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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 29.11.2000
Aktenzeichen: T-213/97
Rechtsgebiete: EG-Vertrag


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 173 (nach Änderung jetzt EG Art. 230)
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Nach der Systematik des Vertrages und der Antidumping-Grundverordnung Nr. 384/96 ist der Rat nicht verpflichtet, einen ihm von der Kommission unterbreiteten Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung endgültiger Antidumpingzölle zu verabschieden.

Wenn der Rat eine Verordnung zur Einführung endgültiger Antidumpingzölle nicht erlässt, da seine Abstimmung keine einfache Mehrheit für den ihm unterbreiteten Vorschlag ergeben hat, so kann diese Weigerung nicht mit einer Nichtigkeitsklage angefochten werden. Der Rat hat in diesem Fall keine mit einer Klage anfechtbare Vorschrift erlassen. Auch die bloße Feststellung nach der Abstimmung, dass die erforderliche Mehrheit für die Verabschiedung eines Vorschlags für eine Antidumpingverordnung verfehlt worden sei, stellt als solche keine anfechtbare Handlung im Sinne von Artikel 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) dar.

(vgl. Randnrn. 52-53, 56-58)


Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite erweiterte Kammer) vom 29. November 2000. - Comité des industries du coton et des fibres connexes de l'Union européenne (Eurocoton), Ettlin Gesellschaft für Spinnerei und Weberei AG, Textil Hof Weberei GmbH & Co. KG, H. Hecking Söhne GmbH & Co, Spinnweberei Uhingen GmbH, F.A. Kümpers GmbH & Co, Tenthorey SA, Les tissages des héritiers de G. Perrin Groupe Alain Thirion (HPG - GAT Tissages), Etablissements des fils de Victor Perrin SARL, Filatures & tissages de Saulxures-sur-Moselotte, Tissage Mouline Thillot, Tessival SpA, Filature Niggeler & Küpfer SpA und Standardtela SpA gegen Rat der Europäischen Union. - Dumping - Nichteinführung eines endgültigen Antidumpingzolls durch den Rat - Nichtigkeitsklage - Anfechtbarer Rechtsakt - Schadensersatzklage. - Rechtssache T-213/97.

Parteien:

In der Rechtssache T-213/97

Komitee der Baumwoll- und verwandten Textilindustrien der Europäischen Union (Eurocoton), Brüssel (Belgien),

Ettlin Gesellschaft für Spinnerei und Weberei AG, Ettlingen (Deutschland),

Textil Hof Weberei GmbH & Co. KG, Hof (Deutschland),

H. Hecking Söhne GmbH & Co., Stadtlohn (Deutschland),

Spinnweberei Uhingen GmbH, Uhingen (Deutschland),

F. A. Kümpers GmbH & Co., Rheine (Deutschland),

Tenthorey SA, Éloyes (Frankreich),

Les tissages des héritiers de G. Perrin - Groupe Alain Thirion (HPG-GAT Tissages), Cornimont (Frankreich),

tablissements des fils de Victor Perrin SARL, Thiéfosse (Frankreich),

Filatures et tissages de Saulxures-sur-Moselotte, Saulxures-sur-Moselotte (Frankreich),

Tissage Mouline Thillot, Thillot (Frankreich),

Tessival SpA, Azzano S. Paolo (Italien),

Filature Niggeler & Küpfer SpA, Capriolo (Italien),

Standardtela SpA, Mailand (Italien),

Prozessbevollmächtigte: C. Stanbrook, QC, und Barrister A. Dashwood, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts A. Kronshagen, 12, boulevard de la Foire, Luxemburg,

Kläger,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch Rechtsberaterin M. A. Santacruz und die Rechtsberater A. Tanca und S. Marquardt, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte H.-J. Rabe und G. M. Berrisch, Hamburg und Brüssel, Zustellungsbevollmächtigter: A. Morbilli, Generaldirektor der Direktion für Rechtsfragen der Europäischen Investitionsbank, 100, boulevard Konrad Adenauer, Luxemburg,

Beklagter,

unterstützt durch

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch J. E. Collins, Assistant Treasury Solicitor, als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift: Botschaft des Vereinigten Königreichs, 14, boulevard Roosevelt, Luxemburg,

Streithelfer,

wegen Nichtigerklärung der "Entscheidung" des Rates, den Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren roher Baumwollgewebe mit Ursprung in der Volksrepublik China, Ägypten, Indien, Indonesien, Pakistan und der Türkei (KOM[97] 160 endg. vom 21. April 1997) nicht zu verabschieden, und wegen Ersatzes des durch diese "Entscheidung" verursachten Schadens

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

(Zweite erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Pirrung sowie der Richter J. Azizi, A. Potocki, M. Jaeger und A. W. H. Meij,

Kanzler: G. Herzig, Verwaltungsrat

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2000,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt und Verfahren

1 Das Komitee der Baumwoll- und verwandten Textilindustrien der Europäischen Union (Eurocoton) reichte am 8. Januar 1996 bei der Kommission eine Beschwerde ein, in der es darlegte, dass die Einfuhren roher Baumwollgewebe mit Ursprung in der Volksrepublik China, Ägypten, Indien, Indonesien, Pakistan und der Türkei gedumpt seien und den betroffenen Wirtschaftszweig der Gemeinschaft erheblich schädigten.

