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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 06.12.1994
Aktenzeichen: T-450/93
Rechtsgebiete: VO (EWG) Nr. 2950/83, EWG-Vertrag


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 2950/83 Art. 5
VO (EWG) Nr. 2950/83 Art. 6
EWG-Vertrag Art. 123
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Übertragung der Zeichnungsberechtigung ist eine interne Geschäftsverteilungsmaßnahme der Gemeinschaftsverwaltung. Im Fall der Kommission steht sie in Einklang mit Artikel 27 der Geschäftsordnung der Kommission und stellt die normale Maßnahme dar, mit der die Kommission ihre Befugnisse wahrnimmt. Beamte können daher ermächtigt werden, im Namen und vorbehaltlich der Kontrolle der Kommission eindeutig umschriebene Maßnahmen der Geschäftsführung und der Verwaltung zu treffen.

2. Die Beachtung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen können, ist ein fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechts und muß auch dann sichergestellt werden, wenn eine Regelung für das betreffende Verfahren fehlt. Dieser Grundsatz gebietet es, jeder Person, der gegenüber eine beschwerende Entscheidung ergehen kann, Gelegenheit zu geben, zu den Gesichtspunkten Stellung zu nehmen, auf die bei der Begründung der streitigen Entscheidung zu ihrem Nachteil abgestellt wird.

Dies gilt auch für die Empfänger eines vom Europäischen Sozialfonds bewilligten Zuschusses für eine in einem Mitgliedstaat durchgeführte Maßnahme der beruflichen Bildung, wenn die Kommission beabsichtigt, den zunächst bewilligten Zuschuß deswegen zu kürzen, weil er nicht gemäß den Bedingungen der Entscheidung über die Genehmigung verwandt wird. Die Tatsache, daß der betroffene Mitgliedstaat der einzige Ansprechpartner des Fonds und der Adressat einer etwaigen Kürzungsentscheidung ist, schließt es nämlich nicht aus, daß eine unmittelbare Beziehung zwischen der Kommission und dem Empfänger entsteht, der unmittelbar die wirtschaftlichen Folgen der Kürzung trägt, da er vorrangig für die ohne Rechtsgrund empfangenen Beträge haftet.

Eine Kürzungsentscheidung ist folglich unter Verletzung der Verteidigungsrechte des Empfängers ergangen, wenn diesem weder die Untersuchungsberichte der Kommission bezueglich der Bedingungen für die Durchführung der bezuschussten Bildungsmaßnahmen noch die Beanstandungen, die die Kommission ihm gegenüber erhob, mitgeteilt wurden, er von der Kommission vor dem Erlaß der Entscheidung nicht angehört wurde und die mit der Überprüfung der betreffenden Angaben betraute nationale Behörde, nachdem sie von der Kommission aufgefordert worden war, zu der beabsichtigten Kürzung Stellung zu nehmen, gegenüber der Kommission, ohne den Empfänger zuvor angehört zu haben, erklärte, daß sie diese Entscheidung annehme.

3. Eine Entscheidung der Kommission über die Kürzung eines zunächst bewilligten Zuschusses des Europäischen Sozialfonds für eine Maßnahme der beruflichen Bildung, die für die empfangende Einrichtung schwerwiegende Folgen hat, muß die Gründe klar wiedergeben, die diese Kürzung gegenüber dem ursprünglich bewilligten Betrag rechtfertigen. Diese Anforderung, die Artikel 190 EWG-Vertrag an die Begründung stellt, ist nicht erfuellt, wenn bei einer Kürzungsentscheidung, die mehrere, von verschiedenen Einrichtungen durchgeführte Maßnahmen betrifft, nicht für jede Einrichtung die von der Kürzung betroffenen Posten angegeben und für jede Einrichtung die Gründe, die die Kommission dazu veranlasst haben, den bewilligten Zuschuß zu kürzen, klar wiedergegeben sind.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (ERSTE KAMMER) VOM 6. DEZEMBER 1994. - LISRESTAL - ORGANIZACAO GESTAO DE RESTAURANTES COLECTIVOS LDA UND ANDERE GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - EUROPAEISCHER SOZIALFONDS - NICHTIGKEITSKLAGE GEGEN DIE ENTSCHEIDUNG, EINEN ZUNAECHST GEWAEHRTEN ZUSCHUSS ZU KUERZEN - VERLETZUNG DER VERTEIDIGUNGSRECHTE - BEGRUENDUNG. - RECHTSSACHE T-450/93.

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

1 Artikel 1 Absatz 2 des Beschlusses 83/516/EWG des Rates vom 17. Oktober 1983 über die Aufgaben des Europäischen Sozialfonds (ABl. L 289, S. 38) bestimmt u. a., daß sich der Europäische Sozialfonds (im folgenden: ESF) an der Finanzierung von Maßnahmen der beruflichen Bildung und Berufsberatung beteiligt.

