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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 23.04.2009
Aktenzeichen: 3 K 3441/08
Rechtsgebiete: EGV, EigZulG, EStG


Vorschriften:

EGV Art. 18
EGV Art. 39
EGV Art. 43
EigZulG § 2 Abs. 1
EigZulG § 3
EigZulG § 6 Abs. 1
EStG § 26
Eigenheimzulage für eine in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union belegene Zweitwohnung eines Antragstellers mit Erstwohnsitz im Inland?
Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger Eigenheimzulage für ein Haus auf Kreta, Hellenische Republik (Griechenland) gewährt werden kann.

Der Kläger ist seit 2002 verheiratet; seine Ehefrau und er sind Eltern eines im Jahr 2002 geborenen Sohnes. Der Kläger hat einen Wohnsitz in (F), Bundesrepublik Deutschland (Deutschland), und bezog in den Jahren 2000 bis 2007 für die von ihm und seiner Familie selbst genutzte Eigentumswohnung in F Eigenheimzulage und ab 2002 bis 2007 Kinderzulage. Der Kläger erzielt als in Deutschland niedergelassener Arzt Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Der Gesamtbetrag der Einkünfte des Klägers und seiner Ehefrau liegt unterhalb der Einkunftsgrenze des § 5 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) in der nach § 19 Abs. 7 EigZulG maßgeblichen Fassung.

Der Kläger erwarb im Januar 2001 ein Grundstück in (S) auf der Insel Kreta für xx.xxx EUR (Bl. 9 EHZ-Akte) und bebaute es aufgrund der Baugenehmigung vom 11. Juni 2001 in den Jahren 2001 und 2002 mit einem Einfamilienhaus (vgl. Bauauftrag vom 17. Juli 2001, Bl. 14 EHZ-Akte). Das Objekt wurde im Jahr 2002 fertig gestellt; am 12. Dezember 2003 wurde die Schlussrechnung über xxx.xxx EUR erteilt (Bl. 16 EHZ-Akte). Das gesamte Haus wird vom Kläger und seiner Familie seit 2002 als Zweitwohnung eigengenutzt. Dies ist zwischen den Beteiligten nach Abschluss einer tatsächlichen Verständigung im Erörterungstermin vom 24. März 2009 (wieder) unstreitig. Auf die Niederschrift wird wegen aller Einzelheiten Bezug genommen.

Am 18. April 2008 stellte der Kläger einen Antrag auf Eigenheimzulage für das Objekt in S, Griechenland. Außerdem beantragte er die Gewährung einer Kinderzulage für seinen Sohn, wies aber gleichzeitig darauf hin, dass er bis zum Jahr 2007 Eigenheimzulage für das Objekt in F bezogen habe. Zur Begründung führte er aus, dass nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 17. Januar 2008 Rs. C-152/05, Kommission/Deutschland (BFH/NV 2008, Beilage 2, 90) auch für Wohnungen in anderen Mitgliedstaaten Eigenheimzulage zu gewähren sei. Er bemühe sich seit Jahren beim örtlichen Gesundheitsamt in Griechenland um eine Zulassung für eine Praxis an seinem Zweitwohnsitz; die griechischen Behörden würden diese verweigern.

Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) legte den Antrag mit Einverständnis des Klägers als Antrag für ein Zweitobjekt aus, obwohl das Feld "Folgeobjekt" in Zeile 38 des Antrags angekreuzt war. Es teilte dem Kläger am 24. April 2008 mit, dass davon auszugehen sei, dass die Zweitwohnung in Kreta als reine Ferienwohnung genutzt werde, weil die Finanzierung des Lebensunterhaltes ausschließlich aus der ortsgebundenen Tätigkeit als Arzt in F erfolge. Mit Schreiben vom 26. April 2008 legte der Kläger dar, dass es sich bei dem Objekt auf Kreta nicht um eine Ferienwohnung i.S.d. § 2 EigZulG handele. Denn es sei baurechtlich zum ständigen Wohnen zugelassen und geeignet; es liege auch in keinem Sondernutzungsgebiet für Ferien- und Wochenendhäuser. Das Haus werde außerdem nicht vermietet. Auch dies ist nach der genannten tatsächlichen Verständigung unstreitig. S sei ein Dorf ohne Küstenanschluss mit nur geringer touristischer Infrastruktur, kein "Ferienort". Das Haus in S sei ursprünglich gebaut worden, um dorthin zu übersiedeln. Durch die Geburt seines Sohnes Ende 2002 und die bis heute anhaltenden rechtlichen Auseinandersetzungen mit dem Gesundheitsamt um die Zulassung einer Arztpraxis sei diese Planung bis auf Weiteres so verändert, dass das Haus seit Fertigstellung ca. 4 Monate im Jahr zum "normalen Leben" genutzt werde. Es handele sich keineswegs um eine Ferienwohnung im üblichen Sinne. Das Haus übersteige an Wohnfläche und Komfort weit die Wohnverhältnisse in F. Dies zeige, dass er dort "richtig wohne". Zuletzt habe er zum Zeitpunkt des Hausbaus seinen Lebensunterhalt überwiegend durch vorhandenes Vermögen gedeckt, welches auch den Hausbau ermöglicht habe. Erst seit wenigen Jahren werde der Lebensunterhalt der Familie ausschließlich durch seine Praxiseinnahmen und die Rente seiner Ehefrau bestritten.

Mit Schreiben vom 15. Mai 2008 lehnte das FA den Antrag auf Eigenheimzulage ab 2002 gleichwohl ab. Es vertrat weisungsgemäß (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 13. März 2008, BStBl I 2008, 539) die Auffassung, dass das vom Kläger angeführte EuGH-Urteil (in BFH/NV 2008, Beilage 2, 90) nur für Anspruchsberechtigte ohne inländischen Wohnsitz gelte, die nach § 1 Abs. 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unbeschränkt einkommensteuerpflichtig seien. Eine Rechtsbehelfsbelehrung fügte das FA diesem Schreiben nicht bei.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem als "Widerspruch" bezeichneten Einspruch, den das FA durch Einspruchsentscheidung vom 22. Juli 2008 als unbegründet zurückwies. Nach Auffassung des BMF (in BStBl I 2008, 539) sei die Herstellung oder Anschaffung eines in einem anderen EU-Mitgliedsstaat belegenen Objekts auch weiterhin nicht begünstigt, wenn der Anspruchsberechtigte --wie der Kläger-- in Deutschland nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sei. Deshalb könne dem Kläger für sein Objekt in S keine Eigenheimzulage gewährt werden, obwohl ansonsten sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt seien.

Dagegen richtet sich die Klage, die zunächst auch für das Jahr 2002 erhoben, aber mit Schreiben vom 3. Februar 2009 insoweit zurückgenommen wurde, nachdem das FA den Kläger darauf hingewiesen hatte, dass für das Jahr 2002 bei Antragstellung im April 2008 die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war.

Für die verbliebenen Streitjahre (2003 bis 2009) trägt der Kläger vor, die vom BMF vertretene Beschränkung der Anspruchsberechtigten auf die Sonderfälle des § 1 Abs. 2 und 3 EStG gehe aus dem genannten EuGH-Urteil keineswegs hervor. Nach Wortlaut und Intention des EuGH-Urteils (in BFH/NV 2008, Beilage 2, 90, Tz. 23 und 31) sei unverkennbar auch der Personenkreis der gemäß § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen in das EuGH-Urteil eingeschlossen. Außerdem würden im Urteilstext ausdrücklich "unbeschränkt Einkommensteuerpflichtige" einbezogen, die nicht erwerbstätig seien (Tz. 30). Dies treffe für die Sondergruppe der nach § 1 Abs. 2 und 3 EStG unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen gerade nicht zu, so dass nur der Personenkreis des § 1 Abs. 1 EStG gemeint sein könne. Hinzuweisen sei darauf, dass seine Ehefrau, die Ehefrau des Klägers, Erwerbsunfähigkeitsrente beziehe, also "nicht erwerbstätig" sei und daher zu dem speziell angesprochenen Personenkreis gehöre.

