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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 12.05.2009
Aktenzeichen: 11 K 4217/08
Rechtsgebiete: EStG, AO


Vorschriften:

EStG § 10 Abs. 2
EStG § 20 Abs. 1
AO § 179 Abs. 1
AO § 180 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheids, mit dem das beklagte Finanzamt (FA) die Steuerpflicht von Zinsen aus zwei Kapitallebensversicherungen gesondert festgestellt hat.

Der Kläger und seine Ehefrau haben durch einen vor dem Notariat X.. (...) abgeschlossenen Vertrag vom 03. Dezember 1992 zum Kaufpreis von 294.000 DM eine in Y., ...str., belegene 4-Zimmer Eigentumswohnung (Nr. ..) mit 106 qm Wohnfläche erworben. Die Anschaffungskosten der Wohnung haben sie weitgehend durch ein ihnen Ende 1992 zu diesem Zweck von der ......bank (jetzt T-Bank) unter der Nr. 33........ gewährtes Darlehen finanziert. Mit der Wohnung haben sie in der Folgezeit (negative) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt.

Im Jahr 2002 entschlossen sich die Eheleute dazu, den Kredit mit Hilfe der ..bausparkasse (nachfolgend: A....bausparkasse) umzuschulden. Hierzu wurden ihnen zur Ablösung des Darlehens der T-Bank von der A....bausparkasse aufgrund eines Darlehensvertrags vom 28. August 2002 (Auszüge vgl. Bl. 9 bis 13 der Ermittlungs- und Feststellungsakten des FA) zwei Darlehen gewährt, und zwar unter der Nr. 44......... ein sog. Annuitätendarlehen II über 60.000 EUR sowie unter der Nr. 55........ ein sog. Darlehen Z.. über 84.000 EUR. Die beiden Darlehen wurden Ende 2002 durch eine Überweisung in Höhe von 124.000 EUR an die T-Bank sowie durch eine Gutschrift in Höhe von 20.000 EUR auf ein unter der Nummer des Darlehens Z.. für die Eheleute neu eingerichtetes Bausparkonto (mit einer Bausparsumme von 84.000 EUR) bei der A....bausparkasse valutiert. Die Gutschrift auf dem Bausparkonto diente dort der Finanzierung des für die - spätere - Zuteilung des Vertrags erforderlichen Guthabens und wurde bis zur Zuteilung des Bausparvertrags mit den tariflichen Guthabenzinsen verzinst. Bereits im Darlehensvertrag (vgl. dazu die auf Seite 3 des Vertrags aufgezählten Bedingungen hinsichtlich der Darlehenssicherung sowie Tz. 4.2 der zu dessen Inhalt gewordenen Darlehensbedingungen; FG-ABl. 60 u. 69) haben der Kläger und seine Ehefrau sämtliche Rechte und Ansprüche aus dem Bausparvertrag, insbesondere das Kündigungsrecht und den Anspruch auf das Bausparguthaben an die A....bausparkasse verpfändet. Zur Funktionsweise des Darlehens Z.. wird auf das in den Ermittlungs- und Feststellungsakten als Blatt 21 und 22 abgeheftete Merkblatt der A....bausparkasse verwiesen.

Entsprechend dem mit der A....bausparkasse getroffenen Darlehensvertrag haben die Eheleute zur weiteren Sicherung des Darlehens Nr. 55........ (im Vertrag als "Ersatzsicherheit" angesprochen) auch ihre Ansprüche aus den nachstehend genannten Lebensversicherungsverträgen - wie bereits zuvor an die TBank - wie folgt an die A....bausparkasse verpfändet (vgl. dazu auch Bl. 16 u. 17 der Ermittlungs- und Feststellungsakten):

Lebensversicherung Nr. 1. über 5.113,00 EUR

Versicherung Nr. 2. über 41.675,91 EUR

Die beiden auf den 13.09. 2002 datierten Verpfändungserklärungen enthalten zum Umfang der Verpfändung u.a. die folgenden Ausführungen:

"Die Verpfändung umfasst die gegenwärtigen und künftigen Rechte und Ansprüche, die im Erlebens- und Todesfall aus dem/den bezeichneten Lebensversicherungsvertrag/-verträgen mit allen Zusatz- und Folgeversicherungen (insbesondere Unfallversicherung und Dynamisierung), im Todesfall unbeschränkt, im Erlebensfall in Höhe des zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten ausgezahlten Darlehensbetrages, höchstens jedoch die Höhe des noch vorhandenen Restkapitals des Darlehens entstehen. ..."

Nachdem das FA von diesen Vorgängen über entsprechende Anzeigen nach § 29 der Einkommensteuer- Durchführungsverordnung (EStDV) vom 10. März 2003 durch die A....bausparkasse Kenntnis erlangt hatte, stellte es nach näherer Überprüfung mit Bescheiden vom 18. Oktober 2005 gegenüber dem Kläger die Steuerpflicht der Zinsen aus den beiden oben bezeichneten Lebensversicherungen (nachfolgend abgekürzt mit LV) gesondert fest. Die schädliche Verwendung sah die Behörde darin, dass ein Teil des durch die LVen gesicherten Darlehens der Finanzierung eines Bausparguthabens und damit einer langfristigen Forderung diene und insoweit der privilegierte Zweck der Finanzierung von Anschaffungsoder Herstellungskosten hinter dem Zweck der Erzielung von Zinsen zurücktrete. Den dagegen am 02. November 2005 eingelegten Einspruch wies das FA durch Entscheidung vom 07. Juni 2006, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, zurück.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, zu deren Begründung sich der Kläger auf den Standpunkt stellt, dass mit der im Jahr 2002 herbeigeführten Umfinanzierung lediglich die zuvor (im Jahr 1992) erfolgte Finanzierung der Anschaffungskosten einer Eigentumswohnung fortgesetzt werde; der Einsatz von LV-Ansprüchen für solche Finanzierungszwecke beeinträchtige nach § 10 Abs. 2 Satz 2 a EStG die Steuerfreiheit von Zinsen aus LV-Verträgen gerade nicht. Das gelte auch, soweit die Umfinanzierung nach dem Modell Z.. erfolgt sei. Der Streitfall sei nicht mit dem vom BFH im Urteil vom 13. Juli 2004 VIII R 61/03 (BFH/NV 2005, 184 ) beurteilten Sachverhalt zu vergleichen. Dort sei ein Teilbetrag aus einem zur Finanzierung von Herstellungskosten aufgenommenen Darlehen als Festgeld verzinslich angelegt worden; das habe den BFH zu der Würdigung bewogen, der mit der Festgeldanlage verfolgte Zweck der Erzielung von Zinseinnahmen dränge den Zweck der Finanzierung der Baukosten - wenn auch nur für kurze Zeit, aber doch in schädlicher Weise - in den Hintergrund. Demgegenüber sei die bei dem Modell Z.. vorgesehene Vorfinanzierung des Bauspardarlehens Teil eines einheitlichen Finanzierungskonzepts, das nicht in seine Bestandteile zerlegt werden dürfe und in dessen Rahmen das ebenfalls vorfinanzierte Bausparguthaben seiner - des Klägers - Verfügungsgewalt entzogen seien. Bei Einbeziehung dieser konzeptionellen Besonderheiten habe das Umschuldungsdarlehen durchaus - ebenso wie zuvor das mit seinen Mitteln abgelöste Ursprungsdarlehen - der unmittelbaren und ausschließlichen Finanzierung der Anschaffungskosten der Eigentumswohnung gedient und diene diesem Zweck auch weiterhin.