2 Nach Artikel 3 des Beschlusses 83/516 können Zuschüsse des ESF für Maßnahmen gewährt werden, die im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik der Mitgliedstaaten verwirklicht werden. Diese Maßnahmen umfassen insbesondere Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten für Jugendliche, vor allem durch Maßnahmen der beruflichen Bildung im Anschluß an die Vollzeitschulpflicht.

3 Die Verordnung (EWG) Nr. 2950/83 des Rates vom 17. Oktober 1983 zur Anwendung des Beschlusses 83/516 (ABl. L 289, S. 1) sieht in Artikel 5 vor, daß die Genehmigung eines Antrags nach Artikel 3 Absatz 1 des Beschlusses zur Folge hat, daß ein Vorschuß in Höhe von 50 v. H. des gewährten Zuschusses zu dem Zeitpunkt gezahlt wird, für den der Beginn der Maßnahme vorgesehen ist.

4 Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung Nr. 2950/83 bestimmt, daß Anträge auf Restzahlung einen ins einzelne gehenden Bericht über den Inhalt, die Ergebnisse und die finanziellen Einzelheiten der Maßnahme enthalten müssen und daß der Mitgliedstaat zu bestätigen hat, daß die im Antrag enthaltenen Angaben sachlich und rechnerisch richtig sind.

5 Nach Artikel 6 der Verordnung Nr. 2950/83 kann die Kommission, nachdem sie dem betroffenen Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, den Zuschuß des ESF aussetzen, kürzen oder streichen, wenn er nicht gemäß den Bedingungen der Entscheidung über die Genehmigung verwandt wird. Ein Betrag, der nicht gemäß den in der Entscheidung über die Genehmigung festgelegten Bedingungen verwandt wurde, ist zurückzuzahlen.

6 Artikel 5 der Entscheidung 83/673/EWG der Kommission vom 22. Dezember 1983 über die Verwaltung des ESF (ABl. L 377, S. 1) sieht vor: "Kann eine Maßnahme, für die ein Antrag auf Zuschuß gestellt oder ein Zuschuß gewährt ist, nicht oder nur teilweise getroffen werden, so unterrichtet der Mitgliedstaat unverzueglich die Kommission."

Sachverhalt

7 Im Jahr 1986 stellten die Klägerinnen sowie zwei weitere Unternehmen, Pröx Ld.a und Gelfiche, alle mit Sitz in Portugal, über das Departamento para os Assuntos do Fundo Social Europeu (Abteilung für Angelegenheiten des Europäischen Sozialfonds; im folgenden: DAFSE) beim ESF einen Antrag auf Zuschuß für ein Maßnahmenvorhaben der beruflichen Bildung im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 des Beschlusses 83/516 im Bezirk Setúbal (Portugal).

8 Der Zuschuß des ESF wurde beantragt, um "Maßnahmen der beruflichen Bildung zugunsten von 1 687 Jugendlichen unter 25 Jahren" verwirklichen zu können, "deren Fähigkeiten sich nach vorheriger Berufserfahrung und Pflichtschulzeit als ungenügend und/oder ungeeignet erweisen für die Ausführung von Tätigkeiten, die tatsächliche Beschäftigungsaussichten bieten, und für qualifizierte Stellen, die den Einsatz neuer Techniken erfordern".

9 Das zu einem einzigen Vorgang unter der Nummer 870844 P1 zusammengefasste Maßnahmenvorhaben wurde mit der Entscheidung C(87) 670 der Kommission vom 31. März 1987 in Höhe eines Gesamtbetrags von 630 642 227 ESC genehmigt, von denen 346 853 225 ESC vom ESF und 283 789 002 ESC vom Orçamento da Segurança Social/Instituto de Gestão Financeira da Segurança Social (Budget der sozialen Sicherheit/Institut für die Finanzverwaltung der sozialen Sicherheit; im folgenden: OSS/IGFSS) zu finanzieren waren. Diese Entscheidung machte die Genehmigung von der Bedingung abhängig, daß die vorgesehenen Maßnahmen von jeder einzelnen Gesellschaft zwischen dem 1. Januar 1987 und dem 31. Dezember 1987 verwirklicht würden.

10 Gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2950/83 leistete der ESF an die Klägerinnen eine Vorauszahlung in Höhe von 50 v. H. des bewilligten Vorschusses, also 173 426 612 ESC.

11 Am 31. Oktober 1988 stellten die Klägerinnen über das DAFSE einen Antrag auf Zahlung des Restes von 127 483 930 ESC. Diesem Antrag waren Belege und ein Bericht über die verwirklichten Maßnahmen beigefügt.

12 Am 25. November 1988 schlug die Gruppe "Kontrolle" des ESF vor, den Vorgang wegen mangelnder Klarheit der Kosten und der in der Rechnungsaufstellung angegebenen Maßnahmen zu überprüfen.