2 Am 21. Februar 1996 veröffentlichte die Kommission eine Bekanntmachung über die Einleitung eines Antidumpingverfahrens betreffend die Einfuhren roher Baumwollgewebe mit Ursprung in diesen Ländern (ABl. C 50, S. 3).

3 Am 18. November 1996 erließ die Kommission die Verordnung (EG) Nr. 2208/96 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die fraglichen Einfuhren (ABl. L 295, S. 3).

4 Am 21. April 1997 legte die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die fraglichen Einfuhren vor (Dokument KOM[97] 160 endg.).

5 Gemäß Artikel 6 Absatz 9 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 56, S. 1; im Folgenden: Grundverordnung) werden Antidumpinguntersuchungen "[i]n jedem Fall... innerhalb von fünfzehn Monaten nach ihrer Einleitung... abgeschlossen". Im vorliegenden Fall endete diese Frist am 21. Mai 1997.

6 In einer Pressemitteilung vom 21. Mai 1997 zu seiner 2 007. Tagung (Binnenmarkt, 8134/97 - Presse 156) erklärte der Rat:

"Nach Durchführung des schriftlichen Verfahrens betreffend die Festlegung endgültiger Antidumpingzölle für Baumwollgewebe mit Ursprung in bestimmten Drittländern, das am 16. Mai [1997] mit negativem Ergebnis endete, bestand die französische Delegation erneut auf der Notwendigkeit des Erlasses solcher Maßnahmen."

7 Mit Telefax vom 23. Juni 1997 ersuchte Eurocoton das Generalsekretariat des Rates zum einen um schriftliche Bestätigung der Entscheidung des Rates, den genannten Vorschlag der Kommission abzulehnen, und zum anderen um Übermittlung einer Kopie der Entscheidung oder der entsprechenden Sitzungsniederschrift des Rates.

8 Am 24. Juni 1997 wurde Eurocoton geantwortet, der "Rat [habe] im schriftlichen Verfahren, das am 16. Mai 1997 abgeschlossen worden [sei], das Fehlen der notwendigen einfachen Mehrheit für den Erlass der [fraglichen] Verordnung festgestellt".

9 Daraufhin haben die Kläger mit am 18. Juli 1997 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift die vorliegende Klage erhoben.

10 Mit besonderem Schriftsatz, der am gleichen Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger beantragt, den Vollzug der angefochtenen Entscheidung auszusetzen. Dieser Antrag ist mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 2. Oktober 1997 in der Rechtssache T-213/97 R (Eurocoton u. a./Rat, Slg. 1997, II-1609) abgelehnt worden.

11 Am 14. Oktober 1997 hat der Beklagte eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben. Die Entscheidung über diese Einrede und über die Kosten hat das Gericht (Dritte erweiterte Kammer) mit Beschluss vom 26. März 1998 in der vorliegenden Rechtssache (nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) dem Endurteil vorbehalten.

12 Mit Antragsschriften, die am 19. und 22. Januar 1998 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben die Broome & Wellington Ltd und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland beantragt, im vorliegenden Verfahren zur Unterstützung der Anträge des Beklagten als Streithelfer zugelassen zu werden.

13 Mit Beschluss vom 25. Januar 1999 in der vorliegenden Rechtssache (nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) hat der Präsident der Zweiten erweiterten Kammer des Gerichts die Broome & Wellington Ltd und das Vereinigte Königreich als Streithelfer zugelassen und daneben dem Antrag der Kläger auf vertrauliche Behandlung von Unterlagen gegenüber den Streithelfern stattgegeben.

14 Den Streithelfern ist eine Frist für die Einreichung ihrer Schriftsätze gesetzt worden.

15 Mit Schreiben vom 15. Februar 1999 hat das Vereinigte Königreich mitgeteilt, dass es auf die Einreichung eines Schriftsatzes verzichte.

16 Mit Schreiben vom 8. März 1999 hat die Broome & Wellington Ltd dem Gericht mitgeteilt, dass sie aus dem vorliegenden Verfahren ausscheide. Die anderen Verfahrensbeteiligten haben dazu keine Stellungnahme abgegeben. Mit Beschluss des Präsidenten der Zweiten erweiterten Kammer des Gerichts vom 17. Mai 1999 in der vorliegenden Rechtssache ist die Broome & Wellington Ltd als Streithelferin gestrichen und sind den Parteien jeweils ihre durch den Beitritt der Broome & Wellington Ltd zum Verfahren verursachten eigenen Kosten auferlegt worden.

17 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Zweite erweiterte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

18 Mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs, das auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verzichtet hat, haben die Parteien in der Sitzung vom 26. Januar 2000 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

Anträge der Verfahrensbeteiligten

19 Die Kläger beantragen,

- die Entscheidung des Rates, den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren roher Baumwollgewebe mit Ursprung in der Volksrepublik China, Ägypten, Indien, Indonesien, Pakistan und der Türkei und zur Vereinnahmung des mit der Verordnung Nr. 2208/96 eingeführten vorläufigen Antidumpingzolls abzulehnen, für nichtig zu erklären;

- den Rat zum Ersatz des gesamten Schadens zu verurteilen, der ihnen aus dieser Entscheidung entstanden ist;

- dem Rat die Kosten des Verfahrens oder jedenfalls die Kosten der Unzulässigkeitseinrede aufzuerlegen.

