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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 19.02.2004
Aktenzeichen: C-369/03 P
Rechtsgebiete: EG-Satzung, Verfahrensordnung


Vorschriften:

EG-Satzung Art. 56
Verfahrensordnung Art. 81 § 2
Verfahrensordnung Art. 44 § 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Beschluss des Gerichtshofes (Erste Kammer) vom 19. Februar 2004. - Forum des migrants de l'Union européenne gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Rechtsmittel - Unzulässigkeit. - Rechtssache C-369/03 P.

Parteien:

In der Rechtssache C-369/03 P

Forum des migrants de l'Union européenne, Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt N. Crama,

Rechtsmittelführer,

betreffend ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Vierte Kammer) vom 9. April 2003 in der Rechtssache T-217/01 (Forum des migrants/Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) wegen Aufhebung dieses Urteils,

andere Verfahrensbeteiligte:

Kommission der Europäischen Gemeinschaften,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann (Berichterstatter), der Richter A. Rosas und A. La Pergola, der Richterin R. Silva de Lapuerta und des Richters K. Schiemann,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: R. Grass,

nach Anhörung der Generalanwältin

Beschluss

Entscheidungsgründe:

1. Mit am 9. Juli 2003 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangener E-Mail hat das Forum des migrants de l'Union européenne eine Kopie der Rechtsmittelschrift übermittelt, mit der es nach Artikel 56 der Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 9. April 2003 in der Rechtssache T-217/01 (Forum des migrants/Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil) einlegen wollte. Die unterzeichnete Urschrift der Rechtsmittelschrift ist am 21. Juli 2003 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen.

2. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Nichtigkeitsklage abgewiesen, die der Rechtsmittelführer gegen die Entscheidung der Kommission vom 11. Juli 2001 erhob, mit der die finanzielle Unterstützung beendet worden war, die sie ihm aufgrund von Artikel A0-3040 des Gemeinschaftshaushalts gewährt hatte.

3. In der Rechtsmittelschrift heißt es, dass das angefochtene Urteil dem Anwalt des Rechtsmittelführers am 12. April 2003 zugestellt worden sei.

4. Aus den Akten, die die Kanzlei des Gerichts der Kanzlei des Gerichtshofes übermittelt hat, ergibt sich, dass der Rechtsmittelführer keine Zustellungsanschrift in Luxemburg angegeben hatte. Nach der in diesen Akten enthaltenen Empfangsbestätigung wurde das angefochtene Urteil dem Anwalt des Rechtsmittelführers mit am 10. April 2003 bei der Post in Luxemburg aufgegebenem Einschreiben zugestellt. Das Zustellungsdatum ist auf der Empfangsbestätigung nicht angegeben.

5. Mit Schreiben vom 28. Juli 2003 hat die Kanzlei des Gerichtshofes den Rechtsmittelführer darauf aufmerksam gemacht, dass das Rechtsmittel verspätet eingelegt worden sei, und ihn aufgefordert, mitzuteilen, ob er das Vorliegen eines Zufalls oder eines Falles höherer Gewalt nachweisen könne, der einem Rechtsnachteil wegen Fristablaufs entgegenstehe.

6. Mit Schreiben vom 11. August 2003 hat der Anwalt des Rechtsmittelführers geantwortet, dass sich die Zweckmäßigkeit der Einlegung eines Rechtsmittels im Wesentlichen danach gerichtet habe, wie sich die Kommission im Hinblick auf Randnummer 39 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht festgestellt habe, dass die streitige Entscheidung nur das Jahr 2000 betreffe, weiter verhalten werde. Auf ein bereits am 14. April 2003 an die Kommission gerichtetes Schreiben mit der Bitte um Mitteilung, ob sie die Gewährung einer finanziellen Unterstützung für die Jahre 2001 und 2002 beabsichtige, habe diese erst mit Schreiben vom 19. Juni 2003 geantwortet, dass eine rückwirkende Finanzierung nicht möglich sei. Dieses Schreiben sei für die Entscheidung, ein Rechtsmittel einzulegen, ausschlaggebend gewesen. Wegen der geografischen Streuung der Verwaltungsratsmitglieder des Rechtsmittelführers habe die Erteilung der Prozessvollmacht an den Anwalt nicht schneller erfolgen können.

7. Nach Artikel 119 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof, wenn das Rechtsmittel ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, jederzeit auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts das Rechtsmittel ganz oder teilweise durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist, zurückweisen.