Im Anschluss an das Berichterstatter-Schreiben vom 18. Februar 2009 (FG-ABl. 33 - 35), auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, macht sich der Kläger die dort geäußerten Bedenken gegen die Auffassung des FA zu Eigen. Es müsse nach der Formulierung zum Sicherungszweck nämlich davon ausgegangen werden, dass die LV-Ansprüche d e n Teil des Darlehens nicht sichere, der zur Finanzierung des Bausparguthabens verwendet worden ist; sie seien als Sicherungsmittel vielmehr auf die Höhe der Anschaffungs- und Herstellungskosten beschränkt.

Wegen aller Einzelheiten der Begründung wird auf die Klageschrift vom 06. Juli 2006 und den zu deren Ergänzung eingereichten Schriftsatz vom 30. April 2009 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus den Kapitallebensversicherungen der Lebensversicherung Nr. 1... und der Versicherung Nr. 2...., jeweils vom 18. Oktober 2005, sowie die diese bestätigende Einspruchsentscheidung vom 07. Juni 2006 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hält an seiner in der Einspruchsentscheidung näher dargelegten Auffassung fest, wonach es für die Steuerfreiheit der Zinsen aus den streitbefangenen LVen gem. §§ 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4, 10 Abs. 2 Satz 2 EStG in seiner im Streitjahr geltenden Fassung grundsätzlich schädlich sei, wenn die Versicherungsansprüche zur Sicherung eines Darlehens verwendet würden, dessen Finanzierungskosten Werbungskosten sind, es sei denn das Darlehen diene unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts, das dauernd zu Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist. Würden die Darlehensmittel vor ihrer Verwendung für solche privilegierten Finanzierungszwecke zunächst eine gewisse Zeit auf ein Konto des Steuerpflichtigen überwiesen, so sei dies für die Steuerfreiheit der Zinsen aus der LV nur dann unschädlich, wenn der Zeitraum 30 Tage nicht überschreite. Im Streitfall sei mit einem Teil des Darlehens Z.. eine langfristige verzinsliche Forderung, nämlich ein Guthaben auf einem Bausparkonto finanziert worden. Insoweit diene das Darlehen nicht - wie es das Gesetz fordere - ausschließlich privilegierten Zwecken, sondern teilweise auch dem schädlichen Zweck der Forderungsfinanzierung; auch wenn es nur teilweise einem steuerschädlichen Zweck diene, entfalle nach der Rechtsprechung des BFH die Steuerfreiheit der Zinsen in vollem Umfang. Darauf, dass nach der gewählten Konzeption das Bausparguthaben der Verfügung des Klägers - wie dieser meine - entzogen gewesen sei, komme es nicht an. Maßgebend sei, dass er bei der Wahl des Finanzierungsmodells eine entsprechende Disposition getroffen habe.

Bezug nehmend auf das Berichterstatter-Schreiben vom 18. Februar 2009 führt das FA in seiner Stellungnahme vom 29. April 2009 ergänzend aus, dass mit der Verpfändung der LV-Ansprüche im Rahmen des Darlehens Z.. auch der Betrag abgesichert worden sei, der auf den Bausparvertrag einbezahlt worden ist und dort als Guthaben geführt wurde. Dies ergebe sich schon aus den Ausführungen der A....bausparkasse im Schreiben vom 02. November 2005, nach denen der Bausparvertrag notwendige Voraussetzung für das Bauspardarlehen sei, da sich das Vertragsverhältnis nach Zuteilung (unter Berücksichtigung des Guthabens) in das Bauspardarlehen umwandele. Gerade nach diesem - auch vom Kläger vertretenen - Verständnis könne das Bausparguthaben aus der Perspektive der Sicherungsabrede nicht losgelöst von dem anschließend zu gewährenden Bauspardarlehen gesehen werden. Da der Wortlaut der Verpfändungserklärungen keine Einschränkung der Verpfändung derart bewirke, dass sie im Erlebensfall nur auf bestimmte - etwa nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG begünstigte - Anschaffungen beschränkt sein solle, ergebe sich insoweit auch weder eine Unbestimmtheit noch eine Unklarheit. Da mit dem durch die LV-Ansprüche abgesicherten Darlehen (auch) ein Bausparguthaben finanziert worden sei, sei der Bereich der unschädlichen ausschließlichen und unmittelbaren Finanzierung eines nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG privilegierten Wirtschaftsguts verlassen worden; allenfalls liege insoweit eine mittelbare - damit aber steuerschädliche - Finanzierung eines solchen Wirtschaftsguts vor.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und auch begründet.