Er legte außerdem im Laufe des Klageverfahrens eine Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 19. August 2008 vor, die auszugsweise folgenden Inhalt hat:

"... Sie beschweren sich darüber, dass Ihr FA Ihnen die Eigenheimzulage für ein Haus auf Kreta trotz des oben genannten Urteils des EuGH verweigert, weil Sie in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind. Wir haben den Sachverhalt eingehend unter Berücksichtigung der von Ihnen beigefügten Unterlagen geprüft und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir Ihren Fall nicht fortsetzen werden.

Das Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland bezog sich nur auf unbeschränkt Einkommensteuerpflichtige im Sinne von § 1 Abs. 2 und 3 EStG und Personen, die unter Artikel 14 des Privilegienprotokolls fallen. ... Zum besseren Verständnis zitieren wir im Folgenden einen Auszug aus unserer Klageschrift: 'Wie sich aus § 1 Absatz 1 EStG ergibt, sind in erster Linie Personen, die in Deutschland ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig. Von dieser Grundregel gibt es jedoch einige Ausnahmen. Für diese Ausnahmen, für Personen also, die ihren Wohnsitz nicht in Deutschland haben, dort aber dennoch unbeschränkt steuerpflichtig sind, erweist sich die Beschränkung der Eigenheimzulage auf in Deutschland gelegene Objekte als nachteilig. ...'

Den Fall des unbeschränkt Steuerpflichtigen nach § 1 Abs. 1 EStG haben wir nicht aufgegriffen, da wir davon ausgegangen sind, dass dieser seine Eigenheimzulage für sein (inländisches) Wohnhaus beantragen und zweifellos erhalten würde. Die Problematik der ausländischen Ferien- bzw. Zweitwohnungen war daher nicht ausdrücklicher Gegenstand des Verfahrens.

Wie Sie zu Recht ausführen, gibt der EuGH diese Einschränkung in seinem Urteil nicht wider und spricht generell von allen unbeschränkt Steuerpflichtigen, die für eine im (EU) Ausland belegene Wohnung die Zulage erhalten sollen. Vor dem eben geschilderten Ausgangspunkt des Vertragsverletzungsverfahrens können wir die Umsetzung des Urteils des EuGH durch das BMF jedoch redlicher Weise nicht angreifen.

Um auch den Aspekt des unbeschränkt Steuerpflichtiger nach § 1 Abs. 1 EStG, der die Eigenheimzulage für ein (Zweit-/Ferien-) Haus im Ausland erhalten will, zu erfassen, müsste die Kommission ein neues Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Da die Eigenheimzulage ... abgeschafft worden ist, sehen wir hierzu keine Veranlassung mehr. ...

Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Eigenheimzulage entsprechend dem Urteil des EuGH auch in einem Fall wie dem Ihrigen gewährt werden müsste, wenn für die inländische Ferien-/Zweitwohnung ebenfalls eine Eigenheimzulage gewährt worden wäre. Aus den dargelegten Gründen werden wir das Verfahren jedoch nicht fortsetzen. ..."

Im Laufe des Klageverfahrens stellte der Kläger auf Nachfrage des Gerichts klar, dass eine Kinderzulage erst ab 2008 beantragt werde. Außerdem legte er auf Bitte des Gerichts einen Grundriss und Fotos des Hauses vor. Das FA hat daraufhin die Vorlage weiterer Nachweise erbeten und der Kläger weitere Nachweise vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 15. Mai 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Juli 2008 auf den Antrag des Klägers vom 18. April 2008 Eigenheimzulage für das Objekt in Griechenland wie folgt festzusetzen:

 für 2003:2.556 EUR
für 2004:2.556 EUR
für 2005:2.556 EUR
für 2006:2.556 EUR
für 2007:2.556 EUR
für 2008:3.323 EUR
für 2009:3.323 EUR;

hilfsweise:

die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise:

die Revision zuzulassen.

