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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 25.04.2006
Aktenzeichen: 1 K 523/03
Rechtsgebiete: EStG, AO


Vorschriften:

EStG § 10d Abs. 1 S. 2
EStG § 10d Abs. 1 S. 3
EStG § 10d Abs. 3 S. 4
EStG § 10d Abs. 3 S. 5
AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
AO § 171 Abs. 10
AO § 181 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Finanzrechtsstreit

hat der 1. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg in der Sitzung vom 25. April 2006 durch Vorsitzenden Richter am Finanzgericht XXX Richter am Finanzgericht XXX und XXXX ehrenamtliche Richter XXX und XXX

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die verheirateten Kläger (Kl) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie sind an mehreren Gesellschaften beteiligt, deren Einkünfte gesondert und einheitlich festgestellt werden. Die Beteiligungen führten im Veranlagungszeitraum 1992 zu einem nicht ausgeglichenen Verlust, der vollständig in das Jahr 1990 zurückgetragen wurde. Aufgrund eines Fehlers des beklagten Finanzamts (FA) wurde der Verlust des Jahres 1992 in Höhe von 1,3 Mio. DM auch in den Veranlagungszeitraum 1991 zurückgetragen und damit doppelt berücksichtigt. Der versehentliche Verlustrücktrag reichte allerdings nicht aus, um den Gesamtbetrag der Einkünfte des Veranlagungszeitraums 1991 auszugleichen. Es wurden daher zusätzlich Verluste des Jahres 1993 nach 1991 zurückgetragen. Die übrigen Verluste des Jahres 1993 wurden mit Bescheid zum 31.12.1993 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs festgestellt. Verlustfeststellungsbescheide ergingen auch zum Ende der Veranlagungszeiträume 1994 und 1995.

Der fehlerhafte Rücktrag der Verluste des Veranlagungszeitraums 1992 in das Jahr 1991 wurde im Rahmen einer im Mai 1999 begonnenen Betriebsprüfung betreffend die Einkommensteuer 1994 bis 1996 aufgedeckt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Einkommensteuerbescheide 1990 bis 1993 bereits festsetzungsverjährt. Das FA sah sich daher nur insoweit zu einer Fehlerkorrektur in der Lage, als es wegen geänderter Feststellungsbescheide über die Beteiligungseinkünfte der Kl zu einer Teiländerung der Einkommensteuerbescheide 1992 und 1993 berechtigt war.

Die erste Teilkorrektur beruhte auf einer Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1992 vom 25. Juni 1999 durch die sich der negative Gesamtbetrag der Einkünfte des Kl um 240.759 DM reduzierte. In dieser Höhe wurde der Verlustrücktrag nach 1990 vermindert. Streitig ist, dass das FA im selben Umfang auch den im Einkommensteuerbescheid 1991 fehlerhaft berücksichtigten Verlustrücktrag aus dem Jahr 1992 verminderte. Der verminderte Verlustrücktrag aus dem Jahr 1992 führte zu keiner Änderung des Einkommensteuerbescheids 1991, weil sich der Verlustrücktrag aus dem Jahr 1993 nach 1991 entsprechend erhöhte und die Änderung des Verlustrücktrags daher für 1991 ohne steuerliche Auswirkung blieb.

Die zweite - nicht streitige - Teilkorrektur beruhte auf einer Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1993 vom 25. Juni 1999. Hierdurch erhöhte sich zwar der negative Gesamtbetrag der Einkünfte des Kl um 217.442 DM. Auf der Ebene der Verlustfeststellung wirkte sich der erhöhte negative Gesamtbetrag der Einkünfte 1993 aber nicht aus, weil das FA die Erhöhung mit dem fehlerhaften Verlustrücktrag aus 1992 nach 1991 kompensierte.