20 Der Rat beantragt,

- die Klage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet abzuweisen;

- den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

21 Das Vereinigte Königreich unterstützt die Anträge und das Vorbringen des Beklagten.

Zur Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage

22 Der Beklagte stützt seine Unzulässigkeitseinrede auf drei Gründe. Er macht erstens geltend, es liege keine anfechtbare Handlung im Sinne von Artikel 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) vor. Zweitens hätten die Kläger kein Rechtsschutzinteresse. Drittens seien sie - mit Ausnahme von Eurocoton - von der Handlung, die sie anfechten wollten, nicht individuell betroffen.

23 Zunächst ist der erste Einwand zu prüfen, dass keine anfechtbare Handlung vorliege.

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

24 Der Rat trägt hierfür im Wesentlichen drei Argumente vor.

25 Er macht erstens geltend, die Beendigung des schriftlichen Verfahrens am 16. Mai 1997 sei keine anfechtbare Handlung im Sinne von Artikel 173 EG-Vertrag (Urteile des Gerichtshofes vom 11. November 1981 in der Rechtssache 60/81, IBM/Kommission, Slg. 1981, 2639, Randnr. 9, und des Gerichts vom 24. März 1994 in der Rechtssache T-3/93, Air France/Kommission, Slg. 1994, II-121, Randnr. 43). Es handele sich dabei nicht um eine "Maßnahme" im Sinne des Urteils IBM/Kommission. In Wirklichkeit liege überhaupt keine Handlung vor, denn der Rat habe sich, wie die Kläger einräumten, darauf beschränkt, "nichts zu tun".

26 Mit der Beendigung des schriftlichen Verfahrens sei der durch die Verordnung Nr. 2208/96 festgelegte vorläufige Antidumpingzoll nicht aufgehoben worden. Vielmehr sei der vorläufige Zoll gemäß Artikel 3 der Verordnung Nr. 2208/96 mit dem bloßen Ablauf der Frist von sechs Monaten ab Inkrafttreten der Verordnung unanwendbar geworden.

27 Auch der Hinweis der Kläger auf die Urteile des Gerichtshofes vom 28. November 1989 in der Rechtssache C-121/86 (Epicheiriseon Metalleftikon Viomichanikon kai Naftiliakon u. a./Rat, Slg. 1989, 3919) und vom 27. November 1991 in der Rechtssache C-315/90 (Gimelec u. a./Kommission, Slg. 1991, I-5589) gehe fehl, denn in jenen beiden Rechtssachen sei das Vorliegen einer anfechtbaren Handlung gerade nicht zweifelhaft gewesen.

28 Der Klagegrund der fehlenden Begründung bestätige dieses Ergebnis. Der Rat dürfe beim Erlass von Rechtsakten nur auf Vorschlag der Kommission tätig werden, er werde aber nie mit einem "Vorschlag" befasst, der eine Begründung dafür enthalte, warum ein Vorschlag der Kommission nicht verabschiedet werden solle. Die Mitgliedstaaten könnten im Übrigen für ihre Ablehnung eines Vorschlags unterschiedliche Gründe haben, die der Rat offenkundig nicht angeben könne.

29 Hilfsweise macht der Rat zweitens geltend, dass ein negativer Ausgang des schriftlichen Verfahrens noch nicht die endgültige Ablehnung eines Kommissionsvorschlags bedeute. Unter den in der Geschäftsordnung des Rates (Beschluss 93/662/EG des Rates vom 6. Dezember 1993, ABl. L 304, S. 1, geändert durch den Beschluss 95/24/EG, EGKS, Euratom des Rates vom 6. Februar 1995, ABl. L 31, S. 14), insbesondere in ihrem Artikel 2 Absatz 5, festgelegten Voraussetzungen hätte der Vorschlag noch verabschiedet werden können. Im vorliegenden Fall habe sich die französische Delegation gerade um eine erneute Beratung und Verabschiedung des Vorschlags bemüht, wenn auch, mangels Vorliegen der in der Geschäftsordnung festgelegten Voraussetzungen, ohne Erfolg.

30 Der Rat trägt drittens vor, es sei gemäß Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts unzulässig, dass die Kläger nunmehr etwas durch Ablauf der Frist von fünfzehn Monaten und nicht mehr durch die Beendigung des schriftlichen Verfahrens anfechten wollten, das angeblich am 16. Mai 1997 zu einer Entscheidung geworden sei. Dieses in ihrer Stellungnahme zur Unzulässigkeitseinrede verspätet geltend gemachte Vorbringen ändere nämlich den Gegenstand der Klage.

31 Die Kläger führen aus, dass der Rechtsakt, dessen Nichtigerklärung sie begehrten, die Entscheidung des Rates sei, den Kommissionsvorschlag einer Verordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die fraglichen Einfuhren abzulehnen. Die Beendigung des schriftlichen Verfahrens am 16. Mai 1997 komme einer endgültigen Entscheidung des Rates über die Ablehnung dieses Vorschlags gleich (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 5. Dezember 1963 in den verbundenen Rechtssachen 23/63, 24/63 und 52/63, Usines Émile Henricot u. a./Hohe Behörde, Slg. 1963, 467).