Es verteidigt weisungsgemäß den angefochtenen Ablehnungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung. Daneben hat das FA ausgeführt, dass die Bemessungsgrundlage um 1/3 zu kürzen sei, da sich im Haus zwei Wohnungen befänden.

Die Beteiligten haben erstmals mit Schreiben vom 27. Januar 2009 und 3. Februar 2009 auf mündliche Verhandlung verzichtet und diesen Verzicht im bzw. im Anschluss an den Erörterungstermin vom 24. März 2009 erneuert.

Dem Senat lagen bei seiner Entscheidung folgende Akten vor: 2 Bände Eigenheimzulageakten, 2 Bände Einkommensteuerakten, 1 Gerichtsakte.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet; sie führt im verbliebenen Umfang zur antragsgemäßen Festsetzung der Eigenheimzulage. Das FA hat zu Unrecht den Antrag auf Gewährung von Eigenheimzulage nur deshalb abgelehnt, weil das Objekt in Griechenland belegen ist. Die in § 2 EigZulG enthaltene Beschränkung der Förderung auf im Inland belegene Häuser oder Eigentumswohnungen ist gemeinschaftsrechtswidrig und muss aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts unangewendet bleiben.

I. Die Voraussetzungen des § 2 EigZulG liegen bei isolierter Betrachtung des nationalen Rechts nicht vor.

1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden, gemäß § 19 Abs. 1 und 8 EigZulG im Streitfall noch maßgeblichen Fassung ist die Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus oder einer im Inland belegenen eigenen Eigentumswohnung eigenheimzulagebegünstigt. Der Anspruch besteht (nur) für Kalenderjahre, in denen der Anspruchsberechtigte die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzt ( § 4 Satz 1 EigZulG). Nicht begünstigt ist u.a. eine Ferien- oder Wochenendwohnung ( § 2 Abs. 1 Satz 2 EigZulG). Ehegatten, bei denen -wie bei den Klägern- die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, können die Eigenheimzulage für insgesamt zwei Objekte beanspruchen ( § 6 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EigZulG); das gilt nicht nur, wenn die Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden ( § 26b EStG), sondern auch --wie im Streitfall-- bei getrennter Veranlagung (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 2000 X R 13/99, BFHE 194, 93, BStBl II 2002, 132, zu § 10e EStG). Die zwei Objekte dürfen jedoch nicht in räumlichem Zusammenhang belegen sein ( § 6 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 EigZulG; vgl. dazu BFH-Urteil vom 7. Juli 2005 IX R 74/03, BFHE 210, 338, BStBl II 2005, 807 ).

2. Gemessen daran hat der Kläger an sich keinen Anspruch auf Eigenheimzulage.

a) Der Kläger nutzt(e) zwar das gesamte Haus in S im Förderzeitraum des § 3 EigZulG in hinreichendem zeitlichem Umfang ausschließlich selbst. Auch ist das Objekt keine Ferien- oder Wochenendwohnung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 2 EigZulG und beim Kläger ist kein Objektverbrauch eingetreten. Der Kläger hat Anspruch auf Förderung von zwei Objekten, weil seine Ehefrau und er zwar nicht zusammen veranlagt wurden, aber die Voraussetzungen des § 26 EStG vorlagen: Beide waren (und sind) unbeschränkt einkommensteuerpflichtig i.S. des § 1 Abs. 1 EStG und lebten nicht dauernd getrennt. Bei der Hauptwohnung im Haus in S handelt es sich weiter neben der Wohnung in F um ein förderfähiges Zweitobjekt im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 EigZulG, wohingegen (nur) die Einliegerwohnung im Haus in S als separates (drittes) Objekt nicht förderfähig ist. Zudem ist der Antrag des Klägers vom 18. April 2008 bei verständiger Würdigung des Antrags-, Einspruchs- und Klagebegehrens --in Übereinstimmung mit der identischen Auslegung durch das FA-- als Antrag auf Förderung eines Zweitobjekts auszulegen (zur Bedeutung und zu den Rechtsfolgen der Auslegung des Antrags auf Förderung als Zweitobjekt siehe BFH-Beschluss vom 1. September 2005 IX B 196/04, BFH/NV 2006, 258; BFH-Urteil vom 12. Juli 2006 IX R 62/04, BFHE 213, 288, BStBl II 2006, 796), da der Kläger für 2003 bis 2007 Eigenheimzulage für das Objekt in S neben der festgesetzten (und ausgezahlten) Eigenheimzulage für das Objekt in F beantragt.