Die angefochtenen Feststellungs-Bescheide vom 18. Oktober 2005 und die diese bestätigende Einspruchsentscheidung vom 7. Juni 2006 sind aufzuheben, da sie rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten verletzen. Die Ansprüche aus den darin bezeichneten LV-Verträgen sind nicht im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG in seiner für das Streitjahr maßgeblichen - bis zum Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes vom 5. Juli 2004 (BGBl. I S. 1427) geltenden - Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1997 (BGBl. I S. 821; nachfolgend: EStG aF) steuerschädlich verwendet worden.

1. Nach §§ 179 Abs. 1 und § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 9 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 AO in der zuletzt durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Investitionszulagegesetzes 1999 vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1850) geänderten - vorliegend geltenden - Fassung stellt das für die Einkommensbesteuerung des Versicherungsnehmers zuständige FA die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) gesondert fest, wenn für die Beiträge zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht erfüllt sind.

Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG a.F. steuerpflichtig. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies nicht für Zinsen aus Versicherungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG aF, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Die Beiträge zu den Versicherungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG a.F. können mit den in Abs. 2 derselben Vorschrift aufgeführten Einschränkungen als Sonderausgaben abgezogen werden.

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 3 EStG i.d.F. des StÄndG 1992 - seit dem 1. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 2004: § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 EStG a.F. - gilt die Steuerbefreiung nach Satz 2 in den Fällen des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG a.F. nur, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a oder b EStG a.F. erfüllt sind oder soweit bei Versicherungsverträgen Zinsen in Veranlagungszeiträumen gutgeschrieben werden, in denen Beiträge nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG a.F. abgezogen werden können. Voraussetzung für die Anwendbarkeit diese Regelung ist, dass die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nach dem 13. Februar 1992 zur Sicherung eines Darlehens dienen (vgl. § 52 Abs. 13a Satz 4 und Abs. 20 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 1992 vom 25. Februar 1992 -BGBl. I 1992, 297-, später § 52 Abs. 24 Satz 3 EStG aF).

2. Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt rechtfertigt es nicht, die Steuerpflicht der Zinsen aus den in den Beiträgen des Klägers zu seinen LVen bei der Lebensversicherung Nr. 1... und bei der Versicherung Nr. 2.... enthaltenen Sparanteilen festzustellen. Die im Zusammenhang mit der vom Kläger im Jahr 2002 vorgenommenen Umschuldung abgeschlossenen Verträge haben keine schädliche Verwendung der Ansprüche aus den streitbefangenen LVen herbeigeführt.

Bei diesen LVen handelt es sich um Kapital-LVen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 b dd EStG aF. Die in § 10 Abs. 2 Satz 1 EStG a.F. geregelten Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug der Beiträge für die streitbefangenen LVen sind ebenfalls erfüllt. Beides bestreitet auch das FA nicht. Damit sind die Voraussetzungen, unter denen § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a.F. eine Ausnahme von der im vorangehenden Satz geregelten Steuerpflicht der Zinsen aus den LVen vorsieht, erfüllt. Unterschiedliche Auffassungen bestehen zwischen den Beteiligten nur hinsichtlich der Frage, ob die in § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 EStG a.F. für Anwendungsfälle des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG a.F. enthaltenen Einschränkungen die Anwendung des Satzes 2 und damit auch die Steuerfreiheit der Zinsen ausschließen. Das ist indessen nicht der Fall.

