Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 27.09.2001
Aktenzeichen: C-442/99 P
Rechtsgebiete: Verordnung 404/93/EWG


Vorschriften:

Verordnung 404/93/EWG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Gemäß den Artikeln 225 EG und 51 der EG-Satzung des Gerichtshofes ist das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt. Daher ist allein das Gericht dafür zuständig, die Tatsachen festzustellen - sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind - und sie zu würdigen. Die Tatsachenwürdigung stellt, sofern die beim Gericht vorgelegten Beweismittel nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage dar, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofes im Rechtsmittelverfahren unterliegt.

( vgl. Randnr. 17 )


Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 27. September 2001. - Cordis Obst und Gemüse Großhandel GmbH gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften und Französische Republik. - Rechtsmittel - Gemeinsame Marktorganisation - Bananen - Einfuhren aus AKP- und Drittstaaten - Antrag auf Einfuhrlizenzen - Übergangsmaßnahmen - Verordnung (EWG) Nr. 404/93 - Grundsatz der Gleichbehandlung. - Rechtssache C-442/99 P.

Parteien:

In der Rechtssache C-442/99 P

Cordis Obst und Gemüse Großhandel GmbH, Gesellschaft deutschen Rechts mit Sitz in Ostrau (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt G. Meier, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführerin,

betreffend ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Fünfte Kammer) vom 28. September 1999 in der Rechtssache T-612/97 (Cordis/Kommission, Slg. 1999, II-2771) wegen Aufhebung dieses Urteils,

andere Verfahrensbeteiligte:

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K.-D. Borchardt als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

und

Französische Republik, vertreten durch K. Rispal-Bellanger und C. Vasak als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässtDER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Gulmann sowie der Richter J.-P. Puissochet und R. Schintgen, der Richterin N. Colneric und des Richters J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter),

Generalanwalt: J. Mischo

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 5. April 2001, in der die Cordis Obst und Gemüse Großhandel GmbH durch Rechtsanwalt G. Meier und die Kommission durch K.-D. Borchardt vertreten war,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. Mai 2001,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Cordis Obst und Gemüse Großhandel GmbH (im Folgenden: Cordis oder Rechtsmittelführerin) hat mit Rechtsmittelschrift, die am 22. November 1999 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 28. September 1999 in der Rechtssache T-612/97 (Cordis/Kommission, Slg. 1999, II-2771, im Folgenden: angefochtenes Urteil) eingelegt, mit dem ihre Klage auf Nichtigerklärung der ablehnenden Entscheidung K(97) 3274 endg. der Kommission vom 24. Oktober 1997 über ihren Antrag auf besondere Zuteilung von Einfuhrlizenzen im Rahmen von Übergangsmaßnahmen gemäß Artikel 30 der Verordnung (EWG) Nr. 404/93 des Rates vom 13. Februar 1993 über die gemeinsame Marktorganisation für Bananen (ABl. L 47, S. 1) abgewiesen worden war.

Rechtlicher Rahmen

2 Zum rechtlichen Rahmen des Rechtsstreits hat das Gericht festgestellt:

"1 Die Verordnung (EWG) Nr. 404/93 des Rates vom 13. Februar 1993 über die gemeinsame Marktorganisation für Bananen (ABl. L 47, S. 1) führte eine gemeinsame Einfuhrregelung für Bananen ein, die an die Stelle der verschiedenen nationalen Regelungen trat. Um eine zufrieden stellende Vermarktung der in der Gemeinschaft geernteten Bananen und der Erzeugnisse aus den Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifischen Raums (AKP-Staaten) sowie anderen Drittländern zu gewährleisten, sieht die Verordnung Nr. 404/93 die Eröffnung eines jährlichen Zollkontingents für Einfuhren von "Drittlandsbananen" und "nichttraditionellen AKP-Bananen" vor. Die nichttraditionellen AKP-Bananen entsprechen den von den AKP-Staaten ausgeführten Mengen, die die traditionell von jedem einzelnen dieser Staaten ausgeführten Mengen, wie sie im Anhang der Verordnung Nr. 404/93 festgesetzt sind, übersteigen.

