das Rechtsmittel daher für unzulässig zu erklären.

23 Auch in der Sache greife dieser Teil des Rechtsmittelgrundes nicht durch.

24 Zunächst ist daran zu erinnern, dass eine angemeldete Marke nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

25 Das Bestehen von Verwechslungsgefahr für das Publikum ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falles umfassend zu beurteilen. Außerdem ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken nach Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (Beschluss vom 28. April 2004 in der Rechtssache C-3/03 P, Matratzen Concord/HABM, Slg. 2004, I-3657, Randnr. 29).

26 Soweit das Gericht in den Randnummern 39 bis 77 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass zwischen der Anmeldemarke und der älteren Marke visuelle, klangliche und begriffliche Unterschiede bestehen, hat es eine Beurteilung von Tatsachen vorgenommen (vgl. in diesem Sinne Beschluss Matratzen Concord/HABM, Randnr. 34).

27 Mit ihrem Vorbringen zum Aufmerksamkeitsgrad der Durchschnittsverbraucher, zur Beurteilung der Marken und zu der zwischen ihnen bestehenden Verwechslungsgefahr wendet sich die Klägerin gegen die Beurteilung der Tatsachen durch das Gericht, ohne anzugeben, welchen Rechtsfehler das Gericht begangen haben soll.

28 Nach den Artikeln 225 Absatz 1 EG und 58 Absatz 1 der Satzung des Gerichtshofes ist das Rechtsmittel jedoch auf Rechtsfragen beschränkt. Die Würdigung der relevanten Tatsachen und der Beweise ist daher vorbehaltlich ihrer Verfälschung keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofes im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge (vgl. u. a. Urteile vom 19. September 2002 in der Rechtssache C-104/00 P, DKV/HABM, Slg. 2002, I-7561, Randnr. 22, und vom 12. Januar 2006 in der Rechtssache C-173/04 P, Deutsche SiSi-Werke/HABM, Slg. 2006, I-0000, Randnr. 35).

29 Da im vorliegenden Fall eine Verfälschung von Tatsachen oder Beweisen durch das Gericht nicht ersichtlich ist, ist der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

Zum zweiten Teil

30 Mit dem zweiten Teil des Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass durch die Eintragung der Anmeldemarke der markenrechtliche Schutz ihrer eigenen Marke ungerechtfertigt beschränkt würde. Der Ausdruck "Power" als dominierendes Element der älteren Marke müsse wie in Deutschland umfassenden und uneingeschränkten Schutz für Kombinationen mit anderen Wörtern genießen.

31 So müsse der Inhaber der älteren Marke die Möglichkeit behalten, seine Marke mit freistehenden Wort- oder Bildelementen zu kombinieren, wenn dies für ihre Vermarktung erforderlich sei. Durch die angefochtene Entscheidung aber werde die Rechtsmittelführerin in dieser Möglichkeit eingeschränkt, weil die angemeldete Marke nicht nur die ältere Marke selbst, sondern auch deren mögliche Kombination mit einem Motiv des Löwen und einer Beschreibung "turkish" übernehme. Die Folge sei sowohl eine absolute als auch eine relative Übernahme der Marke POWER, die die Markenrechte der Rechtsmittelführerin aus ihrer Eintragung verletze und einer Nachahmung gleichkomme.

32 Das HABM meint, dass dieses Vorbringen zu einem unbegrenzten Schutz der älteren Marke auf rechtlichen Postulaten beruhe, die weder in der Rechtsprechung des Gerichtshofes noch in den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften eine Verankerung fänden. Es gebe keine Regel, die per se die Übernahme einer älteren Marke als Wortbestandteil in einer neueren Marke verbiete. Das von der Rechtsmittelführerin aufgestellte Postulat liefe letztlich auf einen Motivschutz für den begrifflichen Inhalt der Marke hinaus.

33 Hierzu ist daran zu erinnern, dass der Inhaber einer Marke, bei der es sich auch um eine nationale Marke handeln kann, nach Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 gegen die Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke für Waren oder Dienstleistungen, die mit den Waren und Dienstleistungen, für die seine eigene Marke eingetragen ist, identisch sind, Widerspruch erheben kann, wenn die angemeldete Marke mit der älteren Marke identisch ist oder wenn wegen der Ähnlichkeit zwischen den beiden Marken Verwechslungsgefahr besteht.

34 Sind die beiden Marken jedoch nicht identisch oder besteht trotz ihrer etwaigen Ähnlichkeit beim Publikum keine Verwechslungsgefahr, so kann der Inhaber der älteren Marke der Eintragung der Anmeldemarke nicht widersprechen.

35 Entgegen dem Vorbringen der Klägerin gewährt das Markenrecht dem Inhaber einer eingetragenen Marke daher kein Monopol für sämtliche Kombinationen seiner Marke mit anderen Wort- oder Bildelementen.