a) Soweit die aus den LVen für den Todesfall entstehenden Ansprüche verpfändet worden sind, lässt dies die Steuerfreiheit der Zinsen unberührt. Denn § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG a.F. trifft eine - den Sonderausgabenabzug der Versicherungsbeiträge und damit mittelbar auch die Steuerfreiheit der Zinsen einschränkende - Regelung nur für den Fall, dass Ansprüche aus grundsätzlich privilegierten Versicherungsverträgen "während deren Dauer im Erlebensfall der Tilgung oder Sicherung eines Darlehens dienen". Ein potentiell (d.h. unter den weiteren Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG aF) schädlicher Einsatz der Ansprüche aus einer solchen LV liegt hingegen von vornherein nicht vor, soweit die Ansprüche für den Todesfall abgetreten oder verpfändet werden.

b) Aber auch soweit mit den Erklärungen vom 13. September 2002 eine Verpfändung der aus den LV-Verträgen für den Erlebensfall resultierenden Ansprüche erfolgt ist, liegt im Streitfall wegen der in den gesonderten Verpfändungserklärungen hierfür enthaltenen Einschränkung des Sicherungsumfangs eine steuerschädliche Verwendung nicht vor.

aa) Mit den genannten Erklärungen sind die Ansprüche nur eines der beiden von der A....bausparkasse aufgrund des Vertrags vom 28. August 2002 gewährten Darlehen gesichert worden. Die Verpfändungserklärungen beziehen sich nur auf das Darlehen mit der End-Nr. ....98 (das sog. Darlehen Z..) und nicht auch auf das sog. Annuitätendarlehen II (End-Nr. 999).

bb) Die streitbefangenen LV-Ansprüche dienen jedoch auch bezüglich des Darlehens Z.. nicht der Sicherung und Tilgung der gesamten Darlehenssumme. Die Verpfändungserklärungen enthalten vielmehr - für den vorliegend relevanten Erlebensfall - übereinstimmend eine Einschränkung des Sicherungsumfangs. Diese Einschränkung ist nach Auffassung des Senats so zu verstehen, dass sich die Verpfändung der LV-Ansprüche - für den vorliegend relevanten Erlebensfall - nicht auf den Teil des Darlehens Z.. bezieht, der durch Gutschrift auf das konzeptionsbedingt eingerichtete Bausparkonto valutiert worden ist.

Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Wortlaut der Verpfändungsvereinbarung bei dessen isolierter Betrachtung ein Verständnis nahe legen mag, nach dem sich die in Satz 2 der Verpfändungserklärung enthaltene Einschränkung des weiter gefassten Satzes 1 nicht auf einen durch eine bestimmte Verwendung definierten Teil des Darlehens, sondern auf einen nur betragsmäßig definierten Teilbetrag des gesamten Darlehens bezieht. Bei dieser Sichtweise sicherten die LV-Ansprüche - wie es das FA postuliert - zunächst einmal das ganze, in zwei Teilbeträgen valutierte Darlehen; die Frage nach dem betragsmäßigen Umfang der Sicherung wäre dann eine solche, die den gegenständlichen Bezug der LV-Ansprüche zur gesamten Darlehensrückforderung unberührt ließe. Konsequenz wäre, dass auch der Teil des Darlehens von der Verpfändung gegenständlich erfasst sein würde, dessen Valuta zur Begründung eines Bausparguthabens verwendet worden ist.