2 Jährlich wird eine Bedarfsvorausschätzung der Erzeugung und des Verbrauchs in der Gemeinschaft sowie der Ein- und Ausfuhren erstellt. Das anhand dieser Bedarfsvorausschätzung festgesetzte Zolltarifkontingent wird unter den in der Gemeinschaft niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmern aufgeteilt nach Maßgabe der Herkunft und der Durchschnittsmengen von Bananen, die sie in den letzten drei Jahren abgesetzt haben, für die statistische Angaben verfügbar sind. Aufgrund dieser Aufteilung werden Einfuhrlizenzen ausgestellt, mit denen die Wirtschaftsteilnehmer Bananen abgabenfrei oder zu Präferenzzolltarifen einführen können.

3 Die zweiundzwanzigste Begründungserwägung der Verordnung Nr. 404/93 lautet wie folgt:

Dadurch, dass die gemeinsame Marktorganisation mit Inkrafttreten dieser Verordnung an die Stelle der verschiedenen nationalen Regelungen tritt, könnten sich auf dem Binnenmarkt Störungen ergeben. Daher sollte die Kommission ab 1. Juli 1993 die Möglichkeit haben, Übergangsmaßnahmen zu treffen, um etwaige Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Durchführung der neuen Regelung beheben zu können.

4 Artikel 30 der Verordnung Nr. 404/93 lautet:

Erweisen sich besondere Maßnahmen ab Juli 1993 als notwendig, um den Übergang von den vor Inkrafttreten dieser Verordnung gültigen Regelungen zu der durch diese Verordnung eingeführten Regelung zu erleichtern und insbesondere ernsthafte Schwierigkeiten zu überwinden, so trifft die Kommission... alle für erforderlich erachteten Übergangsmaßnahmen."

Sachverhalt

3 Zum streitigen Sachverhalt hat das Gericht aufgeführt:

"5 Die Klägerin, die Cordis Obst und Gemüse Großhandel GmbH, wurde am 1. November 1990, nach der Wiedervereinigung Deutschlands, gegründet und ist im Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) niedergelassen. Sie betreibt den Großhandel mit Obst sowie insbesondere die Bananenreifung und -verpackung.

6 Die zentrale Planwirtschaft der ehemaligen DDR übertrug das Monopol für die Einfuhr von Bananen einer staatlichen Organisation und die Reifung der Bananen volkseigenen Betrieben. Die Reifereien der ehemaligen DDR wurden später an Niederlassungen von Fruchtfirmen der Bundesrepublik Deutschland verkauft.

7 Als die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb aufnahm, bestanden in ihrem Einzugsgebiet bei Bananen geringe Versorgungsmöglichkeiten, und die Nachfrage nach Bananen war größer als das Angebot und die Reifungskapazität. Die Klägerin beschloss daher 1991, ihren Betrieb zu erweitern, und baute neue Reifungsanlagen. Hierzu erhielt sie keine Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln.

8 Der Klägerin zufolge waren ihre neuen Anlagen nicht ausgelastet. In diesem Zusammenhang macht sie geltend, dass die Abwälzung der Kosten der Lizenzen, deren es nach der Verordnung Nr. 404/93 für die Einfuhr grüner Bananen bedürfe, auf den Bananenpreis durch ihre Lieferanten den Absatz gehemmt habe. Da diese Lizenzen nach Maßgabe des Verkaufsumsatzes bei Bananen zugeteilt würden, habe die Klägerin Einfuhrlizenzen nur für unzureichende Mengen erhalten.

9 Daher stellte die Klägerin am 7. April 1996 gemäß Artikel 30 der Verordnung Nr. 404/93 bei der Kommission den Antrag, ihr kurzfristig zusätzliche Lizenzen als Übergangsmaßnahmen zum Ausgleich einer Härtesituation zu erteilen, in die sie durch die mit der Verordnung Nr. 404/93 eingeführte Regelung geraten sei.

10 Mit Entscheidung vom 24. Oktober 1997 (im Folgenden: die angefochtene Entscheidung) lehnte die Kommission den Antrag der Klägerin ab, wobei sie sich insbesondere auf folgende Gründe stützte (siebte, achte, neunte und elfte Begründungserwägung):

Cordis hat nicht nachgewiesen, dass sie außerstande gewesen wäre, zur Auslastung ihrer Reifungsanlage Bananen von anderen Einführern oder Zulieferern zu beschaffen, statt diese selbst einzuführen. Dies ist nach der gemeinsamen Marktorganisation für Bananen durchaus zulässig. Cordis hat in der Tat erhebliche Mengen von Bananen zur Reifung von anderen Einführern oder Zulieferern beschafft, statt diese selbst einzuführen. Daher ist nicht nachgewiesen, dass die angebliche Nichtauslastung der Reifungsanlage und, als deren angebliche Folge, die Umsatzstagnation, die Kundenverluste und der Personalabbau auf den Übergang von der vor Inkrafttreten der GMO geltenden einzelstaatlichen Regelung zurückzuführen sind.