Beide Teilkorrekturen fanden Eingang in den angefochtenen Bescheid zum 31.12.1993 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs vom 8. Juni 2000. Gegenstand der Klage ist des weiteren ein im Laufe des Einspruchsverfahren um zusätzliche 66.893 DM reduzierte Verlustfeststellung 1993. Anlass war wiederum ein geänderter Grundlagenbescheid 1992 vom 25. April 2002, durch den sich der negative Gesamtbetrag der Einkünfte des Kl verminderte. Die Minderung führte ebenso wie die erste Teilkorrektur von 240.759 DM zu einem doppelt reduzierten Verlustrücktrag aus 1992 nach 1990 und 1991, so dass sich der Verlustrücktrag aus 1993 nach 1991 um 66.893 DM erhöhte und der verbleibende Verlustabzug zum 31.12.1993 entsprechend verminderte.

Die geänderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.1993 perpetuierte sich in den Verlustfeststellungsbescheiden zum 31.12.1994 und zum 31.12.1995. Beide Bescheide sind nur insofern angefochten, als sie die Erhöhung des Verlustrücktrags aus 1993 nach 1991 i.H.v. insgesamt 307.652 DM fortschreiben. Die streitigen Verlustfeststellungsbescheide wurden aus hier nicht streitigen Gründen mehrfach geändert, zuletzt am 19. August 2004 für 1993 und 1994 sowie am 23. August 2004 für 1995.

Mit ihrer nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage machen die Kläger geltend, das FA hätte die geänderten Besteuerungsgrundlagen für 1992 nur im Rahmen des Verlustrücktrags nach 1990 berücksichtigen dürfen. Die Doppelberücksichtigung i.H.v. insgesamt 307.652 auch im Jahr 1991 sei rechtswidrig. Hierfür stehe dem FA keine Änderungsvorschrift zur Seite. Mit der Reduzierung des Verlustrücktrags aus 1992 nach 1990 sei der Änderungsrahmen erschöpft gewesen. Eine Änderung für das Jahr 1991 finde im Gesetz keine Stütze und scheitere im übrigen an der Festsetzungsverjährung.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 20. November 2003 die Verlustfeststellungsbescheide zum 31.12.1993 und zum 31.12.1994 vom 19. August 2004 sowie den Verlustfeststellungsbescheid zum 31.12.1995 vom 23. August 2004 dahingehend zu ändern, dass der verbleibende Verlustabzug des Klägers um 307.652 DM erhöht wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es führt unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung aus, die Teilkorrektur des fehlerhaften Verlustrücktrags aus dem Jahr 1992 nach 1991 und die hieraus folgenden Änderungen der Verlustfeststellungsbescheide 1993 bis 1995 seien rechtmäßig. Im Zeitpunkt der Änderung sei die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer 1992 zwar an sich abgelaufen gewesen. Aufgrund der geänderten Grundlagenbescheide vom 25. Juni 1999 und vom 25. April 2002 sei der Ablauf der Festsetzungfrist aber nach § 171 Abs. 10 AO insoweit gehemmt gewesen. Die Grundlagenbescheide seien innerhalb der Zwei-Jahres-Frist umgesetzt worden. Die doppelte Korrektur des Verlustrücktrags aus 1992 nach 1990 und 1991 beruhe auf § 10d Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG in der für die Streitjahre maßgeblichen Fassung. Die Berichtigung des Verlustabzugs umfasse nicht nur Änderungen des Verlustrücktrags als Folge von Änderungen des Verlustes selbst im Verlustentstehungsjahr, sondern auch Korrekturen von Rechtsfehlern beim Abzug des Verlustes im Rücktragsjahr. Die Berichtigungsmöglichkeit nach § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG sei umfassend auszulegen. Die vorgenommenen Änderungen seien auch nicht unbillig. Wenn bei einer sachlich richtigen Verlustberücksichtigung eine Änderungsmöglichkeit gegeben sei, müsse dies bei einer sachlich unzutreffenden Verlustberücksichtigung erst recht gelten. Ansonsten wäre der Steuerpflichtige durch eine sachlich unzutreffende Verlustberücksichtigung doppelt begünstigt. Als Folge des geänderten Verlustrücktrags sei das FA nach § 10d Abs. 3 Sätze 4 und 5 EStG berechtigt gewesen, die Verlustfeststellungsbescheide 1993 bis 1995 zu ändern.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und die vorliegenden Behördenakten (1 Heft Rechtsbehelfsakten, 3 Hefte Einkommensteuerakten und 2 Hefte Betriebsprüfungsakten) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Verlustfeststellungsbescheide sind rechtmäßig und verletzten die Kl nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die streitige Änderung des Feststellungsbescheids über den verbleibenden Verlustabzug zum Schluss des Veranlagungszeitraums 1993 ist durch § 10d Abs. 3 Sätze 4 und 5 EStG gedeckt (1.). Die den geänderten Verlustabzug zum 31.12.1994 und 31.12.1995 fortschreibenden Feststellungsbescheide beruhen auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO (2.).