13 Zwischen dem 29. Januar und 2. Februar 1990 nahmen die Kontrolleure des ESF bei den Klägerinnen Lisrestal und GTI eine Prüfung vor. In ihrem Bericht vom 5. März 1990 stellten sie fest, daß bei den im Vorgang 870844 P1 zusammengefassten Maßnahmen fünf der sieben mit ihrer Durchführung beauftragten Unternehmen, eben die Klägerinnen, die Maßnahmen zur auftragsweisen Durchführung vollständig der Associação para a Reinserção Socio-Profissional (Vereinigung für die Wiedereingliederung in das Erwerbsleben; im folgenden: RSP) übertragen hätten, einer Vereinigung ohne Erwerbszweck, die speziell zum Zweck der Durchführung von Maßnahmen der beruflichen Bildung gegründet worden sei, zum damaligen Zeitpunkt aber nicht über die Mittel, die Infrastruktur oder die Erfahrung verfügt habe, die eine solche Auftragsvergabe der fünf Unternehmen mit unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen rechtfertigen könnten; weiter stellten sie fest, daß die RSP ihrerseits die Verwirklichung der genannten Maßnahmen für einen Betrag von 138 091 100 ESC der Associação para o Desenvolvimento e Promoção Técnica e Profissional (Vereinigung für fachliche und berufliche Entwicklung und Förderung) übertragen habe, die zum Zeitpunkt der Prüfung durch die Kontrolleure des ESF ebenfalls weder über die Infrastruktur noch über das erforderliche Personal verfügt habe, daß die betreffenden fünf Unternehmen und die RSP der Lisnave-Gruppe angehörten und daß eine Buchprüfung bei Lisrestal ergeben habe, daß die abgehaltenen Berufsbildungskurse nicht mit den ursprünglich vorgesehenen übereingestimmt hätten, daß kein Fortbildungsteilnehmer am Ende des Kurses von einem der Unternehmen eingestellt worden sei und daß bestimmte Rechnungen Daten aus der Zeit nach der Durchführung der Maßnahmen aufwiesen. Die Kontrolleure schlossen daraus, daß das von den fünf Klägerinnen praktizierte System ernste Probleme aufwerfe. Demgemäß schlugen sie vor, bei Gelfiche und Pröx zu prüfen, ob deren System ein anderes gewesen sei, und vom DAFSE in Anbetracht des von ihnen erhobenen Verdachts der Vorspiegelung von Verträgen und falschen Rechnungen eine gerichtliche Untersuchung in den betreffenden fünf Fällen zu verlangen. Schließlich schlugen sie vor, die Rückzahlung des an die fünf fraglichen Unternehmen gezahlten Gemeinschaftsvorschusses zu verlangen.

14 Am 19. Oktober 1990 stellte das DAFSE den Klägerinnen "Bescheinigungen" aus, in denen es bezueglich der im Rahmen des Vorhabens 870844 P1 durchgeführten Maßnahmen ausführte, daß eine Gemeinschaftskontrolle erfolgt sei, um die Ordnungsmässigkeit und Rechtmässigkeit dieser Maßnahmen zu prüfen, daß es darüber hinaus aber keine Angaben machen könne, da die Kommission noch keine endgültige Entscheidung über diese Maßnahmen getroffen habe.

15 Nach einer am 29. April 1991 bei Pröx vorgenommenen Prüfung kamen die Kontrolleure des ESF zu dem Ergebnis, daß ein Betrag von 35 154 808 ESC zugunsten von Pröx und Gelfiche zuschußfähig sei. In Anbetracht der vom ESF vorgeschossenen 173 426 612 ESC waren sie der Ansicht, daß der von den Klägerinnen zurückzuzahlende Betrag auf 138 271 804 ESC festzusetzen sei.

16 Darauf übersandte der Leiter des zuständigen Referats der Generaldirektion Beschäftigung, Arbeitsbeziehungen und soziale Angelegenheiten (GD V) dem DAFSE mit Schreiben vom 14. Juni 1991 die Schlußfolgerungen der Kontrolleure und führte aus, daß 536 879 559 ESC nach Auffassung des ESF für nicht zuschußfähige Ausgaben verwandt worden seien, "da die genehmigten Maßnahmen nicht mit den im Antrag auf Restzahlung genannten übereinstimmen und bestimmte Rechnungen nicht belegt waren oder ein Datum aus der Zeit nach dem Jahr aufwiesen, in dem die Maßnahmen durchgeführt wurden". Diesem Schreiben fügte die Kommission die Prüfungsberichte bei.

17 Im selben Schreiben wurde dem DAFSE mitgeteilt, daß der Zuschuß des ESF auf den Hoechstbetrag von 35 154 808 ESC begrenzt sei und daß 138 271 804 ESC zurückgezahlt werden müssten, da 173 426 612 ESC als erster Vorschuß gezahlt worden seien. Die Kommission setzte dem DAFSE eine Frist von 30 Tagen zur Stellungnahme.