36 Das Gericht hat daher in den Randnummern 82 und 83 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden, dass die Eintragung der Anmeldemarke die sich aus der älteren Marke ergebenden gewerblichen Schutzrechte deshalb nicht beeinträchtigen kann, weil bei den maßgeblichen deutschen Verkehrskreisen zwischen den beiden Marken keine Verwechslungsgefahr besteht.

37 Der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist daher als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund

38 Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin, dass das Gericht mit dem angefochtenen Urteil von seiner bisherigen Entscheidungspraxis abgewichen sei und so den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt habe. Sie stützt diesen Rechtsmittelgrund auf einen Vergleich zwischen dem angefochtenen Urteil und den Urteilen des Gerichts vom 6. Oktober 2004 in der Rechtssache T-356/02 (Vitakraft-Werke Wührmann/HABM - Krafft [VITAKRAFT], Slg. 2004, II-0000, Randnrn. 50 bis 57) und vom 7. Juli 2005 in der Rechtssache T-385/03 (Miles International /HABM - Biker Miles [Biker Miles], Slg. 2005, II-0000, Randnrn. 42, 43, 45 bis 49 und 51).

39 So habe das Gericht insbesondere in Randnummer 51 des Urteils Miles International/HABM - Biker Miles (Biker Miles) ausgeführt, dass, "wenn sich die einander gegenüberstehenden Zeichen, denen das dominierende Element gemeinsam ist, auf identische Waren beziehen, ... sie der angesprochene Verbraucher möglicherweise als zu zwei verschiedenen Bekleidungsserien desselben Herstellers gehörend wahr[nimmt]". Da der Entscheidungssachverhalt in dieser Rechtssache mit dem vorliegenden Sachverhalt deckungsgleich sei, hätte das Gericht zu den gleichen rechtlichen Schlussfolgerungen gelangen müssen.

40 Das HABM hält den zweiten Rechtsmittelgrund für offensichtlich unbegründet.

41 Die Urteile Vitakraft-Werke Wührmann/HABM - Krafft (VITAKRAFT) und Miles International/HABM - Biker Miles (Biker Miles) seien mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar.

42 In beiden Fällen habe das Gericht eine Gesamtbeurteilung vorgenommen, deren Ergebnis aufgrund der Besonderheiten des jeweiligen Falles zu vom vorliegenden Fall unterschiedlichen Ergebnissen führe. Da in allen drei Fällen Bildmarken und nicht bloße Wortmarken zu beurteilen gewesen seien, seien die unterschiedlichen Ergebnisse der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ohne weiteres nachvollziehbar.

43 Wie bereits oben in Randnummer 25 dargelegt, ist das Bestehen von Verwechslungsgefahr beim Publikum umfassend unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falles zu beurteilen. Außerdem muss die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken nach Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abstellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind.

44 Ohne dass über die Frage zu entscheiden ist, ob es, wie die Rechtsmittelführerin geltend macht, zur Aufhebung eines Urteils wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes führen kann, dass das Gericht in diesem Urteil seine bisherige Rechtsprechung geändert haben soll, genügt hier der Hinweis, dass sich die Anmeldemarke und die ältere Marke im vorliegenden Fall grundlegend von den Marken unterscheiden, die das Gericht in den Rechtssachen Vitakraft-Werke Wührmann/HABM - Krafft (VITAKRAFT) und Miles International/HABM - Biker Miles (Biker Miles) geprüft hat.

45 Überdies besteht das relevante Publikum im vorliegenden Fall aus deutschen Verbrauchern von Tabak und Raucherartikeln, während es in der Rechtssache Vitakraft-Werke Wührmann/HABM - Krafft (VITAKRAFT) aus spanischsprachigen Verbrauchern verschiedener chemischer und Reinigungsprodukte und in der Rechtssache Miles International/HABM - Biker Miles (Biker Miles) aus Verbrauchern von Ausrüstungsgegenständen und Bekleidungsgegenständen für Motorradfahrer in der gesamten Europäischen Union bestand.

46 Angesichts dieser unterschiedlichen Sachverhalte konnte das Gericht nach der Würdigung der ihm in diesen Rechtssachen unterbreiteten Tatsachen und Beweise zu dem Schluss gelangen, dass die Verwechslungsgefahr unterschiedlich zu beurteilen ist.

47 Im Übrigen hat das Gericht in der Rechtssache Miles International/HABM - Biker Miles (Biker Miles) festgestellt, dass die einander gegenüberstehenden Marken das gleiche dominierende Element hatten, während es in Randnummer 71 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt ist, dass das beiden Marken gemeinsame Wortelement "Power" nicht das dominierende Element der Anmeldemarke ist.

48 Demnach ist der zweite Rechtsmittelgrund offensichtlich unbegründet. Damit ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

49 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das HABM die Verurteilung der Rechtsmittelführerin beantragt hat und diese mit ihren Anträgen unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) beschlossen:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Plus Warenhandelsgesellschaft mbH trägt die Kosten des Verfahrens.



Ende der Entscheidung

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