Eine solches Verständnis der Verpfändungserklärungen erscheint jedoch zu sehr an deren Wortlaut orientiert. Bei der Feststellung des Inhalts einer Willenserklärung bzw. des auf zwei einander entsprechenden Willenserklärungen beruhenden Vertrages ist zwar vom Wortlaut der Erklärungen auszugehen. Jedoch ergibt sich aus § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), dass nicht am buchstäblichen Sinn eines Ausdrucks zu haften, sondern auf den wirklichen Willen des Erklärenden abzustellen ist (weshalb nach dem Urteil des BGH vom 19. Dezember 2001 XII ZR 281/99, NJW 2002, 1260 auch ein klarer und eindeutiger Wortlaut einer Erklärung ihren Inhalt nicht in jedem Falle zwingend festlegt). Der wirkliche Wille ist im Wege einer die gesamten relevanten Umstände einbeziehenden Auslegung zu ermitteln. Soweit es sich dabei - wie bei auf den Abschluss von Verträgen gerichteten Erklärungen - um empfangsbedürftige Willenserklärungen handelt, ist allerdings auf den Empfängerhorizont abzustellen und eine Erklärung so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (§ 157 BGB). In diesem Zusammenhang kann für die Vertragsauslegung auch der Interessenlage der Vertragsparteien Bedeutung zukommen; ebenso können außerhalb der Erklärung liegende Umstände erhellen, was die Beteiligten wirklich erklären wollten (vgl. auch Palandt/ Ellenberger, Komm. zum BGB, 67. Aufl. 2008, RdNr. 15 u. 18 zu § 133, mit zahlreichen Rspr.-Nachweisen).

Bei der Prüfung der Interessenlage ist zunächst festzustellen, dass die A....bausparkasse als Sicherungsgläubigerin kein Sicherungsbedürfnis für den durch Gutschrift auf das Bausparkonto valutierten Teil des Darlehens Z.. hatte. Denn der Kläger und seine Ehefrau haben bereits im Darlehensvertrag (vgl. die diesem zugrunde gelegten Darlehensbedingungen; dort Tz. 4.2) ihre sämtlichen Rechte und Ansprüche aus dem Bausparvertrag an sie verpfändet. Dadurch waren diese Ansprüche einer Disposition der Eheleute entzogen und brauchte sich die Verpfändung der Ansprüche aus der LV - auch aus der Sicht der A....bausparkasse - hierauf nicht zu erstrecken. Insofern bestand keine Notwendigkeit dafür, die Verpfändung der LV-Ansprüche auf das ganze Darlehen Z.., also auch auf den Teil dieses Darlehens zu beziehen, das nicht der Ablösung des ursprünglichen Darlehens der T-Bank, sondern der Begründung eines Bausparguthabens diente.

Allerdings berechtigt allein der Umstand, dass für eine am Wortlaut orientierte Auslegung einer Verpfändungsvereinbarung teilweise ein Sicherungsbedürfnis fehlt, ein Gericht noch nicht stets dazu, ihr einen davon abweichenden Inhalt beizulegen. Mitunter wird das Sicherungsbedürfnis von den Beteiligten anders eingeschätzt oder ist aus anderen Gründen eine weitgefasste Sicherungsvereinbarung gewollt. Dass es sich im Streitfall so verhalten haben könnte, ist jedoch unter den gegebenen Umständen fernliegend. Dagegen spricht schon der Umstand, dass die A....bausparkasse in ihren Anzeigen nach § 29 Abs. 1 EStDV den Nennbetrag des gesicherten Darlehens jeweils mit 64.000 EUR angegeben hat (vgl. dazu auch Bl. 1 u. 2 der Ermittlungs- und Feststellungsakten). Sie selbst hat also den dem Bausparkonto gutgeschriebenen Teilbetrag von 20.0000 EUR nicht als Teil des durch die LV-Ansprüche gesicherten Darlehens angesehen. Nachdem dieser Teilbetrag infolge der Verpfändung sämtlicher Rechte und Ansprüche aus dem Bausparvertrag von der A....bausparkasse zum Gegenstand einer eigenständigen Sicherheit gemacht worden ist, konnte ein trotz der weiteren Sicherheiten noch bestehendes und durch eine "Ersatzsicherheit" zu befriedigendes Sicherungsbedürfnis der A....bausparkasse nur noch auf den an die T-Bank überwiesenen Teil des Darlehens bezogen sein. Dass sich die A....bausparkasse nicht nutzlose Ersatzsicherheiten bestellen lassen wollte, sondern vielmehr bereit war, bei der Befriedigung ihres Sicherungsbedürfnisses (auch) den berechtigten - vor allem steuerlichen - Belangen ihrer potentiellen Vertragspartner Rechnung zu tragen, ergibt sich aus der Ausgestaltung des Textes der von ihr für die Verpfändung von LV-Ansprüchen konzipierten und verwendeten Formulare. Wenn dort eine Differenzierung zwischen den Versicherungsansprüchen im Todesfall und im Erlebensfall und bei der Verpfändung der Ansprüche im Erlebensfall eine Einschränkung auf den durch Anschaffungs- und Herstellungskosten ausgelösten Finanzierungsbedarf sowie ferner eine Höchstbetragsbegrenzung auf das noch vorhandene Restkapital des Darlehens vorgesehen ist, dann wird deutlich, dass der Umfang der Verpfändungen ganz bewusst so beschränkt werden sollte, dass die Steuerfreiheit der Zinsen aus den eingesetzten Versicherungsansprüche nicht beeinträchtigt wird. Es kann angesichts all dessen nicht angenommen werden, dass die A....bausparkasse die Verpfändungen der LV-Ansprüche auch auf den Teil des Darlehens Z.. erstrecken wollte, der durch die Überweisung auf das Bausparkonto valutiert wurde. Dass der Kläger an einer gegenständlichen Einbeziehung auch dieses Teils des Darlehens in die Verpfändungen kein Interesse haben konnte, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Darlegung.