b) Allerdings steht nach nationalem Recht einer Gewährung von Eigenheimzulage (nur) entgegen, dass die Hauptwohnung nicht im Inland liegt.

II. Indes ist die im nationalen Recht enthaltene Begrenzung auf im Inland belegene Objekte gemeinschaftsrechtswidrig (dazu 1.). Dies gilt auch in Situationen wie im Streitfall (dazu 2.) und führt dazu, dass die Beschränkung aufgrund von Art. 10 EG vom erkennenden Senat zugunsten des Klägers nicht anzuwenden ist (dazu 3.).

1. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 17. Januar 2008 C-152/05 (BFH/NV 2008, Beilage 2, 90) zu § 2 Abs. 1 EigZulG entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 18 EG, 39 EG und 43 EG verstoßen hat, dass sie in § 2 Abs. 1 Satz 1 des Eigenheimzulagengesetzes in seiner 1997 bekannt gemachten (und durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 geänderten Fassung) die Gewährung der Eigenheimzulage an unbeschränkt Einkommensteuerpflichtige für in einem anderen Mitgliedstaat belegene Wohnungen ausgeschlossen hat. Der Kläger ist unbeschränkt einkommensteuerpflichtig; seine Wohnung ist im Ausland belegen. Dem Tenor der Entscheidung des EuGH ist an sich nichts hinzuzufügen.

2. Soweit das FA dennoch weisungsgemäß geltend macht, die Begrenzung gelte für Steuerpflichtige i.S. des § 1 Abs. 1 EStG nicht, folgt der erkennende Senat dem nicht.

a) Dem FA ist dabei im Ausgangspunkt zuzugeben, dass sich die Situation bei Gebietsansässigen (wie dem Kläger), die im Inland einen Wohnsitz haben, und Gebietsfremden, die im Inland keinen Wohnsitz haben, unterscheidet: Im Streitfall geht es nämlich nicht darum, die Diskriminierung eines Gebietsfremden gegenüber Gebietsansässigen im Immobilienbereich zu verhindern (vgl. zu einer solchen Situation z.B. auch EuGH-Urteil vom 16. Oktober 2008 C-527/06, Renneberg, IStR 2008, 805), weil der Kläger Gebietsansässiger ist. Weiter ist dem FA zuzugeben, dass der Tenor der Entscheidung des EuGH weiter gefasst ist als der Streitgegenstand des dortigen Vertragsverletzungsverfahrens; dies hat auch die Kommission gegenüber dem Kläger bestätigt.