32 Andernfalls bliebe, wenn der Rat nicht tätig werde, den Beschwerdeführern, die eine Antidumpinguntersuchung veranlasst hätten, jeder gerichtliche Rechtsbehelf versagt. Dies liefe aber sowohl allgemeinen Rechtsgrundsätzen (vgl. zum Wettbewerbsrecht: Urteile des Gerichtshofes vom 25. Oktober 1977 in der Rechtssache 26/76, Metro/Kommission, Slg. 1977, 1875, und vom 11. Oktober 1983 in der Rechtssache 210/81, Demo-Studio Schmidt/Kommission, Slg. 1983, 3045; zu staatlichen Beihilfen: Urteile vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 169/84, Cofaz u. a./Kommission, Slg. 1986, 391, und vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C-225/91, Matra/Kommission, Slg. 1993, I-3203; zu Ausgleichszöllen: Urteil vom 4. Oktober 1983 in der Rechtssache 191/82, Fediol/Kommission, Slg. 1983, 2913; zu institutionellen Fragen: Urteile vom 23. April 1986 in der Rechtssache 294/83, Les Verts/Parlament, Slg. 1986, 1339, und vom 22. Mai 1990 in der Rechtssache C-70/88, Parlament/Rat, Slg. 1990, I-2041) als auch dem Zweck der Grundverordnung zuwider.

33 Dass die rechtliche Lage der Kläger dadurch beeinträchtigt worden sei, dass der Rat die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen nicht verabschiedet habe, sei in Wirklichkeit nicht zweifelhaft.

34 Hätte sich nach Konsultationen herausgestellt, dass keine Schutzmaßnahmen notwendig gewesen wären, und wäre das Antidumpingverfahren gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Grundverordnung eingestellt worden, so wäre die Klage statthaft gewesen (Urteile Epicheiriseon Metalleftikon Viomichanikon kai Naftiliakon u. a./Rat und Gimelec u. a./Kommission). Eine Klage sei aber umso mehr geboten, wenn das Verfahren durch den Ablauf der Frist von fünfzehn Monaten beendet werde. Unter diesen Umständen komme es, selbst wenn der Rat, wie er behaupte, den Vorschlag der Kommission auch noch nach dem 16. Mai 1997 hätte verabschieden können, einem negativen, die Ablehnung des Kommissionsvorschlags bestätigenden Rechtsakt des Rates gleich, wenn er diese Frist verstreichen lasse.

35 Auch die vorgelegten Schriftstücke führten zu dem Schluss, dass die Beendigung des schriftlichen Verfahrens am 16. Mai 1997 durchaus eine endgültige Entscheidung darstelle (vgl. die Pressemitteilung des Rates vom 21. Mai 1997 und das Telefax des Rates an Eurocoton vom 24. Mai 1997). Finde - ob schriftlich oder nicht - eine förmliche Abstimmung statt und werde die erforderliche Mehrheit nicht erreicht, so bedeute dies eine Ablehnung des Vorschlags, und dessen rechtliche Wirkung sei dann erschöpft: Nur ein neuer Vorschlag der Kommission könne das Gesetzgebungsverfahren wieder in Gang zu setzen.

36 Die Schwierigkeiten, die sich dem Rat hinsichtlich der Begründung seiner Entscheidung stellten, könnten solche negativen Rechtsakte wie den hier angefochtenen nicht der gerichtlichen Nachprüfung entziehen.

Würdigung durch das Gericht

37 Artikel 9 Absatz 4 der Grundverordnung bestimmt: "Ergibt sich aus der endgültigen Feststellung des Sachverhalts, dass Dumping und eine dadurch verursachte Schädigung vorliegen und das Gemeinschaftsinteresse ein Eingreifen gemäß Artikel 21 erfordert, so setzt der Rat auf einen nach Konsultationen im Beratenden Ausschuss von der Kommission unterbreiteten Vorschlag mit einfacher Mehrheit einen endgültigen Antidumpingzoll fest."

38 Endgültige Antidumpingzölle werden gemäß Artikel 14 Absatz 1 der Grundverordnung durch Verordnung eingeführt.

39 Verabschiedet der Rat eine Verordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls, so ist diese unstreitig ein anfechtbarer Rechtsakt im Sinne von Artikel 173 EG-Vertrag, der - bei Vorliegen der übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen gemäß dieser Bestimmung - einer Rechtmäßigkeitskontrolle unterzogen werden kann.

40 Daraus lässt sich aber nicht der Umkehrschluss ziehen, dass auch dann, wenn der Rat den Vorschlag einer Verordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls nicht verabschiedet, notwendig eine anfechtbare Handlung im Sinne von Artikel 173 EG-Vertrag vorläge.

41 Ob eine anfechtbare Handlung im Sinne dieser Bestimmung gegeben ist, kann nämlich nur von Fall zu Fall beurteilt werden.

42 Im vorliegenden Fall begehren die Kläger die Nichtigerklärung der "Entscheidung" des Rates, keinen endgültigen Antidumpingzoll einzuführen. Laut Randnummer 22 der Klageschrift soll diese Entscheidung in der "Beendigung des schriftlichen Verfahrens am 16. Mai 1997" liegen.

43 Es ist zunächst zu klären, ob die Kläger einen Anspruch auf den Erlass einer Verordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls durch den Rat haben, welcher Art also die dem Rat in diesem Bereich verliehenen Befugnisse sind.

44 Insoweit ist erstens festzustellen, dass keine Bestimmung des EG-Vertrags den Rat dazu verpflichtet, auf Vorschlag der Kommission eine Verordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls zu erlassen.

45 Zweitens stehen den Beschwerdeführern nach der Systematik der Grundverordnung im Rahmen eines von der Kommission geführten Antidumping-Untersuchungsverfahrens zwar genau umschriebene Rechte zu (vgl. u. a. Urteil Fediol/Kommission, Randnr. 25, zur Einführung eines Ausgleichszolls).