Cordis hat nicht nachgewiesen, dass ihre Bananenversorgung vor den Investitionen in die Bananenreifungsanlage gesichert gewesen wäre. Cordis hat die Gefahr einer möglichen Unterversorgung mit Bananen zur Reifung und damit der Nichtauslastung der Anlage in Kauf genommen. Unbeschadet der vorstehenden Absätze beruht die Tatsache, dass die Firma Cordis zur Auslastung ihrer Anlage nicht genügend Bananen zur Reifung von anderen Einführern oder Zulieferern hat zukaufen können, sondern diese selbst einführen musste, auf mangelnder Sorgfalt bei der Versorgungssicherung vor den Investitionen in die Bananenreifungsanlagen.

Cordis hat erhebliche Mengen von Bananen zur Reifung von der Firma Dole erhalten. Sie hat außerdem ausreichende Mengen reifer Bananen zur Deckung der Kundennachfrage erhalten. Die Bananenreifung stellt nur eine aus einer Reihe von Geschäftstätigkeiten der Cordis dar. Cordis hat daher nicht nachgewiesen, dass ein angeblicher Rückgang der Reifung ihre wirtschaftliche Existenz bedroht.

...

Cordis hat nicht nachgewiesen, dass sie vor den vorgenannten Zeitpunkten andere Maßnahmen getroffen hätte, die - bedingt durch die Schwierigkeiten des Übergangs von der vormals geltenden nationalen Regelung zu der mit der betreffenden Verordnung geschaffenen Regelung - eine übermäßige Härte im Sinne des EuGH-Urteils in der Rechtssache C-68/95 zur Folge gehabt hätten."

Das angefochtene Urteil

4 Cordis hat mit Klageschrift, die am 29. Dezember 1997 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung beantragt.

5 Sie hat ihre Klage auf zwei Gründe gestützt, mit denen sie zum einen einen Verstoß gegen Artikel 30 der Verordnung Nr. 404/93 und einen Ermessensmissbrauch und zum anderen eine Verletzung der Begründungspflicht geltend machte.

6 Das Gericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen.

7 Mit ihrem Rechtsmittel wendet sich Cordis gegen folgende Ausführungen des Gerichts, mit denen es die Zurückweisung ihres ersten Klagegrunds begründete:

"32 Artikel 30 der Verordnung Nr. 404/93 räumt der Kommission die Befugnis ein, besondere Übergangsmaßnahmen zu treffen, "um den Übergang von den vor Inkrafttreten dieser Verordnung gültigen Regelungen zu der durch diese Verordnung eingeführten Regelung zu erleichtern und insbesondere ernsthafte Schwierigkeiten zu überwinden", die auf diesen Übergang zurückzuführen sind. Nach ständiger Rechtsprechung soll mit solchen Übergangsmaßnahmen Störungen des Binnenmarktes begegnet werden, die sich dadurch ergeben, dass die gemeinsame Marktorganisation an die Stelle der verschiedenen nationalen Regelungen tritt; diese Maßnahmen dienen der Überwindung der Schwierigkeiten, denen sich die Marktbeteiligten nach Einführung der gemeinsamen Marktorganisation gegenübersehen, die ihren Ursprung jedoch in dem Zustand der nationalen Märkte vor Erlass der Verordnung Nr. 404/93 haben (Beschluss des Gerichtshofes [vom 29. Juni 1993 in der Rechtssache C-280/93 R,] Deutschland/Rat, [Slg. 1993, I-3667,] Randnrn. 46 und 47, Urteile des Gerichtshofes [vom 26. November 1996 in der Rechtssache C-68/95,] T. Port, [Slg. 1996, I-6065,] Randnr. 34, und vom 4. Februar 1997 in den Rechtssachen C-9/95, C-23/95 und C-156/95, Belgien und Deutschland/Kommission, Slg. 1997, I-645, Randnr. 22, sowie Beschluss [des Gerichts vom 21. März 1997 in der Rechtssache T-79/96 R,] Camar/Kommission, [Slg. 1997, II-403,] Randnr. 42).

33 Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Kommission auch die Lage von Wirtschaftsteilnehmern berücksichtigen muss, die im Rahmen einer vor dem Erlass der Verordnung Nr. 404/93 bestehenden nationalen Regelung in einer bestimmten Weise geschäftlich disponiert haben, ohne dass sie vorhersehen konnten, wie sich dies nach Einführung der gemeinsamen Marktorganisation auswirken würde (Urteil T. Port, Randnr. 37).