cc) Soweit das Darlehen Z.. Zwecken gedient hat und noch dient, die jenseits der die Geltung der Verpfändung beschränkenden Grenzen liegen, werden die Ansprüche der A....bausparkasse (insbesondere auch deren Rückzahlungsanspruch) durch die Verpfändungen der LVen gerade nicht erfasst und gesichert. Die Feststellung, ob und inwieweit die streitbefangenen LV-Ansprüche schädlich verwendet worden sind, kann indessen von vornherein nur auf den (Darlehens-)Anspruch bezogen werden, zu dessen Sicherung sie verpfändet worden sind. Zwar richten sich die auf ein bestimmtes Darlehen bezogenen Ansprüche regelmäßig auf dieses in seiner Gesamtheit. Das schließt es jedoch nicht aus, nur den durch eine konkrete Valutierung definierten Teil eines Darlehens zum Gegenstand eines dinglichen Sicherungsrechts zu machen. In diesem Fall kann sich die Steuerschädlichkeit nur aus Umständen ergeben, die den entsprechenden Teilbetrag betreffen.

Der Senat sieht sich in dieser Beurteilung nicht im Widerspruch zu den Entscheidungen des BFH, die in Fällen eines zu verschiedenen Finanzierungszwecken gewährten Gesamtdarlehens zu einer schädlichen Verwendung der zur Sicherung abgetretenen LV-Ansprüche schon dann gelangt ist, wenn nur hinsichtlich eines Teils des Darlehens eine schädliche Verwendung vorlag. Denn dort stand der BFH nicht vor der Frage, welchen Einfluss eine gegenständlich (nämlich auf bestimmte Finanzierungszwecke eines Darlehens) beschränkte Verpfändung der LV-Ansprüche auf die Steuerfreiheit der Zinsen aus den LVen hat. So sind ausweislich der in den Gründen der Urteile vom 13. Juli 2004 (VIII R 48/02, BStBl II 2004, 1060, VIII R 52/03, BFH/NV 2005, 181 und VIII R 61/03, BFH/NV 2005, 184) wiedergegebenen Sachverhalte keine mit dem Streitfall vergleichbaren Einschränkungen des Umfangs der Verpfändung der LV-Ansprüche erfolgt. Soweit in anderen Entscheidungen (z.B. in dem Urteil vom 12. Oktober 2005 VIII R 19/04, BFH/NV 2006, 288) die Abtretung der LV-Ansprüche auf den Darlehensauszahlungsbetrag beschränkt worden ist, handelt es sich um eine betragsmäßige Beschränkung, die mit der Beschränkung auf bestimmte - sachlich abgegrenzte - Verwendungszwecke nicht vergleichbar ist. Im Übrigen sind in dem der zitierten Entscheidung zugrunde liegenden Fall die Versicherungsansprüche zur Sicherung eines höheren Darlehensteilbetrags eingesetzt worden, als dies unter Berücksichtigung des nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a EStG a.F. privilegierten Zwecks unschädlich geschehen konnte.