46 Die Grundverordnung gibt den Klägern aber keinen Anspruch darauf, dass der Rat einen Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auch verabschiedet.

47 Gemäß Artikel 9 Absatz 4 der Grundverordung wird ein endgültiger Antidumpingzoll vom Rat "auf einen... von der Kommission unterbreiteten Vorschlag mit einfacher Mehrheit" festgesetzt. Aus der Bezugnahme auf dieses Abstimmungsverfahren folgt implizit, aber zwingend, dass der Rat den Vorschlag der Kommission nicht verabschiedet hat, wenn nur eine Minderheit der Mitgliedstaaten der Auffassung war, dass die Voraussetzungen für die Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls erfuellt sind.

48 Überdies heißt es in Artikel 1 der Grundverordnung, dass auf jede Ware, die Gegenstand eines Dumpings ist und deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Gemeinschaft eine Schädigung verursacht, ein Antidumpingzoll erhoben werden "kann".

49 Auch wenn Artikel 6 Absatz 9 der Grundverordnung für die Untersuchung eine Hoechstdauer festlegt, lässt sich daraus nicht schließen, dass der Rat verpflichtet wäre, einen Vorschlag der Kommission zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls zu verabschieden. Dies wäre nicht nur mit den vorgenannten Bestimmungen unvereinbar, sondern würde auch den Zweck verkennen, der mit der Festlegung derartiger Fristen verfolgt wird. Sie soll nämlich nur verhindern, dass Antidumpingverfahren übermässig lange dauern, und allen Beteiligten, dem Wirtschaftszweig der Gemeinschaft ebenso wie den Unternehmen der Drittstaaten, zum Fristende Klarheit darüber verschaffen, welche Folgen die Untersuchung hat.

50 Schließlich lässt sich eine Verpflichtung des Rates zur Festsetzung eines endgültigen Antidumpingzolls auch nicht aus dem Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 (ABl. L 336, S. 103; im Folgenden: Antidumpingkodex) herleiten. Dessen Bestimmungen regeln nämlich nur die restriktiven Voraussetzungen, unter denen eine Vertragspartei einen Antidumpingzoll einführen und damit die Ausfuhren eines anderen, dem Abkommen beigetretenen Staates beeinträchtigen darf. Wie Artikel 1 des Antidumpingkodex zu entnehmen ist, sollen diese Bestimmungen damit den Vertragsparteien nur die Gewähr geben, dass keine von ihnen einen Antidumpingzoll einführt, wenn die festgelegten Voraussetzungen nicht vorliegen.

51 Sie können hingegen nicht dahin verstanden werden, dass sie die Vertragsparteien zur Einführung von Antidumpingzöllen verpflichten. Artikel 9 Absatz 1 des Antidumpingkodex bezeichnet es im Gegenteil als "wünschenswert, dass... die Festsetzung [von Antidumpingzöllen] fakultativ... ist".

52 Die Kläger haben somit keinen Anspruch darauf, dass der Rat einen ihm von der Kommission unterbreiteten Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls verabschiedet.

53 Im Licht dieser sich aus der Systematik des Vertrages und der Grundverordnung ergebenden Erwägungen ist zu prüfen, ob die Kläger in einem Fall wie dem Ausgangssachverhalt zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage befugt sind.

54 Nach ständiger Rechtsprechung sind alle Maßnahmen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen des Klägers durch einen Eingriff in seine Rechtsstellung beeinträchtigen, Handlungen oder Entscheidungen, gegen die die Nichtigkeitsklage nach Artikel 173 des Vertrages gegeben ist (vgl. u. a. Urteil IBM/Kommission).

55 Demgemäß ist die Nichtigkeitsklage gegen alle Handlungen der Organe, die dazu bestimmt sind, Rechtswirkungen zu erzeugen, unabhängig von der Rechtsnatur oder der Form dieser Handlungen gegeben (Urteil des Gerichtshofes vom 31. März 1971 in der Rechtssache 22/70, Kommission/Rat, Slg. 1971, 263, Randnr. 42).

56 Im vorliegenden Fall nahm der Rat, da seine Abstimmung im schriftlichen Verfahren am 16. Mai 1997 keine einfache Mehrheit für den Vorschlag einer Verordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls ergab, keine Handlung vor.

57 Auch die bloße Feststellung nach der Abstimmung, dass die erforderliche Mehrheit für die Verabschiedung eines Vorschlags für eine Antidumpingverordnung verfehlt worden sei, stellt als solche keine anfechtbare Handlung im Sinne von Artikel 173 EG-Vertrag dar.

58 Ist nämlich die Erzielung eines positiven Abstimmungsergebnisses der rechtliche Verfahrensschritt, mit dem der Rechtsakt verabschiedet wird, so bedeutet ein negatives Abstimmungsergebnis nur, dass keine Entscheidung getroffen wurde.

59 Soweit die Kläger geltend machen, bei Unzulässigkeit ihrer Nichtigkeitsklage gäbe es für sie keinen gerichtlichen Rechtsschutz, ist daran zu erinnern, dass die gerichtliche Kontrolle, auf die sie Anspruch haben, der Natur der den Gemeinschaftsorganen auf dem Gebiet des Antidumping vorbehaltenen Befugnisse Rechnung tragen muss (Urteil Fediol/Kommission, Randnr. 29). Die Lage, in der sich die Kommission insbesondere bei der Prüfung der Beschwerde und der Beurteilung der aus ihr zu ziehenden Konsequenzen befindet, ist aber nicht vergleichbar mit der Lage des Rates. Der Rat muss zwar einen ihm unterbreiteten Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines Antidumpingzolls in die Tagesordnung seiner Tagungen aufnehmen, er ist aber nicht zu dessen Verabschiedung verpflichtet.