8. Nach Artikel 56 der Satzung des Gerichtshofes beträgt die Frist für die Einlegung eines Rechtsmittels zwei Monate nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

9. Nach Artikel 81 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes verlängert sich diese Frist um eine pauschale Entfernungsfrist von zehn Tagen.

10. Da der Rechtsmittelführer für das Verfahren vor dem Gericht keine Zustellungsanschrift in Luxemburg angegeben hat, gilt die Zustellung des angefochtenen Urteils nach Artikel 44 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts mit der Aufgabe des Einschreibens zur Post in Luxemburg am 10. April 2003 als bewirkt.

11. Daraus folgt, dass die Frist für die Einlegung eines Rechtsmittels gegen das angefochtene Urteil zwei Monate und zehn Tage nach diesem Tag, d. h. am Freitag, dem 20. Juni 2003, abgelaufen ist.

12. Eine Kopie der Rechtsmittelschrift ist jedoch erst am 9. Juli 2003, d. h. nach diesem Datum, mit E-Mail an die Kanzlei des Gerichtshofes gesandt worden.

13. Darüber hinaus ist nach Artikel 37 § 6 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes der Tag, an dem eine Kopie der unterzeichneten Urschrift eines Schriftsatzes mittels der beim Gerichtshof vorhandenen technischen Kommunikationsmittel bei der Kanzlei eingeht, für die Wahrung der Verfahrensfristen nur dann maßgebend, wenn die unterzeichnete Urschrift des Schriftsatzes und die erforderlichen Anlagen und Abschriften spätestens zehn Tage danach bei der Kanzlei eingereicht werden.

14. Im vorliegenden Fall ist die unterzeichnete Urschrift der Rechtsmittelschrift erst am 21. Juli 2003, d. h. mehr als zehn Tage nach der E-Mail, bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen. Auch wenn also die E-Mail fristgemäß beim Gerichtshof eingegangen wäre, würde sich dieser Umstand nicht auswirken, da der Tag des Eingangs der Urschrift, d. h. der 21. Juli 2003, als Datum des Eingangs der Rechtsmittelschrift anzusehen ist.

15. Die Rechtsmittelschrift ist daher offensichtlich verspätet eingegangen.

16. Nach ständiger Rechtsprechung kann von den Gemeinschaftsvorschriften über die Verfahrensfristen nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen, bei Vorliegen eines Zufalls oder eines Falles höherer Gewalt im Sinne von Artikel 45 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes, abgewichen werden, da die strikte Anwendung dieser Vorschriften dem Erfordernis der Rechtssicherheit und der Notwendigkeit entspricht, jede Diskriminierung oder willkürliche Behandlung bei der Rechtspflege zu vermeiden (vgl. u. a. Beschluss vom 7. Mai 1998 in der Rechtssache C-239/97, Irland/Kommission, Slg. 1998, I-2655, Randnr. 7).

17. Der vom Rechtsmittelführer angeführte Umstand, dass sich die Zweckmäßigkeit der Einlegung eines Rechtsmittels für ihn danach gerichtet habe, wie sich die Kommission nach der Feststellung in Randnummer 39 des angefochtenen Urteils, dass die streitige Entscheidung nur das Jahr 2000 betreffe, für die folgenden Jahre verhalten werde, kann keinen Zufall oder Fall höherer Gewalt darstellen.

18. Man kann sich nämlich nicht, ohne den Rechtsbehelfsfristen ihren Sinn zu nehmen, auf den Standpunkt stellen, dass die Tatsache, dass eine Partei meint, sie verfüge nicht über alle sachdienlichen Angaben für die Beurteilung der Zweckmäßigkeit eines Rechtsmittels, für sich allein die verspätete Einlegung eines Rechtsmittels rechtfertigen könnte.

19. Dieser Umstand konnte daher, um welche Erläuterungen es sich auch gehandelt haben mag, die der Rechtsmittelführer noch hinsichtlich der Gewährung einer finanziellen Unterstützung für andere Jahre als das im angefochtenen Urteil genannte erhalten wollte, keine Verkennung des zwingenden Charakters der Rechtsbehelfsfristen und des in dieser Hinsicht erforderlichen Maßes an Sorgfalt und Vorsicht rechtfertigen.

20. Das Rechtsmittel ist somit als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

21. Nach Artikel 69 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes hat der Rechtsmittelführer seine eigenen Kosten zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

hat

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

beschlossen:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Das Forum des migrants de l'Union européenne trägt seine eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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