18 Mit Schreiben vom 8. Juli 1991 teilte das DAFSE dem ESF mit, daß es weder hinsichtlich der Berichte der Kontrolleure des ESF noch hinsichtlich des Schreibens des ESF vom 14. Juni 1991 Erklärungen abzugeben habe und daß es die getroffene Entscheidung annehme.

19 Am 10. Februar 1992 wies das Tribunal Administrativo do Círculo Lissabon die von den Klägerinnen eingereichte Klage gegen die "Bescheinigungen" des DAFSE vom 19. Oktober 1990 mit der Begründung als unzulässig zurück, daß diese "Bescheinigungen" keine Verwaltungsakte mit Rechtswirkungen gegenüber den Klägerinnen darstellten.

20 Am 3. März 1992 übersandte die Kommission dem DAFSE eine Rückzahlungsaufforderung.

21 Mit Schreiben vom 24. April 1992 und 7. Mai 1992 teilte das DAFSE den Klägerinnen die Entscheidung der Kommission über die Kürzung des bewilligten Zuschusses und zugleich die an den ESF und das OSS/IGFSS zurückzuzahlenden Beträge mit. Die Schreiben, denen die Weisungen für die Rückzahlungen beigefügt waren, lauteten für alle Klägerinnen gleich. Das an Lisrestal gerichtete Schreiben lautet wie folgt:

"Ich muß Ihnen hiermit mitteilen, daß die Dienststellen des Europäischen Sozialfonds nun eine Entscheidung in der im Betreff genannten Angelegenheit erlassen haben, nachdem sie im Anschluß an die Gemeinschaftskontrolle festgestellt hatten, daß Ausgaben in Höhe von 88 674 884 ESC, die im Rahmen der von Ihrer Gesellschaft durchgeführten Maßnahme erfolgten, nicht zuschußfähig waren, weil die genehmigten Maßnahmen nicht mit den im Antrag auf Restzahlung angegebenen übereinstimmen, und daß bestimmte Rechnungen nicht belegt sind oder ein Datum aus der Zeit nach dem Jahr aufweisen, in dem die Maßnahme durchgeführt wurde.

Unter diesen Umständen hat die oben genannte Gesellschaft binnen 15 Tagen ab dem Tag des Eingangs dieses Schreibens die als ersten Vorschuß erhaltenen Beträge zurückzuzahlen."

22 Am 25. Juni 1992 erließ das DAFSE die Entscheidungen Nrn. 55/92 bis 59/92, in denen die Beanstandungen wiederholt wurden, die in den Berichten der Kontrolleure des ESF gegenüber Lisrestal und den Gesellschaften, die vom Zuschuß des ESF profitiert hatten, erhoben worden waren. Die Formel der gegenüber Lisrestal ergangenen Entscheidung lautet wie folgt:

"1) Die Wiedereinziehung des Betrages von 52 549 052 ESC, der aufgrund der im Rahmen des Vorgangs 870844 P1 zu Unrecht erfolgten Zahlungen des ESF und des portugiesischen Staates an Lisrestal ° Organização de Restaurantes Colectivos, Ld.a, juristische Person Nr. 501389954 mit Gesellschaftssitz in Rua Eugénio de Castro Nr. 8, Almada, geschuldet wird, erfolgt gemäß den Bestimmungen der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 158/90 vom 17. Mai 1990 in der Fassung der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 246/91 vom 6. Juli 1991;

2) Der Inhalt und der Wortlaut dieser Entscheidung werden dem betroffenen Unternehmen mitgeteilt."

Verfahren und Anträge der Parteien

23 Unter diesen Umständen haben die Klägerinnen mit Klageschrift, die am 19. Juni 1992 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. Das schriftliche Verfahren ist ordnungsgemäß abgelaufen. Es ist vollständig vor dem Gerichtshof durchgeführt worden. Mit Beschluß vom 27. September 1993 hat der Gerichtshof die vorliegende Rechtssache gemäß Artikel 4 des Beschlusses 93/350/Euratom, EGKS, EWG des Rates vom 8. Juni 1993 zur Änderung des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 144, S. 21) an das Gericht verwiesen.

24 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Erste Kammer) beschlossen, das mündliche Verfahren ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Das Gericht hat die Parteien jedoch aufgefordert, bestimmte Dokumente vorzulegen und vor der Sitzung schriftlich auf eine Frage zu antworten.