60 Liegt der Fall so, dass die unterbliebene Verabschiedung einer Verordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls - z. B. wegen eines schweren Verfahrensmangels - einen Fehler darstellt, so bleibt den Klägern im Übrigen die Möglichkeit, nach den Artikeln 178 und 215 EG-Vertrag (jetzt Artikel 235 EG und 288 EG) eine Schadensersatzklage zu erheben. Eben dies haben sie hier auch getan.

61 Die Nichtigkeitsklage ist deshalb als unzulässig abzuweisen, ohne dass das weitere Vorbringen des Beklagten im Rahmen seiner Unzulässigkeitseinrede geprüft zu werden braucht.

62 In ihrer Stellungnahme zur Unzulässigkeitseinrede (insbesondere in den Randnummern 7 und 9) haben die Kläger ferner geltend gemacht, dass der negative Rechtsakt, der aus dem Ablauf der Frist von fünfzehn Monaten des Artikels 6 Absatz 9 der Grundverordnung resultiere, nicht rechtmäßig sei.

63 Mit diesem Vorbringen haben die Kläger unter Verstoß gegen Artikel 19 der EG-Satzung des Gerichtshofes und Artikel 44 der Verfahrensordnung des Gerichts einen neuen Antrag gestellt, der als solcher für unzulässig zu erklären ist.

64 Jedenfalls bildet der bloße Ablauf der Frist von fünfzehn Monaten des Artikels 6 Absatz 9 der Grundverordnung keine Entscheidung des Rates, die mit einer Nichtigkeitsklage gemäß Artikel 173 EG-Vertrag angefochten werden könnte.

Zur Schadensersatzklage

1. Zur Zulässigkeit

65 Der Beklagte macht geltend, die Klageschrift stehe nicht im Einklang mit Artikel 19 der Satzung des Gerichtshofes und Artikel 44 der Verfahrensordnung des Gerichts. Sie ermangele der für die Zulässigkeit einer Schadensersatzklage erforderlichen Bestimmtheit (vgl. z. B. Urteil des Gerichts vom 10. Juli 1990 in der Rechtssache T-64/89, Automec/Kommission, Slg. 1990, II-367, Randnrn. 73 und 74).

66 Diese Einrede greift nicht durch.

67 Die Klageschrift enthält hinreichende Angaben, um das dem Organ vorgeworfene Verhalten, die Art und den Umfang des behaupteten Schadens und die Gründe festzustellen, aus denen nach Auffassung der Kläger ein Kausalzusammenhang zwischen dem vorgeworfenen Verhalten und dem behaupteten Schaden besteht.

68 Den Anforderungen der vorgenannten Bestimmungen ist damit genügt. In Wirklichkeit betreffen die Einwände des Beklagten, vor allem zur Art des Schadens und zum Nachweis eines Kausalzusammenhangs, die Frage der Begründetheit der Klage.

69 Die vom Rat erhobene Einrede der Unzulässigkeit ist deshalb zurückzuweisen.

2. Zur Begründetheit

70 Nach ständiger Rechtsprechung ist die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft an das Zusammentreffen mehrerer Voraussetzungen geknüpft: Das den Gemeinschaftsorganen vorgeworfene Verhalten muss rechtswidrig sein, es muss ein tatsächlicher und sicherer Schaden entstanden sein, und zwischen dem Verhalten des betreffenden Organs und dem angeblichen Schaden muss ein unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang bestehen (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. September 1998 in der Rechtssache T-54/96, Oleifici italiani und Fratelli Rubino/Kommission, Slg. 1998, II-3377, Randnr. 66).

71 Im vorliegenden Fall ist die Schadensersatzklage im Hinblick auf die erste dieser Voraussetzungen zu prüfen.

Vorbringen der Kläger

72 Die Kläger meinen zunächst, dass sie nur das Vorliegen eines einfachen Fehlers, nicht aber einer hinreichend qualifizierten Verletzung einer höherrangigen, dem Schutz des Einzelnen dienenden Rechtsnorm nachweisen müssten. Bei der Ausübung seiner Befugnisse aus der Grundverordnung treffe der Rat nämlich keine wirtschaftspolitischen Entscheidungen im Sinne des Urteils des Gerichtshofes vom 2. Dezember 1971 in der Rechtssache 5/71 (Zuckerfabrik Schöppenstedt/Rat, Slg. 1971, 975). Allerdings seien die vom Rat im vorliegenden Fall begangenen Fehler auch eine hinreichend qualifizierte Verletzung einer höherrangigen, dem Schutz des Einzelnen dienenden Rechtsnorm.

73 Die Kläger legen dem Rat zwei verschiedene Fehler zur Last, nämlich in erster Linie, dass er den ihm von der Kommission vorgelegten Verordnungsvorschlag abgelehnt habe, obgleich er dazu nicht befugt gewesen sei, und hilfsweise, dass er, sollte er doch die Befugnis dazu besessen haben, sie jedenfalls willkürlich ausgeübt habe.