b) Indes führt beides in der Sache zu keiner anderen Beurteilung: denn es stellen --wie der EuGH in BFH/NV 2008, Beilage 2, 90, Randnr. 22 ff., 30 bereits ausgeführt hat-- auch Bestimmungen, die einen Angehörigen eines Mitgliedstaats daran hindern oder davon abhalten, seinen Herkunftsstaat zu verlassen, um von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, Beeinträchtigungen der Niederlassungsfreiheit, Arbeitnehmerfreizügigkeit oder der Freizügigkeit (Art. 18, 39, 43 EG) dar (Randnr. 22), die der EuGH im Bereich der Eigenheimzulage für verboten hält (Randnr. 29). Indem § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG die Gewährung der Eigenheimzulage an die in Deutschland unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen an die Voraussetzung knüpft, dass die zu eigenen Wohnzwecken hergestellte oder angeschaffte Wohnung im Inland belegen ist, ist er geeignet, die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Niederlassungsfreiheit, wie sie in den Art. 39 EG und 43 EG verbürgt sind, zu beschränken (Randnr. 25). Zudem gilt nach den Ausführungen des EuGH aus denselben Gründen Gleiches für die auf Art. 18 EG gestützte Rüge, soweit es um die in Deutschland unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen geht, die nicht erwerbstätig sind (Randnr. 30).

c) Der Senat verkennt nicht, dass die Beschränkung des Rechts auf Freizügigkeit im Streitfall nicht den Erstwohnsitz betrifft, sehr wohl aber den Zweitwohnsitz. Das Recht auf Freizügigkeit, das in Art. 18 EG in allgemeiner Form niedergelegt ist und in Art. 39 EG hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und in Art. 43 EG hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit nur eine besondere Ausprägung erfahren hat (vgl. EuGH-Urteil vom 11. September 2007 C-318/05, Kommission/Deutschland, BFH/NV 2008, Beilage 1, 14, Randnr. 35), umfasst nicht nur ein "Recht auf Wegzug" (vgl. dazu z.B. EuGH-Urteil vom 11. März 2004 C- 9/02, Hughes de Lasteyrie du Saillant, Slg. 2004, I-2409), sondern das Recht eines jeden Bürgers der Europäischen Union, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten. In der Ausübung dieses Rechts wird der Bürger auch dann mittelbar behindert, wenn an einen ausländischen Zweitwohnsitz ungünstigere Folgen geknüpft werden als an einen inländischen. Entsprechend hat die Kommission in ihrem Schreiben vom 19. August 2008 gegenüber dem Kläger ausgeführt: "Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Eigenheimzulage entsprechend dem Urteil des EuGH auch in einem Fall wie dem Ihrigen gewährt werden müsste, wenn für die inländische Ferien-/Zweitwohnung ebenfalls eine Eigenheimzulage gewährt worden wäre." Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Deshalb sind auch Zweitobjekte im Ausland mit Eigenheimzulage zu begünstigen (gl. A. Brandenberg, BB 2008, 864, 875).

d) Der erkennende Senat braucht nicht zu prüfen, ob insoweit auch die Kapitalverkehrsfreiheit verletzt ist. Immobilieninvestitionen von Gebietsansässigen im Ausland unterfallen zwar auch den Regelungen über den freien Kapitalverkehr (vgl. Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988, ABlEG Nr. 1 178 vom 8. Juli 1988, S. 5, Anhang I, II.B. und Begriffsbestimmungen). Da jedoch schon die Bestimmungen des EG-Vertrags über die Freizügigkeit der streitigen Regelung entgegenstehen, braucht diese nicht gesondert anhand des Artikels 56 Absatz 1 EG geprüft zu werden (vgl. EuGH-Urteile vom 26. Oktober 2006 C-345/05, Kommission/Portugal, Slg. 2006, I-10633, BFH/NV 2007, Beilage 1, 43, Randnr. 45; vom 18. Januar 2007 C-104/06, Kommission/Schweden, Slg 2007, I-671, HFR 2007, 405, Randnr. 37).