25 Die Parteien haben am 13. Juli 1994 mündlich verhandelt und auf die mündlichen Fragen des Gerichts geantwortet.

26 Die Klägerinnen beantragen,

1) die Entscheidung des ESF, mit der die Rückzahlung der erhaltenen Gelder angeordnet wurde, für nichtig zu erklären;

2) die Kommission zu verurteilen, die angeforderten Beträge vollständig zu zahlen;

3) der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

27 Die Beklagte beantragt,

1) die Klage für unbegründet zu erklären;

2) den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Zu dem Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission über die Kürzung des Zuschusses des ESF

28 Die Klägerinnen stützen ihren Antrag im wesentlichen auf vier Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund machen sie das Nichtbestehen der Dienststellen des ESF oder zumindest ihre Unzuständigkeit für den Erlaß der angefochtenen Entscheidung, mit dem zweiten eine Verletzung der Verteidigungsrechte, mit dem dritten eine unzureichende Begründung und mit dem vierten einen offensichtlichen Ermessensfehler geltend.

Zum Klagegrund des Nichtbestehens oder zumindest der Unzuständigkeit der Dienststellen des ESF

Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien

29 Die Klägerinnen behaupten, die Entscheidung sei von einer nichtbestehenden oder zumindest unzuständigen Stelle erlassen worden. Zum einen stellten die Verfasser des Rechtsakts, d. h. die "Dienststellen des ESF" eine nichtbestehende Stelle dar, da aus der Entscheidung nicht erkennbar sei, um welche Dienststellen es sich handele, und zum anderen seien diese Dienststellen jedenfalls unzuständig, da nach Artikel 5 des Beschlusses 83/516 und Artikel 6 der Verordnung Nr. 2950/83 nur die Kommission zuständig sei, im Bereich der Zuschüsse des ESF Entscheidungen zu erlassen.

30 Die Beklagte weist darauf hin, daß nach Artikel 6 der Verordnung Nr. 2950/83 die Kommission zwar die anfängliche Entscheidung über den Beitrag des ESF zu erlassen habe, die nachfolgenden Maßnahmen der Geschäftsführung und Verwaltung aber in die Zuständigkeit ihrer Dienststellen, im vorliegenden Fall der GD V, fielen. Die Entscheidung, den zunächst bewilligten Zuschuß zu kürzen, stelle aufgrund der Tatsache, daß sie sich darauf beschränke, die Nichteinhaltung einer aufschiebenden Bedingung festzustellen, einen Akt der laufenden Verwaltung dar. Für ihr Vorbringen stützt sich die Beklagte sowohl auf das Urteil vom 11. Oktober 1990 in der Rechtssache C-200/89 (FUNOC/Kommission, Slg. 1990, I-3669), in dem der Gerichtshof entschieden habe, daß die GD V mit der Verwaltung der Ausgaben des ESF in Zusammenarbeit mit dem Finanzkontrolleur betraut sei, als auch auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes, wonach die Übertragung der Zeichnungsberechtigung eine normale und rechtmässige Maßnahme sei, mit der die Kommission ihre Befugnisse wahrnehmen könne (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 14. Juli 1972 in der Rechtssache 48/69, ICI/Kommission, Slg. 1972, 619, und vom 17. Oktober 1972 in der Rechtssache 8/72, Cementhandelaren/Kommission, Slg. 1972, 977).

Würdigung durch das Gericht

31 Artikel 123 EWG-Vertrag, der zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung in Kraft war und nunmehr Artikel 123 EG-Vertrag geworden ist, bestimmt: "Um die Beschäftigungsmöglichkeiten der Arbeitskräfte im Gemeinsamen Markt zu verbessern und damit zur Hebung der Lebenshaltung beizutragen, wird nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen ein Europäischer Sozialfonds errichtet, dessen Zweck es ist, innerhalb der Gemeinschaft die berufliche Verwendbarkeit und die örtliche und berufliche Freizuegigkeit der Arbeitskräfte zu fördern." Nach Artikel 124 EG-Vertrag obliegt die Verwaltung des ESF der Kommission, die ihn nach Maßgabe der Durchführungsbestimmungen führt.

32 Im Organisationsplan der Kommission ist innerhalb der Generaldirektion Beschäftigung, Arbeitsbeziehungen und soziale Angelegenheiten eine Direktion des ESF ausgewiesen.

33 Der vorliegende Klagegrund ist daher zurückzuweisen, soweit mit ihm das Nichtbestehen dieser Dienststelle geltend gemacht wird.

34 Soweit der Klagegrund auf die Unzuständigkeit der Dienststellen des ESF für den Erlaß der streitigen Entscheidung gerichtet ist, ist darauf hinzuweisen, daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes die Übertragung der Zeichnungsberechtigung eine interne Geschäftsverteilungsmaßnahme der Gemeinschaftsverwaltung ist, die mit Artikel 27 der Geschäftsordnung 63/41/EWG der Kommission vom 9. Januar 1963 (ABl. 1963, Nr. 17, S. 181), die durch Artikel 1 des Beschlusses 67/426/EWG der Kommission vom 6. Juli 1967 (ABl. 1967, Nr. 147, S. 1) vorläufig aufrechterhalten wurde und in Kraft war, als die Entscheidung erlassen wurde, in Einklang steht und die normale Maßnahme ist, mit der die Kommission ihre Befugnisse wahrnimmt (vgl. Urteile ICI/Kommission, a. a. O., Randnr. 14, und Cementhandelaren/Kommission, a. a. O., Randnr. 13). Beamte können daher ermächtigt werden, im Namen und vorbehaltlich der Kontrolle der Kommission eindeutig umschriebene Maßnahmen der Geschäftsführung und der Verwaltung zu treffen.