Zu dem in erster Linie gerügten Fehler: Fehlende Befugnis des Rates, den Vorschlag der Kommission ohne weiteres abzulehnen

74 Die Kläger machen geltend, Artikel 9 Absatz 4 der Grundverordnung schreibe vor, dass der Rat einen Antidumpingzoll "festsetzt", wenn die endgültige Feststellung des Sachverhalts ergebe, dass "Dumping und eine dadurch verursachte Schädigung vorliegen und das Gemeinschaftsinteresse ein Eingreifen... erfordert".

75 Nach Artikel 6 Absatz 9 der Grundverordnung müsse eine Untersuchung außerdem innerhalb von fünfzehn Monaten nach ihrer Einleitung abgeschlossen werden. Diese von der Grundverordnung eingeführte Befristung schaffe für den Rat eine veränderte Rechtslage.

76 Das dem Rat früher zuerkannte Ermessen (Urteil des Gerichtshofes vom 14. März 1990 in den verbundenen Rechtssachen C-133/87 und C-150/87, Nashua Corporation u. a./Kommission und Rat, Slg. 1990, I-719; Beschluss des Gerichts vom 10. Juli 1996 in der Rechtssache T-208/95, Miwon/Kommission, Slg. 1996, II-635) finde eine zwingende Grenze in dem Versuch, vor Ablauf der Frist von fünfzehn Monaten eine für die einfache Mehrheit der Ratsmitglieder akzeptable Lösung zu finden, die im Einklang mit den endgültigen Feststellungen der Kommission zum Vorliegen eines Dumpings, eines dadurch verursachten Schadens sowie zum Gemeinschaftsinteresse stehe. Der Rat sei nicht verpflichtet, den ursprünglichen Vorschlag der Kommission zu verabschieden. Er müsse aber bei Ablauf der Frist den Vorschlag, der sich aus den Beratungen zwischen den beiden Gemeinschaftsorganen ergeben habe, entweder verabschieden oder ändern und dürfe also weder eine mit den Feststellungen der Kommission unvereinbare Entscheidung treffen noch, was auf das Gleiche hinausliefe, von einer Entscheidung über den Kommissionsvorschlag absehen. Die Grundverordnung enthalte im Übrigen keine Bestimmung, die den Rat ermächtige, den Kommissionsvorschlag abzulehnen oder seine Verabschiedung zu unterlassen.

77 Für eine Antidumpinguntersuchung gebe es in Wirklichkeit zwei Möglichkeiten des Abschlusses. Die erste sei die Einstellung des Verfahrens ohne Erlass endgültiger Maßnahmen; sie komme nur in Betracht, wenn die Beschwerde zurückgenommen werde oder wenn es am Dumping, am Schaden oder am Gemeinschaftsinteresse fehle (Artikel 9 Absätze 1 und 2). Die zweite sei die Einführung eines endgültigen Zolls (Artikel 9 Absatz 4 der Grundverordnung), wenn nämlich die endgültige Feststellung des Sachverhalts das Vorliegen eines Dumpings, eines dadurch verursachten Schadens und ein Gemeinschaftsinteresse ergebe, das ein Eingreifen erfordere.

78 Entscheidend sei somit der von der Kommission endgültig festgestellte Sachverhalt. Der Rat, der keine Untersuchungsbefugnis besitze, habe nicht die Kompetenz, die Feststellungen der Kommission zum Sachverhalt zu übergehen.

79 Um die Einhaltung der Bestimmungen der Grundverordnung und des Artikels 6 Absatz 9 des Antidumpingkodexes zu gewährleisten, komme eine andere als diese Auslegung der jeweiligen Rollen von Kommission und Rat nicht in Betracht.

80 Dies stelle die Freiheit der Ratsmitglieder bei der Ausübung ihres Stimmrechts nicht in Frage. Es sei aber zu unterscheiden zwischen dieser Freiheit, die zur politischen Verantwortung der Mitgliedstaaten gehöre, und einer rechtlichen Verpflichtung, die das Organ selbst binde. Der Rat könne eine ihm obliegende Verpflichtung nicht mit der Begründung umgehen, dass seine Mitglieder ihn nicht zu ihrer Erfuellung ermächtigten.

Zu den hilfsweise geltend gemachten Fehlern

- Zur bewussten Verwerfung oder offensichtlich fehlerhaften Beurteilung des von der Kommission festgestellten Sachverhalts

81 Die Kläger tragen vor, die Kommission habe sowohl in der Verordnung zur Einführung eines vorläufigen Zolles als auch in dem Vorschlag einer Verordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls das Vorliegen eines Dumpings und eines dadurch verursachten erheblichen Schadens klar festgestellt und daraus den Schluss gezogen, dass die Festsetzung eines endgültigen Antidumpingzolls im Gemeinschaftsinteresse liege. Da der Rat im Allgemeinen zu den detaillierten Unterlagen und Ermittlungsergebnissen der Kommission keinen Zugang habe, sei es undenkbar, dass er zu einer anderen Beurteilung des Sachverhalts habe gelangen können.

- Zur Missachtung der Verfahrensrechte und des berechtigten Vertrauens des Beschwerdeführers

82 Die Grundverordnung verleihe dem Beschwerdeführer in einer Antidumpinguntersuchung bestimmte Rechte (Urteil Fediol/Kommission, Randnr. 28). Diese Rechte würden zunichte gemacht, wenn der Rat einen Vorschlag der Kommission schlicht ablehnen könnte, ohne deren Feststellungen am Ende ihrer Untersuchung zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Schlußanträge von Generalanwalt M. Verloren van Themaat in der Rechtssache Cofaz u. a./Kommission, Slg. 1986, 392, und Urteil des Gerichts vom 18. September 1992 in der Rechtssache T-24/90, Automec/Kommission, Slg. 1992, II-2223). Zumindest hätten die Kläger in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen dürfen, dass der Rat den von der Kommission festgestellten Sachverhalt mit aller gebotenen Sorgfalt prüfen würde.