3. § 2 EigZulG ist wegen des Anwendungsvorrangs des EG-Rechts normerhaltend i.S. des EuGH-Urteils in BFH/NV 2008, Beilage 2, 90 gemeinschaftsrechtskonform auszulegen (vgl. zu dieser Auslegungsmethode allgemein BFH-Urteile vom 20. September 2006 I R 113/03, BFH/NV 2007, 220; vom 17. Juli 2008 X R 62/04, BFHE 222, 428, BStBl II 2008, 976; vom 22. Juli 2008 VIII R 101/02, BFHE 222, 453, BFH/NV 2008, 1747; zur Beschränkung der Freizügigkeit z.B. EuGH-Urteil vom 26. Januar 1999 C- 18/95, Terhoeve, Slg 1999, I-345, Randnr. 56 f.). Dies führt dazu, dass das "europarechtswidrige Tatbestandsmerkmal", d.h. das Tatbestandsmerkmal "im Inland belegene" in § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG bei der Rechtsanwendung nicht zu beachten ist. Ein Zweitobjekt ist auch bei unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen mit Erstwohnsitz im Inland unter den weiteren Voraussetzungen des EigZulG --die im Streitfall vorliegen-- mit Eigenheimzulage zu fördern, wenn das Zweitobjekt im EU-Ausland belegen ist.

4. Der Senat hält die Gemeinschaftsrechtslage aufgrund des EuGH-Urteils in BFH/NV 2008, Beilage 2, 90 und der Ausführungen der Kommission für derart eindeutig im Sinne des Klägers, dass er eine Vorlage an den EuGH nicht für erforderlich erachtet.

III. Dem Kläger steht folglich selbst bei Kürzung der Bemessungsgrundlage (mindestens xxx.xxx EUR) um 1/3 nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 EigZulG in der im Streitjahr noch maßgeblichen Fassung (siehe zur Anwendung der Einschränkungen § 19 Abs. 8 EigZulG) für alle Jahre jedenfalls ein Fördergrundbetrag für die Hauptwohnung i.H.v. 2.556 EUR zu. Zudem steht dem Kläger gemäß § 9 Abs. 5 EigZulG in der im Streitjahr noch maßgeblichen Fassung (erst) nach Ablauf der Förderung für das Objekt in F in den Jahren 2008 und 2009 zusätzlich eine Kinderzulage in Höhe von 767 EUR zu. Die Eigenheimzulage ist danach vom Senat wie tenoriert festzusetzen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Nachdem der Kläger auf Nachfrage klargestellt hat, dass auch schon sein insoweit auslegungsbedürftiger ursprünglicher Klageantrag so zu verstehen war, dass eine Kinderzulage erst ab 2008 beantragt wird, hat die so verstandene Klage in vollem Umfang Erfolg.

V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 709, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

VI. Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu.

1. Zwar hält der erkennende Senat die sich im Streitfall stellende Rechtsfrage an sich durch das EuGH-Urteil in BFH/NV 2008, Beilage 2, 90 für im Sinne des Klägers geklärt. Da es sich bei der Eigenheimzulage um auslaufendes Recht handelt ( § 19 Abs. 9 des EigZulG) ist außerdem nur dann ausnahmsweise von grundsätzlicher Bedeutung auszugehen, wenn die relevante Rechtsfrage sich noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft weiterhin stellen könnte (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 4. November 2008 IX B 146/08, BFH/NV 2009, 129). Dies ist für den Senat im vorliegenden Zusammenhang an sich nicht klar ersichtlich.

2. Indes kann einer Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn die Finanzverwaltung bei einem gleichen Sachverhalt nicht nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen verfährt (z.B. BFH-Beschluss vom 27. August 2003 I B 186/02, BFH/NV 2003, 1581, m.w.N., zur Abweichung von BFH-Rechtsprechung). Weiter wird vom FA behauptet, es existierten noch zahlreiche offene Parallelfälle, für die das vorliegende Verfahren als Musterverfahren geeignet sei. Einem objektiven Nachweis dieser Behauptung steht das Steuergeheimnis ( § 30 AO) in gewisser Weise entgegen. Zudem könnten sich aus einem BFH-Urteil Anhaltspunkte für die Auslegung des § 92a Abs. 1 Satz 2 EStG ergeben (vgl. dazu auch Schlussanträge des Generalanwalts Mazak vom 31. März 2009 in der Rechtssache C-269/07, Kommission/Deutschland, http://curia.europa.eu, Randnr. 68 ff., 100 f.).

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