35 Insbesondere für die Entscheidungen der Kommission im Bereich der Zuschüsse des ESF folgt aus den für den ESF geltenden Bestimmungen, daß die GD V mit der Verwaltung der Ausgaben des ESF in Zusammenarbeit mit dem Finanzkontrolleur betraut ist (vgl. Urteil FUNOC/Kommission, a. a. O., Randnr. 13).

36 Im vorliegenden Fall haben die Klägerinnen nichts dafür vorgetragen, daß die Gemeinschaftsverwaltung von den in diesem Bereich geltenden Geschäftsverteilungsvorschriften abgewichen wäre, als sie nach Fachprüfungen, die ergeben hatten, daß die in der ursprünglichen Genehmigungsentscheidung festgelegten Bedingungen nicht eingehalten wurden, die Entscheidung, ihren Zuschuß zu kürzen, erließ.

37 Daraus folgt, daß der vorliegende Klagegrund ebenfalls zurückzuweisen ist, soweit er auf die Unzuständigkeit der Dienststellen des ESF gestützt wird.

Zu den Klagegründen der Verletzung der Verteidigungsrechte und der unzureichenden Begründung

Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien

38 Die Klägerinnen weisen zunächst darauf hin, daß das DAFSE in seinen Schreiben vom 24. April und 7. Mai 1992 die Entscheidung der Dienststellen des ESF, den zunächst bewilligten Zuschuß zu kürzen, erwähne, sie aber nicht einmal in Kopie beigefügt habe, und folgern daraus, daß diese Entscheidung inexistent sei. Zudem habe das DAFSE ihnen nicht mitgeteilt, daß es von der Kommission zur Stellungnahme aufgefordert worden sei, obwohl sie unmittelbar und individuell betroffen gewesen seien.

39 Sodann werfen die Klägerinnen der Kommission vor, sie habe gegen wesentliche Formvorschriften verstossen, indem sie die angefochtene Entscheidung erlassen habe, ohne sie darüber zu unterrichten und ohne ihnen deren Begründung mitzuteilen. Hierzu tragen sie zunächst vor, sie hätten keine Kenntnis von der erneuten Prüfung des Vorgangs gehabt und nicht über die Informationen und Ergebnisse der in den Schreiben vom 24. April und 7. Mai 1992 erwähnten angeblichen "Gemeinschaftskontrolle" verfügt. Diese Kontrollen seien wegen der Tatsache, daß die Kommission die eventuell erstellten Berichte nicht mitgeteilt habe, in bezug auf die Umstände ihrer tatsächlichen Durchführung und auf ihre Ergebnisse nicht identifizierbar.

40 Die Kommission trägt vor, die Entscheidung stehe mit Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2950/83 in Einklang. Nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 7. Mai 1991 in der Rechtssache C-304/89 (Oliveira/Kommission, Slg. 1991, I-2283) sei der Mitgliedstaat der einzige Ansprechpartner des ESF und übernehme insoweit selbst die Verantwortung, als er die sachliche und rechnerische Richtigkeit der in den Anträgen auf Restzahlung enthaltenen Angaben bestätige und sogar gehalten sein könne, die ordnungsgemässe Durchführung der Bildungsmaßnahmen zu gewährleisten. Angesichts der zentralen Stellung des Mitgliedstaats und der Bedeutung seiner Verantwortung bei der Vorlage und Prüfung der Finanzierung der Bildungsmaßnahmen stelle die ihm eröffnete Möglichkeit, vor Erlaß einer endgültigen Kürzungsentscheidung eine Stellungnahme abzugeben, zwar ein wesentliches Formerfordernis dar, dessen Nichtbeachtung zur Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidung führe; im vorliegenden Fall sei das Verfahren aber ordnungsgemäß abgelaufen, da der ESF das wesentliche Formerfordernis eingehalten habe, das darin bestehe, den portugiesischen Behörden Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Kommission könne nicht für die Fehler eines Mitgliedstaats verantwortlich gemacht werden, der es unterlassen habe, die Betroffenen in angemessener Weise zu benachrichtigen.

41 Zudem sei den Klägerinnen jedenfalls sehr wohl bekannt gewesen, daß die Ablehnung der Restzahlung unmittelbar mit den von den Dienststellen der Kommission vorgenommenen Kontrollen in Zusammenhang gestanden habe und daß sowohl der portugiesische Staat als auch die Kommission ernste Zweifel an der Zulässigkeit und tatsächlichen Durchführung der betreffenden Bildungsmaßnahmen gehabt hätten. Diese Sachlage ergebe sich zur Genüge aus den im Anhang zur Klageschrift vorgelegten Schriftstücken und der erschöpfenden Begründung der Entscheidungen Nrn. 55/92 bis 59/92 des DAFSE vom 25. Juni 1992.