dd) Hiervon ausgehend ist zunächst festzustellen, dass das sog. Darlehen Z.. über 84.000 EUR von der darlehensgewährenden A....bausparkasse in zwei Teilbeträgen jeweils mit Wertstellung vom 30.12.2002 valutiert worden ist (vgl. Bl. 18 der Ermittlungs- und Feststellungsakten des FA).

(1) Der eine Teilbetrag in Höhe von 64.000 EUR ist an die T-Bank zur Ablösung des von dieser im Jahr 1992 dem Kläger und seiner Ehefrau gewährten Darlehens überwiesen worden (vgl. die Auszahlungsnachricht der A....bausparkasse vom 04. Dezember 2002; Bl. 5 der Ermittlungs- und Feststellungsakten). Insoweit bestreitet - soweit ersichtlich - auch das FA eine unmittelbare und ausschließliche Finanzierung von Anschaffungskosten eines zur dauernden Erzielung von Einkünften bestimmten Wirtschaftsguts nicht. Dem ist zuzustimmen. Das Darlehen der T-Bank hatte seit seiner Gewährung (1992) unstreitig (nur) der Finanzierung der Anschaffungskosten der vom Kläger und seiner Ehefrau seither vermieteten Eigentumswohnung gedient. Mit der Finanzverwaltung (vgl. Rdz. 43 ff. des BMF-Schreibens vom 15. Juni 2000 - IV C 4 - S 2221 - 86/00, BStBl I 2000, 1118) geht der Senat davon aus, dass - unbeschadet des Unmittelbarkeitserfordernisses - auch die Absicherung eines Ablösungsoder Umschuldungsdarlehens mit LV-Ansprüchen steuerbegünstigt möglich ist, sofern - wie hier - das abgelöste oder umgeschuldete Darlehen die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a) EStG a.F. erfüllt hat.

(2) Der weitere Teilbetrag in Höhe von 20.000 EUR ist durch Einzahlung auf ein bereits im August 2002 zugunsten des Klägers und seiner Ehefrau eingerichtetes Bausparkonto eingezahlt worden (Bl. 6 und 19 der Ermittlungs- und Feststellungsakten). Diesbezüglich mag man zwar - wie das FA - bestreiten, dass die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a) EStG a.F. erfüllt sind, die Valutierung insoweit also einem Darlehen dient, das "unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist". Indes sichern die streitbefangenen LV-Ansprüche diesen Teil des Darlehens Z.. - nach den vorstehend unter 2. b) bb) und cc) dargelegten Ausführungen - gerade nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO in Verbindung mit § 151 Abs. 3 FGO.

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der Klärung der Tragweite der vom BFH in den Entscheidungen vom 13. Juli 2004 (a.a.O.) vertretenen Infizierung eines Gesamtdarlehens bei Verwendung eines Teils desselben für steuerschädliche Zwecke rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimisst (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Dass es sich bei den angewandten Normen seit dem Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes um auslaufendes Recht handelt, mindert die Bedeutung dieser Problematik für die Besteuerungspraxis derzeit schon deshalb nicht, weil die Vorschriften aufgrund der in § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG (in dessen derzeit geltender Fassung) getroffenen Übergangsregelung noch geraume Zeit weiter gelten und Klauseln zur Einschränkung des Verpfändungs- bzw. Abtretungsumfang in der Versicherungspraxis nicht selten verwendet werden.

Ende der Entscheidung

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