1. Nach § 10d Abs. 3 Satz 1 EStG ist der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustabzug gesondert festzustellen. Der Verlustfeststellungsbescheid ist gem. § 10d Abs. 3 Satz 4 EStG zu ändern, soweit sich die nach Satz 2 zu berücksichtigenden Beträge ändern und deshalb der entsprechende Steuerbescheid zu ändern ist. Wenn die Änderung des Steuerbescheids mangels steuerlicher Auswirkung unterbleibt, ist Satz 4 entsprechend anzuwenden (§ 10d Abs. 3 Satz 5 EStG). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.

a) Erste Voraussetzung für die Änderung eines Verlustfeststellungsbescheids ist, dass sich die nach § 10d Abs. 3 Satz 2 EStG zu berücksichtigenden Beträge geändert haben. Das sind der nicht ausgeglichene Verlust des Veranlagungszeitraums, der Verlustrücktrag, der Verlustvortrag und der am Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellte verbleibende Verlustabzug. Im vorliegenden Fall hat sich der im Verlustfeststellungsbescheid 1993 berücksichtigte Verlustrücktrag nach 1991 geändert. Die Änderung des Verlustrücktrags beruht darauf, dass das FA den wegen geänderter Grundlagenbescheide verminderten Verlust des Jahres 1992 i.H.v. insgesamt 307.652 DM nicht nur im Verlustrücktragsjahr 1990 sondern auch in 1991 korrigiert hat. Durch die Doppelkorrektur des Verlustrücktrags erhöhte sich der Verlustrücktrag aus 1993 in das Jahr 1991, um den verminderten Verlustrücktrag aus 1992 nach 1991 wieder auszugleichen.

Der Tatbestandsvoraussetzung eines geänderten Verlustrücktrags für die Änderung des Verlustfeststellungsbescheids steht nicht entgegen, dass sich die Änderung des im Verlustfeststellungsbescheid berücksichtigten Verlustrücktrags erst aus der rechtstechnischen Wechselwirkung der Verlustrücktragskorrektur bezüglich eines im Verlustfeststellungsbescheid nicht unmittelbar berücksichtigten Verlustrücktragsjahres ergibt. Der Feststellungsbescheid über den verbleibenden Verlustvortrag ist das letzte Glied in der Kette des Verlustabzugs. Er nimmt alle Verluste in sich auf, die im Veranlagungszeitraum nicht ausgeglichen, nicht zurück- oder vorgetragen wurden und schreibt schließlich die festgestellten Verluste des vorangegangenen Veranlagungszeitraums fort. Als letztes Glied in der Kette wirken sich im Verlustfeststellungsbescheid alle Veränderungen aus, die auf den vorgelagerten Ebenen des Verlustabzugs stattfinden. Die Frage, ob die Änderung einer Bezugsgröße des Verlustabzugs rechtlich zulässig ist, stellt sich erst auf der zweiten Stufe der Prüfung der Änderungsnorm.

b) Nach dem Wortlaut des § 10d Abs. 3 Satz 4 EStG reicht es für die Berechtigung zur Änderung des Feststellungsbescheids über den verbleibenden Verlustabzug nicht aus, dass sich seine Bezugsgrößen betragsmäßig geändert haben. Darüber hinaus ist erforderlich, dass es verfahrensrechtlich zulässig ist, den Steuerbescheid zu ändern, auf den die Änderung der Bezugsgrößen für die Verlustfeststellung zurückzuführen ist. Andernfalls könnten durch eine Änderung des Verlustfeststellungsbescheids der in einem bestandskräftigen Steuerbescheid enthaltene Fehler in einem späteren Veranlagungszeitraum korrigiert werden (BFH-Urteil vom 31. Juli 1996 XI R 4/96, BFH/NV 1997, 180). Die Änderungsvorschrift des § 10d Abs. 3 Satz 4 EStG gestattet eine Änderung des Verlustfeststellungsbescheids im Umfang der geänderten Bezugsgrößen daher nur, wenn deshalb der entsprechende Steuerbescheid zu ändern ist.