Würdigung durch das Gericht

42 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Beachtung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen können, ein fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechts und muß auch dann sichergestellt werden, wenn eine Regelung für das betreffende Verfahren fehlt (vgl. insbesondere die Urteile des Gerichtshofes vom 12. Februar 1992 in den Rechtssachen C-48/90 und C-66/90, Niederlande u. a./Kommission, Slg. 1992, I-565, Randnr. 44, und vom 29. Juni 1994 in der Rechtssache C-135/92, Fiskano/Kommission, Slg. 1994, I-2885). Dieser Grundsatz gebietet es, jeder Person, der gegenüber eine beschwerende Entscheidung ergehen kann, Gelegenheit zu geben, zu den Gesichtspunkten Stellung zu nehmen, auf die die Kommission bei der Begründung der streitigen Entscheidung zu ihrem Nachteil abstellt.

43 Um zu prüfen, ob die Verteidigungsrechte der Klägerinnen im vorliegenden Fall verletzt wurden, ist zu untersuchen, ob in Anbetracht der Rolle, die der Mitgliedstaat im fraglichen Verfahren als einziger Ansprechpartner des ESF spielte, die angefochtene Entscheidung die Klägerinnen unmittelbar betreffen und beschweren kann.

44 Insoweit ist festzustellen, daß die angefochtene Entscheidung den begünstigten Unternehmen einen Teil des ursprünglich bewilligten Zuschusses aberkennt, ohne daß die Verordnung Nr. 2950/83 dem betroffenen Mitgliedstaat eine eigene Beurteilungsbefugnis einräumt (vgl. zuletzt Beschluß des Gerichts vom 20. Juni 1994 in der Rechtssache T-446/93, Frinil u. a./Kommission, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 29).

45 Ausserdem ist darauf hinzuweisen, daß die Kommission mit ihrer Rückzahlungsaufforderung vom 3. März 1992 den gewährten Zuschuß, wie in ihrem Schreiben der GD V vom 14. Juni 1991 an das DAFSE angekündigt, endgültig kürzen wollte. Es trifft zwar zu, daß die in diesem Schreiben enthaltene Entscheidung der Kommission nur an die portugiesischen Behörden gerichtet war. Sie nannte die Klägerinnen jedoch namentlich und war ausdrücklich auf sie als unmittelbare Empfänger des bewilligten Zuschusses bezogen. Das Gericht ist daher der Ansicht, daß die Klägerinnen von der angefochtenen Kürzungsentscheidung unmittelbar und individuell betroffen sind.

46 Die Richtigkeit dieser Beurteilung wird zum einen durch die Tatsache bekräftigt, daß nach ständiger Rechtsprechung die Klagen der Unternehmen, denen vom ESF Zuschüsse bewilligt wurden, gegen die Entscheidungen, mit denen ihnen ein solcher Zuschuß aberkannt wird, zulässig sind (vgl. die Urteile des Gerichtshofes vom 7. Mai 1991 in der Rechtssache C-291/89, Interhotel/Kommission, Slg. 1991, I-2257, Randnr. 13, und vom 4. Juni 1992 in der Rechtssache C-157/90, Infortec/Kommission, Slg. 1992, I-3525, Randnr. 17), was voraussetzt, daß sie von diesen Entscheidungen nicht nur individuell, sondern auch unmittelbar betroffen sind.

47 Zum anderen wird die Richtigkeit dieser Beurteilung durch die Vorschriften der Verordnung Nr. 2950/83 bekräftigt, aus denen sich ergibt, daß ungeachtet der Tatsache, daß der Mitgliedstaat der einzige Ansprechpartner des ESF ist, eine unmittelbare Beziehung zwischen der Kommission und dem Empfänger des Zuschusses entsteht. Artikel 6 dieser Verordnung bestimmt nämlich einerseits, daß es Aufgabe der Kommission ist, den Zuschuß des ESF auszusetzen, zu kürzen oder zu streichen, wenn er nicht gemäß den Bedingungen der Entscheidung über die Genehmigung verwandt wird, wobei nur der betroffene Mitgliedstaat zur Stellungnahme aufgefordert wird, und andererseits, daß ein Betrag, der nicht gemäß den in der Entscheidung über die Genehmigung festgelegten Bedingungen verwendet wurde, zurückzuzahlen ist und daß der betroffene Mitgliedstaat für die ohne Rechtsgrund empfangenen Beträge, die für Maßnahmen gezahlt wurden, für die die Gewährleistung nach Artikel 2 Absatz 2 des Beschlusses 83/516 gilt, nur subsidiär haftet.