34 Somit besteht der Zweck dieses Artikels darin, Unternehmen den Übergang zur gemeinsamen Marktorganisation für Bananen zu erleichtern, die durch diesen Übergang auf besondere, unvorhersehbare Probleme gestoßen sind.

35 Daher ist zu prüfen, ob die Probleme, auf die die Klägerin gestoßen ist, auf den Übergang zur gemeinsamen Marktorganisation zurückzuführen sind.

36 Die Klägerin wurde am 1. November 1990, nach der Wiedervereinigung Deutschlands, gegründet. Sie beschloss daher 1991 in Kenntnis der in Deutschland nach der Wiedervereinigung herrschenden Situation, ihr Unternehmen durch die Errichtung neuer Reifungsanlagen zu erweitern.

37 Die Klägerin hat nichts dafür vorgetragen, dass die strukturellen Probleme im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands für sie ein besonderes, unvorhersehbares Problem aufgrund der Einführung der gemeinsamen Marktorganisation für Bananen geschaffen hätten. Zudem haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass die Reifungsunternehmen der ehemaligen DDR vor der Einführung der gemeinsamen Marktorganisation selbst keine Bananen einführen konnten. Die Kommission behauptet daher zu Recht, dass die Einführung der gemeinsamen Marktorganisation die strukturellen Nachteile, auf die sich die Klägerin beruft, nicht verschärft habe (siehe oben, Randnr. 27).

38 Die Klägerin meint jedoch, dass ein Eingreifen der Kommission zur Durchsetzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung erforderlich sei. Die Verordnung Nr. 404/93 habe mit ihrer Methode der Zuteilung von Einfuhrlizenzen nach Maßgabe des Bananenabsatzes im Referenzzeitraum die ursprüngliche Wettbewerbssituation dadurch zementiert, dass sie die Neuunternehmen gehindert habe, ihren Rückstand zu verringern.

39 Diesem Vorbringen kann jedoch nicht gefolgt werden. Denn Artikel 30 der Verordnung Nr. 404/93, der als Ausnahme von der anwendbaren allgemeinen Regelung eng auszulegen ist, kann den Ausgleich des Wettbewerbsnachteils der Neuunternehmen aufgrund des in Deutschland bestehenden Chancengefälles nicht zulassen. Dieser Nachteil ist nämlich nicht auf die Einführung der gemeinsamen Marktorganisation zurückzuführen.

40 Im Übrigen hat der Gerichtshof im Urteil vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-280/93 (Deutschland/Rat, Slg. 1994, I-4973, Randnrn. 73 und 74) entschieden, dass zwar nicht alle Unternehmen von der Verordnung Nr. 404/93 in gleicher Weise berührt werden, dass jedoch diese unterschiedliche Behandlung naturgemäß mit dem Ziel einer Integration bisher abgeschotteter Märkte verbunden ist, wenn man die unterschiedliche Situation berücksichtigt, in der sich die verschiedenen Gruppen von Wirtschaftsteilnehmern vor der Einführung der gemeinsamen Marktorganisation befanden."

Das Rechtsmittel

8 Cordis stützt ihr Rechtsmittel auf zwei Gründe: Verkennung der Anwendungsvoraussetzungen von Artikel 30 der Verordnung Nr. 404/93 und Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung.

Zum ersten Rechtsmittelgrund

9 Cordis macht geltend, das Gericht habe mit seiner im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellung, die Anwendung von Artikel 30 der Verordnung Nr. 404/93 zugunsten eines Wirtschaftsteilnehmers setze voraus, dass diesem aus der Einführung der gemeinsamen Marktorganisation für Bananen (im Folgenden: gemeinsame Marktorganisation) besondere, unvorhersehbare Probleme entstanden seien, die Anwendungsvoraussetzungen von Artikel 30 der Verordnung Nr. 404/93 verkannt. Dieser Artikel sei anwendbar, wenn Maßnahmen der Gemeinschaft erforderlich seien, um den Übergang der nationalen Bananenregime zur gemeinsamen Marktorganisation zu erleichtern, ohne dass die mit dem Übergang verbundenen Störungen für die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer besondere, unvorhersehbare Probleme schaffen müssten.