83 Entgegen der Auffassung des Rates bestuenden diese Verfahrensrechte sowohl gegenüber der Kommission als auch gegenüber dem Rat. So verwende der Antidumpingkodex in diesem Sinne unterschiedslos den Begriff "Behörden".

- Zum Verstoß gegen die Begründungspflicht

84 Die Kläger rügen, dass der Rat seine Ablehnung des Kommissionsvorschlags nicht begründet habe. Die bloße Angabe, dass das schriftliche Verfahren mangels Erreichung der erforderlichen Stimmenzahl abgeschlossen sei, genüge nicht, um die Ablehnung der detaillierten Feststellungen zum Sachverhalt, die die Kommission nach einem dem Schutz der Verfahrensrechte aller Beteiligten dienenden Untersuchung getroffen habe, zu begründen.

85 Dass es keinen Kommissionsvorschlag gebe, der die "Gründe" für die Nichtverabschiedung von Antidumpingmaßnahmen darlege, entbinde den Rat nicht von der Verpflichtung zur Begründung seiner Entscheidungen. Diese Verpflichtung habe ein Gemeinschaftsorgan auch bei Fehlen einer besonderen Rechtsnorm (vgl. u. a. Urteil des Gerichtshofes vom 29. März 1979 in der Rechtssache 113/77, NTN Toyo Bearing u. a./Rat, Slg. 1979, 1185).

Würdigung durch das Gericht

86 Aus den oben in den Randnummern 43 bis 52 dargelegten Gründen ist die von den Klägern in erster Linie erhobene Rüge zurückzuweisen. Der Rat ist nicht verpflichtet, einen ihm von der Kommission vorgelegten Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls anzunehmen.

87 Die von den Klägern hilfsweise gerügten Fehler beruhen auf der unzutreffenden Voraussetzung, dass die Kläger einen Anspruch auf Verabschiedung einer Verordnung durch den Rat hätten.

88 Was die Behauptung angeht, der Rat habe die Feststellungen der Kommission zum Sachverhalt verworfen, so ist der Rat nicht verpflichtet, auf Vorschlag der Kommission eine Verordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls zu erlassen. Die Kommission wird dem Rat einen Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls naturgemäß nur dann vorlegen, wenn sie der Auffassung ist, daß ihre Feststellungen zum Sachverhalt das Vorliegen eines Dumpings, eines dadurch verursachten Schadens und eines ein Eingreifen gebietenden Gemeinschaftsinteresses ergeben haben. Dies ändert nichts daran, dass die Verabschiedung dieses Vorschlags rechtlich unmöglich ist, wenn sie nur eine Minderheit der Mitgliedstaaten für erforderlich hält.

89 Da den Rat insoweit keinerlei Verpflichtung trifft, können die Kläger auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass es gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoße, wenn der Rat von der Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls absieht. Das berechtigte Vertrauen, auf das sich die Kläger berufen, bezieht sich im Übrigen nur darauf, dass der Rat die Umstände des Falles sorgfältig prüfen werde. Aus den Akten ergibt sich aber nichts dafür, dass der Rat dies nicht getan hätte.

90 Auch das Argument, der angebliche Begründungsmangel führe zur Rechtswidrigkeit, greift nicht durch. Insoweit genügt der Hinweis, dass gemäß Artikel 190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG) die Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen u. a. des Rates mit Gründen zu versehen sind. Hier hat die Zulässigkeitsprüfung der Nichtigkeitsklage aber ergeben, dass der Rat keinen Rechtsakt verabschiedete.

91 Das Vorbringen der Kläger zu den Verfahrensgarantien schließlich ist in Wirklichkeit Teil ihres Hauptvortrags, mit dem eine Verpflichtung des Rates aufgezeigt werden sollte, einen Vorschlag für eine Antidumpingverordnung zu verabschieden. Die Kläger bestreiten nämlich nicht, dass die ihnen durch die Grundverordnung eingeräumten Verfahrensrechte in vollem Umfang gewahrt wurden, sondern machen geltend, diese Rechte würden zunichte gemacht, wenn der Rat, wie im vorliegenden Fall geschehen, von der Verabschiedung eines Verordnungsvorschlags absehen dürfe. Wie oben festgestellt, ergibt sich aber die Möglichkeit, dass der Rat den Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines Antidumpingzolls nicht verabschiedet, aus der Systematik sowohl des Vertrages als auch der Grundverordnung selbst.

92 Nach alledem ist die Schadensersatzklage jedenfalls mangels eines Fehlers des Rates abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

93 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung hat die unterliegende Partei die Kosten zu tragen, wenn Kostenantrag gestellt wird. Da die Kläger mit ihren Anträgen unterlegen sind, haben sie entsprechend dem Antrag des Beklagten die Kosten des Verfahrens zu tragen.

94 Nach Artikel 87 § 4 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Dem Vereinigten Königreich sind daher seine eigenen Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Zweite erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Das Königreich Großbritannien und Nordirland trägt seine eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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