48 Die Klägerinnen tragen somit unmittelbar die wirtschaftlichen Folgen der Entscheidung über die Kürzung, die sie beschwert, da sie vorrangig für die ohne Rechtsgrund empfangenen Beträge haften (vgl. Urteil Niederlande u. a./Kommission, a. a. O., Randnr. 50). Insoweit hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt, daß sie die Klägerinnen gegebenenfalls vor dem nationalen Gericht auf Rückzahlung der streitigen Beträge verklagen könne.

49 Aus dem Vorstehenden folgt, daß die Kommission, die gegenüber den Klägerinnen allein die rechtliche Verantwortung für die angefochtene Handlung trägt, die streitige Entscheidung nicht erlassen durfte, ohne daß sie den Klägerinnen zuvor Gelegenheit gegeben hatte, zur beabsichtigten Kürzung des Zuschusses Stellung zu nehmen, oder sich vergewissert hatte, daß ihnen diese Gelegenheit gegeben wurde.

50 Zwischen den Parteien ist aber unstreitig, daß zum einen den Klägerinnen weder die Untersuchungsberichte der Kommission noch die Beanstandungen mitgeteilt wurden, die die Kommission ihnen gegenüber erhob, und daß sie von der Kommission auch nicht angehört worden waren, bevor diese die streitige Entscheidung erließ, und daß zum anderen das DAFSE, nachdem es von der Kommission mit Schreiben vom 14. Juni 1991 zur Stellungnahme aufgefordert worden war, gegenüber der Kommission, ohne die Klägerinnen zuvor angehört zu haben, mit Schreiben vom 8. Juli 1991 erklärte, daß es die Entscheidung annehme, die die Kommission gegenüber den Klägerinnen erlassen wollte.

51 Unter diesen Umständen ist festzustellen, daß die streitige Entscheidung unter Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerinnen ergangen ist.

52 Überdies ist darauf hinzuweisen, daß weder die streitige Entscheidung noch die Kontrollberichte den Anforderungen genügen, die nach Artikel 190 EWG-Vertrag an die Begründung zu stellen sind. Eine Entscheidung über die Kürzung eines zunächst bewilligten Zuschusses, die für die Antragsteller schwerwiegende Folgen hat, muß nämlich die Gründe klar wiedergeben, die diese Kürzung gegenüber dem ursprünglich bewilligten Betrag rechtfertigen (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 4. Juni 1992 in der Rechtssache C-181/90, Consorgan/Kommission, Slg. 1992, I-3557, Randnrn. 15 bis 18, und in der Rechtssache C-189/90, Cipeke/Kommission, Slg. 1992, I-3573, Randnrn. 15 bis 18). Im vorliegenden Fall sind weder im Schreiben vom 14. Juni 1991 noch in den Kontrollberichten für jede einzelne Klägerin die von der Kürzung betroffenen Posten angegeben, und die Gründe, die die Kommission gegenüber den einzelnen Klägerinnen dazu veranlasst haben, den bewilligten Zuschuß zu kürzen, sind nicht klar wiedergegeben.

53 Aus dem Vorstehenden folgt, daß die streitige Kürzungsentscheidung für nichtig zu erklären ist, ohne daß der letzte Klagegrund geprüft zu werden braucht, auf den sich die Klägerinnen für ihre Anträge auf Nichtigerklärung berufen.

Zum Antrag auf Verurteilung der Kommission auf Zahlung des Restbetrags des ESF-Zuschusses

54 Im Rahmen einer Nichtigkeitsklage nach Artikel 173 EWG-Vertrag beschränkt sich der Gemeinschaftsrichter auf eine Rechtmässigkeitskontrolle der angefochtenen Handlung. Wird die angefochtene Handlung für nichtig erklärt, so hat nach Artikel 176 EWG-Vertrag das Organ, dem das Handeln zur Last fällt, ° und nicht der Gemeinschaftsrichter ° die sich aus dem Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen.

55 Folglich ist der Antrag auf Verurteilung der Kommission zur Zahlung des Restbetrags des ESF-Zuschusses an die Klägerinnen unzulässig, da er die Grenzen der Befugnis überschreitet, die dem Gemeinschaftsrichter nach dem EWG-Vertrag im Rahmen einer Nichtigkeitsklage verliehen ist. Die Klage ist daher insoweit abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

56 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist und die Klägerinnen ihre Verurteilung zur Tragung der Kosten beantragt haben, sind ihr die gesamten Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klage wird als unzulässig abgewiesen, soweit sie auf die Verurteilung der Kommission zur Zahlung des Restbetrags des Zuschusses des Europäischen Sozialfonds gerichtet ist.

2) Die Entscheidung der Kommission über die Kürzung des vom Europäischen Sozialfonds für das Projekt Nr. 870844 P1 bewilligten Zuschusses wird für nichtig erklärt.

3) Die Beklagte trägt die gesamten Kosten.

Ende der Entscheidung

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