10 Das Urteil T. Port, auf das das angefochtene Urteile gestützt sei, betreffe einen Härtefall. Dies sei aber nur einer der Fälle, auf die Artikel 30 der Verordnung Nr. 404/93 Anwendung finde. Die Bestimmung sei auch dann anzuwenden, wenn sich die Wirtschaftsteilnehmer, wie im vorliegenden Fall, strukturellen Schwierigkeiten aus der Zeit vor Inkrafttreten der gemeinsamen Marktorganisation gegenübersähen, die durch die gemeinsame Marktorganisation verschärft worden seien. Das Gericht habe in Randnummer 37 des angefochtenen Urteils zu Unrecht festgestellt, dass sich die ihr entstandenen Nachteile nicht verschärft hätten, weil die Reifungsunternehmen der ehemaligen DDR vor der Einführung der gemeinsamen Marktorganisation selbst keine Bananen hätten einführen können.

11 Die Rechtsmittelführerin trägt vor, ihr Nachteil als Neubetrieb der neuen Bundesländer habe darin bestanden, dass sie in der Referenzzeit, die die Verordnung Nr. 404/93 für die Jahre 1993 und 1994 bestimme - nämlich in den Jahren 1989 und 1990 -, keine referenzwirksamen Reifumsätze habe machen können. In der früheren DDR sei ein privater Großhandel mit Reiftätigkeit nicht möglich gewesen, während den dort ansässigen volkseigenen Betrieben, die in der Referenzzeit Bananen hätten reifen können, dafür Einfuhrlizenzen gemäß Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EWG) Nr. 1442/93 der Kommission vom 10. Juni 1993 mit Durchführungsbestimmungen zu der Einfuhrregelung für Bananen (ABl. L 142, S. 6) erteilt worden seien. Das Gericht habe diese Bestimmung wohl übersehen, soweit es in Randnummer 37 des angefochtenen Urteils auf die Einfuhr und nicht auf die Reifung von Bananen durch Reifungsunternehmen abgestellt habe.

12 Dazu ist festzustellen, dass mit Artikel 30 der Verordnung Nr. 404/93 ausweislich deren 22. Begründungserwägung Störungen des Binnenmarkts begegnet werden soll, die sich dadurch ergeben können, dass die gemeinsame Marktorganisation an die Stelle der verschiedenen nationalen Regelungen tritt (u. a. Urteil Belgien und Deutschland/Kommission, Randnr. 22, und die dort angeführte Rechtsprechung). Nach derselben Begründungserwägung ermächtigt Artikel 30 die Kommission zum Erlass von Übergangsmaßnahmen zur Überwindung etwaiger Schwierigkeiten bei der Durchführung der gemeinsamen Marktorganisation. Wie der Gerichtshof weiterhin entschieden hat, setzt Artikel 30 voraus, dass die von der Kommission zu erlassenden besonderen Maßnahmen dazu dienen, den Übergang von den nationalen Regelungen zur gemeinsamen Marktorganisation zu erleichtern, und dass sie hierzu erforderlich sind (u. a. Urteil T. Port, Randnr. 35).

13 Daraus folgt, dass im Rahmen von Artikel 30 der Verordnung Nr. 404/93 nur Schwierigkeiten berücksichtigt werden können, die mit der Einführung der gemeinsamen Marktorganisation zusammenhängen.

14 Das Gericht ist daher in Randnummer 35 des angefochtenen Urteils zu Recht davon ausgegangen, dass zu prüfen sei, ob die Probleme, auf die Cordis gestoßen sei, mit dem Übergang zur gemeinsamen Marktorganisation zusammenhängen.

15 In Randnummer 37 des angefochtenen Urteils hat es insbesondere festgestellt, dass die strukturellen Nachteile, die Cordis für ihren Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung angeführt habe, durch die Einführung der gemeinsamen Marktorganisation nicht verschärft worden seien.

16 Zu diesem Ergebnis ist das Gericht aufgrund seiner Würdigung der Tatsachen gelangt, die, sofern die Tatsachen nicht verfälscht worden sind, nicht zum Gegenstand des Verfahrens vor dem Gerichtshof gemacht werden kann.

17 Gemäß den Artikeln 225 EG und 51 der EG-Satzung des Gerichtshofes ist das Rechtsmittel nämlich auf Rechtsfragen beschränkt. Daher ist allein das Gericht dafür zuständig, die Tatsachen festzustellen - sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind - und sie zu würdigen. Die Tatsachenwürdigung stellt, sofern die beim Gericht vorgelegten Beweismittel nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage dar, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofes unterliegt (u. a. Urteil vom 21. Juni 2001 in den Rechtssachen C-280/99 P bis C-282/99 P, Moccia Irme u. a./Kommission, Slg. 2001, I-000, Randnr. 78).