Der entsprechende Steuerbescheid i.S. des § 10d Abs. 3 Satz 4 EStG ist hier der Einkommentsteuerbescheid 1991, weil in diesem Verlustrücktragsjahr die streitige Minderung des Verlustrücktrags aus 1992 vorgenommen wurde und sich deswegen die Bezugsgröße für den im Verlustfeststellungsbescheid 1993 berücksichtigten Verlustrücktrag geändert hat. Dem entspricht die ständige Rechtssprechung des Bundesfinanzhofs, dass über die Höhe eines Verlustrücktrags im Verlustrücktragsjahr entschieden wird (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Juni 2004 XI B 208/03, BFH/NV 2005, 55 m.w.N.). Der Umstand, dass der Einkommensteuerbescheid 1991 im vorliegenden Fall nicht geändert wurde, ist irrelevant. Gemäß § 10d Abs. 3 Satz 5 EStG ist Satz 4 entsprechend anzuwenden, wenn die Änderung des Steuerbescheids mangels steuerlicher Auswirkung unterbleibt. Entscheidend ist nur, dass die Änderung dem Grunde nach verfahrensrechtlich möglich wäre (BFH-Urteil vom 9.12.1998 XI R 62/97, BFHE 187, 523, BStBl. II 2000, 3). Das ist hier der Fall.

c) Rechtsgrundlage der inzident zu prüfenden Verlustrücktragsänderung von 1992 nach 1991 ist § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG. Danach ist ein Steuerbescheid insoweit zu ändern, als der Verlustabzug zu berichtigen ist. § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG enthält eine gegenüber den Vorschriften der Abgabenordnung eigenständige Korrekturvorschrift, aufgrund derer ein bestandskräftiger Bescheid, in dem ein Verlustrücktrag dem Grunde oder der Höhe nach unzutreffend berücksichtigt wurde, geändert werden kann. Die gesetzliche Regelung bezweckt die richtige und vollständige Verwirklichung des Verlustabzugs und stellt in diesem Bereich die Rechtmäßigkeit des Bescheides vor das Vertrauen auf dessen Bestand. Diesem Zweck entsprechend sind jegliche Fehler - auch Rechtsfehler -, die sich auf den Verlustabzug ausgewirkt haben, zu berichtigen. Korrekturgrund ist allein ein in Bezug auf den Verlustabzug fehlerhaftes Ergebnis (vgl. BFH-Urteile vom 14. November 1989 VIII R 209/85, BFHE 160, 219, BStBl II 1990, 620; vom 14. November 1989 VIII R 109/86, BFH/NV 1990, 623; vom 9. Juli 1992 XI R 23/91, BFH/NV 1992, 815). Die Berichtigung erstreckt sich auf Fehler, die die Ermittlung des Verlustes und dessen Ausgleich im Verlustentstehungsjahr betreffen; sie erfasst aber auch Fehler, die bei dem Abzug des Verlustes in vorangegangenen Veranlagungszeiträumen unterlaufen (vgl. Urteile des BFH vom 14.November 1989 VIII R 109/86, BFH/NV 1990, 623 und vom 18.September 1991 XI R 36/90, BFH/NV 1992, 37).

Nach diesem Maßstab war das FA berechtigt, den Rücktrag der Verluste des Veranlagungszeitraums 1992 in das Jahr 1991 im Umfang der geänderten Grundlagenbescheide 1992 zu berichtigen. Die doppelte Berücksichtigung der Verluste des Jahres 1992 in 1991 war fehlerhaft, weil die Verluste durch den zutreffenden Rücktrag nach 1990 verbraucht waren. Die Ursache des Fehlers ist für die Änderungsbefugnis irrelevant. Die aus dem Fehler erwachsende Änderungsbefugnis wird selbst durch die Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids nicht beschränkt, in dem sich der fehlerhafte Rücktrag auswirkte. Nach § 10d Abs. 1 Satz 3, Halbs. 1 EStG sind auch unanfechtbare Steuerbescheide zu ändern, soweit sie auf einem fehlerhaft durchgeführten Verlustabzug beruhen. Eine Beschränkung der Änderungsbefugnis ergibt sich vorliegend nur aus dem Schutz der Verjährung. Die sich aus der Festsetzungsverjährung ergebende Begrenzung der Änderungsbefugnis hat das FA beachtet.

Das Gesetz stellt in § 10d Abs. 1 Satz 3, Halbs. 2 EStG für die Verjährung darauf ab, ob die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum der Verlustentstehung abgelaufen ist. Die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuerfestsetzung des Verlustrücktragsjahres endet nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist für das Verlustentstehungsjahr. Der Verjährungsschutz des Verlustrücktragsjahres 1991 richtet sich daher nach dem des Verlustentstehungsjahres 1992. Die Festsetzungsverjährung des streitigen Verlustrücktragsjahres 1991 steht der Änderung nicht entgegen, solange und soweit der Steuerbescheid des für den Verlustrücktrag maßgeblichen Verlustentstehungsjahres 1992 geändert werden darf. Die Änderungsbefugnis für den Einkommensteuerbescheid 1992 beruht hier auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 171 Abs. 10 AO. Die sich daraus ergebenden sachlichen und zeitlichen Grenzen der Änderungsbefugnis für den Einkommensteuerbescheid 1991 hat das FA beachtet, indem es den Verlustabzug für das Verlustrücktragsjahr 1991 nur im Umfang der geänderten Grundlagenbescheide 1992 korrigierte. Insoweit war die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen, weil die Grundlagenbescheide innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe umgesetzt wurden.

Der Auffassung der Kl, der Änderungsrahmen sei mit der Berichtigung des Verlustrücktrags aus 1992 nach 1990 erschöpft gewesen, folgt der Senat nicht. Im Rahmen des § 10d Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG ergibt sich aus § 171 Abs. 10 AO keine Beschränkung des Änderungsrahmens dahin, dass das FA nur Fehler im "richtigen" Verlustrücktragsjahr korrigieren dürfte. Der zulässige Änderungsrahmen ist dem maßgeblichen § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG zu entnehmen, der auf eine vollständige Berichtigung aller beim Verlustabzug auftretender Fehler angelegt ist. Die Änderungsbefugnis ist nur insoweit eingeschränkt, als der Verlustabzug zu berichtigen ist. Das ist der fehlerhaft vollzogene Verlustabzug. Demgegenüber ist nicht maßgeblich, was "richtigerweise" ein Verlustrücktragsjahr gewesen wäre, sondern was fälschlicherweise zu einem wurde. Weiter einschränkende Voraussetzungen enthält § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG nicht. Dessen Änderungsbefugnis reicht über die Bestandskraft der Steuerbescheide hinaus, die in den Verlustabzug einbezogen wurden (§ 10d Abs. 1 Satz 3, Halbs. 1 EStG).

Der Einkommensteuerbescheid 1991 ist als Gegenstand der Änderungsvorschrift des § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG auch verjährungsrechtlich nicht weiter geschützt ist als der Einkommensteuerbescheid 1992 (§ 10d Abs. 1 Satz 3, Halbs. 2 EStG).

2. Soweit sich die geänderte Verlustfeststellung zum 31.12.1993 in den geänderten Verlustfeststellungsbescheiden zum 31.12.1994 und zum 31.12.1995 fortgeschrieben wurde, sind diese ebenfalls rechtmäßig. Die Änderung beruht auf § 175 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 171 Abs. 10 und § 181 Abs. 1 Satz 1 AO. Der Verlustfeststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid für den nächsten Verlustfeststellungsbescheid.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

4. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO.

Ende der Entscheidung

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