18 Auch wenn sich Cordis im Rahmen ihres Rechtsmittels weiterhin gegen die Ansicht wendet, dass die Verschärfung der mit ihrer Klage geltend gemachten strukturellen Schwierigkeiten nicht auf die Einführung der gemeinsamen Marktorganisation zurückzuführen sei, hat sie doch weder im schriftlichen Verfahren noch in der mündlichen Verhandlung belegt, dass das Gericht zu diesem Ergebnis durch eine Verfälschung der Tatsachen gelangt wäre.

19 Da das Gericht somit dargelegt hat, dass zwischen den von Cordis geltend gemachten strukturellen Schwierigkeiten und der Schaffung der gemeinsamen Marktorganisation kein Zusammenhang bestand, war eine der Anwendungsvoraussetzungen von Artikel 30 der Verordnung Nr. 404/93 offenkundig nicht gegeben. Folglich erübrigt sich eine Prüfung des weiteren Vorbringens der Rechtsmittelführerin, das Gericht habe unter Bezugnahme auf das Urteil T. Port zu Unrecht die Auffassung vertreten, eine Anwendung von Artikel 30 der Verordnung Nr. 404/93 setze in jedem Fall voraus, dass den betroffenen Unternehmen durch den Übergang zur gemeinsamen Marktorganisation besondere, unvorhersehbare Probleme entstanden seien.

20 Der erste Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund

21 Cordis macht geltend, das angefochtene Urteil verletze den Grundsatz der Gleichbehandlung, der es auch untersage, unterschiedliche Sachverhalte gleich zu behandeln. Im Gegensatz zu den anderen Unternehmen in der Europäischen Gemeinschaft hätten die nach der deutschen Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern gegründeten Unternehmen in den Jahre 1989 und 1990 keine für die Erteilung von Einfuhrlizenzen für Bananen referenzwirksamen Reiferumsätze machen können. Nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung hätten die Gemeinschaftsorgane diese außergewöhnliche Lage berücksichtigen müssen. Da diese aber im Rahmen der Verordnung Nr. 1442/93 nicht berücksichtigt worden sei, hätte die Kommission sie gemäß Artikel 30 der Verordnung Nr. 404/93 berücksichtigen müssen. Damit wäre für die Neubetriebe der Übergang zur durch die gemeinsame Marktorganisation entstandenen Situation erleichtert und das Ziel des Artikels 30 erreicht worden.

22 Zu diesem Rechtsmittelgrund ist zunächst darauf hinzuweisen, dass ein Tätigwerden der Gemeinschaftsorgane gemäß Artikel 30 der Verordnung Nr. 404/93 nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes insbesondere dann geboten ist, wenn beim Übergang zur gemeinsamen Marktorganisation die gemeinschaftsrechtlich geschützten Grundrechte bestimmter Marktbeteiligter beeinträchtigt werden (u. a. Urteil T. Port, Randnr. 40). Zu diesen Rechten gehört der Grundsatz der Gleichbehandlung (u. a. Urteil Deutschland/Rat, Randnr. 67).

23 Das Gericht hat in Randnummer 39 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass der von der Rechtsmittelführerin geltend gemachte Wettbewerbsnachteil der Neuunternehmen nicht auf die Einführung der gemeinsamen Marktorganisation zurückzuführen sei. Dies ist eine Tatsachenwürdigung und kann daher nach der oben in Randnummer 17 zitierten Rechtsprechung nicht zum Gegenstand des Verfahrens vor dem Gerichtshof gemacht werden, sofern keine Beweise für eine Verfälschung der Tatsachen vorliegen. Da somit eine der Anwendungsvoraussetzungen von Artikel 30 der Verordnung Nr. 404/93 nicht gegeben war, hat das Gericht mit seiner Feststellung in Randnummer 39 des angefochtenen Urteils, nach dieser Bestimmung könne der fragliche Nachteil nicht ausgeglichen werden, den Grundsatz der Gleichbehandlung nicht verletzt.

24 Nach alledem ist auch der zweite Rechtsmittelgrund und damit das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

25 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da Cordis mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem entsprechenden Antrag der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Gemäß Artikel 69 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Cordis Obst und Gemüse Großhandel GmbH trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Französische Republik trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

Zurück